„Triebtäter“ – Versionsunterschied

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Als '''Triebtäter''' bezeichnet man eine Person, die aufgrund einer psychischen Störung einen [[Triebtheorie|Trieb]] (ein Verlangen/ein Verhalten) nicht normal steuern kann und durch das zwanghafte Ausüben einer triebbefriedigenden Handlung sich und/oder seiner Umwelt Schaden zufügt.
'''Triebtäter''' ist der [[Umgangssprache|ungangssprachliche]] Begriff für eine Person, die entweder aufgrund einer [[Psychische_Störung|psychischen Störung]] oder einer hirnorganischen Schädigung, einen [[Triebtheorie|Trieb]] (ein Verlangen/ein Verhalten) nicht normal steuern bzw. kontrollieren kann und sich und/oder seinen Mitmenschen durch das zwanghafte Ausüben einer triebbefriedigenden Handlung Schaden zufügt.


Meist verstand man unter Triebtätern Personen, die ihren [[Libido|Sexualtrieb]] nicht in dem gesellschaftlich geduldeten Rahmen ausleben und andere Personen [[Vergewaltigung|vergewaltigen]], [[Sexuelle Nötigung|sexuell nötigen]] oder auch sexuell motiviert ermorden (Lustmord). In diesem Verständnis wird davon ausgegangen, dass der unkontrollierte innere „Drang“ die Zurechnungsfähigkeit des Täters einschränke. Umgangssprachlich benutzt, umfasste der Begriff ggf. auch anderes zwanghaftes Verhalten (z. B. zwanghafter [[Vermögensdelikt|Diebstahl]], sprich [[Kleptomanie]]). Der Begriff geht auf psychologische [[Triebtheorie]]n zurück.
Meist wurden Personen als Triebtäter bezeichnet, die z.B. aufgrund einer [[Paraphilie]], (zu denen z.B. [[Exhibitionismus]] zählt) ihre [[Sexualität]] nicht in dem gesellschaftlich geduldeten Rahmen ausleben und andere Personen [[Vergewaltigung|vergewaltigen]], [[Sexuelle Nötigung|sexuell nötigen]] oder im schlimmsten Fall ermorden (Lustmord). In diesem Verständnis wird davon ausgegangen, dass der unkontrollierte innere „Drang“ die Zurechnungsfähigkeit des Täters einschränke. Umgangssprachlich benutzt, schließt der Begriff ggf. auch anderes zwanghaftes Verhalten mit ein (z. B. zwanghafter [[Vermögensdelikt|Diebstahl]], sprich [[Kleptomanie]]). Der Begriff geht auf psychologische [[Triebtheorie]]n zurück.


== Begriff ==
Aktuell wird der Begriff Triebtäter '''nicht''' in wissenschaftlichen Fachkreisen benutzt, da er vermittelt, allein der sexuelle Trieb sei Ursache für Straftaten. In der Täterforschung hat sich herausgestellt, dass (z. B. medikamentöse) Triebdämpfung allein nicht zu positiven, dauerhaften Ergebnissen in der Therapie führt. Zusätzlich ist der Begriff durch die implizierte gesellschaftliche Ächtung geeignet, potentielle Täter zu hindern, sich Hilfe zu holen.
Der Begriff Triebtäter wird weder in wissenschaftlichen Fachkreisen noch entsprechenden Publikationen verwendet, da er nicht nur vermittelt, allein der sexuelle Trieb sei Ursache für Straftaten, sondern darüber hinaus nicht wertfrei ist.


