„Le Mont-Saint-Michel“ – Versionsunterschied

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Im Buch ''Le Mont-Saint-Michel, Histoire & Imaginaire, 1998'' wird von ausgewiesenen Wissenschaftlern die Geschichte und vielfältige Bedeutung des ''Mont,'' aber auch die faszinierende Geschichte der Restaurierung beschrieben. Dieses Buch ist zur Zeit das umfassendste und einschlägigste Werk über den ''Mont.''
Im Buch ''Le Mont-Saint-Michel, Histoire & Imaginaire, 1998'' wird von ausgewiesenen Wissenschaftlern die Geschichte und vielfältige Bedeutung des ''Mont,'' aber auch die faszinierende Geschichte der Restaurierung beschrieben. Dieses Buch ist zur Zeit das umfassendste und einschlägigste Werk über den ''Mont.''

== Architektur ==
Die Klosterbauten auf dem Mont-Saint-Michel wurden bereits im Mittelalter als "merveille" ('Wunder') bezeichnet, da sich niemand vorzustellen vermochte, wie man auf einer Bergspitze einen so gewaltigen Gebäudekomplex in drei Ebenen errichten konnte.

Nachdem die Vorgängerbauten aus dem 10. Jahrhundert teilweise abgerissen waren, begann man zu Beginn des 11. Jahrhunderts mit dem Neubau; die Arbeiten dauerten über 500 Jahre. Für nahezu alle Bauten auf dem Klosterberg verwandte man [[Granit]], den man auf kleineren benachbarten Felseninseln brach, grob bearbeitete und mittels Booten herbeischaffte. Die Feinarbeiten erfolgten an Ort und Stelle. Aus Granit ließen sich keine feingearbeiteten Skulpturen herstellen, so mangelt es dem gesamten äußeren Klosterbau an bildhaftem Schmuck. Die figürlichen Darstellungen im Innern beschränken sich auf - aus [[Kalkstein]] gefertigte - Darstellungen im Kreuzgang und Teile des ehemaligen [[Lettner]]s.

Die Baugeschichte des Mont-Saint-Michel ist äußerst komplex, was mehrere Gründe hat: 1. das gewaltige und gewagte Bauvorhaben selbst; 2. die lange Bauzeit; 3. das abschüssige Gelände; 4. die zu berücksichtigenden Vorgängerbauten; 5. Planänderungen infolge von Bauschäden oder Einstürzen und 6. die nie versiegenden Geldmittel (Stiftungen, Schenkungen und Pilgergaben). Jedenfalls vermitteln die Gebäude des Klosterbergs Einblicke in die Aufgabenkomplexität einer mittelalterlichen Abtei, wie sie ansonsten in Frankreich - nach den Zerstörungen der Revolutionszeit - nur noch im Zisterzienserkloster von [[Fontenay]] (Burgund) möglich sind.

=== Abteikirche ===
Die Arbeiten an der heutigen Kirche wurden im Jahre 1023 begonnen - im Jahr 1084 war die romanische Kirche fertiggestellt. Wohl aus statischen Gründen wurde das in Arkadenzone, Emporen und Obergaden gegliederte - ursprünglich siebenjochige - Langhaus nur mit einem einfachen hölzernen Gebälk - vielleicht mit abgehängter Decke - ausgestaltet (das heutige hölzerne Gewölbe stammt aus dem 19. Jahrhundert). Chor und Querhaus des romanischen Baues wurden durch steinerne Tonnengewölbe architektonisch hervorgehoben; die Seitenschiffe hatten durchgängig Kreuzgratgewölbe. Dominierender Bauteil des Sakralbaues war ein alles überragender - zum Kircheninnern hin offener - Vierungsturm ([[Laternenturm]]), der aber im Jahre 1103 einstürzte und Teile des nördlichen Seitenschiffs beschädigte. Turm und Langhauswand wurden innerhalb kurzer Zeit und in ähnlicher Manier wieder aufgebaut (leichte Unterschiede zwischen Nord- und Südwand sind allerdings erkennbar); die Vierung wurde durch mächtige Bündelpfeiler verstärkt. Ob der romanische Chor im 15. Jahrhundert einstürzte, oder ob er - wie in vielen anderen Fällen auch - absichtlich durch einen Neubau im spätgotischen Stil ersetzt wurde, ist unklar. Jedenfalls gehört der - innen aus Kalkstein, außen aus Granit erbaute - Chor der Abteikirche mit seinem durchlichteten Triforium zu den schönsten der Normandie, ja ganz Frankreichs.

