Walternienburg-Bernburger Kultur

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Dieser Artikel wurde aufgrund von inhaltlichen Mängeln auf der Qualitätssicherungsseite des WikiProjekts Vor- und Frühgeschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus diesem Themengebiet auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Bitte hilf mit, die inhaltlichen Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion!
Bernburger Kultur
Zeitalter: Spätneolithikum
Absolut: 3100 v. Chr. bis 2700 v. Chr.

Ausdehnung
Harzvorland bis ins Thüringer Becken
Leitformen

verzierte/unverzierte bauchige Tassen mit breitem Henkel, Amphoren, Vorratsgefäße mit durchlochtem Rand, Wellenrandgefäße, Kragenflaschen, Tontrommeln

Der Begriff Walternienburg-Bernburger Kultur bezeichnet eine spätneolithische Kultur, die sich im Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts, des Thüringer Beckens und Frankens von 3200 bis 2800 v. Chr. konzentrierte. 1918 fasste Nils Åberg die beiden eng verwandten bzw. gemeinsam vorkommenden Kulturgruppen Walternienburger Kultur und Bernburger Kultur zur Walternienburg-Bernburger Kultur zusammen. Diese Auffassung ist heute jedoch nicht mehr gültig, da sich beide Kulturen in ihrem Bestattungs- und Grabwesen deutlich voneinander unterscheiden. Die früher der Walternienburger Kultur zugeordneten Großsteingräber werden heute aufgrund der Keramik der Tiefstichkeramik-Kultur zugerechnet.

Die beiden eng miteinander verzahnten Regionalgruppen Walternienburg- und Bernburger Gruppe wurden nach Gräberfeldern in Sachsen-Anhalt benannt. Alfred Götze hatte 1892 den Begriff Bernburger Typus und 1911 den Begriff Walternienburg-Kultur geprägt.

Materielle Hinterlassenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Keramik der Bernburger Kultur aus der Totenhütte von Benzingerode

Die im Saalemündungsgebiet verbreitete Walternienburg-Gruppe ist gekennzeichnet durch das Vorkommen scharf gegliederter Henkeltassen und Hängegefäßen mit Ösen. Die Gefäße der Bernburger Gruppe sind dagegen eher bauchig, konkav, s-förmig geschweift. Die Keramik beider Gruppen ist mit Tiefstichen verziert die teils mit einer weißen Paste verfüllt wurden und sich daher farblich abhoben. Keramische Leitformen bilden verzierte sowie unverzierte bauchige Henkeltassen sowie bauchige Amphoren, Trichterschalen, Näpfe und Siedlungsgefäße. Des Weiteren kamen Tontrommeln vor. Ebenfalls typisch ist das Vorkommen von Doppelstreitäxten, Schiefermessern sowie dreieckigen und trapezförmigen Feuersteinpfeilspitzen. Von den typischen der Formen der TBK fehlt der Trichterbecher und die Kragenflasche.

Die Grabanlagen sind vielgestaltig. Weit verbreitet sind Flachgräber, Steinkisten- und Steinkammergräber (siehe: Steinkisten der Walternienburg-Bernburger Kultur). Verbreitet sind auch Gemeinschaftsbestattungen in Totenhütten (z. B. in Schönstedt und Benzingerodesiehe auch: Totenhütte von Benzingerode), Rampenkisten und Mauerkammern. Am Skelettmaterial konnten Schädeltrepanationen nachgewiesen werden.

Auf der Basis von 178 untersuchten Gräbern (Stand 1982) können

  • 86 (48,3 %) der Bernburger Kultur
  • 40 (22,5 %) der Walternienburger Kultur
  • 12 (6,75 %) der Walternienburger und der Bernburger Kultur
  • 34 (19 %) der Walternienburg-Bernburger Kultur
  • 5 (2,75 %) der Kugelamphorenkultur, die mit Bernburger Formen vergesellschaftet ist
  • 1 (0,5 %) der schnurkeramischen Kultur zugeordnet werden.

Die in Hessen und im Havelgebiet beobachtete Trennung der Walternienburger und Bernburger Kultur in zwei getrennte Kulturen scheint sich in den Grab- und Bestattungssitten zu bestätigen. Die Gräber der Bernburger Kultur liegen in Thüringen und im Nordharzvorland. Dagegen hebt sich im Havelgebiet eine Walternienburgprovinz ab. Im Gebiet um Quedlinburg, im östlichen Harzvorland und im Köthener Land ist eine stärkere Vermischung von Formen beider Kulturen in den Beigabeninventaren zu beobachten.

