„Gradientwind“ – Versionsunterschied

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Geschwindigkeit des Gradientwindes
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[[Datei:Gradientwind antizyklonal.svg|mini|Kräfte am antizyklonalen Gradientwind]]
Der '''Gradientwind''' bezeichnet in der [[Meteorologie]] ein [[Wind]]-Modell, bei dem sich
Der '''Gradientwind''' bezeichnet in der [[Meteorologie]] ein [[Wind]]-Modell, bei dem sich
* die [[Gradientkraft]] (infolge der [[Druckgradient|Druckunterschiede]] zwischen einem [[Hochdruckgebiet|Hoch-]] und einem [[Tiefdruckgebiet]]),
* die [[Gradientkraft|Druckgradientkraft]] (infolge der [[Druckgradient|Druckunterschiede]] zwischen einem [[Hochdruckgebiet|Hoch-]] und einem [[Tiefdruckgebiet]]),
* die [[Corioliskraft]] (infolge der [[Erddrehung]]) sowie
* die [[Corioliskraft]] (infolge der [[Erddrehung]]) sowie
* die [[Zentrifugalkraft]] (infolge der Eigendrehung eines Hoch- oder Tiefdruckgebietes)
* die [[Zentrifugalkraft]] (infolge der Eigendrehung eines Hoch- oder Tiefdruckgebietes)
im [[Kräftegleichgewicht]] befinden. Lokale Effekte, beispielsweise durch Gebirge oder Boden[[reibung]], werden nicht berücksichtigt.
im [[Kräftegleichgewicht]] befinden. Lokale Effekte, beispielsweise durch Gebirge oder Boden[[reibung]], werden nicht berücksichtigt.


Der Gradientwind ist eine Erweiterung des [[Geostrophischer Wind|geostrophischen Windes]] sowie des [[zyklostrophischer Wind|zyklostrophischen Windes]], so dass auch der Begriff '''geostrophisch-zyklostrophischer Wind''' benutzt wird. Er stellt die beste Näherung an den realen Wind dar, die aus [[Wetterkarte]]n und [[Höhenwind]]messungen noch relativ genau vorhergesagt werden kann.
Der Gradientwind ist eine Erweiterung des [[Geostrophischer Wind|geostrophischen Windes]] sowie des [[zyklostrophischer Wind|zyklostrophischen Windes]], so dass auch der Begriff '''geostrophisch-zyklostrophischer Wind''' benutzt wird. Er stellt die beste Näherung an den realen Wind dar, die aus [[Wetterkarte]]n und [[Höhenwind]]messungen noch relativ genau vorhergesagt werden kann.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Klose, Heinz, |Titel=Meteorologie : Eine interdisziplinäre Einführung in die Physik der Atmosphäre |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=3. Aufl |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Berlin |Datum=2016 |ISBN=978-3-662-43622-6 |Seiten=295 - 297 |Online= |Abruf=}}</ref>

[[Datei:Gradientwind zyklonal.svg|mini|Kräfte am zyklonalen Gradientwind]]
Die Stärke des Gradientwindes ist abhängig von der ihm aufgezwungenen Bahn:
== Geschwindigkeit des Gradientwindes ==
Die [[Geschwindigkeit]] des Gradientwindes ist abhängig von der ihm aufgezwungenen Bahn:
* bei [[antizyklonal]]en Bewegungen (Bewegung um ein Hochdruckgebiet) ergibt sich die Gradientkraft als [[Vektor #Addition und Subtraktion|vektorielle Differenz]] aus der Corioliskraft und der Zentrifugalkraft, d.&nbsp;h. der Druckgradient ist größer als im geostrophischen Wind (supergeostrophisch).

* auf [[Zyklonale Rotation|zyklonalen Bahnen]] (Bewegung um ein Tiefdruckgebiet) dagegen ergibt sich die Gradientkraft als Summe aus Zentrifugalkraft und Corioliskraft, so dass der Druckgradient geringer ist als im geostrophischen Wind (subgeostrophisch).
=== Zyklonal ===
Bei gleichem Druckgradienten weht der Wind folglich um ein Hochdruckgebiet stärker als um ein Tiefdruckgebiet.
[[Datei:Gradientwind zyklonal.svg|mini|Kräfte am zyklonalen Gradientwind. Die Richtung der Geschwindigkeit stimmt nur für die Nordhalbkugel.]]Bei einer [[Zyklonale Rotation|zyklonalen]] Bewegung, dreht sich die Luft um ein [[Tiefdruckgebiet]]. Die [[Corioliskraft]] <math>F_{\rm C}</math> zeigt dabei zusammen mit der [[Zentrifugalkraft]] <math>F_{\rm Z}</math> weg vom Zentrum, die [[Gradientkraft|Druckgradientkraft]] <math>F_{\rm D}</math> zeigt zum Zentrum. Es gilt folglich

:<math>F_{\rm C} + F_{\rm Z} = F_{\rm D} \Leftrightarrow f_{\rm c} v + \frac{v^2}{R} = - \frac {1}{\rho}\frac{\partial p}{\partial n}</math>

Nach Auflösen nach der Geschwindigkeit <math>v</math> ergibt sich

:<math>v = -\frac{R f_{\rm c}}{2} \pm \sqrt{\left( \frac{R f_{\rm c}}{2}\right)^2 - \frac{R}{\rho} \frac{\partial p}{\partial n}}</math>

Weil die [[Quadratische Gleichung|Gleichung quadratisch]] ist, gibt es zwei theoretisch mögliche Lösungen. Die Negative erfordert aber höhere Windgeschwindigkeiten und stellt sich deshalb in der Realität nie ein. Für die tatsächliche Geschwindigkeit gilt deshalb

:<math>v = -\frac{R f_{\rm c}}{2} + \sqrt{\left( \frac{R f_{\rm c}}{2}\right)^2 - \frac{R}{\rho} \frac{\partial p}{\partial n}}</math>
Dabei ist

* <math>R</math> der [[Radius]] der Kreisbahn
* <math>p</math> der [[Druck (Physik)|Druck]]
* <math>\rho</math> die [[Luftdichte]]
* <math>f_{\rm c}</math> der [[Corioliskraft #Bewegung auf der Oberfläche einer Kugel und Coriolisparameter|Coriolisparameter]]

Weil die Corioliskraft hier zusammen mit der Zentrifugalkraft die Druckgradientkraft ausgleicht, ist der zyklonale Gradientwind langsamer als der [[Geostrophischer Wind|geostrophische Wind]] (subgeostophisch).

=== Antizyklonal ===
[[Datei:Gradientwind antizyklonal.svg|mini|Kräfte am antizyklonalen Gradientwind.Die Richtung der Geschwindigkeit stimmt nur für die Nordhalbkugel.]]Bei einer [[Antizyklonale Rotation|antizyklonalen]] Bewegung, dreht sich die Luft um ein [[Hochdruckgebiet]]. Die Druckgradientkraft <math>F_{\rm D}</math> zeigt dabei zusammen mit der Zentrifugalkraft <math>F_{\rm Z}</math> weg vom Zentrum, die Corioliskraft <math>F_{\rm C}</math> zeigt zum Zentrum. Es gilt folglich

:<math>F_{\rm C} - F_{\rm Z} = F_{\rm D} \Leftrightarrow f_{\rm c} v - \frac{v^2}{R} = - \frac{1}{\rho} \frac{\partial p}{\partial n} </math>

Nach Auflösen nach der Geschwindigkeit <math>v</math> ergibt sich als Lösung

:<math>v = \frac{R f_{\rm c}}{2} - \sqrt{\left( \frac{R f_{\rm c}}{2}\right)^2 + \frac{R}{\rho} \frac{\partial p}{\partial n}} </math>

Auch hier hätte es wieder zwei theoretisch mögliche Lösungen gegeben, die Negative erfordert aber die geringere Geschwindigkeit und stellt sich deshalb in der Realität ein.

