„Stauschleuse“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Flash lock drawing.jpg|mini|hochkant=2.5|Historische Zeichnung einer Durchfahrt an einer Stauschleuse ]]
'''Stauschleuse''' ist ein technischer Vorläufer der [[Schleuse|Kammerschleuse]]. Stauschleusen hatten nur ein Tor, das z. B. den Abfluss eines kleinen Sees versperrte. Hatte sich auf dem See genügend [[Floß]]holz angesammelt, wurde für begrenzte Zeit das Tor geöffnet. Das Holz wurde auf einer schrägen, holzgefassten Ebene ([[Flutrinne]]) vom Wasserstrom mitgerissen. Auf diese Weise konnten auch kleinere Schiffe „geschleust“ werden. Gegen den Strom mussten sie mühsam gezogen werden. Stauschleusen waren meist Teil des [[Mühlenstau]]s von [[Wassermühle]]n. Für jede Schiffsdurchfahrt musste die Arbeit der Mühle unterbrochen werden. Sie verschwanden nach Erfindung der Kammerschleuse.
Die '''Stauschleuse''' gilt als historischer Vorläufer der [[Schleuse|Kammerschleuse]] und ist aus technischer Sicht ein [[Wehr (Wasserbau)|Wehrbauwerk]], weil mit nur einem Verschlussorgan hauptsächlich der [[Abfluss|Wasserdurchfluss]] reguliert wurde. Jahrhundertelang waren Stauschleusen das einzige Mittel, um [[Floß|Flößen]] und kleineren [[Boot]]en eine „Durchfahrt“ an einem [[Mühlenstau]] oder an [[Stromschnelle]]n zu ermöglichen.<ref name="Meyer" />


== Erhaltene Stauschleusen ==
== Geschichte ==
[[Datei:Flash Lock Thames 1786.jpg|mini|hochkant=2.0|Durchfahrt an einer Stauschleuse gegen den Strom]]
* [[Dückerschleuse]] bei [[Lauenburg/Elbe|Lauenburg]]
Der [[Transport]] von Waren über das Wasser mit Hilfe einfachster [[Wasserfahrzeug]]e begleitet die Menschheitsgeschichte seit je her. Um auch kleinere [[Fließgewässer]] mit geringer [[Wassertiefe]] als Transportweg nutzbar zu machen wurden an geeigneten Stellen [[Querbauwerk]]e errichtet, die einen [[Schiffbarkeit|schiffbaren]] Wasserstand im [[Wasserseite|Oberstrom]] erzeugen konnten. Für die [[Flößerei]] oder kleinere [[Kahn|Kähne]] erhielten die [[Staustufe|Staustellen]] einen [[Durchlass]], der mit einfachsten Mitteln wenigstens teilweise verschlossen werden konnte. Dieser ''Verschluss'' war Namensgeber für den Begriff Schleuse, denn er geht auf den mittellateinischen Begriff ''sclusa'' zurück. Dieser basiert auf dem lateinischen ''excludere'', das mit ''ausschließen'' übersetzt werden kann.<ref name="Dehnert" />

Einzelne Hölzer oder Stautafeln konnten wie bei einem [[Nadelwehr]] von Hand gesteckt oder gezogen werden, um den Durchfluss an der Öffnung zu beeinflussen. Teilweise war hinter der Öffnung eine hölzerne [[Rutsche]] wie bei den heutigen [[Bootsgasse]]n angebracht, um eine bessere Strömungsleitung und Schiffsführung zu bewirken. Der Verschluss verblieb solange in der Öffnung bis ein ausreichender Wasservorrat in der [[Haltung (Wasserbau)|Stauhaltung]] vorhanden war, um den [[Flößer]]n und Schiffen oberhalb der Staustelle genügend Wassertiefe zu bieten. Nach Erreichen des [[Stauziel]]s wurde die Öffnung frei gegeben und das aufgestaute Wasser konnte in die untere Haltung bzw. den nächsten [[Fluss]]abschnitt ablaufen. Auf dem sich konzentriert bildenden Wasserstrom wurden die Holzstämme der Flößer mitgerissen bzw. die Kähne waren in der Lage auf der erzeugten Abflusswelle die Staustelle zu überwinden und förmlich auf der Welle zu „reiten“. In der Gegenrichtung mussten die Schiffe [[Treideln|getreidelt]] oder mit einer [[Winsch]] durch den Schiffsdurchlass gezogen werden.<ref name="franzius" />

