„Out-of-area-Debatte“ – Versionsunterschied

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Der realpolitische Flügel um [[Helmut Schmidt|Schmidt]], [[Egon Bahr|Bahr]], Gerster und [[Willy Brandt|Brandt]] blickte wohl auf Kapitel VII der UN Charta, diese sieht "Friedenschaffende" Maßnahmen vor und befürwortete eine [[Verfassungsänderung|Grundgesetzänderung]]. Mit Perpektive auf die Regierungsfähigkeit der SPD solle das Grundgesetz dahingehend geändert werden, dass Kampfeinsätze unter Kommando der UN gestattet sein sollten. Interessant ist in diesem Kontext eine erforderliche Reform der UN zur Erzeugung eines Supranationalen [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopols]].<ref>{{Literatur |Autor=Gerster, Florian |Titel="ohne uns" ist keine Politik. Deutschland muss die Lehren aus dem Golfkrieg ziehen. |Hrsg=Die Zeit |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=3.5.1991 |ISBN= |Seiten=}}</ref>
Der realpolitische Flügel um [[Helmut Schmidt|Schmidt]], [[Egon Bahr|Bahr]], Gerster und [[Willy Brandt|Brandt]] blickte wohl auf Kapitel VII der UN Charta, diese sieht "Friedenschaffende" Maßnahmen vor und befürwortete eine [[Verfassungsänderung|Grundgesetzänderung]]. Mit Perpektive auf die Regierungsfähigkeit der SPD solle das Grundgesetz dahingehend geändert werden, dass Kampfeinsätze unter Kommando der UN gestattet sein sollten. Interessant ist in diesem Kontext eine erforderliche Reform der UN zur Erzeugung eines Supranationalen [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopols]].<ref>{{Literatur |Autor=Gerster, Florian |Titel="ohne uns" ist keine Politik. Deutschland muss die Lehren aus dem Golfkrieg ziehen. |Hrsg=Die Zeit |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=3.5.1991 |ISBN= |Seiten=}}</ref>

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=== Die Grünen ===
Ursprünglich:pazifistische tradition, vollständige entmilitarisierung, auflösung der Nato. Methoden der Konfliktverhütung und Vorbeugung im Rahmen von KSZE und reformierter UN. Keine Antwort auf Frage nach Versagen der Systeme kollektiver Sicherheit.

Positionsverändernd wirken die trotz der Anwesenheit von [[Friedenstruppen der Vereinten Nationen|UN-Blauhelmen]] verübten [[Massaker]] [[Serben|serbischer]] Einheiten an der [[Bosniaken|bosnischen]] Zivilbevölkerung in [[Massaker von Srebrenica|Srebrenica]] und [[Žepa|Zepa]] im Verlauf des Bosnienkrieges. Die Grünen unterstützen fortan die Mitwirkung der Bundeswehr bei Luftangriffen auf serbische Einheiten.<ref>{{Literatur |Autor=Ulf von Krause |Titel=Die Bundeswehr als Instrument deutscher Außenpolitik |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Springer VS |Ort=Wiesbaden |Datum=2013 |ISBN=9783658001858 |Seiten=208}}</ref>


== Analyse ==
== Analyse ==

Version vom 2. Januar 2020, 12:53 Uhr

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Die Out-of-Area-Debatte wurde 1990 bis 1994 geführt. Zentral ist die Frage, wo und wie die Bundeswehr eingesetzt werden darf. Die Debatte ist elementar für das Verständnis der militärischen Rolle Deutschlands. Sie zeigt exemplarisch die Verzahnung innenpolitischer Vorgänge in der wiedervereinigten Bundesrepublik mit den internationalen Gegebenheiten und deren praktische Konsequenzen für die Bundeswehr. Die Debatte steht unter dem Eindruck der nazionalsozialistischen Vergangenheit im Kontext der gebotenen außenpolitischen Sensibilität unter Globalisierungsbedingungen.

Ausgangslage

Mit dem Ende des kalten Krieges und zunehmender Distanz zum Zweiten Weltkrieg hatte sich die geopolititsche Situation verändert. Nach der Entwaffnung Deutschlands 1945 wurde die Bundeswehr 1955 zur Unterstützung der Nato gegründet.

Rahmengebend für den Einsatz der Bundeswehr sind die Artikel 24 und Art 87a im Grundgesetz. Sie regeln die Aufstellung und Verwendung deutscher Streitkräfte. Essentiell ist dabei die Einordnung der Bundesrepublik in "(...)einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit,(...),die eine friedliche und dauerhafte Ordnung (...) zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern." Zu diesem Zweck darf der Bund Hoheitsrechte, also Staatsgewalt, also Militär, auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.[1]

Die Schlüsselrolle kommt dabei der UNO zu. Sie ist, neben der Nato, im Grundgesetz als konformes System kollektiver Sicherheit gemeint. In Kapitel VII ihrer Charta regelt die überstaatliche Institution friedensherstellende Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und Angriffshandlungen auf staatlicher Ebene. Das Kapitel VIII der UN Charta bezieht sich auf die Rolle zwischenstaatlicher, organisatorischer Übereinkünfte zwischen Staaten zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung. Folglich konnte die Bundeswehr nur im Nato-Bündnisfall, oder im Rahmen von UN-Friedensmissionen eingesetzt werden.

Deutschland kann bis zur Wiedervereinigung als "Trading State", nach Roserance, klassifiziert werden.[2] Als solcher hat der Staat überdurchschnittliche Außenhandelsverflechtungen und ist daher abhängig von einer funktionierender Weltwirtschaft. Kriegerische Handlungen liegen trading states fern.

Der aus dem Handel entspringende Reichtum bringt Verantwortung mit sich. Folglich entsendet Deutschland im Rahmen der UNTAG-Mission im Jahre 1989 Beamte des Bundesgrenzschutz nach Namibia zur Wahlüberwachung. Dies ist der erste bekannt gewordene Nachkriegseinsatz deutscher Exekutivorgane. Es folgen fünf weitere Kleinsteinsätze: in der Westsahara, der Türkei und dem perischen Golf, Kambodscha und Sarajevo. Mehr dazu hier.

Mit dem Ende des Ost-West Konfliktes und der deutschen Wiedervereinigung veränderte sich das internationale Gefüge. Als Bosnien-Herzegowina kollabiert stellt dies Deutschland vor juristische und parteipolitische Probleme.

Probleme der Realpolitik

Der Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina erforderte eine Reaktion der UN.

Im Juli 1992 überwacht der Zerstörer Hamburg Im Rahmen der Operation Sharp Guard das Waffenembargo gegen Serbien und Montenegro in der Adria. Die UN weitet im November das Mandat von der Überwachung zur Durchsetzung des Embargos aus. Die internationalen Truppen sollen auch Schiffe kontrollieren. Dabei wird die Hamburg im weiteren Operationsverlauf für Stop & Search Operationen ausgeklammert.

Ab Oktober ´92 erfolgt Awacs-Luftraumüberwachung der UN über Bosnien-Herzegowina. Dabei besteht ein drittel der Besatzungen aus deutschen. Zentral für die Mission ist der Stützpunkt in Geilenkirchen. Es kommt zum Koalitionsstreit zwischen FDP und Union beim Thema der Durchsetzung des Flugverbots. Die Implementierung der Luftraumüberwachung macht AWACS zu Feuerleitstellen, daher wird das Personal Völkerrechtlich zu Kombattanten.

Die SPD hielt den Einsatz für unzulässig und rief zur Klärung des Art. 87 a Abs. 2 das Bundesverfassungsgericht an.[3]

Positionen

Stimmung der Öffentlichkeit

Das Allensbach Institut führte Befragungen zur Zustimmung der Bevölkerung an UN-Einsätzen durch. Diese steigt in den alten Bundesländern von 36% im Dezember 1988 auf 54% im Januar ´93. In den neuen Bundesländern vergrößert sich die Zustimmung von 26% im März 1992 auf 42% im Januar ´93 und fällt dann wieder auf 29% im April 1995.[4]

CDU

Repräsentativ für die Perspektive der CDU kann Karl Lamers Interview "von deutscher Drückebergerei" im Spiegel am 1992 angesehen werden. Er stellt fest, dass die starke Selbstbeschränkung der BRD nur in einem teilsouveränem Staat begründbar sei. Stärkeres Engagement sei nötig für die Handlungsfähigkeit der Außenpolitik, sowie zur Erfüllung der Rolle im Bündnis mit den anderen Mitgliedern der Nato, sowie zur weiteren europäischen Integration. Er fordert die Übernahme von mehr internationaler Verantwortung. Auch zur Sicherung von deutschem Einfluss und Mitspracherecht in internationalen Systemen, denn wer keine Verantwortung trage, habe auch nicht zu entscheiden.[5]