Weil die Corioliskraft hier die Druckgradientkraft und die Zentrifugalkraft ausgleichen muss, ist der antizyklonale Gradientwind schneller als der geostrophische Wind (supergeostrophisch). Bei gleichem Druckgradienten weht der Wind folglich um ein Hochdruckgebiet stärker als um ein Tiefdruckgebiet.<ref name=":0" />


== Kritische Krümmung ==
== Kritische Krümmung ==
Bei besonders kleinen Hochdruckgebieten führt die hohe Zentrifugalkraft dazu, dass der Gradientwind ein Gleichgewicht zwischen Corioliskraft und der Summe von Zentrifugal- und Druckkraft ''nicht'' erreicht. Daraus lässt sich erkennen, dass Hochdruckgebiete unterhalb eines bestimmten minimalen Radius <math>R_{krit}</math>, gleichbedeutend mit einer großen [[Krümmung]], instabil werden und daher in der Atmosphäre nicht möglich sind. Die kritische Krümmung <math>\kappa_{krit}</math> folgt aus der quadratischen Gleichung zur Lösung des [[Kräftegleichgewicht]]s des Gradientwindes:
Bei besonders kleinen Hochdruckgebieten führt die hohe Zentrifugalkraft dazu, dass der Gradientwind ein Gleichgewicht zwischen Corioliskraft und der Summe von Zentrifugal- und Druckkraft ''nicht'' erreicht. Daraus lässt sich erkennen, dass Hochdruckgebiete unterhalb eines bestimmten minimalen Radius <math>R_{\rm krit}</math>, gleichbedeutend mit einer großen [[Krümmung]], instabil werden und daher in der Atmosphäre nicht möglich sind. Die kritische Krümmung <math>\kappa_{\rm krit}</math> folgt aus der quadratischen Gleichung zur Lösung des [[Kräftegleichgewicht]]s des Gradientwindes:


:<math>\kappa_{krit} = \frac {1}{R_{krit}} = \frac {1}{4 \cdot v_g} \cdot f_c</math>
:<math>\kappa_{\rm krit} = \frac {1}{R_{\rm krit}} = \frac {f_{\rm c}}{4 \cdot v_{\rm g}}</math>


Dabei ist
mit
*<math>v_{\rm g}</math> die Geschwindigkeit des [[Geostrophischer Wind|geostrophischen Windes]]
* der Geschwindigkeit <math>v_g</math> im geostrophischen Wind
* dem [[Corioliskraft #Bewegung auf der Oberfläche einer Kugel und Coriolisparameter|Coriolisparameter]] <math>f_c = 2 \cdot \Omega \cdot \sin \varphi</math>
* <math>f_{\rm c} = 2 \, \Omega \, \sin \varphi</math> der [[Corioliskraft #Bewegung auf der Oberfläche einer Kugel und Coriolisparameter|Coriolisparameter]] mit
** der [[Winkelgeschwindigkeit]] <math>\Omega = \frac{2 \pi}{24 \; \mathrm h}= \frac{2 \pi}{86400 \; \mathrm s}</math> der [[Erde]]
** der [[Winkelgeschwindigkeit]] <math>\Omega = \frac{2 \pi}{24 \; \mathrm h}= \frac{2 \pi}{86400 \; \mathrm s}</math> der [[Erde]]
** der [[geographische Breite|geographischen Breite]] <math>\varphi</math>.
** der [[geographische Breite|geographischen Breite]] <math>\varphi</math>.
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* [http://www.diplomet.info/Gradientwind.html Gradientwind - diplomet.info]
* [http://www.diplomet.info/Gradientwind.html Gradientwind - diplomet.info]


== Einzelnachweise ==
<references />
[[Kategorie:Wind]]
[[Kategorie:Wind]]
[[Kategorie:Meteorologisches Konzept]]
[[Kategorie:Meteorologisches Konzept]]

Version vom 22. September 2020, 12:03 Uhr

Der Gradientwind bezeichnet in der Meteorologie ein Wind-Modell, bei dem sich

im Kräftegleichgewicht befinden. Lokale Effekte, beispielsweise durch Gebirge oder Bodenreibung, werden nicht berücksichtigt.

