Römischer Senat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. Februar 2007 um 08:05 Uhr durch StefanC (Diskussion | Beiträge) (→‎Der Senat im Königtum: Linkfix). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Datei:Senato Romano.jpg
Darstellung einer Senatssitzung: Cicero greift den rechts isoliert sitzenden Catilina an (Fresko aus dem 19. Jahrhundert).

Der römische Senat war bis zum Ende der Republik die wichtigste Institution des römischen Staates. Nicht nur der Senat als Gremium war verantwortlich für diese Bedeutung, auch seine Mitglieder, die Senatoren, waren stets bedeutende und im Reich allgemein anerkannte Personen. Obwohl die Rechte des Senats und die Rechtskraft seiner Beschlüsse nie irgendwo niedergeschrieben wurden, bestimmte er bis in die Zeit des Augustus und in Ausnahmesituationen auch noch danach die römische Politik.

Geschichte des Senats

Der Senat im Königtum

Die Informationen über den Senat in der Zeit, als Rom noch von Königen beherrscht wurde, sind sehr spärlich gesät. Vermutlich entsprach das Gremium damals noch einem Kronrat, der den König in dessen Politik beriet, selbst aber keine Handlungsmöglichkeit besaß. Die Behauptung vieler antiker Autoren, dass der legendäre Stadtgründer Romulus den ersten Senat einberief, darf angezweifelt werden.

Der Senat, der anfangs etwa 100 Mitglieder besessen haben dürfte, setzte sich laut Cicero aus senes, also älteren und erfahrenen Männern, sowie patres, den Oberhäuptern des römischen Adels, zusammen. Daher kommt auch die Übersetzung "Rat der Ältesten" oder "Ältestenrat". Zusätzlich zu der Beratungsfunktion stellten die Senatoren auch noch den Interrex, das heißt den obersten Verwalter für die Zeit zwischen dem Tode des früheren und der Einberufung eines neuen Königs.

Daneben waren die Aufgaben des Senats wahrscheinlich größtenteils sakraler Natur. Erst etwa unter König Tarquinius Priscus, der den Senat um hundert Mitglieder erweitert habe, soll er diese Funktion unter griechischem Einfluss allmählich aufgegeben haben; wie alle Überlieferungen über die römische Frühzeit könnte dies aber auch spätere Konstruktion sein.

Der Senat in der Republik

Nach Ende der Königszeit übernahm der Senat die Rolle von Gesetzgeber und Regierung im noch kleinen Rom. Im folgenden System der Magistrate, das sich bald herauskristallisierte, war der Senat die einzige Institution, die wirklich von Dauer war – schließlich wurden die Beamten jährlich neu gewählt. Äußerliche Zeichen der Bedeutung der Senatoren waren ein breiter Purpurstreifen (latus clavus) auf der Toga und ein goldener Siegelring (symbolum).

In Anbetracht der langen Tradition, die der Senat schon zu Beginn der Republik innehatte, fiel ihm die Rolle des kontrollierenden und leitenden Gremiums zu, obwohl diese eigentlichen Gewohnheitsrechte niemals gesetzlich verankert wurden (auctoritas senatus). In den Jahrhunderten der Republik, die nun folgten, bestimmte der Senat, der durch die Aufnahme von Sabinern und Etruskern auf rund 300 Mitglieder angewachsen war, die Richtlinien der Politik. Er regelte die Außenpolitik, erließ Gesetze und schaffte sie auch ab, vergab bestimmte Magistraturen, konnte die Beamten auch absetzen und verwaltete die Staatsfinanzen. Verbunden mit der altehrwürdigen Tradition machten diese wichtigen Aufgaben den Senat klar zum Herzen des Staates. Den Senat nicht zu respektieren, hieß für einen einfachen Römer, den Staat nicht zu respektieren. Diese Verbundenheit schlug sich auch in der vielmals beschworenen Formel SPQR, senatus populusque romanus („der Senat und das römische Volk“), nieder.

