Pfarrkirche St. Martin (Schwyz)

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Pfarrkirche St. Martin
Die Pfarrkirche im Ortskern von Schwyz
Blick von der Herrengasse zum Kirchenportal

Die katholische Pfarrkirche St. Martin in Schwyz im Kanton Schwyz ist eine spätbarocke Hallenkirche. Sie ist das siebte Kirchengebäude im Ortszentrum und steht unter Denkmalschutz.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirchenpatron von Schwyz ist der heilige Martin von Tours. Als solcher wurde er auch Patron des Landes Schwyz und zierte dessen Standessiegel und Münzen bis in die frühe Neuzeit. Sein Patrozinium am Martinstag (11. November) ist in der Gemeinde Schwyz ein Feiertag. In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, als in Schwyz die erste Kirche erbaut wurde, war Martin der Schutzherr des Fränkischen Reiches.[2]

Auf die erste Kirche folgte um 1000 die zweite ottonische Kirche, welche möglicherweise 1117 durch ein Erdbeben zerstört wurde. Die dritte Kirche an gleicher Stelle wurde 1122 geweiht. Sie war ein romanischer Bau. Im 15. Jahrhundert folgte eine wesentlich grössere vierte Kirche.[3]

Die gotische Kirche war eine dreischiffige Hallenkirche. Vom Turm besteht noch der Unterbau, der von 1481 stammt.[4] Im Dorfbrand von 1642 wurde die Kirche wie das benachbarte Rathaus zerstört und in ähnlicher Form wieder aufgebaut.

1762 vermerkte der Einsiedler Klosterbaumeister Kaspar Braun, dass die Kirche baufällig und zu klein sei. Den Neubau übernahmen Jakob Singer und sein jüngerer Bruder Johann Anton Singer, nachdem die Bauherrschaft 1763 mit ihnen einen Vertrag von 20'000 Gulden abgeschlossen hat.[4] Die neue Kirche, die von 1769 bis 1774 errichtet wurde, weist eine monumentale Fassade sowohl Richtung Hauptplatz wie am Hauptportal zur Herrengasse hin auf. Die Architektur gilt als spätbarock mit klassizistischen Elementen.[5]

An der südlichen Kirchenmauer erinnert ein Gedenkstein an Landammann Alois von Reding (1765–1818).[4]

In den 1770er Jahren wurde von Orgelbauer Franz Joseph Bouthillier aus Dinkelsbühl in die neue Pfarrkirche eine neue Orgel eingebaut. Sie hatte 31 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das barocke Gehäuse stammte von einem Schreiner aus Stans. 1917 baute Orgelbau Goll aus Luzern in dieses Gehäuse eine dreimanualige Orgel mit 38 Registern ein. Dieses Instrument wurde 1970 abgelöst von einer dreimanualigen Schleifladenorgel, ebenfalls im historischen Gehäuse von Bouthillier, welche von der Manufaktur Orgelbau Kuhn hergestellt wurde. Dieses Instrument verfügt nun über 48 Register.[6]

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Turm hängt ein sechsstimmiges Glockengeläut von besonderem historischen Wert – fünf der sechs Glocken stammen von dem Gießer Jost Rüttimann aus verschiedenen Jahren. Die Große Glocke ist mehr als 100 Jahre jünger und wurde von Giovanni Antonio Peccorino aus Intra gegossen. Sie wiegt etwa 3650 kg.

Übersicht[7][8]

Glocke Name Gussjahr Schlagton
1 Grosse- oder Dreifaltigkeitsglocke 1773
2 Mittags- oder Muttergottesglocke 1642 c′
3 Wisi-, Leichen oder St. Martinsglocke 1652 d′
4 Bet- oder Barbaraglocke 1652 e′
5 Verwahr- oder Sebastiansglocke 1652 g′
6 Kinder-, End- oder Katharinenglocke 1653 a′

«Kerchel»[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kerchel (links) und die Heiligkreuzkapelle mit der Kirche im Hintergrund

