Kurhaus Wiesbaden

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Das Kurhaus in Wiesbaden

Das Kurhaus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden gehört zu den prunkvollsten Festbauten Deutschlands. Es ist der gesellschaftliche Mittelpunkt der Kurstadt Wiesbaden und bietet zahlreichen Veranstaltungen einen repräsentativen Rahmen. Neben einem großen und einem kleineren Festsaal beherbergt es die Kurhaus Gastronomie Gerd Käfer und Roland Kuffler GmbH & Co sowie die Spielbank Wiesbaden.

Lage

Luftbild von Wiesbaden (ca. 2008), Blick nach Nordwesten mit dem Kurhaus (mittlere Bildhöhe, rechts)

Das Kurhaus Wiesbaden bildet den Mittelpunkt des Wiesbadener Kurecks am Ende der Wilhelmstraße.

Vor dem Haupteingang (Westseite) befindet sich das sogenannte Bowling Green, eine von den englischen Kurgästen seinerzeit so getaufte Rasenfläche mit zwei Springbrunnen, eingerahmt von den Theater- und Kurhauskolonnaden und vormals je einer Reihe alter Platanen. Diese Fläche wurde in den Jahren 2004–2006 mit einer Tiefgarage unterbaut. Vorher wurden sämtliche, zum Teil nicht mehr standsichere, Platanen gefällt. Sie wurden nach Beendigung der Baumaßnahme durch je eine Doppelreihe neu gepflanzter Platanen ersetzt. Die südlichen Theaterkolonnaden sind Teil des Hessischen Staatstheaters, in den nördlichen Kurhauskolonnaden – mit 129 m längste Säulenhalle Europas – ist das Kleine Spiel (Automatenspiel) der Spielbank untergebracht. Das Kurhaus bildet – von der Wilhelmstraße aus betrachtet – den prächtigen Abschluss des Bowling Greens.

Hinter dem Kurhaus (Ostseite) beginnt der langgestreckte Kurpark mit Konzertmuschel und dem Kurpark-Weiher.

Geschichte

Das Alte Kurhaus
Christian Zais, Architekt des Alten Kurhauses, um 1815
Das Alte Kurhaus, um 1900
Das Innere des alten Kursaals, kolorierter Stahlstich von Ernst Grünewald, um 1828
Kurpark hinter dem Kurhaus, um 1900

Wiesbadens Bedeutung als Kurstadt blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits die Römer kannten die Thermalquellen Wiesbadens. Auch der Name ‚Wiesbaden‘, entstanden aus Wisibadadas Bad in den Wiesen – lässt die Bekanntheit der Wiesbadener Quellen auch im Mittelalter erkennen.

Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Kur als Amüsementbetrieb der höheren Gesellschaftsschichten und des Adels immer populärer wurde, wuchs auch die Bedeutung Wiesbadens.

Im Jahre 1810 wurde der erste „Cursaal“, das Alte Kurhaus, fertiggestellt. Der klassizistische Bau hatte einen mittigen Säulenportikus und seitliche Säulengänge. Entworfen und ausgeführt wurde das „Gesellschaftshaus“ vom Architekten Christian Zais. Johann Wolfgang Goethe lobte das Gebäude bei einem seiner zahlreichen Aufenthalte.

Wiesbaden gewann als Kurstadt im 19. Jahrhundert immer größeres Ansehen: die Zahl der Kurgäste stieg von 20.000 im Jahr 1840 auf das Zehnfache im Jahr 1910. Die Einwohnerzahl stieg im selben Zeitraum von 10.000 auf 100.000 im Jahr 1906. Ab etwa 1852 trug man stolz den Titel Weltkurstadt und hatte schon bald Baden-Baden als bedeutendste Kurstadt Deutschlands überholt.

Dies erforderte schließlich ein größeres, moderneres und repräsentativeres Kurhaus. 1905 wurde das Alte Kurhaus abgerissen, um einem Nachfolger Platz zu machen. Der Architekt Friedrich von Thiersch errichtete für sechs Millionen Goldmark einen neuen prächtigen Bau im Stil des Neoklassizismus mit Jugendstilmotiven. Kaiser Wilhelm II., der alljährlich im Mai zu Besuch kam und den Bau förderte, nannte ihn bei seiner Eröffnung 1907 „das schönste Kurhaus der Welt“.