Der Gradientwind ist eine Erweiterung des geostrophischen Windes sowie des zyklostrophischen Windes, so dass auch der Begriff geostrophisch-zyklostrophischer Wind benutzt wird. Er stellt die beste Näherung an den realen Wind dar, die aus Wetterkarten und Höhenwindmessungen noch relativ genau vorhergesagt werden kann.[1]

Geschwindigkeit des Gradientwindes

Die Geschwindigkeit des Gradientwindes ist abhängig von der ihm aufgezwungenen Bahn:

Zyklonal

Kräfte am zyklonalen Gradientwind. Die Richtung der Geschwindigkeit stimmt nur für die Nordhalbkugel.

Bei einer zyklonalen Bewegung, dreht sich die Luft um ein Tiefdruckgebiet. Die Corioliskraft zeigt dabei zusammen mit der Zentrifugalkraft weg vom Zentrum, die Druckgradientkraft zeigt zum Zentrum. Es gilt folglich

Nach Auflösen nach der Geschwindigkeit ergibt sich

Weil die Gleichung quadratisch ist, gibt es zwei theoretisch mögliche Lösungen. Die Negative erfordert aber höhere Windgeschwindigkeiten und stellt sich deshalb in der Realität nie ein. Für die tatsächliche Geschwindigkeit gilt deshalb

Dabei ist

Weil die Corioliskraft hier zusammen mit der Zentrifugalkraft die Druckgradientkraft ausgleicht, ist der zyklonale Gradientwind langsamer als der geostrophische Wind (subgeostophisch).

Antizyklonal

Kräfte am antizyklonalen Gradientwind.Die Richtung der Geschwindigkeit stimmt nur für die Nordhalbkugel.

Bei einer antizyklonalen Bewegung, dreht sich die Luft um ein Hochdruckgebiet. Die Druckgradientkraft zeigt dabei zusammen mit der Zentrifugalkraft weg vom Zentrum, die Corioliskraft zeigt zum Zentrum. Es gilt folglich

Nach Auflösen nach der Geschwindigkeit ergibt sich als Lösung

Auch hier hätte es wieder zwei theoretisch mögliche Lösungen gegeben, die Negative erfordert aber die geringere Geschwindigkeit und stellt sich deshalb in der Realität ein.

Weil die Corioliskraft hier die Druckgradientkraft und die Zentrifugalkraft ausgleichen muss, ist der antizyklonale Gradientwind schneller als der geostrophische Wind (supergeostrophisch). Bei gleichem Druckgradienten weht der Wind folglich um ein Hochdruckgebiet stärker als um ein Tiefdruckgebiet.[1]

Kritische Krümmung

Bei besonders kleinen Hochdruckgebieten führt die hohe Zentrifugalkraft dazu, dass der Gradientwind ein Gleichgewicht zwischen Corioliskraft und der Summe von Zentrifugal- und Druckkraft nicht erreicht. Daraus lässt sich erkennen, dass Hochdruckgebiete unterhalb eines bestimmten minimalen Radius , gleichbedeutend mit einer großen Krümmung, instabil werden und daher in der Atmosphäre nicht möglich sind. Die kritische Krümmung folgt aus der quadratischen Gleichung zur Lösung des Kräftegleichgewichts des Gradientwindes:

Dabei ist

Weil der Coriolisparameter mit zunehmender geographischer Breite zunimmt, sind zu den Polen hin immer größere Krümmungen und damit immer kleinere Hochs möglich.

Literatur

  • Andreas Bott: Synoptische Meteorologie: Methoden der Wetteranalyse und -prognose. Springer, Berlin, Heidelberg 2012.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Klose, Heinz,: Meteorologie : Eine interdisziplinäre Einführung in die Physik der Atmosphäre. 3. Auflage. Springer Spektrum, Berlin 2016, ISBN 978-3-662-43622-6, S. 295 - 297.