„Technisierung“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
→‎Begriff: chronologisch
→‎Begriff: weiter geht's
Zeile 7: Zeile 7:


Der Begriff Technisierung lässt sich mit einem „technischen“ Objekt erklären, das direkt oder indirekt an regelhafte Handlungsvollzüge gebunden ist. Technische Regeln ermöglichen das immer-wieder-Gelingen einer Handlung unter bestimmten Bedingungen. Eine technische Regel umfasst also einen Satz von Regelhaftigkeiten, die innerhalb eines Geltungsbereichs Geltung haben. Technische Regeln entstehen, wenn eine einmal gelungene Handlung unter bestimmten Bedingungen (in einem Geltungsbereich) wiederholbar gemacht wird.<ref>{{Literatur |Autor= |Titel=Technik und Kultur: Bedingungs- und Beeinflussungsverhältnisse |Hrsg=Gerhard Banse, Armin Grunwald |Sammelwerk= |Band=1 |Nummer= |Auflage= |Verlag=KIT Scientific Publishing |Ort= |Datum=2010 |ISBN=9783866444676 |Seiten=113ff |Online=https://books.google.de/books?id=xg04ZzZilYIC&printsec=frontcover&dq=Technik+und+Kultur:+Bedingungs-+und+Beeinflussungsverh%C3%A4ltnisse+Gerhard+Banse&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjG46CWjuviAhXEPOwKHVbRCIEQ6AEIKjAA#v=onepage&q&f=false |Abruf=2019-06-15}}</ref>
Der Begriff Technisierung lässt sich mit einem „technischen“ Objekt erklären, das direkt oder indirekt an regelhafte Handlungsvollzüge gebunden ist. Technische Regeln ermöglichen das immer-wieder-Gelingen einer Handlung unter bestimmten Bedingungen. Eine technische Regel umfasst also einen Satz von Regelhaftigkeiten, die innerhalb eines Geltungsbereichs Geltung haben. Technische Regeln entstehen, wenn eine einmal gelungene Handlung unter bestimmten Bedingungen (in einem Geltungsbereich) wiederholbar gemacht wird.<ref>{{Literatur |Autor= |Titel=Technik und Kultur: Bedingungs- und Beeinflussungsverhältnisse |Hrsg=Gerhard Banse, Armin Grunwald |Sammelwerk= |Band=1 |Nummer= |Auflage= |Verlag=KIT Scientific Publishing |Ort= |Datum=2010 |ISBN=9783866444676 |Seiten=113ff |Online=https://books.google.de/books?id=xg04ZzZilYIC&printsec=frontcover&dq=Technik+und+Kultur:+Bedingungs-+und+Beeinflussungsverh%C3%A4ltnisse+Gerhard+Banse&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjG46CWjuviAhXEPOwKHVbRCIEQ6AEIKjAA#v=onepage&q&f=false |Abruf=2019-06-15}}</ref>

== Begriff ==
Da die Technik nicht substanziell, sondern relational als sozialer Prozess bestimmt wird, ist unter der Technisierung eine besondere Form zweckgerichteter Schematisierung und eine geregelte Kopplung von Elementen zu verstehen. Diese Kopplung der Elemente befindet sich in einem künstlichen und abgeschlossenen System, und ist im Medium von Handlungen, Symbolen oder Sachen fixiert, weswegen mit einer angestrebten Wirkung fest gerechnet werden kann.<ref>Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovation-Virtualität. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X, S. 72.</ref>

