St. Gertrud (Dingelstädt)

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St. Gertrud, Portalfassade
Ansicht von Osten

Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Gertrud steht inmitten von Dingelstädt im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Sie ist die Pfarrkirche der Pfarrei St. Gertrud Dingelstädt im Dekanat Dingelstädt des Bistums Erfurt.[1] Sie trägt das Patrozinium der heiligen Gertrud von Nivelles.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dingelstädt, das im 9. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt ist, dürfte von Anfang an eine dörfliche Pfarrkirche besessen haben. Ob es diese oder bereits ein Nachfolgebau war, der 1607 erweitert wurde und 1688 einem Brand zum Opfer fiel, ist unbekannt. Unter Einbeziehung älterer Mauerreste entstand Ende des 17. Jahrhunderts eine neue Kirche, die durch das Bevölkerungswachstum Anfang des 19. Jahrhunderts wieder zu klein geworden war. In den Jahren 1852 bis 1855 wurde die heutige Kirche gebaut.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

St. Gertrud ist eine neugotische dreischiffige Hallenkirche mit Kreuzgratgewölben, massiven achteckigen Säulen, großen Maßwerkfenstern und einem eingezogenen 3/8-Chor, der wegen des Grundstückszuschnitts nach Norden weist. Die Gesamtlänge beträgt 50, die Breite 22, die Höhe über dem Hauptportal 21 Meter. Aufwändig ist die Schaufassade im Süden gestaltet. Ihre dreifache vertikale Gliederung mit zwei Seitengiebeln spiegelt die Dreischiffigkeit des Langhauses wider. Über dem Portal steht der quadratische Turm, von dem jedoch nur ein provisorisches Basisgeschoss mit flachem Zeltdach ausgeführt ist.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenraum-Panorama und Kreuzigungsgruppe
Innenraum-Panorama und Kreuzigungsgruppe
Innenraum-Panorama und Kreuzigungsgruppe

Der Innenraum ist teils steinsichtig, teils hell verputzt. Sparsame Farbkonturen betonen die Architekturgliederung.

Im Chorbogen hängt eine Kreuzigungsgruppe. Den Tabernakel flankieren die Statuen der heiligen Elisabeth von Thüringen und des heiligen Bonifatius. An den Säulen befinden sich Apostelfiguren sowie der heilige Martin, der Patron des Eichsfeldes, und der heilige Liborius als Erinnerung an die frühere Zugehörigkeit zum Erzbistum Paderborn.

An den Pfeilern des Hauptschiffes befinden sich Darstellungen der Apostel Jakobus, Philippus, Bartholomäus und Matthäus, sowie der Apostelnachfolger Martin (Patron des Eichsfeldes) und Liborius (Patron des Bistums Paderborn, zu dem das Eichsfeld lange Zeit gehörte). Diese Figuren wurden von dem Münchener Bildhauer Keil gefertigt.

Der rechte Seitenaltar ist der Hl. Gertrud von Nivelles geweiht, der linke Seitenaltar ist Maria, der Mutter Jesu, geweiht.

Buntglasfenster[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die originalen Buntglasfenster aus den 1880er Jahren sind erhalten. Die drei Chorfenster zeigen in neun Bildfeldern Szenen aus dem Marienleben und der Kindheitsgeschichte Jesu. Das mittlere Chorfenster wurde 1883 geschaffen; es zeigt die Geburt Jesu, die Anbetung der Könige und Maria Reinigung. Die flankierenden Fenster wurden 1884 geschaffen. Das rechte Chorfenster zeigt die „Verlobung“ Maria und Josef, die Verkündigung Mariens sowie die Heimsuchung. Das linke Chorfenster zeigt die Aufforderung zur Flucht, die Flucht nach Ägypten und den 12-jährigen Christus im Tempel.

Die acht Langhausfenster veranschaulichen die Seligpreisungen.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel mit 45 Registern auf drei Manualen und Pedal gehört zu den größten im Eichsfeld. Sie wurde 1932/33 von der Firma Feith, Paderborn ehem. Franz Eggert erbaut und nach verschiedenen Veränderungen zwischen 2006 und 2009 von der Firma Karl Brode, Heiligenstadt, originalgetreu restauriert.[2] Das prächtige neugotische Gehäuse ist allerdings reine Fassade, sämtliche Prospektpfeifen sind stumm.

Prospekt der Feith-Orgel
I Hauptwerk C–g3
01. Bordun 16′
02. Principal 08′
03. Viola di Gamba 0 08′
04. Dulciana 08′
05. Flaut major 08′
06. Oktave 04′
07. Rohrflöte 04′
08. Oktave 02′
09. Mixtur-Cornett 0223
10. Trompete 08′
II Schwellwerk[A 1] C–g3
11. Prinzipal minor 0 8′
12. Salicional 8′
13. Tibia 8′
14. Quintatön 8′
15. Fugara 4′
16. Großterzian II[A 2] 315
17. Rauschquinte II
18. Klarinette 8′
III Schwellwerk[A 1] C–g3
19. Stillgedackt 16′
20. Geigenprinzipal[A 3] 08′
21. Soloflöte 08′
22. Aeoline 08′
23. Vox coelestis 08′
24. Lieblich Gedackt 08′
25. Blockflöte 04′
26. Konzertflöte 04′
27. Quintflöte 0223
28. Nachthorn 02′
29. Terzflöte 0135
30. Glöckchen 01′
31. Flötencornett[A 4] 08′
32. Mixtur 0223
33. Tuba[A 3] 08′
34. Oboe 08′
Tremolo
Pedalwerk C–f1
35. Contrabass[A 5] 32′
36. Violon 16′
37. Subbass 16′
38. Gedacktbass 16′
39. Quintbass 1023
40. Cello 08′
41. Flötbass 08′
42. Choralbass 04′
43. Weitpfeife 02′
44. Pedalmixtur V
45. Posaune 16′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • Suboktavkoppeln: I/I, II/I, III/I
    • Superoktavkoppeln: I/I, II/I, III/I, III/II, I/P, III/P
  • Spielhilfen:
    • Feste Kombinationen (pp, p, mf, f, ff, tutti, Trompetenchor, Streicherchor), Crescendowalze, Piano-Pedal, ursprünglich eine freie Kombination (Ad libitum), heute zusätzlich eine moderne Setzeranlage (als Schublade ausgeführt)
    • Auslöser, Absteller (für Zungen, Koppeln, 16’-Lage, Handregister, Walze)
  • Anmerkungen:

Von dieser Orgel existiert ein komplettes Sampleset, sie ist also auch virtuell spielbar.

  1. a b Die Register des II. und III. Manuals stehen zusammen in einem gemeinsamen Schwellkasten.
  2. +223
  3. a b Hochdruckregister
  4. Kollektivzug aus Nr. 24 und Nr. 26 bis Nr. 29
  5. Kombinationszug aus Nr. 36 und Nr. 39

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Gertrud – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pfarreien Bistum Erfurt. Abgerufen am 31. Dezember 2022.
  2. Informationen zur Orgel auf der Website der Orgelbaufirma Brode

Koordinaten: 51° 18′ 56,3″ N, 10° 18′ 58,5″ O