In überregionalen und regionalen Zeitungen von der [[Bild_(Zeitung)|Bild]]<ref>[https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/dortmund-triebtaeter-soll-zwei-maedchen-11-13-vergewaltigt-haben-72107926.bild.html''Triebtäter soll zwei Mädchen (11, 13) vergewaltigt haben!''] Bild. abgerufen 26. Juni 2021.</ref> bis hin zum [[Soester Anzeiger]]<ref>[https://www.soester-anzeiger.de/lokales/kreis-soest/lippstadt-er-naeherte-sich-mit-dem-rad-von-hinten-triebtaeter-belaestigt-frau-die-liefert-detaillierte-beschreibung-90316757.html''Er näherte sich mit dem Rad von hinten: Triebtaeter belästigt Frau''] Soester Anzeiger. abgerufen 26. Juni 2021.</ref> sorgt die Verwendung dieser Bezeichnung jedoch ebenso für Aufmerksamkeit, wie bei Fernsehsendern auf Bundes- und Landesebene, wie z.B. bei diversen Aufhängern für Beiträge des [[ZDF]]<ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/triebtaeter-mord-besessen-wahre-verbrechen-100.html''Wahre Verbrechen - Der besessene Triebtäter''] ZDF. abgerufen 26. Juni 2021.</ref> oder des [[Bayerischer Rundfunk|Bayerischen Rundfunks]].<ref>[https://www.br.de/nachrichten/bayern/auffallende-socken-verraten-mutmasslichen-triebtaeter,S8bv0fK''Auffallende Socken verraten mutmaßlichen Triebtäter''] BR. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>
In der Forschung konnten sogenannte Ersatztäter identifiziert werden, die zwar sexualisierte Gewalt einsetzen, zentrales Motiv ist aber das Ausüben von Macht, Dominanz und Kontrolle. In extremen Fällen auch Sadismus. So bedarf es bei der Risikoprognose oder Behandlung von Tätern immer einer individuellen, deliktspezifischen Diagnostik und Therapie.


Die Schilderung der Taten verhindert oft eine differenzierten Auseinandersetzung mit Triebtätern, sowie ihren Motiven und Begweggründen. Je nach Anzahl, Grausamkeit und Kaltblütigkeit beim Ausführen des Verbrechens kann es - mitunter öffentlich - zur Forderung nach der Wiedereinführung der [[Todesstrafe]], [[Kastration#Chemische_und_chirurgische_Kastration_von_Straft%C3%A4tern|chemischer Kastration]] oder möglichst langer [[Freiheitsstrafe]] mit anschließender [[Sicherungsverwahrung]] kommen. Dabei kann es passieren, dass das ursprüngliche Strafvollzugsziel der [[Resozialisierung]] insgesamt in Frage gestellt.<ref name = FAZ>[https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/sicherungsverwahrung-der-boese-wolf-1722.html''Sicherungsverwahrung: Der böse Wolf''] Frankfurter Allgemeine Zeitung. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

== Täterforschung und Fallanalyse==
Sogenannte "Profiler" rücken immer dann ins Blickfeld der Öffentlichkeit wenn Aufsehen erregende Serienmorde oder Gewaltverbrechen aufgeklärt werden sollen. Anhand der Tatmerkmalen sollen [[Fallanalytiker]] ein psychologisches [[T%C3%A4terprofil]] entwerfen. Dabei unterscheidet sich die moderne Fallanalyse sowohl in der Praxis als auch in der Methodik sehr von Medienadaptionen wie Kino- und Fernsehfilmen. Forensische Gutachter und Psychiater verfügen - u.a. bei seriellem Sexualmord und Vergewaltigung - über zahlreiche echte Täterprofile und Deliktsberichte, mit deren Hilfe die Analyse Verdächtiger deutlich vereinfacht wurde. Auch die verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen [[Forensik|forensischen]] Arbeitsbereichen sowie Kooperationen auf internationaler Ebene (z.B. mit der amerikanischen Bundesbehörde [[Federal Bureau of Investigation|FBI]])haben dazu beigetragen, dass mittlerweile sehr viel mehr Wissen abrufbar ist und angewendet werden kann, als vor der flächendeckenden Verbreitung des [[Internet]].<ref>[https://www.springer.com/fr/book/9783540333456''Täterprofile bei Gewaltverbrechen. Mythos, Theorie, Praxis und forensische Anwendung des Profilings''] Springer. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

