Kratzdistelrüssler

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Kratzdistelrüssler

Abb. 1: Kratzdistelrüssler (Larinus turbinatus)

Systematik
Familie: Rüsselkäfer (Curculionidae)
Unterfamilie: Lixinae
Tribus: Lixini
Gattung: Larinus
Untergattung: Phyllonomeus
Art: Kratzdistelrüssler
Wissenschaftlicher Name
Larinus turbinatus
(Gyllenhal, 1835)

Der Kratzdistelrüssler (Larinus turbinatus) ist ein Käfer aus der Familie der Rüsselkäfer und der Unterfamilie Lixinae.[1] Anders als sein deutscher Name vermuten lässt, entwickelt er sich nicht nur in Kratzdistelarten, sondern benutzt ein breites Spektrum von distelartigen Pflanzen als Wirtspflanze. Von seinen nahen Verwandten ist er durch die Form des Rüssels unterscheidbar.

Der Artname turbinātus ist lateinisch, bedeutet „kegelförmig“ und nimmt auf die Form der Rüssels Bezug.[2] Der Gattungsname Larínus (von altgr. λαρίνος larínos, „feist“) spielt auf die rundliche Körperform an.[3]

In Europa ist die Gattung Larinus mit etwa sechzig Arten vertreten. Der Kratzdistelrüssler gehört zur Untergattung Phyllonomeus.[4][5][6][7][8]

Merkmale des Käfers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der runde Rüssel, dessen Furche zum Einlegen des ersten Fühlergliedes seitlich nach hinten und unten verläuft und weit vor den Augen auf der Rüsselunterseite endet, stellt den Käfer in die Unterfamilie Lixinae. Die Gattung Larinus zeichnet sich durch eine gedrungen ovale Gestalt und die mittlere Länge des Rüssels aus. Weiterhin sind die Fühler im vorderen Drittel des Rüssels eingelenkt und die Fühlergrube nicht nach vorn erweitert.

Die Art L. turbinatus unterscheidet sich von den anderen Arten der Gattung durch die Rüsselform. Der Rüssel ist drehrund und etwas kürzer als der Halsschild. Von oben betrachtet verjüngt er sich nach vorn kaum, ein Mittelkiel ist höchstens angedeutet. In Seitenansicht ist der Rüssel kaum nach unten gekrümmt und verjüngt sich konisch mäßig (Abb. 2). Auf der Unterseite hat der Rüssel eine Längsfurche, die zur Rüsselseite hin kantig abgesetzt ist. Die Rüsselfurche endet schräg vor und unter den Augen in dieser Längsfurche (Abb. 3).

Der Käfer ist wie die anderen mitteleuropäischen Arten der Gattung schwarz, die Flügeldecken sind mit queren grauen Haarflecken unregelmäßig gesprenkelt. Diese Haarflecken erscheinen in der Regel durch ein gelbliches Sekret und anhaftenden Blütenstaub jedoch gelb gefärbt. Die Flügeldecken sind etwa eineinhalb mal so lang wie breit, die Enden gemeinsam verrundet. Die Punktstreifen der Flügeldecken sind fein und nicht streifig vertieft.

Der Halsschild (Abb. 4) ist breiter als lang: nach vorn ist er glockenförmig bis wenig über Kopfbreite verengt. Seine Basis ist zum Schildchen vorgezogen. Es ist mit groben und mit feinen Punkten mäßig dicht skulpturiert (doppelt punktiert).

Abb. 2 Seitenansicht
Abb. 3 Unterseite
Abb. 4 Halsschild

Biologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wärmeliebende Art kommt vor allen an offenen Wärmehängen, Weinbergbrachen und Steppenheide vor, auf denen auch Disteln vorkommen.

