Totaloperation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Totaloperation ist ein Begriff ohne klare Bedeutung, der vor allem von medizinischen Laien im Zusammenhang mit einer Entfernung der (gesamten) Gebärmutter (Hysterektomie), das heißt einer Totalexstirpation, gebraucht wird. Dabei sind mit der Verwendung des Begriffs unterschiedliche Vorstellungen vom Ausmaß der Operation verknüpft. Auch Ärzte benutzen den Begriff in dem Bemühen, sich Patienten gegenüber verständlich auszudrücken. Allerdings wird der Begriff auch bei der ärztlichen Information in verschiedenen Zusammenhängen benutzt, was einerseits seine weitere Benutzung unter Laien, andererseits auch seine Missverständlichkeit aufrechterhält.

Zusätzlich erschwert wird eine klare Definition des Begriffs Totaloperation dadurch, dass Ärzte anderer Fachrichtungen ihn für gänzlich andere Operationen verwenden, beispielsweise Urologen für die vollständige Entfernung der Vorsteherdrüse zum Beispiel beim Prostatakarzinom[1] und Chirurgen für bestimmte Schilddrüsen- oder Magenoperationen.[2]

Fachbegriffe und deren Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vollständige operative Entfernung eines Organs wird fachsprachlich korrekt als Totalexstirpation oder als Ektomie bezeichnet, bei Krebsleiden[3] unter bestimmten Umständen auch als „radikale Operation“. Die korrekten Bezeichnungen für eine vollständige Entfernung der Gebärmutter sind also Hysterektomie oder Totale Uterusexstirpation und grenzen diese gegen die subtotale Uterusexstirpation, also die unvollständige Entfernung der Gebärmutter, bei welcher der Gebärmutterhals erhalten bleibt, ab.
In beiden Fällen schließt die Operation die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern (Adnexe) nicht ein. Die Entfernung der Adnexe wird mit ein- oder beidseitiger Adnexektomie bezeichnet, unabhängig davon, ob sie zusätzlich zu einer Hysterektomie oder als eigenständiger Eingriff durchgeführt wird.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis in die 1990er Jahre hinein gab es drei Standardtechniken zur Gebärmutterentfernung:[4]

  • Die vollständige Entfernung der Gebärmutter durch die Vagina
  • Die vollständige Entfernung der Gebärmutter mit Gebärmutterhals durch den Bauch (Abdomen)
  • Die unvollständige Entfernung der Gebärmutter ohne Gebärmutterhals durch den Bauch

Eine erweiterte vaginale Totalexstirpation der Gebärmutter hatte 1894 Alwin Mackenrodt (1859–1925) durchgeführt.[5] Die unvollständige Entfernung durch den Bauch (subtotale abdominale Uterusexstirpation) war bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts unter den noch nicht so fortgeschrittenen Operationsbedingungen wesentlich einfacher und schneller durchführbar als die vollständige Entfernung durch den Bauch (totale abdominale Uterusexstirpation) und wurde daher erheblich häufiger ausgeführt. Sie hatte zudem den Vorteil des geringeren Risikos für eine Wundinfektion, insbesondere einer fast immer tödlich endenden Peritonitis, da der Gebärmutterhals als Barriere zwischen Scheide und Bauchhöhle erhalten blieb. Es starben wesentlich weniger Frauen nach einer subtotalen Uterusexstirpation als nach einer (vollständigen) Hysterektomie. Dem stand der Nachteil gegenüber, dass sich weiterhin ein Gebärmutterhalskrebs entwickeln konnte. Die Technik der unvollständigen Hysterektomie wurde seit den 1950er Jahren bei immer besser werdenden Operationsbedingungen (Narkose, Antisepsis u. a.) von der vollständigen Hysterektomie verdrängt. Seit ungefähr 1995 ändert sich das wieder zugunsten der unvollständigen Gebärmutterentfernung, weil hierfür in den letzten Jahren neue Techniken entwickelt wurden und das Risiko, an einem Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, aus verschiedenen Gründen sank.[6]