Nach einem Blitzeinschlag im Jahre 1776 (vielleicht auch schon früher) zeigte die ehemals zweitürmige Westfassade, über deren mittelterliches Aussehen nichts bekannt ist, Risse und so wurden - im Zeitalter der Aufklärung - die drei westlichen Langhausjoche niedergerissen und nicht wieder aufgebaut. Stattdessen wurde die Westwand mit einer völlig dekorlosen und streng wirkenden Fassade im klassizistischen Stil geschlossen. Der heutige Vorplatz der Kirche ist somit um das Doppelte größer als im Mittelalter.

=== Abteigebäude ===
==== Refektorium ====
Das im 13. Jahrhundert oberhalb des Gästesaals auf der Nordseite der Kirche erbaute Mönchsrefektorium gehört zu den vielen architektonischen Höhepunkten der Abtei. Es hat über 50 Fenster, von denen beim Eintreten in den Raum allerdings nur die beiden in der Ostwand sichtbar sind - alle anderen verbergen sich in den Tiefen der Seitenwände, die wie eine enggestaffelte, beinahe unendliche Arkadengalerie wirken. In einem der Bögen auf der Südseite verbirgt sich ein erhöhter Sitz, von dem aus den Mönchen bei den Mahlzeiten vorgelesen wurde. Der etwa 10 Meter breite Raum ohne Mittelstützen hatte kein steinernes Gewölbe, sondern nur ein hölzernes Gebälk; er ist heute mit einem - von Zugankern zusammengehaltenen - Holzgewölbe überspannt.
[[File:Normandie Manche Mont1 tango7174.jpg|thumb|right|Kreuzgang]]

==== Kreuzgang ====
Auch der in den Jahren 1225 - 1228 oberhalb des Rittersaales errichtete - leicht trapezförmige -Kreuzgang gehört zu den wundersamen Spielereien des Klosters. Die schlanken (Doppel-)Säulen sind, anstatt nebeneinander bzw. gegenüber liegend, versetzt gestellt; optisch ergeben sich so in die Tiefe gestaffelte überschneidende Bögen - ein typisch normannisches, aus der islamisch-normannischen Architektur des Mittelmeerraumes übernommenes Architekturdekor, welches sich an vielen Sakralbauten der Normandie und in England findet, hier jedoch in einzigartiger Weise neu interpretiert wurde. Die aus Kalkstein gefertigten Bögen sind reich mit figürlichen und vegetabilischen Darstellungen geschmückt.

