Miséricorde (Film)

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Film
Titel Miséricorde
Produktionsland Frankreich, Spanien, Portugal
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2024
Länge 102 Minuten
Stab
Regie Alain Guiraudie
Drehbuch Alain Guiraudie
Produktion Charles Gillibert
Musik Marc Verdaguer
Kamera Claire Mathon
Schnitt Jean-Christophe Hym
Besetzung

Miséricorde (franz. für „Barmherzigkeit“ oder „Gnade“) ist ein Kriminalfilm von Alain Guiraudie. Der Film mit Catherine Frot, Félix Kysyl, Jean-Baptiste Durand und Jacques Develay in den Hauptrollen basiert auf einem Kapitel des Romans Rabalaïre des Regisseurs und feierte im Mai 2024 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes seine Premiere, wo Guiraudie für die Queer Palm nominiert war.

Als der 31-jährige Jérémie Pastor zum ersten Mal seit zehn Jahren zur Beerdigung des verstorbenen Bäckers Jean-Pierre, für den er als Teenager gearbeitet hat, in sein Heimatdorf, das malerische Saint-Martial im Département Ardèche, zurückkehrt, stellt dies für ihn eine Gelegenheit dar, alte Bekannte zu treffen. Jérémie ist mit Martine bekannt, der Witwe des Verstorbenen, und auch mit dessen etwa gleichaltrigem Sohn Vincent, der anders als seine Mutter von seiner Rückkehr nur wenig begeistert ist. Er wird dessen Frau Annie vorgestellt und trifft sich mit seinem alten Bekannten Walter, der als Bauer arbeitet. Auf Martines Drängen hin bleibt er zunächst einige Tage in ihrem Haus, um ihr Gesellschaft zu leisten. Doch schon bald bittet er um die Erlaubnis, auf unbestimmte Zeit bleiben zu dürfen. Er würde gerne Jean-Pierres Geschäft übernehmen.

Als sich Jérémie und Vincent eines Nachmittags im Wald begegnen, als sie dort ihre Spaziergänge unternehmen, kommt es zwischen den beiden Männern zu einer körperlichen Auseinandersetzung, und Jérémie tötet Vincent. Er vergräbt die Leiche und stellt Vincents Auto in einer anderen Stadt ab. Der Verdacht, er könnte etwas mit Vincents Verschwinden zu tun haben, fällt dennoch schnell auf ihn. Er steckt plötzlich inmitten der polizeilichen Ermittlungen.[1][2][3]

Regie und Drehbuch

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Regie führte Alain Guiraudie, der auch das Drehbuch schrieb. Die Geschichte ist seinem Roman Rabalaïre entnommen.[4] Der schwule Regisseur stellte in seinen bisherigen Filmen häufig queere Erfahrungen in den Mittelpunkt.[1] International erfolgreich war Guiraudie vor allem mit seinem Erotikthriller Der Fremde am See aus dem Jahr 2013 mit Pierre Deladonchamps in der Hauptrolle als junger Homosexueller, der den Sommer häufig an einem See verbringt, wo er beim Cruising neue Liebhaber findet. Für diesen Film wurde er unter anderem bei den Filmfestspielen von Cannes mit dem Regiepreis und der Queer Palm ausgezeichnet.

Besetzung und Dreharbeiten

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Jean-Baptiste Durand spielt den von Jérémie getöteten Vincent

Félix Kysyl, bekannt aus Filmen wie Im zarten Alter von Julien Gaspar-Oliveri und Des hommes von Lucas Belvaux, spielt in der Hauptrolle Jérémie Pastor. Catherine Frot spielt Martine, die Witwe seines früheren Chefs, Jean-Baptiste Durand deren Sohn Vincent und David Ayala seinen alten Bekannten Walter. Die russisch-armenische Schauspielerin Tatiana Spivakova spielt Vincents Frau Annie. Jacques Develay ist in der Rolle des mysteriösen Paters Grisolles zu sehen.[3] Sébastien Faglain spielt den Gendarme und Salomé Lopes dessen jüngere Kollegin.

Die Dreharbeiten fanden von Ende Oktober bis Mitte Dezember 2023 in der Gemeinde Sauclières im Département Aveyron statt. Als Kamerafrau fungierte Claire Mathon, die vor allem für Arbeit an den Filmen Saint Omer von Alice Diop, Spencer von Pablo Larraín und Porträt einer jungen Frau in Flammen von Céline Sciamma bekannt ist.[1] Mit ihr arbeitete Guiraudie bereits für Der Fremde am See zusammen.

