Vibia Aurelia Sabina

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Statuenbasis für Vibia Aurelia Sabina[1]

Vibia Aurelia Sabina (geboren um 170; gestorben nach 210) war die Tochter des römischen Kaisers Mark Aurel und der jüngeren Faustina.

Vibia Aurelia Sabina war wohl das letztgeborene Kind Mark Aurels und Faustinas. Ihr Geburtsjahr ist unbestimmt, doch wird aus einer Bemerkung Philostrats geschlossen, dass es nach 166 gelegen haben muss. Philostrat gibt in seinem Werk Leben der Sophisten anekdotisch die Beilegung eines Rechtsstreites wieder, den Mark Aurel gegen seinen ehemaligen Lehrer Herodes Atticus entschied, wobei er sich dessen Urteil aussetzte, er sei hierbei den Launen einer Frau und eines dreijährigen Kindes gefolgt.[2] Frau und Kind sind die zuvor von Philostrat genannten Faustina und eine Tochter, Ort des Geschehens war Sirmium, wo der Kaiser im Rahmen des ersten Markomannenkrieges frühestens im Jahr 170 weilte.[3] Im Jahr 175 endete diese erste Phase des Krieges, so dass die dreijährige Tochter zwischen 167 und 172 geboren worden sein muss.[4]

Ihren Namen erhielt sie zu Ehren von Vibia Sabina, der Ehefrau des Kaisers Hadrian, durch Adoptionsabfolge Großvater von Mark Aurel.[5] Vibia Aurelia Sabina wurde wahrscheinlich mit Lucius Antistius Burrus verheiratet, der im Jahr 181 zusammen mit Aurelia Sabinas Bruder und Nachfolger Mark Aurels, Commodus, ordentlicher Konsul war. Zumindest wird Antistius Burrus in der Historia Augusta Schwager des Commodus genannt, und außer Aurelia Sabina kommt keine ihrer Schwestern für diese Heirat infrage.[6]

Mit ihrem Mann, der aus dem nordafrikanischen Thibilis stammte, muss Aurelia Sabina in dessen Heimat zurückgekehrt sein. In Thibilis[7] wie in der benachbarten numidischen Stadt Calama,[8] unter Hadrian zum Municipium erhoben, wurde sie noch nach dem Tod des Septimius Severus im Jahr 211 als patrona verehrt.[9]

Die Ehe kann nicht lange gewährt haben, denn im Jahr 189 wurde Antistius Burrus auf Betreiben des Prätorianerpräfekten Marcus Aurelius Cleander als Mitglied einer Verschwörung gegen Commodus hingerichtet, angeblich weil Burrus eigene Ambitionen auf die Herrschaft entwickelt hatte.[10] Aurelia Sabina war neben Fadilla und Cornificia eine der drei Schwestern, die die Regierungszeit des 192 gestorbenen Commodus überlebt haben.[11]

Aufgrund einer stadtrömischen Bleirohrinschrift, einer fistula aquaria, die einen Lucius Aurelius Agaclytus und die Sabina Augusti soror nennt,[12] glaubte Guido Barbieri,[13] Vibia Aurelia Sabina sei in zweiter Ehe mit dem nur inschriftlich bekannten Ritter Lucius Aurelius Agaclytus verheiratet worden.[14] Ihm folgten etwa Hans-Georg Pflaum,[15] Anthony R. Birley[16] und Werner Eck.[17] Andere sehen in dem Genannten einen Freigelassenen der Aurelia Sabina.[18] Bestätigen lässt sich dies nicht.[19]