Im Westen des Kreuzgangs sollte sich der Kapitelsaal anschließen, dessen Substruktionen jedoch nie gebaut wurden. Eine ins Leere führende und durch ein Fenster geschlossene Tür erinnert noch heute an diese Planidee.
Die im Folgenden genannten Bauteile aus dem 10. bis 15. Jahrhundert befinden sich allesamt in der unteren und mittleren Ebene des 'Merveille'.
==== Wandelsaal der Mönche ====
Der sogenannte Wandelsaal der Mönche diente wohl ursprünglich als einfacher Kreuzgang. Ob die heute sichtbaren fünf Mittelsäulen ursprünglich sind, oder zusammen mit dem im 12. Jahrhundert eingezogenen Kreuzrippengewölbe errichtet wurden, ist unklar. Östlich davon befindet sich die sogenannte 'Kapelle der 30. Kerzen'.
==== Notre Dame-sous-Terre ====
Die einfache alte Klosterkirche aus dem 10. Jahrhundert ist zweischiffig angelegt und hat mächtige Mittelpfeiler.
==== St. Martins Kapelle ====
Die einschiffige und völlig schmucklose frühromanische Kapelle wurde im 11. Jahrhundert gebaut und befindet sich unter dem südlichen Querhausarm. Das kleine Ostfenster ist durch die nachträglichen Überbauungen licht- und funktionslos geworden.
==== Laufrad und Schrägaufzug ====
Für den Bau des 'Merveille' unverzichtbar war der mittelalterliche Schrägaufzug, auf dem mit
Hilfe eines hölzernen Schlittens das Baumaterial (Steine, Mörtel und Holz) vom Fuß des Berges nach oben gezogen wurde. Das große Laufrad stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist über eine Seilwinde mit dem Schlitten des Schrägaufzugs verbunden. Ob es im Mittelalter einen ähnliches Laufrad gegeben hat, oder ob die schweren Lasten von vielen Männern per Hand über die Schräge gezogen wurden, ist nicht überliefert.
==== Krypta der dicken Pfeiler ====
Die (wegen der hier herrschenden Dunkelheit selten genutzte) spätgotische Unterkirche mit ihren mächtigen Rundpfeilern ohne Kapitell - dafür aber mit schön profilierten spätgotischen Gewölberippen, die aus den Pfeilern herauszuwachsen scheinen - trägt das Gewicht des darüber befindlichen - ebenfalls spätgotischen, aber bedeutend feiner gearbeiteten - Chors der Abteikirche.
==== Zisterne ====
Hinter dem Chor der Unterkirche befindet sich eine Zisterne zur Speicherung von Regenwasser, welches von den Dächern des Chores und der Abteikirche hierhin abgeleitet wurde. In der Bucht des Mont-Saint-Michel fällt zwar ausreichend Regen, der jedoch ohne eine Zisterne auf der Bergspitze nicht zur Verfügung stand. Einen Brunnenschacht durch den harten Fels zu treiben war viel zu aufwendig; außerdem hätte man wohl nur versalzenes Wasser zutage fördern können.
==== Rittersaal ====
Bei dem sogenannten Rittersaal aus dem frühen 13. Jahrhundert handelt es sich möglicherweise um das ehemalige Skriptorium des Klosters. Aufgrund der Erfindung des Buchdrucks im ausgehenden Mittelalter funktionslos geworden, diente der - durch drei Saulenreihen viergeteilte und mit einem schönen Rippengewölbe versehene - Raum mit seinen zwei großen Wandkaminen später wohl tatsächlich als repräsentativer Kapitel- oder Empfangssaal. Oberhalb des Rittersaals befindet sich der Kreuzgang.
==== Gästesaal ====
Östlich des Rittersaals und oberhalb des Almosensaals liegt der von sechs schlanken Säulen in zwei Schiffe geteilte Gästesaal mit zwei großen Kaminen in der Südwand und einem schönen Rippengewölbe.



