Vom Himmel hoch, o Engel, kommt

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Vom Himmel hoch, o Engel, kommt, Druckfassung Würzburg 1630

Vom Himmel hoch, o Engel, kommt (auch bekannt als Susani, susani oder Eia susani) ist ein deutsches Weihnachtslied, das 1623 erstmals im heutigen Wortlaut veröffentlicht wurde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Lied erschien erstmals mit dem Textanfang Vom Himmel kompt / O Engel kompt in einer katholischen Liedersammlung, die 1622 in Würzburg gedruckt wurde.[1] Es gehört wie das Adventslied O Heiland, reiß die Himmel auf zu einem Textkorpus anonym überlieferter Lieder vom Beginn des 17. Jahrhunderts, die von der modernen Forschung dem Jesuiten und geistlichen Dichter Friedrich Spee (1591–1635) zugeschrieben werden.[2][3] Ein stichhaltiger Beweis für diese Zuschreibung existiert allerdings nicht. Das Lied wurde im Gesangbuch Ausserlesene, catholische, geistliche Kirchengesäng der Kölner Jesuiten nachgedruckt, das 1623[4] von Peter von Brachel[5] in Köln verlegt wurde, jedoch verschollen ist.

Ein Autor weist darauf hin, dass das Lied somit aus den ersten Kriegsjahren des Dreißigjährigen Kriegs stammt. Der „süße“ Tonfall des Textes mag eine Gegenreaktion auf die Schrecken des Krieges gewesen sein, mit dem sich die leidgeprüften Menschen vor dem Kind in der Krippe Ängste und Sorgen von der Seele sangen.[6]

Die Melodie/? wurde von einer Melodiefassung des Liedes Puer natus in Bethlehem übernommen, die 1616 in einem Paderborner Gesangbuch erschienen war.[7][4] Im Vergleich zu dieser Vorlage wurden nur die lateinischen Strophenteile neu gedichtet, während die refrainartig wiederholten Textteile „Eia, Susani“ und „Alleluja“ beibehalten wurden.

Bis Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das Lied in mehreren Gesangbüchern nachgedruckt, darunter in der Sammlung Alte und Newe Geistliche Catholische außerlesene Gesäng des Würzburger Fürstbischofs Philipp Adolf von Ehrenberg.[8] Danach scheint das Lied für rund 200 Jahre in Vergessenheit geraten zu sein und wurde erst 1864 wiederentdeckt. 1894 erschien das Lied im Deutschen Liederhort von Erk-Böhme[9] und 1906 im Kaiserliederbuch. 1909 wurde es mit geändertem Textanfang Vom Himmel hoch, o Englein, kommt! in den Zupfgeigenhansl aufgenommen[10] und hielt in Folge Einzug in das Liedgut der Jugendbewegung.

In moderne Kirchengesangbücher hat das Lied nur vereinzelt Aufnahme gefunden. Aktuell ist es nur in einigen Regionalteilen des Evangelischen Gesangbuchs (1993) abgedruckt (EG 542 Bayern und Thüringen; EG 538 Hessen-Nassau; EG 538 Kurhessen-Waldeck; EG 541 Rheinland, Westfalen und Lippe; EG 541 Reformierte Kirche), sowie im Kölner Eigenteil des katholischen Gotteslob (GL 736).[11]

Chorsätze des Liedes schufen u. a. Carl Thiel, Hugo Distler, Rudolf Mauersberger, Erhard Mauersberger und Zsolt Gárdonyi.

Ein Halleluja-Ruf, dessen Melodie dem Lied Vom Himmel hoch, o Engel, kommt entnommen ist, findet sich im Gotteslob (2013) unter der Nummer GL 244.[12]

Das Oxford Book of Carols (1928) enthält ebenso wie das New Oxford Book of Carols (1998) die englischsprachige Übersetzung Come, Angels, Come! From Heaven Appear.[13] Eine englischsprachige Textfassung From Heaven High, O Angels Come wurde von Maria Augusta Trapp in ihr Buch Around the year with the Trapp family aufgenommen.[14] Weitere englischsprachige Übersetzungen wurden u. a. unter den Titeln Fom Heav’n on High, The Angels Sing oder From Highest Heaven Come, Angels Come veröffentlicht.[15][16]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Text ist eine Aufforderung an die Engel des Himmels, auf die Erde zu kommen und dem neugeborenen Jesuskind ein Wiegenlied zu musizieren. In spielerischer Weise werden in den Strophen die Musikinstrumente aufgezählt, die dazu verwendet werden können.

