„Stickstoffdioxid“ – Versionsunterschied

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Stickstoffdioxid begünstigt erhöhte [[Ozon]]werte in Bodennähe. Es zerfällt durch UV-A-Strahlung in Bodennähe (320–380 nm) in Stickstoffmonoxid und atomaren Sauerstoff, welcher mit dem Sauerstoff in der Luft zu Ozon reagieren. Da Ozon wiederum mit Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid reagiert bildet sich ein Gleichgewicht.<ref name="Josef K. Felixberger">{{cite book|author=Josef K. Felixberger|title=Chemie für Einsteiger |url=http://books.google.com/books?id=03krDwAAQBAJ&pg=PA221|year=2017|publisher=Springer-Verlag |isbn=3-662-52821-5|pages=221}}</ref>


== Herstellung ==
== Herstellung ==

Version vom 1. August 2017, 21:04 Uhr

Strukturformel
Strukturformel von Stickstoffdioxid
Allgemeines
Name Stickstoffdioxid
Andere Namen
  • Nitrogendioxid
  • Stickstoff(IV)-oxid
  • Stickstoffperoxid
Summenformel NO2
Kurzbeschreibung

rotbraunes, stechend riechendes Gas[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 10102-44-0
Wikidata Q207895
Eigenschaften
Molare Masse 46,01 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte
  • 3,663 g·l−1 (Gasdichte bei 0 °C)[1]
  • 1,439 g·cm−3 (flüssig am Siedepunkt)[1]
Schmelzpunkt

−11,2 °C [1]

Siedepunkt

21,2 °C [1]

Dampfdruck

963 hPa (20 °C)[1]

Löslichkeit

Hydrolyse in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 270​‐​280​‐​330​‐​314
EUH: 071
P: 260​‐​280​‐​244​‐​220​‐​304+340​‐​305+351+338​‐​303+361+353​‐​370+376​‐​315​‐​403​‐​405[3]
MAK
  • DFG: 0,95 mg·m−3 (Empfehlung)[1]
  • Schweiz: 3 ml·m−3 bzw. 6 mg·m−3[4]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

33,2 kJ/mol[5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Stickstoffdioxid, NO2, ist ein rotbraunes, giftiges, stechend chlorähnlich riechendes Gas, das leicht unter Dimerisierung zu N2O4 (Distickstofftetraoxid) verflüssigt werden kann und als Spurengas in der Atmosphäre mit den höchsten Werten in Bodennähe vorkommt.

Stickstoffdioxid gehört zur Gruppe der Stickoxide.

Nitrose Gase ist die triviale Bezeichnung für ein Gemisch aus Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid NO2.

Eigenschaften

Bindungswinkel
Stickstoffdioxid

Oberhalb von 200 °C zerfällt NO2 in O2 und NO, zusätzlich ist es relativ gut löslich in Wasser und hat einen stechenden, hustenreizenden Geruch. Das rotbraune paramagnetische NO2 wirkt stark oxidierend sowie reduzierend und steht mit dem diamagnetischen farblosen Distickstofftetroxid N2O4 im Gleichgewicht, wobei sich dieses Gleichgewicht mit zunehmender Temperatur nach links verschiebt und unter 0 °C vollständig zu farblosem Distickstofftetroxid dimerisiert:

Gleichzeitig ändert sich beim Abkühlen des Gases dessen Farbe von rotbraun-bräunlich nach blassgelb. Durch dieses Gleichgewicht ändert sich auch die Dichte. Diese beträgt bei 0 °C für das ideale reine Gas NO2 2,05 g/l und für das ideale Gas N2O4 4,1 g/l. Der reale Wert von 3,6 g/l gilt somit für ein Gleichgewichtsgemisch der beiden Gase. Der kritische Punkt liegt bei 157,8 °C, 101,32 bar und 0,557 kg/l; der Tripelpunkt bei −11,20 °C und 0,1864 bar.[1]

N2O4 und NO2 verhalten sich wie das gemischte Anhydrid der Salpetersäure und der Salpetrigen Säure. Mit Alkalihydroxidlösungen bilden sie Nitrate und Nitrite, z. B:

Bei der Einleitung von NO2 in Wasser erfolgt Disproportionierung zu Salpetersäure und Salpetriger Säure, wobei letztere in der sauren Lösung zu NO2, NO und Wasser zerfällt.