== Natur ==
== Natur ==
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* [[Katharine Keats-Rohan]] (Hrsg.): ''The cartulary of the Abbey of Mont-Saint-Michel.'' Tyas Press, Donington 2006, ISBN 978-1-900289-69-6 (mutmaßlicher Verfasser: [[Robert von Torigni]]).
* [[Katharine Keats-Rohan]] (Hrsg.): ''The cartulary of the Abbey of Mont-Saint-Michel.'' Tyas Press, Donington 2006, ISBN 978-1-900289-69-6 (mutmaßlicher Verfasser: [[Robert von Torigni]]).
* Daniel Leloup: ''Le village du Mont-Saint-Michel. Histoire d'un patrimoine mondial.'' Chasse-Marée, Douarnenez 2004, ISBN 2-9142-0842-1.
* Daniel Leloup: ''Le village du Mont-Saint-Michel. Histoire d'un patrimoine mondial.'' Chasse-Marée, Douarnenez 2004, ISBN 2-9142-0842-1.
* Claude Quétel (Text), Jean Bernard (Photos): ''Le Mont-Saint-Michel''
* Claude Quétel (Text), Jean Bernard (Photos): ''Der Mont-Saint-Michel.'' Theiss-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1964-8.
** ''Der Mont-Saint-Michel.'' Theiss-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1964-8.
* Jean-François Seguin: ''Mont-Saint-Michel. La reconquête d’un site.'' Le Cherche Midi, Paris 1998, ISBN 2-86274-584-7 (Projet de rétablissement du caractère maritime du Mont-Saint-Michel).
* Jean-François Seguin: ''Mont-Saint-Michel. La reconquête d’un site.'' Le Cherche Midi, Paris 1998, ISBN 2-86274-584-7 (Projet de rétablissement du caractère maritime du Mont-Saint-Michel).



Version vom 21. Juni 2011, 20:46 Uhr

Le Mont-Saint-Michel
Le Mont-Saint-Michel (Frankreich)
Le Mont-Saint-Michel (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Basse-Normandie
Département (Nr.) Manche (50)
Arrondissement Avranches
Kanton Pontorson
Koordinaten 48° 38′ N, 1° 31′ WKoordinaten: 48° 38′ N, 1° 31′ W
Höhe 5–57 m
Fläche 3,97 km²
Einwohner 25 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 6 Einw./km²
Postleitzahl 50116
INSEE-Code
Website www.mont-saint-michel.net

Der Mont Saint-Michel bei Sonnenuntergang
Der Mont Saint-Michel von Süden
Mont Saint-Michel und Tombelaine aus der Luft
Mont Saint-Michel Südfront
Mont Saint-Michel
Blick vom Mont St. Michel über Damm und Couesnon in Richtung Festland
Die Stadt unterhalb des Klosters
Besucherandrang in den engen Gassen, die Grande Rue
Buchmalerei aus den Très Riches Heures du Duc de Berry um 1415
Mont St.Michel Nordseite, umgeben vom Watt
Plan der Insel

Le Mont-Saint-Michel ist eine Gemeinde mit 25 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Manche (Region Basse-Normandie), die 708 gegründet wurde. Sie liegt auf der felsigen Insel Mont Saint-Michel im Ärmelkanal an der Mündung des Couesnon etwa einen Kilometer vor der Küste im Wattenmeer der Normandie, nahe Avranches und der Grenze zur Bretagne.

Die ohne Bauten rund 46 Meter hohe Insel ist berühmt für das auf ihr erbaute Benediktinerkloster, das die nur ca. 55.000 m² (Umfang ca. 830 m) große Insel dominiert. Es ist eines der besten Beispiele für französische normannische Architektur (Beginn um 1022) und für eine befestigte Abtei.

Im Kloster leben und arbeiten noch heute etwa ein Dutzend Benediktinermönche, und der Mont hat sich wieder zu einer großen Touristenattraktion und auch erneut – noch in geringem, aber wachsenden Umfang – zu einem Pilgerort entwickelt, unter anderem im Zusammenhang mit dem Jakobsweg. Er wird jährlich von etwa 3,5 Millionen Menschen besucht. Der Berg und seine Bucht gehören seit 1979 dem Weltkulturerbe der UNESCO an. Außerdem wird er auch seit 1998 als Teil des Welterbes Jakobsweg in Frankreich aufgeführt.

Geschichte

Vor dem Bau des ersten Sakralbaus im 8. Jahrhundert trug die Insel den Namen Mont-Tombe. Die Bewohner der Umgebung erklären diesen Namen mit dem Ausdruck für eine grabähnliche Erhebung, franz. tombe. Dies stimmt überein mit indo-europäisch tum (Erhebung), woraus dann tumba bzw. tumulus wurde. Tombelaine, der Name der kleinen, etwas nördlich gelegenen Insel, ist die Verkleinerungsform von Mont-Tombe.

