Herz-Jesu-Kirche (München)

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Herz-Jesu-Kirche in München, Außenansicht 2014

Die katholische Pfarrkirche Herz Jesu in München-Neuhausen (Lachnerstraße 8) wurde in den Jahren 1997 – 2000 nach den Plänen des Münchner Architekturbüros Allmann Sattler Wappner neu errichtet. Der moderne Bau wurde schon bald zu einer der am häufigsten besuchten Kirchen in München.

Friedrich Kardinal Wetter weihte sie am 26. November 2000 wie die Vorgängerkirche dem Herzen Jesu; die Segnung der Orgel und der Wandmalerei fand im Oktober 2004 statt.

Geschichte

1890, im Jahr der Eingemeindung Neuhausens, wurde der damals errichtete Kirchenbau geweiht (konsekriert). Die ehemalige Neuhauser Dorfkirche, die nach dem Neuhauser Wanderprediger Winthir benannt ist, war wegen des enormen Bevölkerungswachstums zu klein geworden. Der Kirchenneubau war so rasch möglich geworden, da das Grundstück gestiftet worden war und der Architekt Johann Marggraff auf die Holzkonstruktion einer ehemaligen Festhalle des VII. Deutschen Turnerfestes auf der Theresienwiese zurückgreifen konnte.

Die Pfarrei behielt weiterhin den Namen Mariae Himmelfahrt; die Kirche wurde dem Heiligsten Herzen Jesu (Herz Jesu) geweiht. 1936 wurde auch die Pfarrei auf "Herz Jesu" umbenannt. Im Jahre 1944 brannte sie bei einem Bombenangriff der Alliierten fast vollständig ab. Erhalten blieben lediglich der Tabernakel, die vier spätgotischen Altarflügelreliefs aus dem Umkreis von Michel Erhart, .

Nach der Zerstörung im Krieg 1944 fand 1948 bis 1951 eine Neugestaltung zur Pfarrkirche durch den Architekten Friedrich Haindl statt. Dabei wurden Teile des ehemaligen Kinos der Wachmannschaften Adolf Hitlers vom Obersalzberg verbaut.[1] 1953 wurde die Orgel mit 75 Registern fertiggestellt. Sie war damals die zweitgrößte Orgel in München. Damit wurde der Grundstein für eine langjährige Kirchenmusiktradition gelegt. Durch Leihgaben, Stiftungen und Ankäufe kam eine reiche Ausstattung mit neuer und alter Kunst hinzu.

Am 26. November 1994 vernichtete ein Brand die Kirche völlig. Lediglich das Knappe-Kruzifix, zwei Farbfenster von Seewald und die drei Bronzetüren von Mikorey überdauerten die Brandkatastrophe. Spenden ermöglichten 1997 bis 2000 den Neubau.

Architektur

Innenraum, Blick nach vorne zum Altar
Kreuzgang

Die Kirche ist ein einfacher gläserner Quader mit einer blauen Front und (halb-)transparenten Seiten. (16 Meter Höhe, 21 Meter Breite und 48 Meter Länge). Konstruktiv handelt es sich um ein Stahlskelett mit abgehängter Glasfassade. Innerhalb dieses Glaskastens befindet sich, unverbunden, ein weiterer, diesmal hölzerner Kubus, in den seitlich durch über 2.000 senkrecht stehende Holzlamellen je nach Sonnenstand unterschiedlich stark Licht einfällt, wobei die Helligkeit zum Altar hin kontinuierlich zunimmt. Gegenläufig dazu verhält sich die Transparenz der Außenwände, die - den Altarbereich vor Einblicken schützend - dort gänzlich opak erscheinen, während sie im Vorraum aus Klarglas bestehen. Zwischen Innen- und Außenkubus verläuft ein Umgang. Die vier Wände des Innenkubus haben einen spaltbreit Abstand voneinander und erscheinen somit als freistehende Scheiben. Auch die abgehängte Decke liegt nicht auf den Innenwänden auf, sondern scheint über einem Lichtspalt zu schweben. Auf der Eingangsseite befindet sich die Orgelempore. Sie ist als ein auf Rundstützen in den Innenkubus eingestellter Kastenraum aus Beton gestaltet. Durch den niedrigen Bereich unter der Orgelempore betritt der Besucher den Kirchenraum. Der Boden im inneren Kubus fällt zum Altar hin ab, wodurch ein einladendes Gefühl der Geborgenheit erreicht wird. Dazu trägt auch das helle Holz der Innenstruktur und der zum Eingang gewandten Seite des Kirchengestühls bei. Die Rückwand des Kirchengestühls ist dunkel, der Hintergrund des Emporenkastens schwarz, wodurch sich die silberne Orgel, die sich über dem Eingang des inneren Kubus befindet, optisch stark abhebt. Den Raumabschluss auf der Altarseite bildet ein wandhoher metallgewebter Vorhang aus Tombak, der an einigen Stellen dichter gewebt ist. Je nach Lichteinfall erscheint das Kreuz mal heller, mal dunkler als die Umgebung, wodurch ein veränderlicher, lebendiger Eindruck entsteht.