SPD

In der SPD wurden Auslandseinsätze äußerst kontrovers diskutiert. Die Mehrheit der Partei wollte die Bundeswehr nur zur Landes- und Bündnisverteidigung , also unterhalb der "Einsatzschwelle" im Art87a Abs.2 des GG und zur humanitären Hilfe im Ausland einsetzen. Peacekeeping Einsätze seien nicht konform zur Verfassung. Wichtig war der SPD dabei eine Differenzierung von friedlichen, humanitären Hilfseinsätzen im Gegensatz zu gewaltsamen Friedensschaffenden Missionen. Als Maßgeblich für die Zustimmung zu Einsätzen wurden vor allem die Bewaffnung der Soldaten, ihr konkreter Auftrag und Status innerhalb der UN-Operation angesehen.

Die Pazifisten in der Partei sprachen sich gegen jede Teilnahme der Bundeswehr an Einsätzen der vereinten Nationen aus. Blockfreie Staaten sollten sich engagieren. Sie befürchteten eine Remilitarisierung Deutschlands über den Umweg der internationalen Sicherheit.

Der realpolitische Flügel um Schmidt, Bahr, Gerster und Brandt blickte wohl auf Kapitel VII der UN Charta, diese sieht "Friedenschaffende" Maßnahmen vor und befürwortete eine Grundgesetzänderung. Mit Perpektive auf die Regierungsfähigkeit der SPD solle das Grundgesetz dahingehend geändert werden, dass Kampfeinsätze unter Kommando der UN gestattet sein sollten. Interessant ist in diesem Kontext eine erforderliche Reform der UN zur Erzeugung eines Supranationalen Gewaltmonopols.[6]


Die Grünen

Ursprünglich:pazifistische tradition, vollständige entmilitarisierung, auflösung der Nato. Methoden der Konfliktverhütung und Vorbeugung im Rahmen von KSZE und reformierter UN. Keine Antwort auf Frage nach Versagen der Systeme kollektiver Sicherheit.

Positionsverändernd wirken die trotz der Anwesenheit von UN-Blauhelmen verübten Massaker serbischer Einheiten an der bosnischen Zivilbevölkerung in Srebrenica und Zepa im Verlauf des Bosnienkrieges. Die Grünen unterstützen fortan die Mitwirkung der Bundeswehr bei Luftangriffen auf serbische Einheiten.[7]

Analyse

Interessant ist, dass beide Großparteien die deutsche Unabhängigkeit im Blick haben. Die SPD hält einen potentiellen missbrauch der UN für Operationen wie den 2. Golfkrieg und die damit verbundene Durchsetzung von Partikularinteressen für möglich. Die CDU möchte sich dem Einfluss Chinas und Russlands auf den Sicherheitsrat entziehen und ebenso deren Partikularinteressen zurückhalten.

Mit Blick auf die Nato kann gesagt werden, dass sich aus dem Untergang des Ostblocks neue Problem- und Aufgabenfelder ergeben haben. So kann der Zusammenbruch von Bosnien-Herzegowina auf die Schwächung der russischen Position zurückgeführt werden[8], auch der Konflikt am Golf ist unter anderem in der veränderten geopolitischen Situation begründet.

Einzelnachweise

  1. Parlamentarischer Rat: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1949, S. hat es auch.
  2. Richard N. Rosecrance: The Rise of the trading State. Basic Books, 1987, ISBN 0-465-07036-1, S. 224.
  3. Nina Philippi: Bundeswehr-Auslandseinsätze als außen- und sicherheitspolitisches Problem des geeinten Deutschland. Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-31049-8.
  4. Nina Philippi: Bundeswehr- Auslandseinsätze als außen- und sicherheitspolitisches Problem des geeinten Deutschland. Peter Lang, Frankfurt (Main) 1997, ISBN 3-631-31049-8, S. 166.
  5. Karl Lamers: : Von deutscher Drückebergerei. In: Spiegel Online. Band 12, 16. März 1992 (spiegel.de [abgerufen am 1. Januar 2020]).
  6. Gerster, Florian: "ohne uns" ist keine Politik. Deutschland muss die Lehren aus dem Golfkrieg ziehen. Hrsg.: Die Zeit. 3. Mai 1991.
  7. Ulf von Krause: Die Bundeswehr als Instrument deutscher Außenpolitik. Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00185-8, S. 208.
  8. Johannes Varwick: Die Nato. vom Verteidigungsbündnis zur Weltpolizei. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56809-1, S. 140.