Nach den Ständekämpfen des 4. Jahrhunderts v. Chr. war es zwar auch den einfachen Plebejern möglich, in den Senat einzutreten, doch bis in die hohe Kaiserzeit hinein war der Senat stets fest in der Hand der Nobilität, zu der neben den Patriziern (patres) auch die plebejischen Familien gehörten, die es bis zum Konsulat gebracht hatten. Zwar wurde die offizielle Anrede für die Senatoren nach den Ständekämpfen auf patres conscripti („Väter und (neu) Eingetragene“, möglicherweise auch „eingetragene Väter“) erweitert, doch die scharfe Kontrolle über den Zugang zum Senat (lectio senatus), die bis 313 v. Chr. von den Konsuln, später alle fünf Jahre von den Zensoren ausgeübt wurde, machte es einem Nichtadeligen sehr schwer, Senator zu werden.

Eine Möglichkeit bestand jedoch für die Plebejer noch: der cursus honorum, die traditionelle Ämterlaufbahn aus Quaestur, Aedilat/Tribunat, Praetur und Konsulat. Es war nämlich bereits von sehr früh an Tradition, die beiden Konsuln nach Ablauf ihrer Amtszeit in den Senat aufzunehmen. Dieser Brauch wurde Schritt für Schritt ausgeweitet, bis zuletzt sogar die Quaestoren, die niedrigsten Beamten innerhalb der Karriereleiter, aufgenommen wurden.

Unter Sulla wurde der Senat auf 600 Mitglieder erweitert. Später erhöhte Caesar die Anzahl noch einmal auf rund 900.

Auch untereinander hatten die Senatoren eine eigene Hierarchie, die sich nach der Herkunft (so hatten die Patrizier beispielsweise gegenüber den Plebejern ein erweitertes Stimmrecht), dem zuvor ausgeübten Amt und dem Alter orientierte. Zusätzlich wurde derjenige Senator, der sich bei einer Senatstagung als erstes in die Liste eintrug, princeps senatus (Der Erste des Senats) genannt. Den Vorsitz der Tagung jedoch führte stets der Beamte, der den Senat einberufen hatte. Das Recht dazu hatten die Konsuln, die Praetoren und nach den Standeskämpfen auch die Volkstribunen. Die Senatssitzungen waren öffentlich und fanden zweimal monatlich in der curia Hostilia statt. Es bestand Anwesenheitspflicht, bei Nichterscheinen drohte eine Geldstrafe.

Der Senat übte seine administrativen Aufgaben nach Gewohnheitsrecht aus. Die wenigen in Gesetze gefassten Aufgaben bestanden unter anderem in der Zuweisung bestimmter Aufgaben an die verschiedenen Feldherren im Krieg. Zusätzlich war der Senat aufgrund seiner langen Tradition und der damit verbundenen Autorität Hüter von Sitte und Ordnung und Bewahrer der Traditionen. Insgesamt stand die Republik ganz im Zeichen der senatorischen Gewalt.

Der Senat im Kaiserreich

Nach dem Jahrhundert der Bürgerkriege hatten die meisten Senatoren akzeptiert, dass die Ära der fast unbeschränkten Senatsmacht vorbei war. Der letzte Versuch, die Republik mit der Ermordung Caesars in ihrer alten Form zu erhalten, endete in einem blutigen Desaster, das für viele Senatoren tödlich ausging. Als Oktavian nach seinem Sieg bei Actium 31 v. Chr. eine Neuordnung des römischen Staatensystems durchführte, leisteten nur die wenigsten Senatoren ernsthaften Widerstand. Im nun folgenden System des Prinzipats, das formell die Republik zwar weiterbestehen ließ, viele senatorische Rechte jedoch an den princeps, also den Ersten des Staates übertrug, büßte der Senat nicht nur viel seiner Entscheidungsgewalt ein; auch die Anzahl der Senatoren wurde wieder auf 600 verringert.