Nach der Legende erschien 708 der Erzengel Michael dem Bischof Aubert von Avranches, mit dem Auftrag zum Bau einer Kirche auf der Felseninsel. Aber der Bischof folgte auch der mehrfach wiederholten Aufforderung nicht, bis der Engel ihm mit seinem Finger ein Loch in den Schädel brannte. (Der Schädel von Aubert mit dem Loch wird in der Kirche St-Gervais in Avranches aufbewahrt; in Wahrheit dürfte es sich jedoch um einen trepanierten Schädel aus dem Mittelalter handeln.) Im Zeitraum 708-709 errichtete der heilige Aubert dann ein erstes Sanktuarium zu Ehren des heiligen Michael.

Im Jahr 933 annektierten die Normannen die Halbinsel Cotentin, wodurch die Insel strategisch bedeutsam an die Grenze zur Bretagne zu liegen kam. Eine erste Kirche im vorromanischen Stil wurde errichtet, und die festungsartige Insel widerstand den Raubzügen der Wikinger. 965/966 gründete eine Gruppe von Benediktinermönchen das Kloster. In den folgenden Jahrhunderten finanzierten Herzöge und Könige die großartige Architektur des Klosters. 1017 begann Abt Hildebert II. mit dem Bau der zentralen Klosteranlage, die erst 1520 fertiggestellt sein sollte. Von 1023 bis 1084 wurde eine erste romanische Abteikirche errichtet.

Im 12. Jahrhundert war die Abtei Ziel großer Pilgerströme. Sie verfügte über große Macht und bedeutenden Einfluss, was sich auch in der Gründung zahlreicher Tochterabteien niederschlug, so z. B. St. Michael’s Mount in Cornwall. Die Normandie kam zum französischen Königreich, und Philippe Auguste, König von Frankreich, ermöglichte im 13. Jahrhundert den Ausbau des Klosters im gotischen Stil (das Gebäudeensemble La Merveille). Die Abtei hatte bedeutende Äbte, wie z.B. Robert von Torigni (ca. 1110 - 1186). Sie hatte aber auch eine Reihe von Äbten, die sie als Kommende erhalten hatten und regelrecht ausplünderten. Der auf diese Weise eingeleitete Niedergang setzte mit dem Hundertjährigen Krieg ein. Der Mont Saint-Michel wurde von den Engländern, die sich 1423 auf der Insel Tombelaine festgesetzt hatten, bis ins Jahr 1434 belagert. Er wurde zwar zu keinem Zeitpunkt eingenommen, aber vor allem die Ortschaft wurde durch die englische Artillerie fast vollständig zerstört. Trotzdem zog das Kloster in der Mitte des 15. Jahrhunderts weiterhin Pilger an. Ein besonders bemerkenswertes Phänomen sind die zahlreichen Kinderwallfahrten aus Deutschland in den Jahren um 1456 bis 1458. Allein aus der süddeutschen Reichsstadt Schwäbisch Hall zogen 1458 etwa 100 Knaben zum Mont Saint-Michel. 1469 wurde die Abtei Sitz des neu gegründeten Ritterordens Ordre de Saint-Michel.

Zwar wurde noch 1520 der Chor im spätgotischen Stil (Flamboyant) fertig gestellt, aber in der Folge der Reformation und der anderen Umwälzungen der Neuzeit ging es mit dem Mont Saint-Michel bergab. 1790 verließen die Benediktiner das Kloster (erst 1969 sollten die Mönche zurückkehren). Im Zusammenhang mit der Französischen Revolution wurde die Abtei in ein Gefängnis umgewandelt, das ursprünglich für Regimegegner aus den Reihen des Klerus gedacht war. Der Berg erhielt den Namen Mont-Libre, was dem Verwendungszweck zweifellos Hohn sprach. Zwischen 15 000 und 18 000 Menschen saßen hier ein, auch einige wichtige politische Häftlinge wie Raspail und Barbès.

