Wladimir Iljitsch Lenin

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Lenins Unterschrift: IUljanov (Lenin)

Wladímir Iljítsch Uljánow (russisch Владимир Ильич Ульянов, genannt Lenin, russisch Ленин anhören/?; * 10. April / 22. April 1870 in Simbirsk; † 21. Januar 1924 in Gorki bei Moskau) war führender Kopf der Oktoberrevolution 1917 in Russland, Vorsitzender des Rates der Volkskommissare, Autor zahlreicher theoretischer und philosophischer Schriften.

Leben

Lenin als Kind (1877)
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Lenin während seiner Inhaftierung im Jahre 1895
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Eines der bekanntesten Fotos von Lenin

Lenin stammte aus einer Familie des niederen Adels, die sich sozial und kulturell liberal engagierte. Sein Vater war türkischstämmiger Kalmücke aus Baku, Inspektor von Volksschuleinrichtungen. Der Großvater mütterlicherseits Dr. Alexander Blank war tschuvaschischer Herkunft, seine Ehefrau Anna Großschopf Wolgadeutsche aus Uljanowsk.

1887 wurde Lenins älterer Bruder Alexander als Student in Sankt Petersburg wegen Verschwörung und versuchten Mordes an Zar Alexander III. hingerichtet.

Für die Familie bedeutete das eine politische Deklassierung, aber nach standesgemäßen Gnadenerweisen konnte Lenin 1891 sein Jurastudium beenden. Seine Arbeit als Rechtsanwalt beschränkte sich auf einige, wenige Fälle.

Schon damals galt sein Interesse der Änderung der Gesellschaft (vgl. Streit zw. Lenin und z. B. Bernstein). 1893 zog er nach Sankt Petersburg. Die Unterdrückung des Volkes, die Lenin miterlebte, führte dazu, dass er sich mit revolutionären Theorien von G. W. Plechanow auseinandersetzte, dem er später in der Schweiz auch selbst begegnete. Nach einer mehrmonatigen Europareise durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz gründete er den „Bund für die Befreiung der Arbeiterklasse“. Nachdem er im Herbst nach Russland zurückgekommen war, nahm er sofort seine agitatorische Tätigkeit wieder auf. Als er im Begriff war, eine illegale Zeitung Die Sache der Arbeiter herauszugeben, wurde er im Dezember 1895 verhaftet. Im Untersuchungsgefängnis richtete er sich eine Bibliothek in seinem „Studierzimmer“ ein, und verbrachte dort 14 Monate. 1897 wurde er im Februar für drei Jahre nach Schuschenskoje in Ostsibirien verbannt, wo er unter Polizeiaufsicht leben musste. In Ufa traf er auch wieder Nadeschda Konstantinowna Krupskaja, die er 1898 in der Verbannung heiratete.

Sofort nach der Verbannungsfrist im Februar 1900 suchte Lenin nach einer Möglichkeit, eine von der Zensur unabhängige Zeitung herauszugeben. In Russland war das nicht denkbar, und so verließ er am 29. Juli 1900 Russland für über fünf Jahre. Nach einem kürzeren Aufenthalt in Genf, wo er sich mit Plechanow über die Herausgabe der Zeitung Iskra (Der Funke) einigte, ließ sich Lenin unter dem Namen Meyer bei dem sozialdemokratischen Gastwirt Rittmeyer in der Kaiserstraße 53 in München illegal nieder.

Nach weiterem Aufenthalt im Exil bereiste er erneut Europa und verwendete ab Dezember 1900 den Decknamen beziehungsweise das Pseudonym „Lenin“. Eine Erklärung besagt, dass er sich dabei auf den sibirischen Strom Lena bezog (Lenin bedeutet russisch: „Der vom Flusse Lena Stammende“) – nach Sibirien verbannt zu werden bedeutete damals praktisch, dass man im zaristischen Russland als anerkannter Oppositioneller galt. Die andere plausible Erklärung besagt, dass er mehr an sein Kindermädchen Lena dachte, und dass er bereits als kleiner Bub auf die Frage, „wessen [Bub] er sei“ zu antworten pflegte: „Lenin!“ (russisch: „Lenas!“).