Da Vibia Aurelia Sabina in der Inschrift aus Thibilis „Schwester des vergöttlichten Septimius Severus“ genannt wird, zugleich der Name Getas in der Inschrift gelöscht wurde, muss sie zwischen Februar und Dezember 211 gesetzt worden sein, denn Geta wurde im Dezember 211 ermordet und der damnatio memoriae unterworfen. „Schwester“ des Septimius Severus wurde sie aufgrund dessen angeblicher Adoption durch Mark Aurel. Das Todesjahr der Vibia Aurelia Sabina, zu deren Ehren im Westen wie im Osten des Reichs zahlreiche Statuen errichtet wurden,[20] kann daher nicht vor 211 gelegen haben. Nachkommen sind nicht bekannt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. IG II² 3401.
  2. Philostrat, Vitae sophistarum 2,560. 561 (= Kaiser S. 67 f.; Digitalisat).
  3. Zu den Ereignissen und deren Datierung siehe Michael Alexander Speidel: Faustina – mater castrorum. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte. In: Tyche. Beiträge zur Alten Geschichte, Papyrologie und Epigraphik. Band 27, 2012, S. 127–152, hier S. 140–147.
  4. Zu den Ereignissen in Sirmium siehe auch Anthony R. Birley: Marcus Aurelius. A Biography. Überarbeitete Auflage. Routledge, London 1987, S. 181–182, der zu einer Datierung der Geburt um das Jahr 170 kommt; um 172 datiert die Geburt Walter Ameling: Die Kinder des Marc Aurel und die Bildnistypen der Faustina Minor. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 90, 1992, S. 147–166, hier S. 160 (Digitalisat).
  5. Zu ihrem Namen siehe Anthony R. Birley: Marcus Aurelius. A Biography. Überarbeitete Auflage. Routledge, London 1987, S. 162
  6. Historia Augusta, Commodus 6,11; Pertinax 3,7.
  7. Hans-Georg Pflaum: Inscriptions latines de l'Algérie II. 2. Inscriptions de la confédération cirtéenne, de Cuicul et de la tribu des Suburbures. (ILAlg 2,2) Société nationale d’éditions et de diffusions, Algiers 1976, Nr. 4161 online.
  8. CIL 8, 5327. 5328.
  9. John Nicols: Patrona duitatis: Gender and Civic Patronage. In: Carl Deroux (Hrsg.): Studies in Latin Literature and Roman History. Band 5 (= Collection Latomus. Band 206). Latomus, Brüssel 1989, S. 117–142, hier S. 128–132; Sanna Joska: ‘Show them that You are Marcus’s Daughter’. The Public Role of Imperial Daughters in Second- and Third-Century CE Rome. In: Jussi Rantala (Hrsg.): Gender, Memory, and Identity in the Roman World. Amsterdam University Press, Amsterdam 2019, S. 105–129, hier S. 122–124.
  10. Historia Augusta, Commodus 6,11; Pertinax 3,7; siehe Eckhard Meyer-Zwiffelhoffer: Ein Visionär auf dem Thron? Kaiser Commodus, Hercules Romanus. In: Klio. Band 88, 2006, S. 189–215, hier S. 202.
  11. Historia Augusta, Commodus 17,12.
  12. CIL 15, 7402: L(uci) Aur(eli) Agaclyti Sabinae Aug(usti) soror(is).
  13. Guido Barbieri: Ostia – fistole acquarie inedite o completate. In: Notizie degli scavi di antichità. 1953, S. 151–189, hier S. 157 (Digitalisat).
  14. CIL 6, 1592; bereits Rodolfo Lanciani: Topografia di Roma antica. I comentarii de Frontino intorno le acque e gli aquedotti. Silloge epigrafica aquaria. Salviucci, Rom 1880, S. 231 Nr. 138 (Digitalisat) setzte den Agaclytus des Bleirohrs mit dem Ritter gleich.
  15. Hans-Georg Pflaum: Les gendres de Marc-Aurèle. In: Journal des savants. Band 1, 1961, S. 28–41, hier S. 38–39 (Digitalisat).
  16. Anthony R. Birley: Septimius Severus: The African Emperor. Zweite, überarbeitete Auflage. Routledge, London 1988, S. 177.
  17. Werner Eck: Domus: L. Aurelius Agaclytus. In: Eva Margareta Steinby: Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 2. Quasar, Rom 1995, S. 65 (Digitalisat), zuletzt auch etwa Sanna Joska: ‘Show them that You are Marcus’s Daughter’. The Public Role of Imperial Daughters in Second- and Third-Century CE Rome. In: Jussi Rantala (Hrsg.): Gender, Memory, and Identity in the Roman World. Amsterdam University Press, Amsterdam 2019, S. 105–129, hier S. 122.
  18. Bereits Heinrich Dressel im Kommentar zu CIL 15, S. 936 (Digitalisat) folgte Lanciani nicht, genauso wenig Paul von Rohden: Aurelius 31. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2433. Gegen die Gleichsetzung und die Heirat zwischen Aurelia Sabina und Agaclytus: Roberta Geremia Nucci: Le terme del Faro di Ostia. Nuovi dati provenienti dallo studio delle fistulae. In: Archeologia Classica. Band 51, 1999–2000, S. 383–409, hier S. 392–394; Maria Grazia Granino Cecere: Proprietà di Augustae a Roma e nel Latium vetus. In: Anne Kolb (Hrsg.): Augustae. Machtbewusste Frauen am römischen Kaiserhof? Akademie-Verlag, Berlin 2010, S. 111–127, hier S. 126 Anm. 90.
  19. Die Inschrift wird entweder zu L(uci) Aur(eli) Agaclyti Sabinae Aug(usti) soror(is) (scil. liberti) oder zu L(uci) Aur(eli) Agaclyti (scil. et) Sabinae Aug(usti) soror(is) aufgelöst, siehe den Eintrag zu EDR175869 im Electronic Archive of Greek and Latin Epigraphy (EAGLE) der Association Internationale d’Epigraphie Grecque et Latine (AIEGL); Werner Eck: Domus: L. Aurelius Agaclytus. In: Eva Margareta Steinby: Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 2. Quasar, Rom 1995, S. 65 löst zu L(uci) Aur(eli) Agaclyti Sabinae Aug(usti) soror(is) (mariti) auf, datiert die Inschrift in die Zeit des Commodus und erkennt in dem Agaclytus den Vater des Ritters (= PIR² A 452).
  20. Marc Mayer y Olivé: Vibia Aurelia Sabina y su presencia epigráfica en África. In: Samir Aounallah, Attilio Mastino (Hrsg.): L’epigrafia del nord africa: novità, riletture, nuove sintesi (= Epigrafia e antichità. Band 45). Fratelli Lega Editori, Faenza 2020, S. 237–245, bes. S. 241–245 (Digitalisat).