Willi Müller (Politiker, 1896)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Willi Müller (1960)

Willi Müller (* 29. März 1896 in Braunschweig; † 17. Mai 1964 in Bad Sachsa) war ein deutscher Politiker (SPD).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Willi Müller wuchs in Bad Sachsa auf und absolvierte nach dem Schulbesuch eine Tischlerlehre. 1914 meldete er sich im Ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger und wurde verwundet. Als Kriegsgefangener der französischen Truppen kam er in die Schweiz.

Er engagierte sich seit 1923 in Bad Sachsa für die Sozialdemokratie, ab 1926 war er dort Stadtverordneter der SPD und arbeitete von 1926 bis 1933 als Postschaffner beim dortigen Postamt. 1933 wurde er als Sozialdemokrat aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 aus dem Postdienst entlassen. Das NS-Regime verhinderte, dass Müller ihm zustehende Pensionsansprüche geltend machen konnte, so dass dieser 1934 sein Haus zwangsversteigern lassen und sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen musste.[1] Nach vorübergehender Tätigkeit als Tischler und Umschulung zum Buchhalter war er in der Kautabakfabrik Kneiff in Nordhausen tätig. Während des Zweiten Weltkrieges war er Abteilungsleiter beim Büro Bad Sachsa der Dynamit AG (DAG) der späteren Dynamit Nobel AG. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Müller vorübergehend im KZ Buchenwald interniert, nach sechs Wochen entlassen, weil er bei Dynamit Nobel als unabkömmlich galt.[2]

Am 4. Mai 1945 wurde Müller, der aufgrund seines Schicksals zwischen 1933 und 1945 als politisch unbescholten galt, von der US-Besatzungsmacht zum Bürgermeister von Bad Sachsa ernannt. Eine der ersten Amtshandlungen als Bürgermeister war die Befreiung der „Kinder des 20. Juli“ im Kinderheim im Borntal zu Bad Sachsa.

Alfred von Hofacker beschreibt das so:

„Am 4. Mai erhielten wir Besuch vom neuen Bürgermeister von Bad Sachsa. Er rief uns alle zu sich und hielt eine feierliche Ansprache, in der er uns klar machte, dass wir von nun an unter seinem Schutze stünden und dass er sich für unsere baldige Heimkehr einsetzen wolle. Und dann sagte er wörtlich, ich zitiere aus dem Tagebuch meiner Schwester: Und jetzt heißt ihr wieder so wie früher, ihr braucht euch eurer Namen und Väter nicht zu schämen, denn sie waren Helden.“

Auf Anordnung der britischen Militärregierung übernahm der bisherige Bürgermeister Willi Müller am 1. April 1946 das Amt des Stadtdirektors; durch den Rat der Stadt Bad Sachsa wurde er am 10. Oktober 1947 bestätigt. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit bestand in der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und dem Wiederaufbau des Badebetriebes des Kurorts.

Müller war in vielfacher Funktion ehrenamtlich tätig. So war er Vorsitzender des Ortsvereins der SPD, des WinterSportVereins WSV, des Harzklub-Zweigvereins, des Verkehrsvereins und vertrat als Vorstandsmitglied im Deutschen Bäderverband die Belange des Harzes. Er war außerdem Kreistagsabgeordneter.

Nach seiner Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen 1960 übernahm er den Vorsitz der Kreiswohnbaugesellschaft Osterode am Harz.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alfred von Hofacker: Cäsar von Hofacker. Ein Wegbereiter für und ein Widerstandskämpfer gegen Hitler, ein Widerspruch?, Wallstein Verlag, Göttingen 2010 ISBN 978-3-8353-0626-4

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Markus Jaeger: Die Stadt Bad Sachsa im Nationalsozialismus (1924-1935). In: www.spurensucheharz.de. Arbeitsgemeinschaft Spurensuche in der Südharzregion, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Dezember 2015; abgerufen am 29. April 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tm45.de
  2. Willi Müller In: Harzkurier vom 30. Oktober 1971