Während Jahrhunderten hatte der Mont zu den herausragenden europäischen Pilgerzielen gehört, das Menschen aus dem ganzen Kontinent anzog, und er hatte als Kloster mit Skriptorium weit über die Normandie hinaus Wirkung entfaltet. Jetzt aber sprach niemand mehr vom Kloster als spirituellem und als Pilger-Ort; dem Mont haftete nur noch der Ruf eines der abscheulichsten Gefängnisse Frankreichs an, und deshalb wurde er jetzt in jeder Beziehung gemieden. Damit hatte der Mont seinen Tiefpunkt erreicht; viele Bauten waren am Zerfallen und teilweise bereits Ruinen, die Bevölkerung der Ortschaft war total verarmt, und der Fortbestand des Mont insgesamt war akut gefährdet.

Zu diesem Zeitpunkt, ab 1836, begann sich eine Bewegung um Victor Hugo für die Wiederherstellung des ihrer Meinung nach architektonischen Schatzes von nationalem Rang einzusetzen. Die Romantik hatte den Mont entdeckt! Sie verherrlichte ihn in Gedichten, Romanen und Gemälden und machte ihn auf diese Weise wieder weitherum und zudem in einem neuen, positiven Licht bekannt. 1863 erfolgte die Schließung des Gefängnisses. 1874 wurde der Mont Saint-Michel zum nationalen Denkmal (Monument historique) erklärt. Was die bauliche Erhaltung des Mont anbelangt, stand man vor einer komplexen Aufgabe. Herausragende Fachleute waren hierfür nötig, und eine staatliche Organisation wie die Caisse Nationale des Monuments historiques et des Sites. Diese besaß die erforderlichen jahrzehntelangen finanziellen Mittel und die auch über zwei Weltkriege hinhaltende Beharrlichkeit, um die Ausführung der Arbeiten zu begleiten.

1872 befasste sich Eugène Viollet-le-Duc mit dem Projekt einer umfassenden Restaurierung sowohl der Abteigebäude als auch der Ortschaft und der Befestigungsanlagen. Im gleichen Jahr wurde einer seiner Schüler, der Architekt Edouard Corroyer, beauftragt, den Zustand der Bauten zu analysieren und die konkreten Restaurierungsarbeiten vorzubereiten. Auf Corroyer, der von 1872 bis 1888 am Mont arbeitete, folgten weitere Architekten, welche die Arbeiten – bis auf den heutigen Tag – fortführten, die einen nur wenige Jahre lang, andere während 20 bis 25 Jahren, also während des Hauptteils ihres Berufslebens.

1879 erfolgte die Fertigstellung des Damms, der den Mont Saint-Michel mit dem Festland verbindet. Von 1901 bis ca. 1939 verkehrte auf dem Damm neben der Straße eine Schmalspur-Dampfeisenbahn; 1944 wurden die Gleise wieder entfernt.

Seit 1966, dem Jahr der Jahrtausendfeier der Benediktiner-Abtei des Mont, gibt es wieder Ordensleute hier. Sie erhielten Wohnmöglichkeit im nach Süden gelegenen Abtgebäude, die gesamte Klosteranlage blieb jedoch in staatlicher Hand. Heute leben Brüder und Schwestern der Gemeinschaft von Jerusalem in dem Kloster.

Im Buch Le Mont-Saint-Michel, Histoire & Imaginaire, 1998 wird von ausgewiesenen Wissenschaftlern die Geschichte und vielfältige Bedeutung des Mont, aber auch die faszinierende Geschichte der Restaurierung beschrieben. Dieses Buch ist zur Zeit das umfassendste und einschlägigste Werk über den Mont.