== Begriffsgeschichte ==
In der Antike und teils im frühen Mittelalter wurde Technik als Überlistung der Natur durch menschliches Handeln angesehen. Im Mittelalter ist dann das Technikverständnis ''instrumentell'' geprägt, Technik wird zunehmend als zweckmäßiges Optimieren natürlicher Gegebenheiten durch den handelnde Menschen gewertet.<ref>Jan-Hendrik Passoth: Technik und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Techniktheorien und die Transformationen der Moderne.VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15582-1, S. 69–80.</ref>
In der Antike und teils im frühen Mittelalter wurde Technik als Überlistung der Natur durch menschliches Handeln angesehen. Im Mittelalter ist dann das Technikverständnis ''instrumentell'' geprägt, Technik wird zunehmend als zweckmäßiges Optimieren natürlicher Gegebenheiten durch den handelnde Menschen gewertet.<ref>Jan-Hendrik Passoth: Technik und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Techniktheorien und die Transformationen der Moderne.VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15582-1, S. 69–80.</ref>
Die Technisierung begreift sich "[...] als notwendige und legitime Transformation von faktisch gegebener Wirklichkeit in kontingente Wirklichkeit, die Anlass für die Ausschöpfung des sichtbar gewordenen Spielraums durch Erfindung und Konstruktion wird."<ref>Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovation-Virtualität. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X, S. 47.</ref> Da die Technik nicht substanziell, sondern relational als sozialer Prozess bestimmt wird, ist unter der Technisierung eine besondere Form zweckgerichteter Schematisierung und eine geregelte Kopplung von Elementen zu verstehen. Diese Kopplung der Elemente befindet sich in einem künstlichen und abgeschlossenen System, und ist im Medium von Handlungen, Symbolen oder Sachen fixiert, weswegen mit einer angestrebten Wirkung fest gerechnet werden kann.<ref>Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovation-Virtualität. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X, S. 72.</ref>


Aus der Sicht der Antrophologie ist der Mensch seiner Natur nach ein Techniker. Technisierung wird immer wieder als eine Erfahrung von Entfremdung empfunden. Andere Ansätze zeigen, dass das Technische zur menschlichen Selbstentfaltung gehört und daher nicht im Gegensatz zur "Natur" des Menschen steht. Für Hegel und Cassirer ist die "ursprüngliche Natur" des Menschen erst in seinen technischen Werken erschließbar. Dies widerspricht dem "uomo pre-tecnologico" bei Galimberti und dem "homme naturel" bei [[Jean-Jacques Rousseau|Rousseau]], da das menschliche Dasein schon immer durch einen technischen Selbst- und Weltbezug charakterisiert wurde.
Aus der Sicht der Antrophologie ist der Mensch seiner Natur nach ein Techniker. Technisierung wird immer wieder als eine Erfahrung von Entfremdung empfunden. Andere Ansätze zeigen, dass das Technische zur menschlichen Selbstentfaltung gehört und daher nicht im Gegensatz zur "Natur" des Menschen steht. Für Hegel und Cassirer ist die "ursprüngliche Natur" des Menschen erst in seinen technischen Werken erschließbar. Dies widerspricht dem "uomo pre-tecnologico" bei Galimberti und dem "homme naturel" bei [[Jean-Jacques Rousseau|Rousseau]], da das menschliche Dasein schon immer durch einen technischen Selbst- und Weltbezug charakterisiert wurde.
Zeile 16: Zeile 18:


Diesen Blickwinkel gab es in der [[Antike]] und auch bei [[Immanuel Kant|Kant]] noch nicht. Kants Ansicht war: "''Wer den Zweck will, will (so fern die Vernunft auf seine Handlungen entscheidenden Einfluß hat) auch das dazu unentbehrlich nothwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist''". Kant begriff Technik einerseits als künstlerisches Vermögen, allerdings hat er, anders als es in der Antike, damit den Strukturzusammenhang beschrieben, der technisches und moralisches Handeln verglich. Nach Kant blieb die Interpretation als Zweck-Mittel-Verhältnis leitend für die Beschreibung der Technik. Zum anderen war Technik für Kant eine Art Produktivität, die auch im ''Ansehen'' der Natur zu erkennen war. Seiner Meinung nach figurierte Technik als Muster für das Erkennen von organischen Zusammenhängen, deren sich die Urteilskraft bedienen kann. Kant unterschied technisches Handeln vom „bloß“ Mechanischen, es erfasste ein großes Maß an Selbstentfaltung.<ref>{{Literatur |Autor=Oliver Müller |Titel=Selbst, Welt und Technik : Eine anthropologische, geistesgeschichtliche und ethische Untersuchung. |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=De Gruyter |Ort=Berlin |Datum=2013 |ISBN=9783110336467 |Seiten=54ff}}</ref>
Diesen Blickwinkel gab es in der [[Antike]] und auch bei [[Immanuel Kant|Kant]] noch nicht. Kants Ansicht war: "''Wer den Zweck will, will (so fern die Vernunft auf seine Handlungen entscheidenden Einfluß hat) auch das dazu unentbehrlich nothwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist''". Kant begriff Technik einerseits als künstlerisches Vermögen, allerdings hat er, anders als es in der Antike, damit den Strukturzusammenhang beschrieben, der technisches und moralisches Handeln verglich. Nach Kant blieb die Interpretation als Zweck-Mittel-Verhältnis leitend für die Beschreibung der Technik. Zum anderen war Technik für Kant eine Art Produktivität, die auch im ''Ansehen'' der Natur zu erkennen war. Seiner Meinung nach figurierte Technik als Muster für das Erkennen von organischen Zusammenhängen, deren sich die Urteilskraft bedienen kann. Kant unterschied technisches Handeln vom „bloß“ Mechanischen, es erfasste ein großes Maß an Selbstentfaltung.<ref>{{Literatur |Autor=Oliver Müller |Titel=Selbst, Welt und Technik : Eine anthropologische, geistesgeschichtliche und ethische Untersuchung. |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=De Gruyter |Ort=Berlin |Datum=2013 |ISBN=9783110336467 |Seiten=54ff}}</ref>

Tendenzen zu einem zeitgemäßen Begriff ''Technisierung'' formen ab 1930 Philosophen wie [[Ernst Cassirer]], [[Edmund Husserl]], [[Hans Blumenberg]], welche die Technik nicht mehr als eine stoffliche Substanz mit bestimmten Eigenschaften, sondern als eine besondere Form der Wirklichkeit und als einen Prozess bzw. eine Vorgehensweise betrachten: nicht das verfertigte Werk (opus operatum), sondern die Verfertigungsweise selbst (opus operandi) trat in den Vordergrund.<ref>{{Literatur |Autor=Werner Rammert |Titel=Technik aus soziologischer Perspektive 2 |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2000 |ISBN=9783531134994 |DOI=10.1007/978-3-322-87331-6 |Seiten=39ff |Online=http://link.springer.com/10.1007/978-3-322-87331-6 |Abruf=2019-07-01}}</ref>


== Definition ==
== Definition ==

Version vom 1. Juli 2019, 17:13 Uhr

Diese Baustelle befindet sich fälschlicherweise im Artikelnamensraum. Bitte verschiebe die Seite oder entferne den Baustein {{Baustelle}}.
Zur Vorgeschichte der Verschiebung aus dem ANR siehe Wikipedia:Löschkandidaten/19._April_2018#Technisierung_(BNR). Kein Einstein (Diskussion) 18:03, 3. Jun. 2018 (CEST)
Technik als Bestandteil der modernen Gesellschaft

Technisierung (von Technik, griechisch τεχνική)[1] lässt sich als Oberbegriff für Automatisierung, Mechanisierung und Maschinisierung fassen.

Der Begriff Technisierung lässt sich mit einem „technischen“ Objekt erklären, das direkt oder indirekt an regelhafte Handlungsvollzüge gebunden ist. Technische Regeln ermöglichen das immer-wieder-Gelingen einer Handlung unter bestimmten Bedingungen. Eine technische Regel umfasst also einen Satz von Regelhaftigkeiten, die innerhalb eines Geltungsbereichs Geltung haben. Technische Regeln entstehen, wenn eine einmal gelungene Handlung unter bestimmten Bedingungen (in einem Geltungsbereich) wiederholbar gemacht wird.[2]