In den USA hatte man bereits in den 70er und 80er Jahren damit begonnen, die Polizeipsychologen und Profiler [[John E. Douglas]] und [[Robert Ressler]] dyamit zu beauftragen, gefangene Serienmörder wie z.B. [[David Berkowitz]], [[Jeffrey Dahmer]], [[Ted Bundy]], [[John Wayne Gacy]] und [[Edmund Kemper]] zu Befragen, um Erkenntnisse zu deren Vorgehensweise, Denkmustern und Motiven zu erhalten. In der ersten Ausgabe des ''Crime Classification Manual'' (1992) wurden Begriffe wie Serienmörder, Massenmörder und Rauschmörder ebenso definiert wie die einzelnen Phasen, die Mörder durchlaufen, mögliche Vorzeichen und psychologische Prozesse wie [[Aggressionsverschiebung]], die zu Morden führen können, bei denen das Opfer stellvertretend für eine andere Person umgebracht wird.<ref>[https://www.ojp.gov/ncjrs/virtual-library/abstracts/crime-classification-manual-standard-system-investigating-and''Crime Classification Manual: A Standard System for Investigating and Classifying Violent Crimes'' (engl)] U.S. Department of Justice. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

In Deutschland wird die sogenannte [[Operative Fallanalyse]] ("OFA") zur kriminologischen Aufklärung von Gewaltdelikten verwendet. Allen Verfahren, die der Fallanalyse dienen, sind auf der Annahme begründet, dass sich sowohl im Verhalten als auch im psychosozialen Kontext Gemeinsamkeiten bei unterschiedlichen Tätern feststellen lassen, aus denen sich Muster ableiten lassen. Aus diesem Grund sollte bereits bei der Analyse des [[Tatort]]s auf jedes Detail geachtet werden, da hier wichtige Informationen, die bei der Erstellung eines Tathergangs- und eines Täterprofils hilfreich sind, gefunden werden können.<ref>[https://www.springer.com/fr/book/9783540333456''Täterprofile bei Gewaltverbrechen. Mythos, Theorie, Praxis und forensische Anwendung des Profilings''] Springer. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

In der Täterforschung hat sich herausgestellt, dass (z.&nbsp;B. medikamentöse) Triebdämpfung allein nicht zu positiven, dauerhaften Ergebnissen in der Therapie führt. Zusätzlich ist der Begriff ''Täterforschung'' durch die implizierte gesellschaftliche Ächtung geeignet, potentielle Täter zu hindern, sich Hilfe zu holen.

In der Forschung konnten außerdem sogenannte Ersatztäter identifiziert werden, die zwar sexualisierte Gewalt einsetzen, deren zentrales Motiv aber das Ausüben von Macht, Dominanz und Kontrolle ist, oftmals in Tateinheit mit Sadismus. Bei der Risikoprognose oder Behandlung von Tätern sollte immer eine individuelle, deliktspezifische Diagnostik und Therapie erfolgen.

== Schuldfähigkeit ==
Im Rahmen eines [[Strafprozessrecht (Deutschland)|Strafverfahrens]] ist (ggf. rechtspsychologisch) zu prüfen, inwieweit der/die Beschuldigte schuldfähig ist. Liegt eine krankhafte seelische Störung vor, kann die [[Schulfähigkeit|Schuldfähigkeit]] ausgeschlossen oder vermindert sein. Beim Vorliegen von Impulskontrollstörungen (z.&nbsp;B. [[Kleptomanie]]) wäre im Rahmen eines Gutachtens zu prüfen, ob eine [[Affekthandlung|Affekttat]] vorliegt.
Im Rahmen eines [[Strafprozessrecht (Deutschland)|Strafverfahrens]] ist (ggf. rechtspsychologisch) zu prüfen, inwieweit der/die Beschuldigte schuldfähig ist. Liegt eine krankhafte seelische Störung vor, kann die [[Schulfähigkeit|Schuldfähigkeit]] ausgeschlossen oder vermindert sein. Beim Vorliegen von Impulskontrollstörungen (z.&nbsp;B. [[Kleptomanie]]) wäre im Rahmen eines Gutachtens zu prüfen, ob eine [[Affekthandlung|Affekttat]] vorliegt.


