Rózia Robota

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Rózia Robota, vor 1939

Rózia Robota oder Rosa Robota (1921 in Ciechanów, Polen6. Januar 1945 im KZ Auschwitz-Birkenau)[1][2] wurde als eine der vier Frauen hingerichtet, die 1944 am (zweiten) bewaffneten Aufstand des jüdischen Häftlings-Sonderkommandos in den Krematorien III und IV im deutschen KZ Birkenau beteiligt waren.

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rózia Robota entstammte einer alteingesessenen Familie aus Ciechanów und hatte einen Bruder und eine Schwester. Im sechsten Schuljahr gründete sie eine Jugendgruppe, mit der sie sich nach Abschluss der Volksschule der zionistischen Jugendbewegung Hashomer Hatzair anschloss. Als ihre Heimatstadt während des Überfalls auf Polen von den Deutschen eingenommen wurde, wurde das Viertel, in dem sie lebte, zerstört. Ihre Familie wurde zum Umzug ins neu geschaffene Ghetto gezwungen, wo sie von Verwandten aufgenommen wurde. Rózia Robota und ihre Schwester mussten Zwangsarbeit in einem von Deutschen besetzten Wohnhaus verrichten.[3] Später schloss sie sich der Untergrundbewegung im Ghetto an.[3][4][5]

Im November 1942 wurde das Ghetto liquidiert und die meisten Bewohner, so auch Rózia Robota und ein Großteil ihrer Familie, nach Auschwitz deportiert.[6] Ihre Angehörigen überstanden die Selektion nicht. Rózia Robota wurde zunächst in Auschwitz I interniert und im August 1942 nach Birkenau überstellt. Dort wurde sie in der Effektenkammer, auch „Kanada“ genannt, zum Sortieren der Habe inzwischen vergaster Häftlinge gezwungen.[4] Sie beteiligte sich zunächst an der heimlichen Verbreitung von Neuigkeiten unter den Häftlingen. Hadassa Zlotnicka, ebenfalls aus Ciechanów, soll Rózia Robota für diese Widerstandstätigkeit angeworben haben. Sie lernte dort Ala Gertner kennen und freundete sich mit ihr an.

Robota war maßgeblich an den Vorbereitungen eines Aufstands des Sonderkommandos beteiligt. Aufgrund ihrer persönlichen Bekanntschaft mit Zwangsarbeiterinnen in einer nahe gelegenen Zünderfabrik wurde sie vom jüdischen Lagerwiderstand als Mittelsfrau eingesetzt. Die Zwangsarbeiterinnen standen in der Fabrik unter strenger Beaufsichtigung und konnten daher nicht unmittelbar durch dort eingesetzte Mitglieder des Widerstands kontaktiert werden.[7] Mit Hilfe von Ala Gertner, Regina Safirsztajn und Ester Wajcblum gelang es ihr, etwa 20 Frauen im Alter von 18 bis 22 Jahren anzuwerben,[4] die über Monate hinweg Schwarzpulver in kleinen Mengen aus der Fabrik entwendeten und ins Konzentrationslager schmuggelten. Dort wurde es versteckt und über ein Helfer-Netzwerk zu Granaten[8] weiterverarbeitet.[9][6] Rózia Robota übergab das Schwarzpulver an einen Häftling des Schlosserei-Kommandos, ihren Freund Godel Silber, der als Kurier für das „Sonderkommando“ fungierte. Am 7. Oktober 1944 kam es zu einer Revolte durch Häftlinge des „Sonderkommandos“, bei der das Krematorium III beschädigt wurde, der Aufstand wurde jedoch von der SS niedergeschlagen.[8]

Durch einen „Maulwurf“ wurden Rózia Robota, Ala Gertner, Regina Safirsztajn und Ester Wajcblum an die Politische Abteilung verraten. Man verhaftete sie am 10. Oktober 1944[10] und sperrte sie in Block 11, wo sie monatelang gefangen gehalten und massiver Folter ausgesetzt wurden.[4][11] Robota, die viele Namen und Methoden des Widerstands kannte, behielt alle Informationen für sich. Als ein jüdischer Widerstandskämpfer sie wenige Tage vor ihrem Tod mit Hilfe eines Kapos kurz in ihrer Zelle besuchen konnte, äußerte sie ihm gegenüber den Wunsch, die Untergrundbewegung möge weiterkämpfen („Es ist einfacher zu sterben, wenn man weiß, dass die anderen weitermachen.“[12]). Sie übergab ihm eine an die jüdische Untergrundbewegung gerichtete Abschiedsnotiz, in der sie versicherte, lediglich den Namen eines bereits Verstorbenen preisgegeben zu haben, und die mit dem Gruß Hazak ve-amatz[4] („Seid stark und tapfer“) endete.[6][13]

Robota, Gertner, Safirsztajn und Wajcblum wurden am 6. Januar 1945, zwei Wochen vor der Auflösung des Lagers, gehängt. Die Exekution fand auf dem Appellplatz vor den Augen aller Häftlinge statt. Die Urteilsbegründung verlas Rudolf Höss.[14]

Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. Oktober 1994 wurde bei einer Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des Sonderkommando-Aufstands im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau eine Gedenktafel zu Ehren von Rózia Robota, Ala Gertner, Esther Wajcblum und Regina Safirsztajn im Stammlager Auschwitz enthüllt.

