Stammvater

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Dezember 2013 um 18:32 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Stammvater oder Ahnherr bezeichnet den (sagenhaften) Begründer einer Familie, Abstammungsgruppe, Sippe oder eines Geschlechtes, Stammes oder Volkes.[1] Die Familiengeschichtsforschung (Genealogie) versteht als Stammvater den frühesten geschichtlich belegten Vorfahren, von dem eine familiäre Gruppe von Nachkommen in direkter Blutsverwandtschaft abstammt; er steht an der Wurzel eines Stammbaums (oder zuoberst in einer Stammliste).

Insbesondere Adels- und Herrscherfamilien beziehen sich auf einen ursprünglichen Stammvater als Gründer und Ahnherrn ihres Geschlechts. Auch die alte römische Rechtsvorstellung der „Agnaten“ (lateinisch „Hinzu-/Nachgeborene“) bezieht sich auf eine ununterbrochene Stammlinie von einem Stammvater, enthält aber ausschließlich männliche Mitglieder der Linie, während Frauen als kognatisch („mitgeboren“) eingeordnet werden.

Die biologische Vaterschaft lässt sich allerdings selten eindeutig nachweisen (siehe Kuckuckskinder), außerdem gehört der Ahnherr zumeist einer nur mündlich überlieferten, weit zurückliegenden Vorfahrengeneration an. Besonders bei Gruppen und Gesellschaften, die sich auf eine ausschließlich patrilineare Abstammung in der Väterlinie beziehen, wurde der gemeinsame Stammvater oft durch eine nachträgliche Herkunftssage als Ursprungslegende konstruiert (siehe die biblischen „Erzväter“). Demgegenüber beziehen sich Familien und Abstammungsgruppen mit Mütterlinien (über Mütter an Töchter) auf eine gemeinsame „Stammmutter“. Weltweit finden sich mutterseitige Abstammungsregeln bei etwa 200 der 1300 erfassten indigenen Völkern und Ethnien, während sich rund 600 patrilinear ordnen (über Väter an Söhne).[2]

In den mythologischen Vorstellungen der Römer galt der Kriegsgott Mars als Stammvater des römischen Volkes,[3] von ihm ist das Marssymbol ♂ für die Männlichkeit abgeleitet (ein Schild mit Speer). Neben Städten und Ländern beziehen sich auch Völker in ihren Mythologien auf einen (oft göttlichen) Stammvater, beispielsweise die hellenistischen Griechen auf Hellen als ihren Ahnherrn. Im indischen Hinduismus gilt Manu als Stammvater aller Menschen. In den abrahamitischen Religionen werden in unterschiedlichen Zusammenhängen Adam, Noah, Abraham und andere als „Stammvater“ bezeichnet (siehe auch die biblische Vätergeschichte).

In der Archäogenetik (archäologische Vererbungslehre) wurde anhand des paternalen Erbgangs des männlichen Y-Geschlechtschromosoms ein menschlicher „Adam des Y-Chromosoms“ errechnet, der als urzeitlich frühester Stammvater mit allen heute lebenden Männern (nicht unbedingt Frauen) durch die ununterbrochene Abstammungslinie seiner Nachkommen biologisch verwandt ist. Dieser Adam lebte in Afrika vor geschätzten 75.000 Jahren (± 15.000).

Einzelnachweise

  1. Duden-Redaktion: Stammmutter. Bibliographisches Institut, Berlin, 19. Januar 2013, abgerufen am 12. Oktober 2013: „Stammvater, der: Mann als Begründer eines Stammes, einer Sippe“. Ebenda: Ahnherr: „Stammvater eines Geschlechts“.
  2. J. Patrick Gray: Ethnographic Atlas Codebook. In: World Cultures. Band 10, Nr. 1, 1998, S. 86-136, hier S. 104: Tabelle 43 Descent: Major Type (eine der wenigen Auswertungen aller 1267 Ethnien; PDF-Datei; 2,4 MB; ohne Seitenzahlen): „584 Patrilineal […] 52 Duolateral […] 160 Matrilineal […] 45 Mixed“. Der Ethnographic Atlas by George P. Murdock enthält mittlerweile Datensätze zu 1300 Ethnien (Stand Dezember 2012 im InterSciWiki), von denen oft nur Stichproben ausgewertet wurden.
  3. Lexikoneintrag: Mars (Mythologie). In: wissen.de. , abgerufen am 12. Oktober 2013: „Mars […] als Vater von Romulus und Remus Stammvater der Römer“.