Stausschleusen erlaubten durch die Erzeugung einer [[Strömungen in offenen Gerinnen#Schwall und Sunk|Schwallwelle]] die Schiffbarkeit ohne eine künstliche Vertiefung der [[Gewässerbett|Gewässersohle]]. Jedoch wirbelte die Stauwelle mit seiner hohen [[Strömungsgeschwindigkeit]] die Sohle auf und [[Erosion (Geologie)|erodierte]] an den Krümmungen und Flusswindungen die [[Ufer]]. Dadurch verschlammten die unterliegenden Gewässerabschnitte, die mühsam von Hand frei geschaufelt werden mussten. Flach liegende Wiesen konnten durch den Schwall überschwemmt werden und waren dann für die [[Landwirtschaft]] nur schlecht nutzbar. Wegen des hohen Wasserverbrauch war der Betrieb einer Stauschleuse aber [[Wirtschaftlichkeit|unwirtschaftlich]] und für die [[Müller (Berufsbezeichnung)|Müller]] nachteilig, da sie während der Schiffsdurchfahrten ihre Arbeit unterbrechen mussten.<ref name="Stauschleuse" />

== Anwendungen ==
[[Datei:Duecker-schleuse.jpg|mini|Reste der Dükerschleuse]]
Erste Beschreibungen von Stauschleusen stammen aus dem 14. Jahrhundert von der [[Stecknitz-Kanal|Stecknitzfahrt]], die die [[Elbe]] mit der Hafenstadt [[Lübeck]] verband und für den Salzhandel aus [[Lüneburg]] von großer Bedeutung war.<ref name="Stauschleuse" /> Als einzige erhaltene Stauschleuse gilt die [[Dückerschleuse]] bei [[Witzeeze]], die später aus Stein neu erbaut wurde. Auch der im 16.&nbsp;Jahrhundert gebaute [[Alster-Beste-Kanal]] hatte noch Stauschleusen in seinem Verlauf.

Durch zwei nah beieinander liegende Staustellen entstanden kurze Stauhaltungen, die dadurch die gleiche Funktion wie eine [[Schleusenkammer]] bekamen. Hieraus entwickelte sich die ''Kisten- bzw. Kastenschleuse'' als direkter Vorläufer der Kammerschleuse.<ref name="franzius" />

Aus Italien des 15. Jahrhunderts stammt die ''Muschelschleuse'', deren Name auf die rundliche Form zurückgeht. Durch einen Stauverschluss füllte sich der davor liegende muschelförmige Bereich durch den ungehinderten Zufluss von oberstrom.<ref name="franzius" /> Mit dem Vorschlag als doppelte Stauschleuse entwickelte 1497 [[Leonardo da Vinci]] daraus eine erste Kammerschleuse.<ref name="Wreden" />

== Heutige Verwendung ==
Mit der Verbreitung der Kammerschleusen verschwanden die Stauschleusen. In Hamburg werden von der [[Hamburg Port Authority]] – wohl aus historischen Gründen – noch drei Schleusen als Stauschleusen bezeichnet: [[Tatenberger Schleuse]], [[Ernst-August-Kanal (Hamburg)|Ernst-August-Schleuse]] und [[Hamburg-Harburg|Harburger Hafenschleuse]].<ref>[https://www.hamburg-port-authority.de/Schleusenentgelte/ Schleusenentgelte] auf ''hamburg-port-authority.de'', abgerufen am 17. März 2021</ref>