Begriffsverwirrung im Sprachgebrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor allem inzwischen ältere Frauen wurden zu einer Zeit operiert, als der Begriff totale (abdominale) Uterusexstirpation, abgekürzt auch TE oder Totale noch zum täglichen ärztlichen Sprachgebrauch gehörte. Sie sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass sie „totaloperiert“ seien, es sei „alles raus“. Sie haben dabei meist die Vorstellung, dass die Gebärmutter und die Eierstöcke entfernt worden wären. Häufig traf das auch zu, weil bis in die 1990er Jahre keine Einigkeit unter den Operateuren bestand, ob bei Frauen, die das 40. Lebensjahr überschritten hatten, anlässlich einer Hysterektomie die Eierstöcke zur Vorbeugung gegen Eierstockkrebs mitentfernt werden sollten oder nicht.[4]
Allerdings ist diese Vorstellung nicht immer zutreffend. Bei erneuten Operationen wird nämlich manches Mal festgestellt, dass die Eierstöcke trotz angeblicher Totaloperation noch vorhanden sind.

In den letzten Jahren wurde die Begriffsverwendung nicht vereinheitlicht. So werden derzeit neben den oben erwähnten Operationen anderer medizinischer Fachrichtungen verschieden invasive (eingreifende) Formen der Gebärmutterentfernung mit Totaloperation bezeichnet:

  • nur die Entfernung der vollständigen Gebärmutter, Zitat: "Bei sehr großen, ungünstig gelegenen oder besonders zahlreich vorhandenen Myomen empfiehlt der Arzt – vor allem, wenn die Familienplanung bereits abgeschlossen ist – die Gebärmutterentfernung (Totaloperation, Hysterektomie)."[7]
  • die Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken, Zitat: "... die Entfernung von Gebärmutter und Ovarien – von Frauen und auch Frauenärzten vielfach mit dem Begriff "Totaloperation" bezeichnet..."[8]
  • die erweiterte („radikale“) Gebärmutterentfernung mit Eierstock- und Lymphknotenentfernung (Operation bestimmter Stadien des Eierstockkrebses), Zitat: "... bei hohem Risiko werden unter Umständen die gesamte Gebärmutter, beide Eierstöcke und die Beckenlymphknoten herausgenommen. Im „Volksmund“ ist diese so genannte Wertheim-Meigs-Operation als „Totaloperation“ bekannt."[9]

Kritisiert wurde der Begriff Totaloperation unter anderem

  • 1984 von Lösche[10]
  • 2001/2002 von Gunhild Buse[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Urologie, Kliniken Essen-Mitte, s. Abschnitt „Bösartige Neubildung der Prostata“
  2. Pressemitteilung der Asklepios Klinik Hamburg-Barmbek
  3. Vgl. etwa Theodor Kocher: Über Radikalheilung des Krebses. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Band 8, 1880, S. 161 ff.
  4. a b A. Hirsch, O. Käser, F. A. Iklé: Atlas der gynäkologischen Operationen 5. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 1995.
  5. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 52.
  6. Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (PDF)
  7. Gesundheit heute, ärztlich betreutes Informationsportal (Memento des Originals vom 3. November 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gesundheit-heute.de
  8. Kai Joachim Bühling, Wolfgang Friedmann: Intensivkurs Gynäkologie und Geburtshilfe. Urban & Fischer, 2003, S. 60.
  9. Patienteninformationsseite des Klinikums Bremen Mitte (PDF, S. 3)@1@2Vorlage:Toter Link/www.klinikum-bremen-mitte.medical-guide.net (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. H. Lösche: Die Sinnhaftigkeit des Begriffes „Totaloperation“. In: Paul R. Franke, Matthias David (Hrsg.): Der andere Weg zum gleichen Ziel - Psychosomatische Frauenheilkunde. Ausgewählte Beiträge der Symposien der Ostdeutschen Gesellschaft für Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe 1984–1994. 1984, ISBN 3-934410-34-0 [1]
  11. Gunhild Buse: "- Als hätte ich ein Schatzkästlein verloren." Hysterektomie aus der Perspektive einer feministisch-theologischen Medizinethik. LIT Verlag, Berlin/Hamburg/Münster 2003, ISBN 3-8258-6037-X, S. 172 und 173.