Seilstab

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Kapitell mit Seilstabprofil als Halsring, Kreuzgang der ehemaligen Abtei Saint-Génis-des-Fontaines (13. Jahrhundert)
Hanfseil als gestalterisches Vorbild
Schnurkeramische Gefäße

Ein Seilstab (Taustab[1], Tauband) ist eine seilartig gewundene Sonderform des vertikalen Rundstabes. Auch horizontale Wulstringe an Säulen, Kapitellen oder Taufsteinen können seilartig verdreht sein; letztere scheinen sich jedoch von der Grundidee her eher von der Handwerkskunst des Korbflechtens ableiten zu lassen.[2][3]

Ursprung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schnüre, Kordeln und später Seile waren schon in den Kulturen des Alten Orients, Ägyptens und in der Antike bekannt und in vielfältiger Weise in Gebrauch; die Schnurkeramiker verwendeten sie im 3. Jahrtausend v. Chr. zur Herstellung der charakteristischen Muster in ihren Töpferwaren. Im Mittelalter waren sie als vielfältig einsetzbare Hilfsmittel im Transportwesen, der Seefahrt, im Kriegs- und im Bauwesen (Lastenaufzug mit Tretrad, Rechenseil) weit verbreitet. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt wurde die charakteristische Seil- oder Tauform auch als Schmuck- und Architekturornament nachgeahmt.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abgesehen von wenigen frühen Beispielen findet man Seilstäbe hauptsächlich als rahmendes oder begleitendes Element von hoch- und spätmittelalterlichen Bauteilen (Portale, Fenster, Bögen) aber auch als Gliederungselemente auf Wandflächen etc., vorzugsweise im von der Seefahrt geprägten Manuelinischen Stil Portugals. Auch in der persischen und der späteren Mogul-Architektur Nordindiens treten sie in Erscheinung.

Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während die europäischen Beispiele nur selten Anfangs- und Endstücke zeigen, entwickeln sich die vorderasiatischen und indischen Beispiele regelmäßig aus herabhängenden Seilenden.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seilstäbe entsprechen in ihrem Aussehen in etwa der in sich gedrehten Form des Narwal-Stoßzahns (Ainkhürn). Darüber hinaus bestehen entfernte Ähnlichkeiten zu gedrehten Säulenschäften der Romanik und Arbeiten der Goldschmiedekunst. Die unteren und oberen Ränder von Körben oder Korbsesseln können ebenfalls seilartig verdreht sein.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 25. Februar 2024), S. 460: Taustab.
  2. Seilstäbe an Säulen und Kapitellen des Kaiserdoms zu Königslutter – Fotos
  3. Seilstäbe an Portalen und Taufbecken in Dänemark und Norddeutschland – Fotos