Der Kratzdistelrüssler gehört zu der Gruppe der Larinus-Arten, die bereits geöffnete Blütenkörbe für die Eiablage attackieren. Diese Arten besitzen stumpfere Rüssel, da sie sich nicht durch die Knospenhülle beißen müssen.[9] Mit dem Rüssel wird von oben ein Eikanal in die Blütenkörbe gebohrt und über diesen werden die Eier in die Blütenkörbe geschoben. Die Larven ernähren sich von den Fruchtknoten der Einzelblüten und vom Gewebe des Korbbodens. Die Weibchen vermeiden dabei die Eiablage in Blütenkörbe, die bereits von Larinus planus während des Knospenstadiums belegt wurden.[10]

Ein Weibchen belegt die Blüte mit einem Ei und begibt sich dann auf eine benachbarte Blüte. Da ein Weibchen pro Tag mindestens fünf bis sechs Eier ablegt und man öfter mehrere Weibchen an der gleichen Wirtspflanze bei der Eiablage beobachten kann, ist eine Mehrfachbelegung der gleichen Blüte nicht unwahrscheinlich. Man findet in der gleichen Blüte häufig mehrere Larven. Im Experiment wurde beobachtet, dass die stärkere Larve die schwächere vertreibt, verfolgt und tötet, sobald die beiden Gangsysteme in Kontakt miteinander treten. Im letzten Larvenstadium findet man pro Blüte in der Regel nur noch eine Larve.[11]

Die Verpuppung erfolgt ebenfalls in der inzwischen verblühten Distelblüte.

Die Käfer sind tagaktiv und fressen ebenfalls an Disteln, gelegentlich auch an anderen Korbblütlern.[12]

Verbreitung und Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art ist von Turkestan und dem Kaukasus über ganz Südeuropa und das südliche Mitteleuropa verbreitet. Innerhalb von Deutschland kommt sie nördlich noch im südlichen Rheinland, im Mittelelbegebiet und in Thüringen vor. Sie ist hier im Allgemeinen selten.[1]

In Nordamerika wurde die Art versehentlich eingeschleppt und ist nun in Pennsylvania und Maryland vertreten.[13]

Gefährdung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art gilt in Deutschland als ungefährdet.[14]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kratzdistelrüssler (Larinus turbinatus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Christoph Benisch: Curculionidae (Rüsselkäfer). In: www.kerbtier.de. Archiviert vom Original am 17. Dezember 2012;.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Taxonomie, Synonyme und Verbreitung für Larinus turbinatus
  2. Sigmund Schenkling: Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Art)
  3. Sigmund Schenkling: Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Gattung)
  4. Larinus bei Fauna Europaea. Abgerufen am 13. März 2013
  5. Larinus Cryphopus (Untergattung) bei Fauna Europaea. Abgerufen am 13. März 2013
  6. Larinomesius (Untergattung) bei Fauna Europaea. Abgerufen am 13. März 2013
  7. Larinus Larinus (Untergattung) bei Fauna Europaea. Abgerufen am 13. März 2013
  8. Larinus Phyllonomeus (Untergattung) bei Fauna Europaea. Abgerufen am 13. März 2013
  9. H. Zwölfer, R. Brandl: Niches and size relationships in Coleoptera associated with Carduaeae host plants: adaptations to resource gradients. In: Oecologia. Band 78, Nr. 1, Januar 1989, S. 6068, doi:10.1007/BF00377198 (englisch).
  10. H. Zwölfer, B. Stadler: The organisation of phytophagous guilds in Cardueae flower heads: conclusions from null models. In: Evolutionary Ecology Research. 2004, S. 1201–1218 (englisch).
  11. Etienne Rabaud: VI. "L'Instinct de l'isolement" chez les Insectes. In: L'Année psychologique. Band 19, Nr. 19, 1912, S. 194–217 (französisch, persee.fr [PDF]).
  12. L. Gültekin: A new weevil species Larinus araxicola sp. n. (Coleoptera: Curculionidae: Lixinae) from northeastern Turkey with biological notes. In: Proceedings of the Russian Entomological Society. Band 77. St. Petersburg 2006, S. 44–47 (englisch, archive.org [PDF; 282 kB; abgerufen am 17. März 2022]).
  13. Species Larinus turbinatus. In: BugGuide. Iowa State University, abgerufen am 5. Januar 2020 (englisch).
  14. Sprick, P.; Behne, L. & Maus, C. (2021): Rote Liste und Gesamtartenliste der Rüsselkäfer (i. e. S.) Deutschlands (Überfamilie Curculionoidea; exklusive Anthribidae, Scolytidae, Platypodidae). – In: Ries, M.; Balzer, S.; Gruttke, H.; Haupt, H.; Hofbauer, N.; Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 5: Wirbellose Tiere (Teil 3). – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (5): 335-412