Seitdem werden vor allem die beiden nach den Baumeistern benannten großen Säle – der größere Friedrich-von-Thiersch-Saal und der kleinere Christian-Zais-Saal – für zahlreiche Veranstaltungen genutzt.

Seit 1949 ist im ehemaligen Weinsaal das Große Spiel der Spielbank Wiesbaden untergebracht.

In den 1980er Jahren wurde das Gebäude einer umfassenden Sanierung unterzogen und mit moderner Veranstaltungstechnik ausgestattet. Diese ist im Keller untergebracht, der 1999 mit Wasser volllief und eine 5-wöchige Betriebsunterbrechung und 2 Mill. D-Mark Schaden verursachte. Am 11. Juli 2014 liefen die Keller bei einem Unwetter erneut voll. Das Haus war bis Anfang August geschlossen, der Schaden wird ein Vielfaches kosten, weil die digitale Technik ausgetauscht werden musste.

Das Gebälk über den Säulen im Friedrich-von-Thiersch-Saal trägt folgende rundum laufende lateinische Inschrift: Vorlage:Zitat-la

Architektur

Kurhaus Wiesbaden mit Bowling Green

Das Kurhaus Wiesbaden besteht aus zwei gleich großen Flügeln. Im Südflügel ist zentral der große säulenbestandene Festsaal (Friedrich-von-Thiersch-Saal) mit seinem Parkett und erstem Rang untergebracht. Der Konzert- und Veranstaltungssaal hat 1350 Sitzplätze und misst 40 × 18 × 17 m.

An seinem Kopfende, den Südflügel abschließend, befindet sich der Muschelsaal. Der ursprüngliche „Südliche Lesesaal“ wurde vom Jugendstilmaler Fritz Erler[1] und Alexander von Salzmann[2] mit Fresken ausgestattet und mit Kieseln und Muscheln als Symbolen für Wasser und Erde ausgeschmückt. Mehrere kleinere Gesellschaftsräume, benannt nach Carl Schuricht, Carl von Ibell, Fjodor Dostojewski, Ferdinand Hey'l und Kaiser Wilhelm bieten, unterschiedlich ausgestaltet, Platz für Veranstaltungen. Ein Wintergarten schließt den Südflügel rückwärtig zum Kurpark ab.

Der Nordflügel beherbergt den kleineren Festsaal (Christian-Zais-Saal), das Restaurant Käfer’s sowie die Spielbank (Casino) im ehemaligen Weinsalon mit deren Großem Spiel (Roulette, Black Jack, Poker).

Zwischen Nord- und Südflügel befindet sich das Foyer in Form einer großen Halle, überragt von einer 21 m hohen Kuppel. Betreten wird dieser Raum durch den Haupteingang auf der Westseite. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der Ausgang zum Kurhauspark, der sich von innen nur durch ein anderes farbiges halbrundes Glasfenster unterscheidet. Gebildet wird der Haupteingang aus einer ionischen Säulenportikus, deren Gebälk die Inschrift Aquis Mattiacis (lat. „den Wassern der Mattiaker [geweiht]“) trägt, die an die römische Bezeichnung für die an der Stelle des heutigen Wiesbaden befindlichen warmen Quellen erinnert. Die Säulenportikus ist der Höhepunkt der 128 m langen Westfassade.

Im Kuppelraum des Foyers sind jeweils drei Türen zu den beiden großen Sälen. Seitlich davon befinden sich vor den vier Wandmassiven überlebensgroße Kopien griechischer Götterstatuen, über ihnen runde Mosaikmedaillons mit farbigen Darstellungen aus der römischen Götterwelt.

Bildergalerien

Veranstaltungen

Ball des Weines – Foyer-Dekoration

Das Kurhaus hat schon viele bedeutende nationale und internationale Veranstaltungen wie Konzerte, Bälle, Kongresse und Parteitage gesehen. Jährlich finden der Ball des Weines und die Silvesterfeier mit musikalischem Feuerwerk auf dem Bowling Green statt. Ferner halten diverse in Wiesbaden ansässige Aktiengesellschaften dort ihre jährliche Hauptversammlung ab.

Vor dem Kurhaus – auf dem Bowling Green – gab es zudem schon viele Freiluftkonzerte. Das Kurhaus wird dabei wirkungsvoll als Kulisse genutzt.

Der Kurpark hinter dem Kurhaus mit der Konzertmuschel wird ebenfalls für größere Veranstaltungen genutzt.

