Laue-Bedingung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Laue-Bedingung, nach Max von Laue, ist eine zur Bragg-Bedingung äquivalente Beschreibung von Beugungseffekten an Kristallen. Sie gibt Auskunft über das Auftreten von Beugungsreflexen bei elastischer Streuung von Röntgenstrahlung, Elektronen oder Neutronen an Kristallen.

Zur Erklärung der Röntgenbeugung gibt es zwei äquivalente Ansätze. In beiden werden Kristalle als starre periodische Strukturen von mikroskopischen Objekten angesehen. Bei der Bragg-Theorie werden die Atome im Kristall in parallelen Gitterebenen mit konstantem Abstand angeordnet. An diesen Ebenen kommt es zur spiegelnden Reflexion der Strahlung. Bei der Von-Laue-Theorie geht man von anderen Annahmen aus:

  • Beschreibe den Kristall als Bravaisgitter
  • An den Gitterplätzen sitzen identische mikroskopische Objekte, die die einfallende Strahlung streuen
  • Reflexe nur in Richtungen, für die von den Gitterpunkten gestreute Strahlung konstruktiv interferiert

Die Laue-Bedingung lautet: Man erhält genau dann konstruktive Interferenz, wenn die Änderung des Wellenvektors beim Streuprozess einem reziproken Gittervektor entspricht.

Die Laue-Bedingung geht vom reinen Kristallgitter (am Gitterpunkt ein punktförmiges Streuzentrum) aus und gibt an, in welcher Richtung Beugungsreflexe beobachtet werden können. Die relative Intensität der Reflexe hängt vom Aufbau der Basis, dem Streuvermögen der Basisatome und von der thermischen Bewegung der Atome ab. Dies wird durch den Strukturfaktor beschrieben.

Herleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laue-Bedingung

Der Abstand zweier Streuzentren (Gitterpunkte) ist ein Gittervektor . Der Wellenvektor der einfallenden Strahlung sei , der der gestreuten sei . Damit ergibt sich folgender Gangunterschied (Wegdifferenz):

Für konstruktive Interferenz muss der Gangunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge sein:

Gleichsetzen liefert:

Geht man von elastischer Streuung aus, ist die Wellenzahl des einfallenden und des reflektierten Strahls gleich: . Für alle Gittervektoren muss gelten:

  bzw. äquivalent  

Dies entspricht genau der Bestimmungsgleichung für reziproke Gittervektoren :[1]

Die Laue-Bedingung lautet somit: Man erhält genau dann konstruktive Interferenz, wenn die Änderung des Wellenvektors beim Streuprozess einem reziproken Gittervektor entspricht.

  bzw.  

Zur Veranschaulichung der Laue-Bedingung siehe Ewaldkugel.

Laue-Gleichungen und Laue-Indizes [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reziproke Gittervektoren lassen sich als Linearkombination der primitiven Gittervektoren des reziproken Gitters ausdrücken, dabei sind die Laue-Indizes (s. u.):

Ebenso lassen sich die Gittervektoren als Linearkombination der primitiven Gittervektoren darstellen mit :

Das Skalarprodukt aus primitiven Gittervektoren des Ortsraums und des reziproken Raums ist:

wobei das Kronecker-Symbol ist.

Bildet man das Skalarprodukt der obigen Laue-Bedingung mit den primitiven Ortsvektoren, erhält man die drei Laue-Gleichungen:

Die drei ganzen Zahlen (normalerweise , hier aber Verwechslungsgefahr mit Wellenzahl , deswegen ) heißen dabei die Laue-Indizes. Die drei Gleichungen definieren jeweils einen Kegel (für h=0 zu einer Ebene entartet). Damit alle Bedingungen erfüllt sind, müssen sich drei Kegelflächen in dieser Raumrichtung zusammentreffen. Dadurch werden die punktförmigen Interferenzmuster der Röntgenbeugung an Kristallgittern erklärt und indiziert.[2][3][4][5] Zeitgleich mit Laue stellten W.H. Bragg und W.L. Bragg die Bragg-Bedingung für die Reflexion an parallelen Flächen im Abstand d auf. Auch wenn die Herangehensweisen von Laue (Beugung in alle Raumrichtungen) und Bragg (Reflexion) verschieden sind, sind die beiden Effekte äquivalent: Hat die Schar von Netzebenen, die in der Bragg-Bedingung gerade den Abstand d haben, im Kristall die Millerschen Indizes (hkl), so hat der Interferenzpunkt die Laue-Indizes nh nk nl, die Laue-Indizes sind also gerade das n-fache der Miller-Indizes. Aufgrund des Zusammenhangs mit der Bragg-Reflexion werden die Laue-Indizes gelegentlich auch als Bragg-Indizes bezeichnet.[6]