1902 veröffentlichte Lenin das berühmte Was tun?.

Lenin betrieb den Aufbau einer streng organisierten Kaderpartei aus „Berufsrevolutionären“ und wurde wegen seiner – von der Illegalität erzwungenen, aber auch vom russischen revolutionären Terrorismus inspirierten – Rigorosität und wegen seiner radikalen theoretischen Positionen der am meisten beachtete linke Sozialdemokrat.

Im Unterschied zu den theoretischen „legalen Marxisten“ und den politisch gemäßigten sozialreformistischen Menschewiki (russisch: „Minderheitler“), die auf eine längere kapitalistische Evolution Russlands setzten, sah Lenin das Land als das rückständigste Land im modernen Kapitalismus und die sozialistische Revolution als nahe bevorstehend. Das untersetzte er durch politökonomische, politische und philosophische Studien.

Nach mehreren Abstimmungssiegen auf dem II. Parteitag nannte sich die (starke) Minderheit seiner Anhänger „Bolschewiki“ (russisch: „Mehrheitler“). In der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1905 bis 1907 vertraten die Bolschewiki die Position einer Radikalisierung der Umwälzung, hin zur Machtübernahme durch Sowjets (Räte) der Arbeiter und Bauern. Im Januar 1907 floh Lenin aus Sicherheitsgründen nach Finnland, ein Jahr später zog er nach Genf. Im April 1912 veröffentlichte er zum ersten Mal die Prawda. In der Folgezeit widmete sich Lenin im Schweizer Exil wieder marxistischen Studien, es entstand vor allem seine bekannte Schrift Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (Januar bis Juni 1916), die die Grundlage der marxistischen Theorie des Imperialismus sowie der darauf basierenden Stamokap-Theorie bildete.

1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Lenin und die meisten Bolschewiki waren international die einzige sozialdemokratische Parteiorganisation, die von Anfang an gegen die Kriegspolitik der eigenen Regierung mobilisierte. Auch als Ergebnis militärischer Niederlagen Russlands wuchs die Partei von einer Splittergruppe zur Massenpartei.

Lenin's Wohnung an der Spiegelgasse 14 in Zürich

Nach der Februarrevolution 1917 kehrten Lenin und andere prominente Sozialdemokraten aus der Schweiz über das Gebiet des Kriegsgegners Deutschland, Schweden und Finnland nach Russland zurück. Sie fuhren in einem versiegelten Zug, der zu exterritorialem Gebiet erklärt war. Es gibt Thesen, nach denen der Zug in Berlin hielt, wo er mit 40 Millionen Goldmark beladen worden wäre. Das Geld sollte aus der Kasse des Deutschen Reiches stammen und die bolschewistische Revolution vorantreiben. Man hätte sich davon erhofft, einen Separatfrieden mit Russland schließen zu können. Unzweifelhaft ist allerdings, dass Lenins Rückkehr ohne die Unterstützung des Deutschen Reichs in dieser Form nicht hätte stattfinden können. Im April 1917 erreichte Lenin mit einigen seiner Genossen Petrograd (Sankt Petersburg) und verkündete die Möglichkeit und Notwendigkeit, die Revolution zur Machtergreifung der Arbeiter, Bauern und Soldaten zuzuspitzen (Aprilthesen).

Nach weiteren militärischen Fehlschlägen der gemäßigt sozialistisch-liberalen „Provisorischen revolutionären Regierung“ gelang es den Bolschewiki und den neu gegründeten Sowjets im November 1917 (nach russischem Kalender im Oktober), die bürgerliche Regierung zu stürzen. Die sofortige Friedenserklärung, die Verteilung des Bodens an die Bauern und die Übernahme der Fabriken durch die Arbeiter waren die unmittelbar wirkenden Losungen. Lenin etablierte die bolschewistische Regierung (Rat der Volkskommissare) mit sich selbst als Vorsitzenden. Im Februar 1918 entstand auf seine Veranlassung die Rote Armee. Am 5. März 1918 beendete das Abkommen von Brest-Litowsk den Krieg mit Deutschland. Lenin setzte es im Alleingang gegen die übrigen Parteiführer, namentlich Außenkommissar Leo Trotzki, durch.