Weilerartige Siedlungen und befestigte Höhensiedlungen sind überliefert. Bekannte Höhenbefestigungen mit mehreren Grabenwerken sind auf dem Langen Berg in der Dölauer Heide bei Halle (Saale), die Schalkenburg bei Quenstedt und der Steinkuhlenberg bei Derenburg.

Grundlage der Wirtschaft waren Ackerbau und Viehzucht. Bekannt und angebaut wurden Emmer, Einkorn, Gerste und Flachs. An Haustieren konnten Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde und Pferde nachgewiesen werden.

  • Hermann Behrens: Der Walternienburger und der Bernburger Keramikstil und die Walternienburg-Bernburger Kultur. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 63, 1981, S. 11–16 (Online).
  • Hans-Jürgen Beier: Die Grab- und Bestattungssitten der Walternienburger und der Bernburger Kultur. Wissenschaftliche Beiträge 1984/30 (L19) der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg ISSN 0440-1298
  • Birgitt Berthold u. a.: Die Totenhütte von Benzingerode: Archäologie und Anthropologie (= Archäologie in Sachsen-Anhalt. Sonderband 7). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 1. Auflage, Halle (Saale) 2008, ISBN 978-3-939414-12-4.
  • Alfred Götze: Neue Erwerbungen der Prähistorischen Abteilung des Museums für Völkerkunde. In: Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 1892, S. 177–188 (Online).
  • Alexander Häusler: Zu den Grab- und Bestattungssitten der Walternienburg-Bernburger Kultur. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 63, 1981, S. 75–87 (Online).
  • Andreas Hille: Die Siedlung der Bernburger Kultur auf dem Steinkuhlenberg bei Derenburg, Lkr. Harz (= Veröffentlichungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Band 79). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt/Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2020, ISBN 978-3-948618-04-9.
  • Heinz Knöll: Kragenflaschen. Ihre Verbreitung und ihre Zeitstellung im Europäischen Neolithikum (= Untersuchungen aus dem Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Schleswig, dem Landesamt für Vor- und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein in Schleswig und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Kiel. Band 41). Wachholtz, Neumünster 1981, ISBN 3-529-01147-X.
  • Detlef W. Müller: Befestigte Siedlungen der Bernburger Kultur – Typen und Verbreitung. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 73, 1990, S. 271–286 (Online).
  • Detlef W. Müller: Die Bernburger Kultur Mitteldeutschlands im Spiegel ihrer nichtmegalithischen Kollektivgräber. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 76, 1994, S. 75–200 (Online).
  • Johannes Müller: Soziochronologische Studien zum Jung- und Spätneolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet (4100-2700 v. Chr.) (= Vorgeschichtliche Forschungen. Band 21). Leidorf, Rahden 2001, ISBN 3-89646-503-1.
  • Nils Niklasson: Studien über die Walternienburg-Bernburger Kultur 1 (= Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 13). Halle (Saale) 1925 (Online).
  • Ernst Probst: Deutschland in der Steinzeit, S. 380–385, München 1991, ISBN 3-572-01058-6.
  • Ralf Schwarz: Typentafeln zur Chronologie in Mitteldeutschland – Die Bernburger Kultur (= Forschungsberichte des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 12). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt/Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2018, ISBN 978-3-944507-86-6.
  • Karin Schwertfeger: Walternienburger Kultur, S. 195–202. In: H.-J. Beier und R. Einicke (Hrsg.): Das Neolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet. Eine Übersicht und ein Abriß zum Stand der Forschung. Verlag Beier & Beran. Wilkau-Hasslau. 1994, ISBN 3-930036-05-3.
  • Marcel Torres-Blanco: Bernburger Kultur, S. 159–177. In: H.-J. Beier und R. Einicke (Hrsg.): Das Neolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet. Eine Übersicht und ein Abriß zum Stand der Forschung. Verlag Beier & Beran. Wilkau-Hasslau. 1994, ISBN 3-930036-05-3.
Commons: Bernburger Kultur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Walternienburger Kultur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien