Robert Hébras

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Robert Hébras (* 29. Juni 1925 in Oradour-sur-Glane) ist einer von nur sechs Menschen, die das Massaker von Oradour am 10. Juni 1944 überlebt haben.

Die einzige weibliche Überlebende dieses Massenmordes, der im Frankreich der Nachkriegszeit zum nationalen Sinnbild für NS-Gräueltaten wurde, heißt Marguerite Rouffanche. Sie allein entkam der zur Todesfalle gewordenen Dorfkirche, wo schließlich 207 Kinder und 254 Frauen durch die SS erstickt bzw. verbrannt wurden.

Mit Robert Hébras, Jean-Marcel Darthout, Mathieu Borie, Clément Broussaudier, Yvon Roby sowie Pierre-Henri Poutaraud überlebten nur sechs der 186 männlichen Zivilisten die mit Maschinenpistolen durchgeführten Exekutionen. Die sechs Genannten blieben – teilweise unter den Leichen ihrer Kameraden – in der Scheune Laundy liegen und stellten sich tot. Denn die SS-Schergen stiegen auf den Leichenberg und erschossen jeden, der sich noch bewegte. Eine Viertelstunde nach den Hinrichtungen wurde die Scheune von der SS in Brand gesteckt, um die Spuren des Massakers zu beseitigen. Pierre-Henri Poutaraud flüchtete zu früh vom Feuer und wurde schließlich von einer der aufgestellten SS-Wachen mit einem Kopfschuß nahe des Friedhofes ermordet.

Die fünf verbliebenen Männer harrten aufgrund der Furcht um ihr Leben so lange unter den brennenden Leichen aus, bis sie selber Feuer fingen. Robert Hébras: «Mein linker Arm und meine Haare hatten schon gebrannt. Es war ein furchtbarer Schmerz, deshalb musste ich aus der Scheune hinaus.» Drei von den fünf Männern, denen die Flucht aus dem inzwischen brennenden Dorf gelang, waren vom Kugelhagel schwer verletzt worden, darunter auch Robert Hébras. Eine Kugel blieb in seinem Bein stecken, eine weitere streifte sein Handgelenk.

Die halbe Familie Hébras – die Mutter Marie, die neunjährige Tochter Denise sowie die 22-jährige Tochter Georgette – starb bei der Auslöschung Oradours. Außer dem Sohn Robert Hébras überlebten nur der Vater, der am Tag des Massenmordes zufällig außerhalb von Oradour einem befreundeten Bauern aushalf, sowie die älteste Tochter Leni, die bereits verheiratet war und deshalb in einem anderen Ort wohnte.

Nach dem 10. Juni 1944 beteiligte sich Robert Hébras aktiv am Widerstand gegen den Nationalsozialismus und kämpfte im letzten Kriegsjahr auf Seiten der französischen Résistance. Im Jahr 1983 nahm er in der damaligen DDR als Zeuge am Gerichtsprozess gegen einen der Mörder von Oradour – Heinz Barth – teil. 2003 wurde ein Dokumentarfilm mit dem Titel "Begegnung mit Robert Hébras - Auf den Spuren ausgelöschten Lebens" vom deutschen Filmemacher Bodo Kaiser veröffentlicht.

Besonders verdient um die Erinnerung, das Gedenken und die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus macht sich Robert Hébras durch sein Engagement als Zeitzeuge und Buchautor. Zeit seines Lebens hat sich der frühere Widerstandskämpfer für die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich eingesetzt. Trotz seines hohen Alters unternimmt Robert Hébras noch heute Führungen durch die Ruinen des Märtyrerdorfes. Er steht jungen Menschen – insbesondere Schülern, Studenten, Freiwilligen und Gedenkdienern – für Interviews und Videoprojekte zur Verfügung und arbeitet noch heute aktiv im Centre de la mémoire mit.

Zusätzlich bekleidete der gelernte Mechaniker über lange Jahre das Amt des Vorsitzenden der Nationalen Vereinigung der Märtyrerfamilien und fungiert bis heute als Präsident der Versammlung ehemaliger Kriegsteilnehmer von Oradour.

Robert Hébras ist verheiratet, hat einen Sohn und drei Enkelkinder und lebt in Saint-Junien nahe Oradour. Neben Jean-Marcel Darthout ist er der einzige heute noch lebende Mensch, der dem Massaker von Oradour entkommen konnte.

Im März 2008 wird Robert Hébras vom Österreichischen Gedenkdienst mit dem Austrian Holocaust Memorial Award ausgezeichnet.

Veröffentlichungen