Unter dem ersten Kaiser Augustus, der sich selbst noch als princeps bezeichnete, konnte der Senat noch ein relativ freundliches Verhältnis zu dem neuen Machthaber aufbauen, was sich auch in der Verleihung des Titels Augustus (etwa: „der Erhabene“) äußerte. Augustus selbst trachtete stets danach, mit dem Senat in friedlicher Koexistenz zu regieren. Durch Ehegesetze, die verheiratete Senatoren und insbesondere Senatoren mit Kindern bevorzugten, versuchte er erfolglos, die alten senatorischen Familien zu erhalten. Bereits zu Beginn des 2. Jahrhunderts gab es nur noch eine einzige alte Patrizierfamilie.

Immer mehr Mitglieder des Senats waren romanisierte Provinziale, die zunächst aus dem Westen des Reiches, später aus dem Orient und im 3. Jahrhundert schließlich aus Illyrien und Africa stammten. Am Ende des 2. Jahrhunderts stammte nur noch knapp die Hälfte der Senatoren aus Italien. Die Senatorenwürde löste sich dabei mehr und mehr von der Teilnahme an den Senatssitzungen, die weiterhin zweimal monatlich in Rom stattfanden. Ehemalige Magistrate lebten als Ehrensenatoren auf Landgütern überall im Reich, die direkt dem Statthalter unterstellt waren.

Der erste Konflikt zwischen Kaiser und Senat kam schon mit Augustus’ Tod im Jahre 14. Weder sein Nachfolger Tiberius noch der Senat wussten mit dieser völlig neuen Situation umzugehen und begegneten einander mit scharfem Misstrauen. Schließlich organisierte Tiberius seine Machtübernahme selbst und verzichtete auf die offizielle Huldigung durch den Senat. In den späteren Jahren seiner Herrschaft kooperierte er aber eng mit dem Senat. Er betrachtete ihn als nicht nur beratendes, sondern auch entscheidendes Gremium und übertrug ihm wichtige Rechte der Volksversammlung. Der Prinzipat war jedoch bereits so etabliert, dass viele Senatoren sein Entgegenkommen für unangemessen und heuchlerisch hielten.

Nach Tiberius versuchte der Senat stets, das ihm weiterhin anvertraute Recht der Ernennung zum Kaiser für sich zu behalten. Formal legitimiert wurde eine Kaiserherrschaft eigentlich erst durch einen entsprechenden Senatsbeschluss, doch gab es in der römischen Geschichte genug Fälle, in denen sich neue Kaiser nicht darum scherten und allein mit den sie unterstützenden Legionen im Rücken regierten. Dagegen war der Senat machtlos, auch wenn er mitunter versuchte, einen Gegenpol zur ständig wachsenden Einflussnahme der Militärs darzustellen. Den Höhepunkt erreichte diese Auseinandersetzung wohl 238, als der Senat nach dem Tode der beiden Gordiane eigenmächtig mit Pupienus und Balbinus zwei neue Kaiser einsetzte. Nur 99 Tage später wurden die beiden zerstrittenen Herrscher aber von den Prätorianern ermordet.

Der Einfluss des Senats hing in der Folgezeit stark vom jeweiligen Kaiser ab. Suchten in den ersten Jahrhunderten des Kaiserreichs noch viele Herrscher (wie beispielsweise Vespasian oder auch Trajan), im Einvernehmen mit dem Gremium zu herrschen, wurde der Senat vor allem ab dem 3. Jahrhundert und in der Zeit der Soldatenkaiser mehr und mehr marginal. Die wenigen Bereiche, in denen der Senat mit gesetzlichem Recht entscheiden durfte, waren keinesfalls für die große Politik von Bedeutung. Allein die Gesetzgebung oblag weiterhin dem Senat, obwohl der Kaiser faktisch auch ohne Zustimmung Gesetze einführen konnte (die dann aber in der Regel nicht als lex bezeichnet wurden).