Da die Technik nicht substanziell, sondern relational als sozialer Prozess bestimmt wird, ist unter der Technisierung eine besondere Form zweckgerichteter Schematisierung und eine geregelte Kopplung von Elementen zu verstehen. Diese Kopplung der Elemente befindet sich in einem künstlichen und abgeschlossenen System, und ist im Medium von Handlungen, Symbolen oder Sachen fixiert, weswegen mit einer angestrebten Wirkung fest gerechnet werden kann.[3]

Begriffsgeschichte

In der Antike und teils im frühen Mittelalter wurde Technik als Überlistung der Natur durch menschliches Handeln angesehen. Im Mittelalter ist dann das Technikverständnis instrumentell geprägt, Technik wird zunehmend als zweckmäßiges Optimieren natürlicher Gegebenheiten durch den handelnde Menschen gewertet.[4]

Aus der Sicht der Antrophologie ist der Mensch seiner Natur nach ein Techniker. Technisierung wird immer wieder als eine Erfahrung von Entfremdung empfunden. Andere Ansätze zeigen, dass das Technische zur menschlichen Selbstentfaltung gehört und daher nicht im Gegensatz zur "Natur" des Menschen steht. Für Hegel und Cassirer ist die "ursprüngliche Natur" des Menschen erst in seinen technischen Werken erschließbar. Dies widerspricht dem "uomo pre-tecnologico" bei Galimberti und dem "homme naturel" bei Rousseau, da das menschliche Dasein schon immer durch einen technischen Selbst- und Weltbezug charakterisiert wurde.

Marx zeigte im Kapital die Entwicklung der industriellen Produktion und Maschinen, sowie die Struktur und Arbeitsteilung in den Manufakturen. Ab einer gewissen Entwicklungsstufe der Technik sah er die Arbeitsteilung durch die Maschinen als „technische Notwendigkeit“. Wie es schon Hegel formuliert hatte, wies auch Marx darauf hin, dass in der durch die Maschinen veränderten Arbeitswelt, eine „Ausbeutung“ der menschlichen Arbeitskraft möglich sei.

Diesen Blickwinkel gab es in der Antike und auch bei Kant noch nicht. Kants Ansicht war: "Wer den Zweck will, will (so fern die Vernunft auf seine Handlungen entscheidenden Einfluß hat) auch das dazu unentbehrlich nothwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist". Kant begriff Technik einerseits als künstlerisches Vermögen, allerdings hat er, anders als es in der Antike, damit den Strukturzusammenhang beschrieben, der technisches und moralisches Handeln verglich. Nach Kant blieb die Interpretation als Zweck-Mittel-Verhältnis leitend für die Beschreibung der Technik. Zum anderen war Technik für Kant eine Art Produktivität, die auch im Ansehen der Natur zu erkennen war. Seiner Meinung nach figurierte Technik als Muster für das Erkennen von organischen Zusammenhängen, deren sich die Urteilskraft bedienen kann. Kant unterschied technisches Handeln vom „bloß“ Mechanischen, es erfasste ein großes Maß an Selbstentfaltung.[5]

Tendenzen zu einem zeitgemäßen Begriff Technisierung formen ab 1930 Philosophen wie Ernst Cassirer, Edmund Husserl, Hans Blumenberg, welche die Technik nicht mehr als eine stoffliche Substanz mit bestimmten Eigenschaften, sondern als eine besondere Form der Wirklichkeit und als einen Prozess bzw. eine Vorgehensweise betrachten: nicht das verfertigte Werk (opus operatum), sondern die Verfertigungsweise selbst (opus operandi) trat in den Vordergrund.[6]

Definition

Wird Technik in Relation zu andern Elementen als sozialer Prozess bestimmt, spricht man von Technisierung. Somit ist Technisierung eine besondere Form zweckgerichteter Schematisierung und eine regulierte Kopplung von Elementen in einem künstlichen und abgeschlossenen System. Die gekoppelten Elemente sind im Umfeld von Handlungen, Symbolen oder Sachen fixiert, so dass fest mit der gewünschten Wirkung gerechnet werden kann.