In Anwesenheit von Luft wird NO zu NO2 oxidiert, so dass letztlich das gesamte eingeleitete NO2 in Salpetersäure überführt wird:

Stickstoffdioxid begünstigt erhöhte Ozonwerte in Bodennähe. Es zerfällt durch UV-A-Strahlung in Bodennähe (320–380 nm) in Stickstoffmonoxid und atomaren Sauerstoff, welcher mit dem Sauerstoff in der Luft zu Ozon reagieren. Da Ozon wiederum mit Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid reagiert bildet sich ein Gleichgewicht.[6]

Herstellung

Labortechnisch kann NO2 durch Erhitzen von Schwermetallnitraten hergestellt werden.[7] Technisch wird es als Zwischenprodukt bei der Salpetersäuresynthese durch Luftoxidation von NO gewonnen. Außerdem entsteht es bei der Reaktion von Salpetersäure mit Kupfer, da diese Säurereaktion nicht unter Bildung von Wasserstoff abläuft. Zudem entsteht es bei Lichtbögen an Luft, z. B. an Jakobsleitern.

Entstehung durch natürliche und industrielle Prozesse

NO2 entsteht bei der Verbrennung fossiler Energieträger, wie Gas, Kohle und Öl, und ist daher unter anderem Bestandteil des Abgases von Kraftfahrzeugen, von Öl- und Gas-Heizkesseln sowie von Gas- und Kohlekraftwerken.

In geringerem Umfang entsteht Stickstoffdioxid bei der Papierproduktion.

NO2 verursacht die braune Färbung der Pilzwolke bei oberirdischen Nuklearwaffentests.

Stickstoffdioxid nimmt Einfluss auf die Atmosphärenchemie und den Ozongehalt in der Troposphäre.

Saurer Regen entsteht durch die Bildung von Salpetersäure (HNO3) in der Erdatmosphäre durch Reaktion von (2 NO2 + H2O → HNO3 + HNO2) oder durch Aufnahme von N2O5 in Aerosolpartikeln und nachfolgender Bildung von NO3 in der flüssigen Phase.

Gewitter sind eine natürliche Quelle von atmosphärischem Stickstoffdioxid.

Verwendung

Stickstoffdioxid wird zur Herstellung von Salpetersäure verwendet, wozu es in Wasser eingeleitet wird und mit diesem reagiert. Sein Dimer Distickstofftetroxid wird in der Raketentechnik als Oxidationsmittel verwendet. Es dient weiterhin als nichtwässriges Lösungsmittel und wird zur Herstellung von Additionsverbindungen mit Metallen (z. B. Kupfer, Nickel) und Ammoniumnitrat (im Gemisch mit NO) verwendet.[1]

Sicherheitshinweise

Stickstoffdioxid ist sehr giftig und wird in geringen Konzentrationen kaum wahrgenommen. Eingeatmetes Stickstoffdioxid löst Kopfschmerzen und Schwindel aus. Höhere Konzentrationen können Atemnot und Lungenödeme auslösen.[8]

Nitrose Gase haben einen charakteristischen stechenden Geruch und können mit Verzögerung von mehr als 24 Stunden (Latenzzeit) nach dem Einatmen noch zu einem Lungenödem führen. Bei Männern kann zudem Impotenz bei häufigerem Einatmen als Spätfolge eintreten.

