Sendenhorster Taufstein von 1588

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Sendenhorster Taufstein von 1588 in der St. Laurentiuskirche in Ennigerloh-Westkirchen im Dezember 2015
Zeichnung des Taufbeckens aus dem 19. Jahrhundert

Der Sendenhorster Taufstein von 1588 ist ein Taufstein, der sich im Chor (Ostseite) der St. Laurentius-Kirche in Westkirchen befindet. Er wurde aus Baumberger Kreidekalk gefertigt und ist in ein auf Fußbodenebene eingelassenes Oktogon aus Sandstein eingearbeitet. Er gilt als ältestes Ausstattungsstück der Kirche und stammt ursprünglich aus Sendenhorst.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fuß, Ständer und Becken haben zusammen eine Höhe von 1,28 Metern, die Beckenweite beträgt 87 Zentimeter. Das Becken mit Inschriften und Wappen ruht zusätzlich auf vier kleinen Säulen. An den angewinkelten Haltearmen der Säulen sind kleine Engelköpfe angebracht, jeweils oberhalb eines Engelkopfes zwischen den Gesimsen befindet sich ein Putto. Der Bereich zwischen den Gesimsen ist breit, am Fuß und Ständer befinden sich zudem kräftige Profile, an Letzterem befinden sich zylindrische Knoten mit Piqué-Mustern.[1]

Inschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Historiker und Archivar Franz Flaskamp untersuchte in ein einem Aufsatz aus dem Jahr 1965, welche Bibelübersetzung der Inschrift zu Grunde lag. Demnach entspricht der Text dem Wortlaut nach der Fassung des Neuen Testamentes nach Hieronymus Emsers in der frühesten nachlutherischen katholischen hochdeutschen Form von 1532.[2] Allerdings kann er die mundartliche Prägung einzelner Worte nicht exakt deuten. Die Jahreszahl 1588 tituliert er mit dem Begriff "Fristausweis", die Inschrift ist aus "gotischen Lettern".[3]

Inschriften
Ansicht Transkription (Bibelverse, Wappen und Widmung) Bibelverse gemäß Emser-Übersetzung (1532) Bibelverse gemäß Luther-Übersetzung (1984)
Beschriftung zwischen den beiden oberen Gesimsen (alle vier Seitenansichten zusammengefasst) 1588 * Ein herr ein geloũe * ein taũff, ein godt * und vader unser *aller Ephe: 4 *

darunter das Wappen mit der Inschrift HIERONIMVS HOGEHERTE
Ein Herr / ein glaub / ein tauff ein Got un vater unser aller[4] ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller (Eph 4,5-6 [1])
Beschriftung Becken (Seitenansicht 1, Wappenseite)
Seitenansicht 1 (Wappenseite)
Es sey dan dat iemand gebarẽ Es sey deñ / das yemand gebour Es sei denn, dass jemand geboren
Beschriftung Becken (Seitenansicht 2)
Seitenansicht 2
werde aus den Wasser und hiligẽ werde auß dem wasser und heiligen werde aus Wasser und
Beschriftung Becken (Seitenansicht 3)
Seitenansicht 3
geist, so kan er nicht in dat reich geist, so kan er nicht in das reich Geist, so kann er nicht in das Reich
Beschriftung Becken (Seitenansicht 4, Widmungsseite)
Seitenansicht 3
gottes kōmen

darunter befindet sich die Widmung In christlicher Liebe geschenkt von der Pfarre Sendenhorst 1871. Reinermann Pfr.
Gottis kommen[5] Gottes kommen. (Joh 3,5 LUT)

Engelsköpfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wappen des Stifters Hieronimus Hogeherte auf dem Sendenhorster Taufstein von 1588

Der Stifter Hieronimus Hogeherte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flaskamp stellt die These auf, dass der Sendenhorster Taufstein von 1588 von dem Domküster Hieronimus Hogeherte gestiftet wurde. Hogeherte soll dies nach dem Tod seiner ersten Frau Anna Möllers und bei der Anbahnung der Ehe mit seiner zweiten Frau Elisabeth Brüggemann zu seiner persönlichen Empfehlung getan haben. Als mögliche Kandidaten für die Person des Stifters zieht Flaskamp zunächst zwei Personen in Erwägung: Hieronimus Hoyer, ein im Jahr 1535 erwähnter Münsterscher Bürger und 1553/54 Pfarrer von Saerbeck, sowie sein Sohn Hieronimus Hogeherte, den Domküster. Allerdings konnte Flaskamp nur für den Sohn Beziehungen zu Sendenhorst nachweisen, zumal die Familien Möllers und Brüggemann als Teil der Sendenhorster Bürgerschaft nachzuweisen war.[6]