Natur

Ursprünglich war die Insel nur bei Niedrigwasser von der Küste zu erreichen. Um 1877 wurde dann ein Damm gebaut, über den eine Straße die Insel gezeitenunabhängig mit der Küste verbindet. Allerdings kann es durch Sturmfluten noch heute dazu kommen, dass die Insel vom Festland abgeschnitten wird.

Durch den Bau des Dammes, der die natürlichen Meeresströmungen unterbricht, versandet die Bucht immer mehr. Zudem wurden jahrhundertelang Küstengebiete trockengelegt, um Ackerland zu schaffen. Durch die Kanalisierung des Flusses Couesnon wurde die Entwicklung nur noch verstärkt, so dass der Inselcharakter von Mont Saint-Michel immer mehr verloren ging.

Mit immensem Aufwand will Frankreich nun die Versandung der Bucht um den Mont vor der Küste der Normandie stoppen. Der damalige Premierminister Dominique de Villepin gab am 16. Juni 2006 den Startschuss für die auf sechs Jahre angelegten Bauarbeiten, die 164 Millionen Euro kosten sollen.

Im Zentrum der Bauarbeiten stand bis 2008 der Bau eines Gezeitendamms an der Mündung des Flusses Couesnon. Die Sperre lässt bei Flut Meerwasser in das Flussbett fließen, das dann bei Ebbe durch Öffnen mit gehörigem Druck wieder abgelassen wird und Sand und Sedimente aus der Bucht tragen soll. Bis 2012 soll der bisherige Damm, auf dem eine Straße den Mont Saint-Michel mit dem Festland verbindet, durch eine 1 km lange Stelzenbrücke ersetzt werden. All dies soll dazu beitragen, dass das Wasser besser aus der Bucht ablaufen kann. Die inselnahen Parkplätze sollen entfernt und durch neue, 2,5 km entfernte ersetzt werden, von denen eine Pendelbahn verkehren soll.

Nach rund zehn Jahren soll sich der Wasserstand in der Bucht damit um rund 70 Zentimeter erhöhen und der Berg wieder eine richtige Insel werden. Während der Bauarbeiten bleibt das Monument geöffnet.

Die Gezeitenkräfte sind hoch in der Gegend um den Berg, Victor Hugo sprach von Fluten „à la vitesse d'un cheval au galop“ („mit der Schnelligkeit eines Pferdes im Galopp“). Zwischen höchstem und niedrigstem Wasserstand Tidenhub liegen bis zu 14 Meter. Mittelalterliche Pilger gaben der hoch über dem Meer aufragenden Abtei deshalb auch den Namen Mont-Saint-Michel au péril de la mer (lat. Mons Sancti Michaeli in periculo mari, „Mont Saint-Michel in den Gefahren des Meeres“), sie mussten schließlich noch ihren Weg durch die bei Ebbe zurückgewichenen Fluten suchen. Auch heute ist der Weg von der Küste über das Watt wegen der schnell kommenden Flut und Treibsänden immer noch gefährlich. Von Genêts an der Nordseite der Bucht vorbei an der unbewohnten Felseninsel Tombelaine gibt es geführte Wattwanderungen (7 km) zum Mont Saint-Michel.