Das Lied entstammt dem christlichen Brauch des Kindelwiegens. Das Wort susani ist aus mhd.sûse ninne „Sauseninne“[17] zusammengesungen. Ninne steht für „Wiege“.[18] Für das Schallwort suse/sause finden sich in der Literatur verschiedene Deutungsvarianten. Sûsen kann sowohl für „rauschen, summen“ als auch für „sich sausend bewegen“ stehen;[19] Sause, liebe Ninne hieße nach letzterer Deutung „beweg dich, liebe Wiege“.[20] Susaninne/Sauseninne wurde auch synonym zu „Wiegenlied“ gebraucht.[21][17] In dem Lied Da Gabriel, der Engel klar aus dem Jahr 1422 heißt es in der zweiten und zwölften Strophe:

Seusa mynne,
gotes mynne,
nü sweig und rů […][22]

Auch in Martin Luthers Weihnachtslied Vom Himmel hoch, da komm ich her (1535) wird in der 14. Strophe Bezug auf „die rechte Susaninne“ genommen.

Melodie und Text[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

\relative f'
{ \key f \major \time 6/4 \partial 4 \autoBeamOff
a4 | a( g) f c'2 a4 | f( g) a f2. | c' a | c a | \break
f4 g a c bes a | f2 e4 f2 c'4 | c2 bes4 a2 d4 |c( bes) a g2 c4 |
g( a) bes c2 f,4 | f2 e4 f2 bes4 | bes( a) g a( bes) c | a2 g4 f2 \bar "|." }
\addlyrics {
Vom Him -- mel hoch, o En -- gel, kommt!
Ei -- a, ei -- a, su -- sa -- ni, su -- sa -- ni, su -- sa -- ni,
kommt, singt und klingt, kommt, pfeift und trombt.
Al -- le -- lu -- ja, al -- le -- lu -- ja.
Von Je -- sus singt und Ma -- ri -- a.
}

1. Vom Himmel hoch, o Engel, kommt!
Eia, eia, susani, susani, susani.
Kommt, singt und klingt , kommt, pfeift und trombt![Anm. 1]
Alleluja, alleluja!
Von Jesus singt und Maria!

2. Kommt ohne Instrumenten nit!
Eia, eia, susani, susani, susani.
Bringt Lauten, Harfen, Geigen mit!
Alleluja ...

3. Lasst hören euer Stimmen viel!
Eia, eia, susani, susani, susani.
Mit Orgel und mit Saitenspiel.
Alleluja ...

4. Hier muss die Musik himmlisch sein,
eia, eia, susani, susani, susani,
weil dies ein himmlisch Kindelein.
Alleluja ...

5. Die Stimmen müssen lieblich gehn,
eia, eia, susani, susani, susani,
und Tag und Nacht nicht stille stehn.
Alleluja ...

6. Sehr süß muss sein der Orgel Klang,
eia, eia, susani, susani, susani,
süß über allen Vogelsang.
Alleluja ...

7. Das Saitenspiel muss lauten süß!
Eia, eia, susani, susani, susani.
Davon das Kindlein schlafen muss.
Alleluja ...

8. Singt Fried den Menschen weit und breit!
Eia, eia, susani, susani, susani.
Gott Preis und Ehr in Ewigkeit!
Alleluja ...