Alternative Formulierung der Laue-Bedingung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kann die Laue-Bedingung noch in alternativer Form schreiben. Man quadriere die Laue-Bedingung und benutze (elastische Beugung):

  also  

Teile durch :

Für ein gegebenes ist dies eine Ebenengleichung in der Hesse-Normalenform. Die Projektion von auf die Richtung von ist konstant . Ein Wellenvektor der einfallenden Strahlung erfüllt die Laue-Bedingung, wenn seine Spitze in einer Bragg-Ebene liegt. Eine Bragg-Ebene ist die mittelsenkrechte Ebene auf der Verbindungslinie zwischen dem Ursprung im reziproken Raum und einem Punkt . Diese Ebenengleichung entspricht für benachbarte Punkte im reziproken Raum der Konstruktionsvorschrift der Wigner-Seitz-Zelle des reziproken Gitters (erste Brillouin-Zone).

Daraus folgt die Alternative Formulierung der Laue-Bedingung: Man erhält genau dann konstruktive Interferenz, wenn die Spitze des einfallenden Wellenvektors auf dem Rand einer Brillouin-Zone liegt.

Äquivalenz von Laue- und Bragg-Bedingung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laue- und Bragg-Bedingung

Geht man von und aus, so ergibt sich:

Der Winkel zwischen und sei :

mit und Kosinussatz

Radizieren liefert:

Das Skalarprodukt zwischen einem reziproken Gittervektor und einem Gittervektor ergibt:

  somit  

Für ein gegebenes ist dies eine Ebenengleichung für eine Gitterebene, wobei senkrecht auf dieser Ebene steht. Schreibt sich als folgende Linearkombination , so steht der Vektor senkrecht auf der Gitterebene . Der Gitterebenenabstand ist

.

Mit und erhält man aus die Bragg-Bedingung (n entspricht der Ordnung des Beugungsreflexes):

Beugungsreflex

  • nach Laue: Änderung des Wellenvektors um reziproken Gittervektor
  • nach Bragg: Reflexion an Netzebenenschar des Kristallgitters, die senkrecht zu steht und deren Abstand beträgt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neil W. Ashcroft, David N. Mermin: Festkörperphysik. 2007, ISBN 978-3-486-58273-4 (Seite 124 in der Google-Buchsuche).
  2. André Authier: Early Days of X-ray Crystallography. Oxford University Press, 2013, ISBN 978-0-19-965984-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Gerd Koppelmann, Gert Sinn: Zur Interferenz an Raumgittern. (PDF) Deutung und Lichtoptische Modellversuche. In: Wege in der Physikdidaktik. Werner B. Schneider, 1991, abgerufen am 2. Januar 2015 (als Buch von Verlag Palm & Enke unter ISBN 3-7896-0100-4 derzeit vergriffen).
  4. S. König, R. Erlebach: Kristallographie und Röntgenuntersuchung an Kristallen. (PDF) Abgerufen am 2. Januar 2015 (undatierter Vortrag Uni Jena, insbesondere Seite 7).
  5. Paul Katolla, Tobias Krähling: Kristalluntersuchungen mit Hilfe von Debye-Scherrer-Aufnahmen. (PDF) 7. August 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Januar 2015; abgerufen am 2. Januar 2015 (Praktikumsprotokoll an der Ruhr-Uni Bochum, siehe insbesondere Seite 6).
  6. J.L. Atwood, J.W. Steed: Encyclopedia of Supramolecular Chemistry, CRC Press, 2004, ISBN 978-0-8247-4724-4.