Am 30. August 1918 wurde Lenin bei einem Attentat durch zwei Schüsse verletzt. Die Projektile trafen ihn in der Schulter und im Hals. Die Kugel im Hals konnte nie entfernt werden. Als Attentäterin verhaftete man kurz darauf Fanny Kaplan, eine Anhängerin der Linken Sozialrevolutionäre. Einige bürgerliche Historiker hegen jedoch Zweifel an der Täterschaft Kaplans. Auch in bürgerlichen Kreisen unumstritten dagegen ist der zweite Anschlag auf Lenin Anfang der 1920er Jahre, welcher vermutlich auf Stalin zurückzuführen ist. Entsprechend Lenins politischem Testament wäre dieser, ein längeres Leben Lenins vorausgesetzt, vermutlich niemals in entscheidende Machtposition der UdSSR gekommen. Vom Lungendurchschuss des zweiten Anschlags erholte sich Lenin Zeit seines Lebens nicht mehr.

Quasi unmittelbar nach dem gewaltsamen Sturz der Regierung Kerenskij im Oktober (nach gregorianischem Kalender November) 1917 marschierten die westeuropäischen Mächte 1918 in Russland ein und lösten damit den bis 1922 andauernden Bürgerkrieg aus. Dieser war geprägt von ausgesprochener militärischer Härte, welche sich von beiden Seiten auch gegen die Zivilbevölkerung richtete. Für die Revolution war es zudem ein Grund in den eigenen Reihen gegen potentielle Kollaboratuere vorzugehen, speziell nach dem Anschlag von Kaplan auf Lenin.

Lenin war trotz vieler offen ausgetragener Meinungsunterschiede die unumstrittene Führungspersönlichkeit der Regierung und wurde als die höchste Autorität der 1919 entstehenden dritten „Kommunistischen Internationale“ (Komintern) angesehen.

Auf dem 8. Gesamtrussischen Sowjetkongress, der vom 22. - 29. Dezember 1920 stattfand, gab Lenin die berühmte Losung aus: Kommunismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes. (Werke, Bd. 31, S. 513). Damit wollte er erreichen, dass Russland von einem kleinbäuerlich geprägten Land zu einer grossindustriellen Macht wird.

Eine Krise löste die Agrarpolitik während des Bürgerkriegs aus - zum einen (zur Versorgung zu kämpfenden Truppe) notwendig, zum anderen risikobehaftet für die Ernährung der Bevölkerung wurden Nahrungsmittel von Bauern zwangsrequiriert. Widerstand wurde von der Roten Armee unter Trotzki niedergeschlagen. Zudem kam es zum Aufstand der (teilweise anarchistischen) Matrosen von Kronstadt („Für Sowjets ohne Kommunisten!“). Der politische Zündstoff der Zwangrequirierungen ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass derlei Massnahmen auch durch die antirevolutionären Weissgardisten durchgeführt wurden und die Bevölkerung somit an zwei Seiten abgeben musste, zunächst ohne Aussicht welche Seite den Krieg gewinnen würde.

Um die Versorgungslage nach dem gewonnenen Bürgerkrieg zu verbessern, wurde 1921 die „Neue Ökonomische Politik“ eingeführt, welche die Zwangsrequirierungen stoppte und den Bauern kleinkapitalistischen Handel erlaubte - laut Lenin ein „taktischer Schritt zurück“.