Orgel

Orgelpfeifen bei geöffneten Ziergittern oberhalb der Bühne

Im Jahre 1954 wurde im Friedrich-von-Thiersch-Saal eine Orgel der Firma Steinmeyer (Oettingen, Bayern) eingebaut, die hinter den meist verschlossenen drei Ziergittern an der Bühnenfront eingebaut ist. Die neue Orgel ersetzt die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Orgel der Firma Sauer aus dem Jahre 1907. Orgelkurator ist seit 1985 der Architekt Friedhelm Gerecke. Nach Erweiterungen in den Jahren 1988 und 2010 hat die Orgel nun 51 Register und ca. 3500 Pfeifen. Von 1987 bis 2004 versah Hans Uwe Hielscher das Amt des Kurhaus-Organisten. Von 2004 bis 2010 war Thomas J. Frank als Kurhausorganist tätig. Im Jahr 2004/2005 wurde das Instrument neu intoniert und erklingt seitdem regelmäßig in Abend- und Mittagskonzerten. Im Jahre 2004 gründete sich der Förderverein Kurhausorgel e. V. Im März 2015 wurde die Kurhausorgel in die Rote Liste Kultur des Deutschen Kulturrates aufgenommen und in die Kategorie 2 (= gefährdet) eingestuft[3][4], diese Gefährdung wurde im Februar 2016 aufgehoben.[5]

Pedalwerk C–f1
1. Prinzipal 16′
2. Subbaß 16′
3. Quinte 1023
4. Oktavbaß 8′
5. Gedackt 8′
6. Choralbaß 4′
7. Flöte 4′
8. Bauernpfeife 4′
9. Großmixtur VI 223
10. Posaune 16′
11. Trompete 8′
12. Zink 4′
I Hauptwerk C–g3
17. Prinzipal 16′
18. Prinzipal 8′
19. Barockgambe 8′
20. Gedackt 8′
20.a Flöte 8′
21. Oktave 8′
22. Nachthorn 4′
23. Oktave 4′
24. Kornett IV (ab f0) 4′
25. Rauschpfeife II 223
26. Mixtur IV-VIII 113
27. Trompete 16′
28. Trompete 8′
29. Trompete 4′
II Positiv C–g3
33. Copula 8′
34. Quintade 8′
35. Rohrflöte 4′
36. Prinzipal 2′
37. Quinte 113
38. Cymbel IV-V 45
39. Rankett 16′
40. Krummhorn 8′
41. Tremulant

Bombardewerk C–g3
44. Bombarde 16′
45. Trompette harm. 8′
46. Clairon 4′
III Schwellwerk C–g3
47. Quintadena 16′
48. Prinzipal 8′
49. Singend Gedackt 8′
50. Weidenpfeife 8′
51. Streicherschwebung 8′
52. Prinzipal 4′
53. Gemshorn 4′
54. Quinte 223
55. Spitzflöte 2′
56. Terz 135
57. Sifflöte 1′
58. Scharff V 1′
59. Vox Humana 8′
60. Regal 8′
61. Tremulant
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, Bomb/I, Bomb/II, Bomb/III, I/P, II/P, III/P, Bomb/P

Literatur

  • Manfred Gerber: Das Kurhaus Wiesbaden. Kaleidoskop eines Jahrhunderts. Monumente-Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Bonn 2007. ISBN 978-3-936942-84-2.
  • Friedhelm Gerecke: Die Orgeln im großen Saal (Friedrich-von-Thiersch-Saal) des Kurhauses Wiesbaden. Wiesbaden 1988, siehe auch ARS ORGANI 1/1989.
Commons: Kurhaus Wiesbaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernd Fäthke, Dekorativ und Konservativ, Die Fresken im Muschelsaal des Wiesbadener Kurhauses von Fritz Erler, in: Wiesbaden International, 4/1975, S. 22 ff.
  2. Martin Hildebrand, Wer war Alexander von Salzmann, Eine Biographie mit Rätseln – Spur führt auch nach Wiesbaden, Wiesbadener Leben, 10/1992, S. 14 ff.
  3. Politik & Kultur Nr. 2 März/April 2015, Seite 13 Kulturelles Leben: Die Rote Liste (Memento des Originals vom 21. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturrat.de, abgerufen am 15. März 2015
  4. Zur Disposition
  5. Rote Liste Kultur. Deutscher Kulturrat, abgerufen am 2. September 2017.
  6.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!

Koordinaten: 50° 5′ 5″ N, 8° 14′ 51″ O