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://edoc.hu-berlin.de/humboldt-vl/schich-winfried/PDF/Schich.pdf Winfried Schich: Die Havel als Wasserstraße im Mittelalter] (PDF; 299&nbsp;kB), mit ausführlicher Beschreibung des Mühlenstaus in Brandenburg
* [http://edoc.hu-berlin.de/humboldt-vl/schich-winfried/PDF/Schich.pdf Winfried Schich: Die Havel als Wasserstraße im Mittelalter] (PDF; 299&nbsp;kB), mit ausführlicher Beschreibung des Mühlenstaus in Brandenburg

== Einzelnachweise ==
<references>
<ref name="Dehnert"> {{Literatur
| Autor=Dehnert H.
| Titel=Schleusen und Hebewerke - Ausrüstung und Betrieb der Schleusen
| Verlag=Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg
| Datum=1954
| ISBN=9783662129463}}</ref>
<ref name="franzius"> {{Literatur
| Autor=Otto Franzius
| Titel=Der Verkehrswasserbau
| Auflage=
| Verlag= Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg
| Datum=1927
| ISBN=978-3-642-89696-5}}</ref>
<ref name="Wreden"> {{Literatur
| Titel=Vorläufer und Entstehen der Kammerschleuse
| Verlag= Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg
| Datum=1919
| ISBN=978-3-662-39227-0}}</ref>
<ref name="Meyer"> {{Literatur
| Titel=Meyers Großes Konversations-Lexikon
| Auflage=6
| Verlag=Bibliographisches Institut
| Ort=Berlin
| Datum=1909}}</ref>
<ref name="Stauschleuse"> {{Internetquelle
|url=https://www.researchgate.net/publication/303084238_Aufbau_und_Funktion_einer_historischen_Stauschleuse_in_der_Stecknitzfahrt
|titel=Aufbau und Funktion einer historischen Stauschleuse in der Stecknitzfahrt
|werk=researchgate.net
|abruf=2021-04-09}}</ref>

</references>


[[Kategorie:Schleusentyp]]
[[Kategorie:Schleusentyp]]

Version vom 9. April 2021, 18:29 Uhr

Historische Zeichnung einer Durchfahrt an einer Stauschleuse

Die Stauschleuse gilt als historischer Vorläufer der Kammerschleuse und ist aus technischer Sicht ein Wehrbauwerk, weil mit nur einem Verschlussorgan hauptsächlich der Wasserdurchfluss reguliert wurde. Jahrhundertelang waren Stauschleusen das einzige Mittel, um Flößen und kleineren Booten eine „Durchfahrt“ an einem Mühlenstau oder an Stromschnellen zu ermöglichen.[1]

Geschichte

Durchfahrt an einer Stauschleuse gegen den Strom

Der Transport von Waren über das Wasser mit Hilfe einfachster Wasserfahrzeuge begleitet die Menschheitsgeschichte seit je her. Um auch kleinere Fließgewässer mit geringer Wassertiefe als Transportweg nutzbar zu machen wurden an geeigneten Stellen Querbauwerke errichtet, die einen schiffbaren Wasserstand im Oberstrom erzeugen konnten. Für die Flößerei oder kleinere Kähne erhielten die Staustellen einen Durchlass, der mit einfachsten Mitteln wenigstens teilweise verschlossen werden konnte. Dieser Verschluss war Namensgeber für den Begriff Schleuse, denn er geht auf den mittellateinischen Begriff sclusa zurück. Dieser basiert auf dem lateinischen excludere, das mit ausschließen übersetzt werden kann.[2]