Das letzte Foto von Lenin

Im Mai 1922 erlitt Lenin seinen ersten Schlaganfall, im Dezember des selben Jahres den zweiten. Daraufhin wurde er vom Politbüro in Isolation gehalten. Am 30. Dezember 1922 wurde die UdSSR gegründet. Im März 1923 erlitt Lenin seinen dritten Schlaganfall, er verstarb am 21. Januar 1924 gegen 4.23 Uhr. Die genaue Todesursache blieb der Öffentlichkeit jahrzehntelang verborgen. Während die von der KPdSU „kanonisierte“ Biographie sowie das auch im Westen allgemein anerkannte Werk Dmitri Wolkogonows von massiven Durchblutungsstörungen oder von einem weiteren Schlaganfall sprechen, vermuten andere Quellen einen letalen Status epilepticus infolge einer fortschreitenden Syphilis-Erkrankung (Neurolues). Nach Lenins Tod entbrannte ein Machtstreit in der KPdSU zwischen Josef Stalin und Leo Trotzki (siehe Linke Opposition).

In einem als politisches Testament angesehenen Brief an den Parteitag der KPdSU, den er zwischen Dezember 1922 und Januar 1923 diktierte, hatte er deutliche Kritik an seinen potentiellen Nachfolgern geübt. Zu Stalin heisst es: Gen. Stalin hat, nachdem er Generalsekretär geworden ist, eine unermessliche Macht in seinen Händen konzentriert, und ich bin nicht überzeugt, dass er es immer verstehen wird, von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen. (...) Stalin ist zu grob, und dieser Mangel, der in unserer Mitte und im Verkehr zwischen uns Kommunisten durchaus erträglich ist, kann in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden. Deshalb schlage ich den Genossen vor, sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte, und jemand anderen an diese Stelle zu setzen, der sich in jeder Hinsicht von Gen. Stalin nur durch einen Vorzug unterscheidet, nämlich dadurch, dass er toleranter, loyaler, höflicher und den Genossen gegenüber aufmerksamer, weniger launenhaft usw. ist. Über Trotzki urteilte Lenin: Persönlich ist er wohl der fähigste Mann im gegenwärtigen ZK, aber auch ein Mensch, der ein Übermaß von Selbstbewusstsein und eine übermäßige Vorliebe für rein administrative Maßnahmen hat. (Werke, Band 36, S. 579 f.)

Lenin wurde nicht beerdigt, sondern liegt bis heute in einem Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau. Seine Leiche ist präpariert worden und im Lenin-Mausoleum der Öffentlichkeit zugänglich. Zu Zeiten der UdSSR standen oft lange Schlangen von Menschen vor dem Mausoleum, um Lenin zu betrachten. Sein Gehirn soll von Forschern untersucht worden sein, da man meinte, dass Lenin ein besonderes Genie war und etwaige Anzeichen dafür sich an oder in seinem Gehirn finden lassen könnten.

Lenin wurde zunächst in Uniform einbalsamiert, später hat man ihm jedoch einen Anzug angezogen. Wegen aggressiver Chemikalien muss der Anzug etwa alle zehn Jahre ausgetauscht werden.


Das Lenin-Mausoleum vor der Kreml-Mauer auf dem Roten Platz in Moskau

Literatur

  • Hermann Weber: Lenin mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt, 18. Aufl. 2004. ISBN 3-499-50168-6
  • Anton Pannekoek (1938), Lenin als Philosoph in: Anton Pannekoek, Paul Mattick u.a., Marxistischer Antileninismus, Freiburg: ça ira 1991, ISBN 3-924627-22-3
  • Slavoj Zizek: Die Revolution steht bevor. Dreizehn Versuche nach Lenin. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2002. ISBN 3-518-12298-3.
  • Alexander Jakowlew. Die Abgründe meines Jahrhunderts. Leipzig: Faber und Faber 2003, ISBN 3-936618-12-7.
  • Ilya Zbarski: Lenin und andere Leichen Klett-Cotta, Stuttgart 1999 ISBN 3-608-9196-0
  • Dmitri Wolkogonow: Lenin Econ, ISBN: 34301982830

Die seit 1961 im Dietz-Verlag Berlin erschienene Werkausgabe Lenins umfasst 40 Bände plus sieben Ergänzungs- und Registerbände. Daneben veröffentlichte der gleiche Verlag „Ausgewählte Werke“ in 6 Bänden.

Verfilmung

Weblinks

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