  1. tromben „trompeten“, Verbbildung zu trombeTrompete“, von ital. tromba bzw. frz. trompe, vgl. Trombe, f.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 22: Treib–Tz – (XI, 1. Abteilung, Teil 2). S. Hirzel, Leipzig 1952 (woerterbuchnetz.de).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Vom Himmel hoch, o Engel, kommt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. PSALM XLIV. | יפיפיתמ | Il più bello del mondo. | Das | Allerschönste Kind | in der Welt. | MARGARITA | in | Concha, &c. Berl in Goldt/ | Die | Gottheit | in der | Menschheit/ &c. | ὦ | Μυστήριον | Wunder vber Wunder. | ad Coloss. I. Johan Volmar, Würzburg 1622, S. B8a–B8b (Digitalisat im Historisch-Kritischen Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchivs).
  2. Michael Härting (Hrsg.): Friedrich Spee. Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623 (= Philologische Studien und Quellen. Heft 63). E. Schmidt, Berlin 1979, ISBN 3-503-00594-3 (Volltext bei Zeno.org.).
  3. Theo G. M. van Oorschot (Hrsg.): „Ausserlesene, catholische, geistliche Kirchengesäng“. Ein Arbeitsbuch (= Friedrich Spee. Sämtliche Schriften. Band 4). Francke, Tübingen/Basel 2005, ISBN 3-7720-8023-5.
  4. a b Wilhelm Bäumker: Das katholische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen. Erster Band. Herder, Freiburg i. Br. 1886, S. 319 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. Christoph Reske: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Harrassowitz, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-447-05450-8, S. 462 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Friedrich Haarhaus: Alle Jahre wieder. Das große Buch der Advents- und Weihnachtslieder. St. Benno, Leipzig 2013, ISBN 978-3-7462-3798-5, S. 128–132.
  7. Catholische / Geistliche Kirchen Gesäng / auff die fürnembsten Festa… Gedruckt in Paderborn / durch MATTHÆVM PONTANVM, Anno M. DC. XVI, S. 33 f. (Digitalisat im Historisch-Kritischen Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchivs).
  8. Philipp Adolf von Ehrenberg (Hrsg.): Alte und Newe Geistliche Catholische außerlesene Gesäng. Zinck, Würzburg 1630, S. 49 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  9. Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme (Hrsg.): Deutscher Liederhort. Band 3. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1894 (Nachdruck: Olms, Hildesheim 1963), S. 645 (Digitalisat).
  10. Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. 90. Auflage. Friedrich Hofmeister, Leipzig 1920, S. 100 f. (Digitalisat).
  11. Alle Gesänge des neuen Gotteslob. (PDF; 303 kB) Erzbistum Köln, 2013
  12. mein-gotteslob.de
  13. Hugh Keyte, Andrew Parrott (Hrsg.): The New Oxford Book of Carols. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-353322-7 (Inhaltsverzeichnis).
  14. Maria Augusta Trapp: Around the Year with the Trapp Family. Pantheon, New York 1955 (online)
  15. Douglas D. Anderson: Divinely Inspired. A Christmas Poetry Collection. Lulu, Morrisville NC 2007, ISBN 978-0-615-16384-0, S. 268–270 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. William E Studwell: The Christmas Carol Reader. Routledge, New York 1995, ISBN 1-56023-872-0, S. 60 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. a b Sauseninne, n.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 14: R–Schiefe – (VIII). S. Hirzel, Leipzig 1893 (woerterbuchnetz.de).
  18. Ninne, f.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 13: N, O, P, Q – (VII). S. Hirzel, Leipzig 1889 (woerterbuchnetz.de).
  19. Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 36. Auflage. Hirzel, Stuttgart 1981, ISBN 3-7776-0359-7, S. 219 f.
  20. Heinz Rölleke (Hrsg.): Das Volksliederbuch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993, ISBN 3-462-02294-6, S. 107.
  21. Emily Gerstner-Hirzel: Das Kinderlied. In: Rolf Wilhelm Brednich, Lutz Röhrich, Wolfgang Suppan (Hrsg.): Handbuch des Volkslieds. Band 1. Fink, München 1973, S. 923–967, hier S. 924 f.
  22. Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. 2. Band. Teubner, Leipzig 1867, S. 464, Nr. 610 (Textarchiv – Internet Archive).