Der Senat in der Spätantike

Die Curia Iulia auf dem Forum Romanum

Diokletian gab der Senatscuria ihre heute erhaltene Gestalt. Durch die ständige Abwesenheit der meisten Kaiser in der Spätantike – spätestens seit etwa 400 war Rom keine Kaiserresidenz mehr – war der Senat anfangs bisweilen imstande, sich so selbst wieder einen größeren politischen Freiraum zu schaffen. Dennoch konnte der beständige Niedergang der Senatsbedeutung insgesamt nicht aufgehalten werden; der Senat verlor rasch auch die letzten Reste an realer Macht. Die Kaiser bedurften nicht mehr der Anerkennung durch den Senat und das Recht auf Gesetzgebung bestand zwar weiter, wurde aber nicht mehr genutzt. Übrig blieb eigentlich nur das Privileg, über Standesgenossen zu richten, wenn diese des Hochverrats angeklagt waren. Allerdings genossen die Senatoren weiterhin enormes Ansehen und vereinzelt bot die Versammlung zumindest eine Bühne für politische Entscheidungen.

Mit der Reichsteilung im Jahre 395 war der Senat faktisch eigentlich nicht mehr viel mehr als der Stadtrat von Rom, denn seit Konstantin saß auch in Konstantinopel ein Senat, der seit Constantius II. die gleichen Privilegien besaß wie der weströmische. Allerdings waren die oströmischen Senatoren offenbar nie so extrem wohlhabend wie ihre italischen „Kollegen“ und der römische Senat galt weiterhin als die Verkörperung der Größe Roms. Einige mächtige senatorische Geschlechter wie die Anicier waren in beiden Reichshälften präsent und bildeten damit ein verbindendes Glied. In Ost und West unterteilten sich die Senatoren in die Rangklassen der clarissimi, spectabiles und illustres; als ihre Zahl um 450 zu groß geworden war, nahm man den clarissimi und spectabiles das Recht zur Teilnahme an Senatssitzungen. Damit wurde der Senat faktisch zu einer Versammlung der höchsten aktiven und ehemaligen kaiserlichen Beamten, er zählte fortan kaum mehr als 100 tatsächliche Mitglieder.

Bis zur Niederschlagung der Usurpation des Eugenius 394 war der Senat in Rom auch ein Hort der paganen Traditionen: Wenn auch immer mehr Christen dem Senat angehörten, so stellten die heidnischen Senatoren doch eine beträchtliche Oppositionsgruppe dar. Die bekanntesten Vertreter am Ende des 4. Jahrhunderts waren Quintus Aurelius Symmachus, Virius Nicomachus Flavianus und Vettius Agorius Praetextatus (siehe auch Streit um den Victoriaaltar). Nach dem Ende des Eugenius verschwanden die heidnischen Traditionalisten aber bald in der Bedeutungslosigkeit; kaum einer ergriff jedenfalls öffentlich Partei für die alten Götterkulte, die unter Theodosius I. auch verboten worden waren.