Stickstoffdioxid übt in höheren Konzentrationen (> 10 ppm = 20.000 µg/m3) eine Reizwirkung auf die Augenschleimhäute aus. Die Ausprägung der klinischen Effekte hängt weniger von der Expositionsdauer als von der Konzentration ab. Folgende Dosis-Wirkungs-Beziehungen wurden für eine 60 min-Exposition des Menschen dargestellt: 100 ppm - Lungenödem mit Todesfolge, 50 ppm – Lungenödem mit möglicher Folge einer subakuten oder chronischen Lungenschädigung, 25 ppm – Atemtraktirritation und Brustschmerz. In einer neuen Studie an Freiwilligen wurde nachgewiesen, dass bereits kurzzeitige Expositionen (3 Stunden) gegenüber 1,5 ppm Stickstoffdioxid die Atemwegsreaktivität bei gesunden Personen steigern können. Nach längerfristiger Exposition gegenüber 1 ppm Stickstoffdioxid wurden Störungen der Lungenfunktion (erhöhter Atemwegswiderstand, verminderte Lungendehnbarkeit und reduzierte Vitalkapazität) beobachtet. Asthma-Patienten und Menschen mit chronischer Bronchitis scheinen nicht empfindlicher zu reagieren als Gesunde. Von besonderem Interesse sind auch die Stickstoffdioxid-Wirkungen auf den systemischen Immunstatus (Veränderungen der Antikörperproduktion, der Milzhistologie und der Zusammensetzung der Lymphozytensubpopulationen). Daraus wurde eine möglicherweise erhöhte Disposition von Menschen mit einer vorhandenen Immunsuppression gegenüber Stickstoffdioxid abgeleitet.[1]

Grenzwerte

Als Grenzwert am Arbeitsplatz im Innenraum gilt ein Wert vom 950 µg/m3. Dieser Wert ist der sogenannte Schichtmittelwert; er darf kurzzeitig und bis zu 4 mal pro Schicht um einen Faktor 2 überschritten werden. Die Werte müssen durch fortlaufende Messungen überwacht werden.[9] Europaweit ist für Stickstoffdioxid im Freien ein 1-Stunden-Grenzwert von 200 µg/m3 festgelegt, der nicht öfter als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden darf. Durch die EU-Richtlinie 2008/50/EG – (in deutschem Recht mit der 39. BImSchV umgesetzt) ist ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m3 im Jahresmittel festgelegt, der seit 2010 einzuhalten ist.[10] Zum Schutz der Vegetation wird ein kritischer Wert von 30 µg/m3 als Jahresmittelwert verwendet.[11] Für Stickstoffdioxid ist eine Alarmschwelle von 400 μg/m3 festgelegt. Wird dieser Wert in drei aufeinander folgenden Stunden an Orten gemessen, die für die Luftqualität in Bereichen von mindestens 100 km2 oder im gesamten Gebiet/Ballungsraum repräsentativ sind, muss der betroffene Mitgliedsstaat umgehend geeignete Maßnahmen ergreifen.[12] Über die stark unterschiedlichen Grenzwerte bei Innenräumen und im Freien wird diskutiert.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Stickstoffdioxid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. Eintrag zu Nitrogen dioxide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. Datenblatt Stickstoffdioxid bei Air Liquide, abgerufen am 5. Mai 2016.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-16.
  6. Josef K. Felixberger: Chemie für Einsteiger. Springer-Verlag, 2017, ISBN 3-662-52821-5, S. 221 (google.com).
  7. G. Brauer (Hrsg.), Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, S. 488–489.
  8. Health Aspects of Air Pollution with Particulate Matter, Ozone and Nitrogen Dioxide (PDF; 558 kB), Report on a WHO Working Group, Bonn, Deutschland, 13. bis 15. Januar 2003 (englisch), DNB 968681158.
  9. TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“. (PDF) Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Januar 2006, abgerufen am 20. Juli 2017.
  10. Vorlage:EG-RL des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa.
  11. Umweltbundesamt: Stickstoffoxide, abgerufen am 1. August 2017.
  12. Umweltbundesamt: Infoblatt Stickstoffdioxid, abgerufen am 1. August 2017.
  13. Telepolis: Diesel-Debatte: Ist der Stickstoffdioxid-Grenzwert sinnvoll?, Peter Mühlbauer, 24. Juli 2017.