Filmmusik, Marketing und Veröffentlichung

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Die Filmmusik komponierte der Spanier Marc Verdaguer, der zuletzt für das Filmdrama Afterwater von Dane Komljen und den Thriller Pacifiction von Albert Serra tätig war, für den er zahlreiche Nominierungen erhielt.

Die Premiere des Films erfolgte am 20. Mai 2024 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes, wo er in der Reihe Cannes Premières gezeigt wurde.[5] Zu dieser Zeit wurde auch der erste Trailer vorgestellt.[6] Während des Festivals sicherten sich Sideshow und Janus Films die Rechte am Film für Nordamerika.[7] Ende Juni 2024 wird Miséricorde als Abschlussfilm beim Marseille International Film Festival gezeigt.[8] Anfang Juli 2024 wird Miséricorde beim Filmfest München vorgestellt.[9]

Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind alle positiv.[10]

Regisseur und Drehbuchautor Alain Guiraudie

Ankit Jhunjhunwala schreibt in seiner Kritik für The Playlist, Alain Guiraudie arbeite in seinem Film auf mehreren Spannungsebenen, indem er alle Erklärungen und Rückblenden aus seinem Drehbuch entfernte. Das Publikum müsse sich dadurch anstrengen, die Beziehungen zwischen den Hauptfiguren und dem, was zuvor passiert ist, zu entschlüsseln. Die spartanische Ästhetik des Films gelte auch für dessen aufgeräumte Optik und sei von Kamerafrau Claire Mathon atemberaubend gedreht, so Jhunjhunwala, und hebt die Breitbildbilder voller Herbstfarben hervor, in denen Gelb-, Orange- und Rottöne im Wald wie eine Feuersbrunst wirkten. Der reduzierte Ansatz des Films habe auch zur Folge, dass sich Guiraudie auf seine Schauspieler verlassen muss, die alle der Herausforderung gewachsen seien. Félix Kysyl trage den Film in der Rolle von Jérémie Pastor, indem er gekonnt zwischen Undurchsichtigkeit und Durchschaubarkeit schwanke. Sein sanftes Aussehen und sein geschmeidiger Körperbau machten ihn zu einem glaubwürdigen Objekt der Begierde und voller Mysteriösität.[1]

Leonardo Goi schreibt in seiner Kritik für The Film Stage, Miséricorde sei trotz all seiner morbiden Untertöne und philosophischen Überlegungen weder ein Trauergesang noch ein erhabenes Symposium. So seltsam es bei solch einer Geschichte klingen mag, die mit einer Beerdigung beginnt und in der dann jemand zu Tode kommt, sei Miséricorde ein äußerst und überraschend lustiger Film, in dem der Humor allmählich eine Subversivität entwickelt. Auch Goi geht in seiner Kritik auf Mathons Kameraführung ein, die mit langen Einstellungen und Tiefenschärfe die Wälder in höhlenartige, märchenhafte Räume und gleichzeitig in ein offenes Terrain verwandele.[11]

Internationale Filmfestspiele von Cannes 2024

Filmfest München 2024

  • Nominierung im Wettbewerb Cinerebels[9]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Ankit Jhunjhunwala: 'Misericordia' Review: Alain Guiraudie’s Nerve-Rattling Thriller Is A Dostoevskian Masterwork. In: theplaylist.net, 20. Mai 2024.
  2. Miséricorde. In: Filmdienst. Abgerufen am 23. Mai 2024.
  3. a b Jordan Mintzer: 'Misericordia' Review: Alain Guiraudie’s Twisted Small-Town Tale of Murder and Sexual Repression. In: The Hollywood Reporter, 20. Mai 2024.
  4. Charlotte Garson: Miséricorde d’Alain Guiraudie. In: cahiersducinema.com, 20. Mai 2024. (Französisch)
  5. Miséricorde / Misericordia. In: festival-cannes.com. Abgerufen am 25. Mai 2024.
  6. Samuel Douhaire: Découvrez la bande-annonce de “Miséricorde”, d’Alain Guiraudie, présenté à Cannes Première. In: telerama.fr, 20. Mai 2024. (Französisch)
  7. Brian Welk: Cannes 2024 Sales: Andrea Arnold’s 'Bird' Goes to MUBI. In: indiewire.com, 26. Mai 2024.
  8. https://cineuropa.org/en/newsdetail/463263
  9. a b Miséricorde. In: filmfest-muenchen.de. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  10. Miséricorde. In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 1. Juni 2024.
  11. Leonardo Goi: Cannes Review: 'Misericordia' is a Galvanizing Ode to the Power and Subversiveness of Desire . In: thefilmstage.com, 27. Mai 2024.