Die komplette Vorderseite lässt sich wie ein riesiges zweiflügeliges Tor vollständig öffnen, was aber nur an hohen Feiertagen geschieht, ansonsten betritt man die Kirche durch zwei kleinere Schlupftüren im Hauptportal. Die Kirche hat die größten Kirchentore der Welt. Die Vorderseite besteht aus 24 mal 18 Quadraten, die wiederum aus kleinen Quadraten bestehen, auf denen sich Muster aus stilisierten weißen Nägeln befinden. Ein von Alexander Beleschenko eigens entwickelter Code für die Anordnung dieser Nägel (in Anlehnung an die Keilschrift) zitiert in immer wiederkehrender Form die Passionsgeschichte nach Johannes 18-20. Durch eine zweite Glasschicht, diesmal mit blauen Nägeln auf durchsichtigem Glas, erscheinen einige Teile der Fläche in einem dunkleren Blau, ein hellblaues Kreuz wird dadurch schemenhaft deutlich. Das Kreuzmotiv wiederholt sich innen an der Altarwand.

Um den inneren Kubus herum führt ein Kreuzweg. Die verschiedenen Stationen der Leiden Jesu werden durch Schwarzweiß-Fotografien der entsprechenden Stationen auf der Via Dolorosa in Jerusalem illustriert.

Dem gelagerten Volumen des Saales antwortet als senkrechter Akzent der Kirchturm. Da er als freistehender Campanile aus dem Baukörper ausgegliedert ist, kann dessen kubische Form rein bewahrt werden. Im Campanile hängt ein fünfstimmiges Geläut mit der Schlagtonfolge es1–as1–b1–c2–es2 (Westminster-Geläut). Alle Glocken wurden von Rudolf Perner in Passau gegossen.

Woehl-Orgel

Innenraum, Blick nach hinten zur Orgel

Die Orgel aus der Werkstatt des Marburger Orgelbauers Gerald Woehl wurde 2004 fertiggestellt. Durch das Einfassen der Orgel in einen eigenen Kasten sollte auch die Akustik verbessert werden.

Auffällig ist die moderne Prospektgestaltung in Form eines Freipfeifenprospektes. Da die Orgelempore der Kirche als Resonanzraum konzipiert ist, konnte auf ein sichtbares Orgelgehäuse verzichtet werden

Das Instrument selbst hat 60 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Die Spieltraktur sowie sämtliche Koppeln sind mechanisch, die Registertraktur ist elektrisch. Die Tastenbeläge bestehen aus Mammutknochen.

„Klangliche Eckpunkte“ für die Erstellung der nachfolgenden Disposition bildeten die Musik von Johann Sebastian Bach und Olivier Messiaen. Während sich die Dispositionen und Intonationen von Haupt- und Oberwerk an Orgeln mitteldeutscher Prägung anlehnen, wurde das Schwellwerk nach dem Vorbild der Orgel der Kirche Sainte-Trinité in Paris disponiert. Diese ausgesprochen „farbige“ Gesamtdisposition ermöglicht es, ein breites Spektrum an Orgelmusik (Alte Meister, romantische und neuzeitliche Musik) darzubieten. Organist ist (Stand 2011) Karl Maureen.

I Hauptwerk C–a3
1. Principal 16′
2. Bordun 16′
3. Principal 8′
4. Rohrflöte 8′
5. Viola da Gamba 8′
6. Flûte harmonique 8′
7. Octave 4′
8. Spitzflöte 4′
9. Quinte 22/3
10. Octave 2′
11. Groß Mixtur VI
12. Mixtur IV
13. Cimbel III
14. Cornet V
15. Trompete 16′
16. Trompete 8′
II Oberwerk C–a3
17. Quintadena 16′
18. Principal 8′
19. Gemshorn 8′
20. Unda maris 8′
21. Gedackt 8′
22. Quintade 8′
23. Octave 4′
24. Hohlflöte 4′
25. Nasard 22/3
26. Octave 2′
27. Flüte 2′
28. Terz 13/5
29. Larigot 11/3
30. Sifflöte 1'
31. Sesquialter II
32. Mixtur IV
33. Oboe 8'
34. Fagott 16'
Tremulant (schwach)
III Schwellwerk C–a3
35. Quintaton 16′
36. Diapason 8′
37. Flûte traversiere 8′
38. Viole de Gambe 8′
39. Voix céleste 8′
40. Cor de nuit 8′
41. Dulciane 4′
42. Flûte octaviante 4′
43. Quinte 22/3
44. Octavin 2′
45. Tierce 13/5
46. Cymbale III
47. Basson 16′
48. Trompette armonique 8′
49. Clairon harmonique 4′
50. Basson Hautbois 8′
51. Voix humaine 8′
Tremulant (stark)
Pedal C–f1
52. Untersatz 32′
53. Principalbaß 16′
54. Subbaß 16′
55. Violonbaß 16′
56. Gedacktbaß 16′
57. Große Quinte 102/3
58. Octavbaß 8′
59. Violoncello 8′
60. Gedackt 8′
61. Große Terz 62/5
62. Octave 4′
63. Mixtur VI
64. Bombarde 16′
65. Posaune 16′
66. Trompete 8′
67. Cornet 4′

Literatur

  • Monika Römisch: Kath. Pfarrkirche Herz Jesu München-Neuhausen. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg, 3. Aufl. 2005. ISBN 3-89870-010-0
  • Nicolette Baumeister: Architektur neues München – Münchner Baukultur 1994 - 2004, S. 66, Verlagshaus Braun, Berlin, 2004, ISBN 3-935455-50-X

Einzelnachweise

  1. Quelle: München-Wiki

Weblinks

Commons: Herz-Jesu-Kirche (München) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 9′ 22,5″ N, 11° 31′ 43,3″ O