Einzelne Hölzer oder Stautafeln konnten wie bei einem Nadelwehr von Hand gesteckt oder gezogen werden, um den Durchfluss an der Öffnung zu beeinflussen. Teilweise war hinter der Öffnung eine hölzerne Rutsche wie bei den heutigen Bootsgassen angebracht, um eine bessere Strömungsleitung und Schiffsführung zu bewirken. Der Verschluss verblieb solange in der Öffnung bis ein ausreichender Wasservorrat in der Stauhaltung vorhanden war, um den Flößern und Schiffen oberhalb der Staustelle genügend Wassertiefe zu bieten. Nach Erreichen des Stauziels wurde die Öffnung frei gegeben und das aufgestaute Wasser konnte in die untere Haltung bzw. den nächsten Flussabschnitt ablaufen. Auf dem sich konzentriert bildenden Wasserstrom wurden die Holzstämme der Flößer mitgerissen bzw. die Kähne waren in der Lage auf der erzeugten Abflusswelle die Staustelle zu überwinden und förmlich auf der Welle zu „reiten“. In der Gegenrichtung mussten die Schiffe getreidelt oder mit einer Winsch durch den Schiffsdurchlass gezogen werden.[3]

Stausschleusen erlaubten durch die Erzeugung einer Schwallwelle die Schiffbarkeit ohne eine künstliche Vertiefung der Gewässersohle. Jedoch wirbelte die Stauwelle mit seiner hohen Strömungsgeschwindigkeit die Sohle auf und erodierte an den Krümmungen und Flusswindungen die Ufer. Dadurch verschlammten die unterliegenden Gewässerabschnitte, die mühsam von Hand frei geschaufelt werden mussten. Flach liegende Wiesen konnten durch den Schwall überschwemmt werden und waren dann für die Landwirtschaft nur schlecht nutzbar. Wegen des hohen Wasserverbrauch war der Betrieb einer Stauschleuse aber unwirtschaftlich und für die Müller nachteilig, da sie während der Schiffsdurchfahrten ihre Arbeit unterbrechen mussten.[4]

Anwendungen

Reste der Dükerschleuse

Erste Beschreibungen von Stauschleusen stammen aus dem 14. Jahrhundert von der Stecknitzfahrt, die die Elbe mit der Hafenstadt Lübeck verband und für den Salzhandel aus Lüneburg von großer Bedeutung war.[4] Als einzige erhaltene Stauschleuse gilt die Dückerschleuse bei Witzeeze, die später aus Stein neu erbaut wurde. Auch der im 16. Jahrhundert gebaute Alster-Beste-Kanal hatte noch Stauschleusen in seinem Verlauf.

Durch zwei nah beieinander liegende Staustellen entstanden kurze Stauhaltungen, die dadurch die gleiche Funktion wie eine Schleusenkammer bekamen. Hieraus entwickelte sich die Kisten- bzw. Kastenschleuse als direkter Vorläufer der Kammerschleuse.[3]

Aus Italien des 15. Jahrhunderts stammt die Muschelschleuse, deren Name auf die rundliche Form zurückgeht. Durch einen Stauverschluss füllte sich der davor liegende muschelförmige Bereich durch den ungehinderten Zufluss von oberstrom.[3] Mit dem Vorschlag als doppelte Stauschleuse entwickelte 1497 Leonardo da Vinci daraus eine erste Kammerschleuse.[5]

Heutige Verwendung

Mit der Verbreitung der Kammerschleusen verschwanden die Stauschleusen. In Hamburg werden von der Hamburg Port Authority – wohl aus historischen Gründen – noch drei Schleusen als Stauschleusen bezeichnet: Tatenberger Schleuse, Ernst-August-Schleuse und Harburger Hafenschleuse.[6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Bibliographisches Institut, Berlin 1909.
  2. Dehnert H.: Schleusen und Hebewerke - Ausrüstung und Betrieb der Schleusen. Springer, Berlin, Heidelberg 1954, ISBN 978-3-662-12946-3.
  3. a b c Otto Franzius: Der Verkehrswasserbau. Springer, Berlin, Heidelberg 1927, ISBN 978-3-642-89696-5.
  4. a b Aufbau und Funktion einer historischen Stauschleuse in der Stecknitzfahrt. In: researchgate.net. Abgerufen am 9. April 2021.
  5. Vorläufer und Entstehen der Kammerschleuse. Springer, Berlin, Heidelberg 1919, ISBN 978-3-662-39227-0.
  6. Schleusenentgelte auf hamburg-port-authority.de, abgerufen am 17. März 2021