Beispiele für solche Technisierungen:

  • Arbeitstechniken, Überredungstechniken oder die Technik des Autofahrens sind Technisierungen im Medium von Handlungen.
  • Rechenkalküle, Rezepte oder Computerprogramme sind Technisierungen im Medium der Symbole.
  • Maschinen, chemische Produktionsanlagen oder elektrische Übermittlungsnetze sind Technisierungen im Medium von physikalischen Dingen.
  • Habitualisierung, Mechanisierung oder Algorithmisierung sind hingegen Technisierungen in unterschiedlichen Medien.[7]

Soziale und ökonomische Folgen der Technisierung

Arbeitswelt: Technik und Unternehmen

So wie zu Beginn des Industriezeitalters die Produktion und die Dampfmaschine in den Fabriken installiert wurden, so werden in der heutigen Zeit auch in den Dienstleistungs- und Verwaltungsbetrieben neue Techniken installiert, welche die Aufbau- und Ablauforganisation bestimmen. Der Einsatz von Sensoren und Systemen zur Datenerfassung sowie die systematische Nutzung der damit verfügbaren großen Datenbestände (auf der Basis von Big-Data-Vorgängen), öffnen von Grund auf neue Möglichkeiten für die gleichlaufende Automatisierung und Flexibilisierung von Produktionsprozessen sowie die Optimierung überbetrieblicher Wertschöpfungsketten. Doch dies hat auch Konsequenzen für die industriellen Arbeitsprozesse. Noch nicht ausreichend erforscht ist allerdings, ob es sich dabei um positive oder negative Konsequenzen handeln wird. Ebenso verhält es sich auch mit der Technisierung und der sozialen Welt. Die sozialwissenschaftliche Technik- und Arbeitsforschung ist im Besitz eines breiten Fundus konzeptioneller und empirischer Forschungsergebnisse, die aufzeigen, dass die Entwicklung und die Diffusion neuer Technologien nicht als bruchlos und widerspruchsfrei angesehen werden, und deshalb die sozialen Effekte schwer bestimmt werden können.[8] Da die Technik und der Umgang mit ihr sehr wahrscheinlich große Wichtigkeit auch in Zukunft haben werden, so ist es förderlich für Unternehmen, die Kenntnisse der Mitarbeiter weiter zu fördern und auszubauen. Unter dem Kontext „Technik und Arbeitswelt“ ist weiter zu beachten, dass sich die Geschäftsmodelle generell radikal ändern, Wertschöpfungsketten somit neu gefasst werden, und dahingehend die Formen der konventionellen Arbeitsteilung ersetzt und damit neue hybride, multidisziplinäre Anforderungen an die Arbeitswelt entstehen werden.

Technik und Staat

Der Staat selbst tritt als Entwickler und Nachfrager konkreter Technologien auf, gerade als Träger von Infrastruktureinrichtungen und -leistungen in den Bereichen der Versorgung mit Wasser und Energie, des Verkehrs, der Entsorgung von Müll, der Sicherung von Einrichtungen der Gesundheit und Erziehung. Eine Steuerung der Technisierung durch die Gesellschaft kann nur in einem negativen Sinne gelingen. Denn keiner der vielen Akteure, die an einer Technologie mitwirken, kann das Gesamtsystem steuern, da er nur Einfluss auf ein Teilgebiet hat. In der modernen Industriegesellschaft gibt es generell drei maßgebende gesellschaftliche Systeme, die Akteure und Ergebnisse hervorbringen: Wissenschaft, Marktwirtschaft (Unternehmen eingeschlossen) und die Demokratie. Keines der drei ist den anderen Systemen total übergeordnet. Die hohe Problemlösungs- und Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft basiert darauf, dass ihre Teilsysteme weitgehend selbststeuernd sind.