Auf dem ehemaligen Friedhof, der sich einst im Kirchenbezirk rings um die Kirche erstreckte, bildet das Beinhaus, im Alten Land Schwyz als Kerchel (von lat. carcer für Umfriedung) bezeichnet, den nordöstlichen Abschluss. Die Mauern des Kirchenbezirks stehen nicht mehr. Der zweigeschossige Schwyzer Kerchel wurde 1518 bis 1520 über einem etwas kleineren Vorgängerbau neu errichtet. Das spätgotische Gebäude hatte zwei Funktionen: als Aufbewahrungsort menschlicher Gebeine und als Messkapelle, geweiht dem Erzengel Michael, dem Hüter des Paradieses, Seelenwäger und Seelenbegleiter. Das Beinhaus im Erdgeschoss ist dreitürig und konnte bei Prozessionen durchschritten werden. Die Kapelle im Obergeschoss konnte über zwei Treppen erreicht werden. Sie ist rund doppelt so gross wie das darunterliegende Beinhaus.[9]

Heiligkreuzkapelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heiligkreuzkapelle

Nach dem Dorfbrand in der Osternacht 1642 wurde auf dem Friedhof die kleinere Heiliggeistkapelle errichtet. Zeugherr Anastasius Kyd liess sie 1645 erbauen. Im Inneren thront ein spätgotisches Kruzifix, das unversehrt aus dem Brand hervorgegangen ist. Es wird von den Assistenzfiguren Maria und Johannes im barocken Stil flankiert. Beim Kreuz kniet Maria Magdalena neben einem Kästchen mit einer Kreuzreliquie. Im 18. Jahrhundert wurden Engel mit den Leidenswerkzeugen hinzugefügt.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Markus Riek, Markus Bamert: Meisterwerke im Kanton Schwyz, Bd. 1: Von der Frühzeit bis zur Gegenreformation, Benteli, Zürich 2004, ISBN 3-7165-1354-7.
  • Markus Riek, Markus Bamert: Meisterwerke im Kanton Schwyz, Bd. 2: Vom Barock bis zur Gegenwart, Benteli, Zürich 2006, ISBN 3-7165-1415-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pfarrkirche St. Martin (Schwyz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Heiligkreuzkapelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kantonsliste A- und B-Objekte Kanton SZ. Schweizerisches Kulturgüterschutzinventar mit Objekten von nationaler (A-Objekte) und regionaler (B-Objekte) Bedeutung. In: Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS – Fachbereich Kulturgüterschutz, 1. Januar 2024, (PDF; 266 kB, 8 S., Revision KGS-Inventar 2021 (Stand: 1. Januar 2023)).
  2. Erwin Horat: Ein kriegerischer Heiliger mit sozialem Verantwortungsgefühl. Der hl. Martin auf Schwyzer Staatsaltertümern, in: Meisterwerke, Bd. 1, S. 192–195.
  3. Erwin Horat: Schwyz (Gemeinde). In: Historisches Lexikon der Schweiz. 22. Januar 2018, abgerufen am 10. Juli 2019.
  4. a b c Pfarrkirche St. Martin – Schwyz, kirchgemeinde-schwyz.ch, abgerufen am 15. April 2017.
  5. Heinz Horat: Das Monument im Dorf. Die Pfarrkirche St. Martin in Schwyz, in: Meisterwerke, Bd. 2, S. 182–185.
  6. Schwyz – St. Martin – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 3. Januar 2023 (deutsch).
  7. youtube.com: Schwyz, Pfarrkirche St. Martin, Vollgeläute
  8. SRF – Glocken der Heimat: Schwyz, St. Martin
  9. Heinz Horat: Architektur für die Toten. Der Kerchel in Schwyz und andere Beinhäuser. In: Meisterwerke, Bd. 1, S. 100–103.
  10. Markus Bamert: Der grosse Herrgott von Steinen. Die gotische Kreuzigungsgruppe in der barocken Kapelle, in: Meisterwerke, Bd. 1, S. 108f.

Koordinaten: 47° 1′ 16,6″ N, 8° 39′ 12,7″ O; CH1903: 692360 / 208517