Bemerkenswerterweise war es nicht so, dass mit dem Ende des weströmischen Reiches 476 auch der Senat sein Ende gefunden hätte. Stattdessen bestand der westliche Senat noch das ganze sechste Jahrhundert hindurch weiter, auch wenn seine Bedeutung in der nach dem Reichsende folgenden germanischen Herrschaft unklar ist. Offenbar kooperierte man aber insgesamt erfolgreich mit den neuen Herren. Noch unter Odoaker oder Theoderich wurden die Privilegien der Senatoren bestätigt, man prägte Münzen mit der Legende SC (Senatus consultum), und es wurden weiterhin Konsuln ernannt – je einer im Osten und einer in Italien. Nach 534 – im folgenden Jahr begann der Angriff der oströmischen Truppen auf das Ostgotenreich – ist für den Westen dann kein Konsul mehr aufgelistet, der Senat jedoch bestand weiter. Allerdings ruinierte der lange Krieg zwischen den Goten und Ostrom die Senatoren. Als Kaiser Justinian nach seinem Sieg 554 fast alle senatorischen Ämter Italiens (nur die Stadtpräfektur blieb erhalten) abschaffte, sank die Bedeutung des Senates noch einmal rapide, und mit dem Einfall der Langobarden war sein Schicksal endgültig besiegelt. Die letzte sicher bezeugte Aktion bestand in der Entsendung zweier Botschafter zum Reichsgericht in Konstantinopel in den Jahren 578 und 580. Auch bei der Erhebung von Papst Gregor dem Großen soll der Senat noch einmal eine Rolle gespielt haben.

Seit 542 gab es auch in Konstantinopel keinen Konsul mehr, der Senat im Byzantinischen Reich bestand jedoch noch bis zu dessen Ende weiter – allerdings verschwand die oströmische Senatsaristokratie nach der Mitte des 7. Jahrhunderts. Sie wurde während der Abwehrkämpfe gegen die Araber durch neue Aufsteigerfamilien ersetzt, die aber nicht mehr über das alte Standesbewusstsein oder über die klassische Bildung verfügten, die für die antiken Senatoren typisch gewesen waren. Der Senat der mittel- und spätbyzantinischen Ära erinnerte daher nur noch entfernt an jenen der Antike.

Senatorische Sonderbefugnisse und Geschäftsordnung

Der Senatsbeschluss

Der Senatsbeschluss (senatus consultum, abgekürzt SC), gelegentlich auch als decretum oder sententia bezeichnet, war eine Anweisung, die der Senat nach erfolgter Diskussion und Abstimmung einem Beamten erteilte. Theoretisch gesehen war ein solcher Beschluss nicht bindend, in den Tagen der Republik wagte es jedoch kaum jemand, sich einem solchen Befehl zu widersetzen, da dies eine Auflehnung gegen den expliziten Willen der Nobilität und damit in aller Regel das Karriereende bedeutet hätte.

Nach der Abstimmung wurde der Senatsbeschluss niedergeschrieben und im Saturnstempel, in dem auch der Staatsschatz ruhte, archiviert. Weniger wichtige Schriftstücke, beispielsweise Protokolle, nicht sonderlich wichtige Reden und so weiter wurden im Tabularium, einem 78 v. Chr. erbauten Staatsarchiv, aufbewahrt. Zudem waren die Senatoren verpflichtet, ihre Beschlüsse zu veröffentlichen. Seit Caesar wurden die Beschlusslisten auf dem Forum Romanum für die gesamte Öffentlichkeit ausgehängt.

Bisweilen kam es vor, dass einem Senatsbeschluss verfassungsmäßige Hindernisse in den Weg gelegt wurden. So konnte es zum Beispiel vorkommen, dass ein Volkstribun sein Veto einlegte. In diesem Fall wurde das Abstimmungsergebnis von einem senatus consultum zu einer senatus auctoritas, also einer Willensabsicht des Senats, herabgestuft und musste erneut zur Abstimmung vorgelegt werden.

Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. existierte zusätzlich ein so genanntes senatus consultum ultimum, also ein außerordentlicher Senatsbeschluss, der bestimmten Beamten für eine gewisse Zeitdauer außerordentliche Rechte verlieh. Mit dieser Maßnahme sollte die Notwendigkeit der Ernennung eines Diktators möglichst selten vorkommen. In der Regel bestand diese Handlung darin, den beiden Konsuln für ihre einjährige Amtszeit uneingeschränkte Macht zu verleihen (Rechtsformel videant consules, ne quid res publica detrimenti capiat, dt. „mögen die Konsuln darauf schauen, dass das Gemeinwesen keinerlei Schaden nehme“). Die Rechtmäßigkeit dieses Instrumentes, mit dem sich der Senat offen als die oberste Entscheidungsinstanz präsentierte (während dies ja theoretisch die diversen Volksversammlungen sein sollten), war allerdings stets umstritten.