Veralltäglichung und Vernetzung

Heute durchdringen Wissenschaft und Technologie alle Bereiche der Gesellschaft. Durch den permanenten und vereinfachten Zugang zu digitalen Informationen und der Umgang mit technischen Endgeräten erlangt die Technik gesellschaftliche Selbstverständlichkeit, ganz gleich, ob es sich dabei um Arbeitswelt, Straßenverkehr, Alltag oder um Freizeitgestaltung handelt. Im modernen Haushalt gehören Geräte wie Waschmaschine, Staubsauger und Spülmaschine zum standardisierten Inventar, was eine Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität zur Folge hat. Der Begriff internet of things, der von Kevin Ashton 1999 eingeführt wurde, beschreibt die aktuelle Tendenz der Technisierung. Nicht mehr nur die Menschen sind dazu im Stande über das Internet zu kommunizieren, sondern auch die technischen Geräte, z. B. das smart home oder das Auto mit integriertem Internetzugang. Durch diese Fortschritte wird erreicht, dass sich die verschiedenen Systeme zu einem großen System vernetzen. Damit sind sowohl Kommunikationsnetze wie soziale Netzwerke gemeint, die als eine der größten technischen Innovationen und als erschwingliches Konsumgut, als Element von Lebensstil und Jugendkultur gelten, als auch die Möglichkeit zeitnah international politisch und wirtschaftlich zu interagieren. Somit ist die Vernetzung einer der Faktoren, der mit zur Globalisierung beiträgt.

Bewertung und Deutung/ Grenzen der Befreiung durch Technisierung

Bei all dem Wissen, Können und „Möglichmachen“ der Personen, welche die Technisierung vorantreiben, stellt sich andererseits auch die Frage nach den Grenzen und den Nebenfolgen der durch die Technik ermöglichten Entwicklungen. Die Bewertung der Technisierung fällt nach dem jeweiligen Standpunkt und den damit verbundenen Nutzen, Kosten und Risiken aus. Der allgemeine Zweck der Technik ist es, unser Denken und Handeln durch ein Schema der Technisierung zu entlasten. Dabei wird die in spontanen sozialen Prozessen stehende Fragwürdigkeit, dass etwas immer auch anders ablaufen und mit anderen Voraussetzungen und Folgen geplant werden kann, in den Hintergrund gedrängt.[9] Die Entwicklungen der Technisierung werden für irreversibel eingeschätzt, sodass die momentanen Jahre als Keimform für eine neue Epoche gelten, in denen man sich auf die neuen, die Leitparamter der Gesellschaft übersteigende, Konzepte vorbereitet. Die zur Kritik neigenden Begriffe, die im Zusammenhang mit der Technisierung auftreten, z. B. Wertewandel, Wachstumsgesellschaft, strukturelle Massenarbeitslosigkeit, Finanzkrise und Neuorientierung zu alternativen Lebens- und Wohnformen, können als Symptome der Revolutionierung der Gesellschaft und als Beginn einer neuen Epoche angesehen werden [10].

Es zeigt sich, dass mit fortschreitender Automatisierung und einer steigenden Komplexität der Systeme, die der Mensch zwar geschaffen hat und bedient, dennoch eine begrenzte Beherrschbarkeit der Technologien einkalkuliert werden muss, im Sinne von funktionalem und ökonomischem Störpotenzial. Tritt eine Störung im Arbeitsprozess auf, sind Beschäftigte oftmals nur unzureichend in der Lage in das autonome System einzugreifen, Fehler zu beheben und deren Kontrolle zu übernehmen [11]. Eine (Arbeits-)Haltung zur Technik, die im Alltag und in vielen Unternehmen angetroffen wird, wird auch als Automation bias bezeichnet. Es geht dabei um das ausgeprägte Vertrauen der Arbeiter in die technischen Arbeitsabläufe, und in den Führungsebenen um das Vertrauenin in die Kompetenz der digitalen Systeme, welche die Arbeitsstrukturen unterstützen. Die genauen Auswirkungen der exponentiellen Technisierungsentwicklung und -ausweitung auf die Gesellschaft geschehen noch im Ansatz, gewinnen aber fortschreitend an Relevanz für die Wissenschaft. Die Technikfolgenabschätzung ist eines der bereits bestehenden Forschungsgebiete. Explizit im Bereich der Arbeitswelt können die Veränderungen von Strukturen und Prozessen stets nur mit Bezug auf den jeweiligen Systemkontext diagnostiziert und prognostiziert werden.