Verbleib des Taufsteins[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Sendenhorster Taufstein von 1588 gehörte ursprünglich zur Ausstattung der alten romanischen Sendenhorster Kirche, eines Vorgängerbaus von St. Martin. Bei einem großen Stadtbrand im Jahr 1806 wurde die romanische Kirche schwer beschädigt, sodass Jahrzehnte später der Abbruch erfolgte und schließlich im Jahre 1855 mit dem Bau einer neuen Kirche (der St.-Martin-Kirche) begonnen wurde. Dieser wurde 1865 vollendet und fand mit der Weihe am 14. November 1865 durch Bischof Johann Georg Müller seinen Abschluss. Der Taufstein ist einer der wenigen Ausstattungsgegenstände, die in die neue Kirche überführt wurden.[7]

Im Jahr 1870 wurde jedoch für die neue Kirche von einem „örtlichen Gutshof“[8] ein neugotischer Taufbrunnen mit einem durchscheinenden Kristall gestiftet.[9] Diese Stiftung war wahrscheinlich der Anlass, dass Sendenhorst der Gemeinde Westkirchen den alten, hier so bezeichneten Sendenhorster Taufstein schenkte, da man zwei Taufsteine nicht benötigte und einer entbehrlich war.[10] Wie der Inschrift zu entnehmen ist, erfolgte die Schenkung der Pfarre Sendenhorst an die Gemeinde in Westkirchen dann im Jahr 1871 durch einen Pfarrer namens Reinermann. Damit kann nur Pfarrer Johann Reinermann aus Emsdetten gemeint sein, der von 1865 bis 1872 Pfarrer der Gemeinde war.[11] Seitdem befindet sich der Stein in der Laurentiuskirche.[12]

Ende 2015 gab es in Sendenhorst Pläne, eine Nachbildung des Taufsteins als Taufbrunnen durch einen Bildhauer fertigen zu lassen. Dieser soll als Anschauungsobjekt vor der Kirche aufgestellt werden und als Station des Martinsweges dienen.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Flaskamp: Hieronymus Hogeherte, seine Taufsteinstiftung für Sendenhorst. In: Westfalen 43, 1965, Bd. 3–4, S. 220–222.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sendenhorster Taufstein von 1588 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Josef Bernhard Nordhoff: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Kreises Warendorf, Münster: 1886, S. 131
  2. Franz Flaskamp: Hieronymus Hogeherte, seine Taufsteinstiftung für Sendenhorst, S. 220. In: Westfalen 43, 1965, Bd. 3–4, S. 220–222. Unter Bezug auf: Das gantz Neue Testament, so durch den hochgelerten L(icentiatum) Hieronymum Emser verteutscht. Posthume Ausgabe, Tübingen 1532, S. 65, 142.
  3. Franz Flaskamp: Hieronymus Hogeherte, seine Taufsteinstiftung für Sendenhorst, S. 220. In: Westfalen 43, 1965, Bd. 3–4, S. 220–222.
  4. Hieronymus Emser: Das gantz neü testament. …auffs new mit fleyß durch//lesen vnd Corrigirt von ... doctor Johan Dietenberger, Tübingen 1532, Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, 2011. S. 299 (CXLIIr).
  5. Hieronymus Emser: Das gantz neü testament. …auffs new mit fleyß durch//lesen vnd Corrigirt von ... doctor Johan Dietenberger, Tübingen 1532, Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, 2011. S. 145 (LXVr).
  6. Franz Flaskamp: Hieronymus Hogeherte, seine Taufsteinstiftung für Sendenhorst. In: Westfalen 43, 1965, Bd. 3–4, S. 220–222.
  7. Heinrich Petzmeyer: Sendenhorst. Geschichte einer Kleinstadt im Münsterland, Sendenhorst: 1993, S. 163.
  8. Franz Flaskamp: Hieronymus Hogeherte, seine Taufsteinstiftung für Sendenhorst, S. 220. In: Westfalen 43, 1965, Bd. 3–4, S. 220–222.
  9. Im Artikel der Westfälischen Nachrichten wird fälschlicherweise das Jahr 1875 angegeben, zuverlässiger erscheint jedoch die Angabe 1870 von Flaskamp, der sich auf einschlägige Fachliteratur bezieht. Unter anderem zieht er das Handbuch des Bistums Münster von 1946, den Münsterländer Schriftsteller Ernst Raßmann und auch Josef Bernhard Nordhoff heran. Gemäß dem Zeitungsartikel handelt es sich bei dem von Flaskamp erwähnten örtlichen Gutshof um einen Bauern namens „Große Kogge“, der den Taufstein aus Dankbarkeit gestiftet hatte, da ihm in hohem Alter noch ein Sohn für die Hofnachfolge geboren wurde. Siehe: Josef Thesing: Am Brunnen vor der Kirche, in: Westfälische Nachrichten, 28. November 2015
  10. Auch in Westkirchen musste man das Gotteshaus nach einem Dorfbrand im Jahr 1868 neu aufbauen, so dass dort Bedarf nach einem Taufstein bestand, siehe Flaskamp S. 220.
  11. Pfarrer von Sendenhorst. In: Heimatverein Sendenhorst e.V. Abgerufen am 4. Dezember 2015.
  12. a b Josef Thesing: Am Brunnen vor der Kirche, in: Westfälische Nachrichten, 28. November 2015