Zur Erinnerung an Robota erfolgte die Benennung der Rosa-Robota-Tore in Montefiore Randwick (Sydney).

Im Jahr 2014 zeigte der Choreograf Jonah Bokaer eine multimediale Ausstellung unter dem Titel October 7, 1944 im Center for Yewish History in Manhattan.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Yuri Suhl: Rosa Robota - Heroine of the Auschwitz Underground. In: ders.: They Fought Back. New York 1969, S. 219–224 (PDF).
  • Lore Shelley: The Union Kommando in Auschwitz: The Auschwitz Munition Factory Through the Eyes of Its Former Slave Laborers. University Press of America, Lanham 1996, ISBN 0-7618-0194-4 (englisch).
  • Brana Gurewitsch: Mothers, Sisters, Resisters: Oral Histories of Women Who Survived the Holocaust. The University of Alabama Press, Tuscaloosa, AL 1998, ISBN 0-8173-0931-4 (englisch).
  • Moshe Fuchs: Rosa Robota – The Holy Heroine from Ciechanow. In: A. Wolf Yasni (Hrsg.): Memorial Book of the Ciechanow Jewish Community (aus dem Hebräischen und dem Jiddischen übersetzt durch Miriam Dashkin Beckermann). Association of Ciechanow and the landsmanschaften abroad, Tel-Aviv 1962, S. 24–26 (online, englisch).
  • Moshe Kolko: Ciechanow Jews in the Uprising in Auschwitz. In: A. Wolf Yasni (Hrsg.): Memorial Book of the Ciechanow Jewish Community (aus dem Hebräischen und dem Jiddischen übersetzt durch Miriam Dashkin Beckermann). Association of Ciechanow and the landsmanschaften abroad, Tel-Aviv 1962, S. 372–396 (online, englisch).
  • Moshe Kolko: Rosa Robota – Her Life, Struggle Against the Germans and Her Death as a Martyr. In: A. Wolf Yasni (Hrsg.): Memorial Book of the Ciechanow Jewish Community (aus dem Hebräischen und dem Jiddischen übersetzt durch Miriam Dashkin Beckermann). Association of Ciechanow and the landsmanschaften abroad, Tel-Aviv 1962, S. 400–406 (online, englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rózia Robota – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Yad Vashem – Robota, Rosa
  2. Andere Schreibweisen ihres Vornamens: Rojza, Rozia und Roza
  3. a b Moshe Kolko: Rosa Robota – Her Life, Struggle Against the Germans and Her Death as a Martyr. In: A. Wolf Yasni (Hrsg.): Memorial Book of the Ciechanow Jewish Community. Association of Ciechanow and the landsmanschaften abroad, Tel-Aviv 1962, S. 400.
  4. a b c d e Na'ama Shik: Roza Robota. 1921-1945. In: Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia. 27. Februar 2009, abgerufen am 16. April 2021.
  5. Yuri Suhl: Roza Robota – Heroine of the Auschwitz Underground. In: Yuri Suhl (Hrsg.): They Fought Back: The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe. Crown Publishers, New York 1969, S. 219.
  6. a b c Isak Arbus: Roza Robota, a Heroine of the Auschwitz Uprising. In: Jewish Currents: Honoring the Jewish Resistance. 6. Oktober 2015, abgerufen am 16. April 2021.
  7. Yuri Suhl: Roza Robota – Heroine of the Auschwitz Underground. In: Yuri Suhl (Hrsg.): They Fought Back: The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe. Crown Publishers, New York 1969, S. 220.
  8. a b Andreas Kilian: Der „Sonderkommando-Aufstand“ in Auschwitz-Birkenau: Neue Forschungsergebnisse und Erkenntnisse zu Vorgeschichte, Ablauf und Folgen des legendärsten Häftlings-Aufstands im KL Auschwitz-Birkenau, März 1943–November 1944. In: Sonderkommando Studien. 1. April 2005, abgerufen am 22. April 2021.
  9. Yuri Suhl: Roza Robota – Heroine of the Auschwitz Underground. In: Yuri Suhl (Hrsg.): They Fought Back: The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe. Crown Publishers, New York 1969, S. 220–221.
  10. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945. Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-498-00884-6, S. 903.
  11. Yuri Suhl: Roza Robota – Heroine of the Auschwitz Underground. In: Yuri Suhl (Hrsg.): They Fought Back: The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe. Crown Publishers, New York 1969, S. 222.
  12. Zitiert nach Im Kampf gegen Besatzung und „Endlösung“. Widerstand der Juden in Europa 1939–45. Jüdisches Museum Frankfurt am Main, 26. April bis 29. Juni 1995, S. 214.
  13. Yuri Suhl: Roza Robota – Heroine of the Auschwitz Underground. In: Yuri Suhl (Hrsg.): They Fought Back: The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe. Crown Publishers, New York 1969, S. 222–223.
  14. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945. Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-498-00884-6, S. 957.
  15. Rebecca Milzoff: The quiet bravery of a doomed revolt. In: International New York Times, 15. November 2014, S. 18 (englisch).