Siehe auch

Literatur

  • Ulrich Dolota; Raymund Werle (Hrsg.): Gesellschaft und die Macht der Technik. Sozioökonomischer und institutioneller Wandel durch Technisierung, Schriften aus dem Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln, Band 58, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2007, ISBN 978-3-593-38357-6.
  • Roger Häußling: Die Technologisierung der Gesellschaft. Eine sozialtheoretische Studie zum Paradigmenwechsel von Technik und Lebenswirklichkeit, Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 1998, ISBN 3-8260-1475-8.
  • Jan-Hendrik Passoth: Technik und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Techniktheorien und die Transformationen der Moderne.VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15582-1
  • Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovationen-Virtualtät. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X.
  • Christian Scholz, Erich Staudt; Ulrich Steger (Hrsg.): Die Zukunft der Arbeitsgesellschaft. Technologie und Qualifikation. Campus Verlag, Frankfurt/Main/New York 1992, ISBN 3-593-34740-7
  • Werner Süß; Klaus Schroeder (Hrsg.): Technik und Zukunft. Neue Technologien und ihre Bedeutung für die Gesellschaft. Vorträge u. Diskussionen e. Veranst. d. Freien Universität Berlin. Westdeutscher Verlag, Opladen 1988, ISBN 3-531-12027-1
  • Axel Zweck: Die Entwicklung der Technikfolgenabschätzung zum gesellschaftlichen Vermittlungsinstrument. Band 128 Westdeutscher Verlag, Opladen 1993, ISBN 3-531-12462-5.

Einzelnachweise

  1. Pons https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/deutsch-griechisch/Technik: abgerufen am 12.01.18
  2. Gerhard Banse, Armin Grunwald (Hrsg.): Technik und Kultur: Bedingungs- und Beeinflussungsverhältnisse. Band 1. KIT Scientific Publishing, 2010, ISBN 978-3-86644-467-6, S. 113 ff. (google.de [abgerufen am 15. Juni 2019]).
  3. Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovation-Virtualität. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X, S. 72.
  4. Jan-Hendrik Passoth: Technik und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Techniktheorien und die Transformationen der Moderne.VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15582-1, S. 69–80.
  5. Oliver Müller: Selbst, Welt und Technik : Eine anthropologische, geistesgeschichtliche und ethische Untersuchung. De Gruyter, Berlin 2013, ISBN 978-3-11-033646-7, S. 54 ff.
  6. Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2000, ISBN 978-3-531-13499-4, S. 39 ff., doi:10.1007/978-3-322-87331-6 (springer.com [abgerufen am 1. Juli 2019]).
  7. Rammert, Werner: Technik aus soziologischer Perspektiven, Kultur, Innovation, Virtualität. Band 2. Westdt. Verl, Opladen 2000, ISBN 978-3-322-87331-6, S. 72–73.
  8. Hartmut Hirsch-Kreinsen: http://www.bpb.de/apuz/225688/arbeit-und-technik-bei-industrie-4-0?p=all : abgerufen am 04.10.17
  9. Werner Rammert: Technik aus soziologischer Perspektive 2. Kultur-Innovation-Virtualität. Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2000, ISBN 3-531-13499-X, S. 63
  10. Werner Süß; Klaus Schroeder (Hrsg.): Aktuelle Strategien zum Zusammenhang von Technik und Gesellschaftswandel. In; Technik und Zukunft. Neue Technologien und ihre Bedeutung für die Gesellschaft. Vorträge u. Diskussionen e. Veranst. d. Freien Universität Berlin. Westdeutscher Verlag, Opladen 1988, ISBN 3-531-12027-1
  11. Johannes Weyer: https://www.bpb.de/dialog/netzdebatte/243905/technischer-fortschritt-fluch-oder-segen abgerufen am 03.11.17

Kategorie:Technischer Fortschritt