In der Kaiserzeit kamen unabhängig vom Kaiser eingebrachte Gesetzesabstimmungen immer seltener vor; der späteste bekannte Fall dieser Art lag vor, als 178 mit dem senatus consultum Orfitianum (lateinisch: orfanus = Waisenkind) per Gesetz das Vererbungsrecht im Falle des Todes einer Frau zugunsten ihrer Kinder neu geregelt wurde.

Rechtsprechung im Senat

Als Gegenmaßnahme zur schwindenden Macht des Senats unter den Kaisern wurde ab 4 v. Chr. dem Senat das Recht zugebilligt, in Fällen von repetundae (Prozess gegen einen Provinzstatthalter wegen illegaler Gelderaneignung) sowie maiestas (Hochverrat) in entsprechenden Ausschüssen Gericht zu sprechen. Mit dem ersten Fall dieser Art unter Augustus entwickelte sich so ein Gewohnheitsrecht.

Ein Prozess de repetundis (also über Rückforderung illegal erlangter Gelder) kam sehr häufig vor, da die Statthalter einer Provinz praktisch durch keinerlei Gesetz in ihrer Gier gezügelt werden konnten. Am bekanntesten ist hier wohl die von Plinius in seinen Briefen beschriebene Anklage gegen Marcus Priscus, den Statthalter von Africa. Plinius und Tacitus klagten hier gegen den Statthalter und behaupten übereinstimmend, dass der Angeklagte auch strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten hatte.

Das Verfahren entsprach der üblichen Vorgehensweise bei Gerichtsprozessen: Je zwei Senatoren waren für Anklage beziehungsweise Verteidigung zuständig. Nach einem dreitägigen Prozess hielten alle vier Betreffenden ihre Abschlussrede. Danach wurden von den Konsuln und Prokonsuln verschiedene Strafen zur Debatte gestellt. Schlussendlich wurde mit einer Abstimmung über den Angeklagten geurteilt.

Die Anklage wegen maiestas ist weniger gut bekannt. Tatsächlich war der Begriff des Hochverrats bei den Römern extrem weit auslegbar; der Senat urteilte nachweislich über Fälle, deren Bandbreite von einem bewaffneten Putsch bis hin zu der Mitnahme einer Münze mit dem kaiserlichen Portrait darauf auf die Toilette reichte. Theoretisch konnte fast jeder wegen Hochverrats angeklagt werden, was unter anderem zu den Schrecken der Hochverratsprozesse unter Tiberius oder Nero führte, bei denen Hunderte umgebracht wurden.

In zivilrechtlichen Angelegenheiten hatte der Senat bereits in der Republik gewisse Gerichtsbarkeitsmöglichkeiten, die in der Kaiserzeit lediglich ein wenig erweitert werden konnten. Jedoch ist in der Republik auch ein Fall bekannt, als vor dem Senat ein Hochverratsprozess durchgeführt wurde: Als Catilina mit seinem Putschversuch gescheitert war, wurde im Senat über ihn geurteilt. Verschiedene hohe Politiker prangerten das als unrechtmäßig an, konnten die Hinrichtung der Catilinarier jedoch so nicht verhindern.

Siehe auch

Literatur

  • Jochen Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik, 7. Auflage, Paderborn 1995.
  • Arnold Hugh Martin Jones: The Later Roman Empire 284–602. A Social, Economic and Administrative Survey, 3 Bde. durchgehend nummeriert, Oxford 1964 (ND in 2 Bde., Baltimore 1986). Bezüglich des Senats in der Spätantike.
  • Richard Talbert: The Senate of Imperial Rome, Princeton 1985. Standardwerk.