Trivia

  • Der Mont Saint-Michel kommt auch in der Artussage vor: Hier soll ein Riese gelebt haben, den Artus erschlug.
  • Die Artussage wird oft mit dem Heiligen Gral in Verbindung gebracht und der Heilige Gral mit Mont Saint-Michel. Manche vermuten, dass der Heilige Gral in den tiefen Gemäuern des Klosters versteckt ist. Gefunden hat man ihn jedoch nie.
  • Für die filmische Umsetzung von J. R. R. Tolkiens Epos Der Herr der Ringe haben die Produktionsdesigner um Peter Jackson sich für die Konstruktion der Minas-Tirith-Modelle, Hauptstadt von Gondor, von Mont-Saint-Michel inspirieren lassen.
  • Auf seinem Album Voyager widmete Mike Oldfield der Insel ein ca. zwölf Minuten langes Instrumentalstück.
  • In der Artus-Trilogie von Bernard Cornwell ist die Insel unter dem Namen Ynys Trebes Hauptstadt und letzte Bastion des Britannischen Königreichs Benoic, welches von den Franken erobert wird. Die Stadt wird beschrieben als ein Hort von Kunst und Schönheit, der sich mit Rom und Jerusalem messen könne, und in dessen Bibliotheken (vergessen und falsch klassifiziert) das geheime Wissen Britanniens aufbewahrt wird, insbesondere über den Ort, an dem der Heilige Gral (Kessel von Clyddno Eiddyn) versteckt sein soll. Historische Quellen dafür sind nicht bekannt (siehe auch nächsten Absatz).
  • Der Verlag Drei Magier Spiele aus Uehlfeld entwickelte ein Gesellschaftsspiel, welches auf der Insel spielt. Es handelt sich nach Aussagen des Verlages um ein taktisches Bluff- und Detektivspiel.
  • An der Küste von Cornwall in England gibt es eine ähnliche Sehenswürdigkeit; den St. Michael’s Mount, vor dem Ort Marazion gelegen.
  • In dem Roman Das Waldröschen von Karl May, einem der bekanntesten Fortsetzungsromane des 19. Jahrhunderts, wird Graf Emanuel de Rodriganda auf dem Leuchtturm des Mont gefangengehalten.

Literatur

Aufsätze
  • Ulrich Gäbler: Die Kinderwallfahrten aus Deutschland und der Schweiz zum Mont-Saint-Michel 1456-1459. In: Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte. Bd. 63 (1969), 221-331.
Belletristik
Sachbücher
  • Millénaire du Mont-Saint-Michel 966–1966. Caisse nationale des monuments historiques, Paris 1966 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung in Paris, 18. März bis 15. Mai 1966).
  • Germain Bazin: Le Mont Saint-Michel. Histoire et archéologie de l’origine à nos jours. Neuaufl. Hacker Art Books, New York 1978, ISBN 0-87817-190-8
  • Jacques Cailleteau (Hrsg.): Le Mont-Saint-Michel. Histoire & Imaginaire; Caisse nationale des monuments historiques et des sites. Editions du patrimoine, Paris 1998, ISBN 2-85822-223-1.
  • Édouard Corroyer: Histoires et légendes du Mont-Saint-Michel. Déscription de l’abbaye du Mont-Saint-Michel et de ses abords. DeBonnet, Paris 1982 (Nachdr. d. Ausg. Paris 1877).
  • Étienne Dupont: Les légendes du Mont Saint-Michel. Historiettes et anecdotes sur l’Abbaye et les prisons. Dupont, Sainte-Foy 1985 (Nachdr. d. Ausg. Vannes 1926).
  • Paul Gout: Le Mont-Saint-Michel. Histoire de l’abbaye et de la ville. Etude archéologique et architecturale des monuments. Éditions Culture et Civilisation, Bruxelles 1979 (2 Bde.; Nachdr. d. Ausg. Paris 1910).
  • Katharine Keats-Rohan (Hrsg.): The cartulary of the Abbey of Mont-Saint-Michel. Tyas Press, Donington 2006, ISBN 978-1-900289-69-6 (mutmaßlicher Verfasser: Robert von Torigni).
  • Daniel Leloup: Le village du Mont-Saint-Michel. Histoire d'un patrimoine mondial. Chasse-Marée, Douarnenez 2004, ISBN 2-9142-0842-1.
  • Claude Quétel (Text), Jean Bernard (Photos): Der Mont-Saint-Michel. Theiss-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1964-8.
  • Jean-François Seguin: Mont-Saint-Michel. La reconquête d’un site. Le Cherche Midi, Paris 1998, ISBN 2-86274-584-7 (Projet de rétablissement du caractère maritime du Mont-Saint-Michel).

Weblinks

Fußnoten


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