In der [[Rechtspsychologie|Forensischen Psychologie]], [[Kriminalistik]], [[Kriminologie]] usw. wird der Begriff [[Sexualstraftäter]] benutzt. Unterschieden wird zwischen (sexuellen) Gewalttätern, (sexuellen) Missbrauchstätern und Tätern mit [[Exhibitionismus|exhibitionistischen Handlungen]].
In der [[Rechtspsychologie|Forensischen Psychologie]], [[Kriminalistik]], [[Kriminologie]] usw. wird der Begriff [[Sexualstraftäter]] benutzt. Unterschieden wird zwischen (sexuellen) Gewalttätern, (sexuellen) Missbrauchstätern und Tätern mit [[Exhibitionismus|exhibitionistischen Handlungen]].

== Präventionsangebot für potenzielle Sexualstraftäter ==
Es gibt die Veranlagung zu abweichende sexuelle Vorlieben, auch [[Paraphilie]]n genannt, unter denen zumindest ein Teil der Betroffenen leidet. Bei Menschen, die sich durch das Ausleben ihrer sexuellen Vorlieben strafbar machen würden, wie z.B. im Fall von [[Pädophilie]], ist die Verhaltenskontrolle über den Sexualtrieb ein wichtiger Beitrag zur Prävention. Mittlerweile gibt es z.B. das therapeutische Angebote "Kein Täter werden" vom Institut für [[Sexualwissenschaft]] und [[Sexualmedizin]] an der [[Charit%C3%A9]], Berlin,. Das Ziel des Angebotes besteht darin, sexuellen Missbrauchshandlungen an Kindern in einem Stadium vorzubeugen, in dem noch nichts vorgefallen ist.<ref>[https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/kein_taeter_werden_als_modellvorhaben_der_krankenkassen/''Präventionsnetzwerk präsentiert Forschungsergebnisse, Beirat und neuen Werbespot''] Charité. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

Die Nachfrage übersteigt das Angebot jedoch um ein Vielfaches. Die Finanzierung derartiger Präventionsangeboten war schon immer problematisch.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/politik/projekt-kein-taeter-werden-in-berlin-paedophilie-praeventionsstelle-geht-das-geld-aus/14468846.html''Projekt "Kein Täter werden" in Berlin Pädophilie: Präventionsstelle geht das Geld aus''] Tagesspiegel. abgerufen 26. Juni 2021.</ref> Zum Glück wurden die Haushaltsmittel für präventiven Kinderschutz kontinuierlich erhöht, so dass mittlerweile nicht mehr die Gefahr besteht, dass die Präventionsarbeit eingestellt werden könnte.<ref>[https://www.kein-taeter-werden.de/pressemitteilungen/kein-taeter-werden-menschen-mit-paedophiler-neigung-erhalten-anonym-hilfe/''Kein Täter werden" Präventionsnetzwerk''] Kein Täter werden. abgerufen 26. Juni 2021.</ref>

Immerhin besteht auch bei bereits straffällig gewordenen Tätern die Möglichkeit, ihnen therapeutisch zu helfen, wenn sie den aufrichtigen Wunsch haben, ihr Verhalten zu ändern.
Psychiater sind zwar der Ansicht, dass Menschen von [[Paraphilie]]n wie Pädophilie zwar nicht "geheilt" werden könnten, aber sehr wohl in der Lage seien zu lernen, wie sie ihre heimlichen Begierden kontrollieren und straffrei leben können.<ref name = FAZ/>


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=Nikolaus Heim |Titel=Operation „Triebtäter“, Kastration als ultima ratio. Gespräche mit kastrierten Sexualtätern |Reihe=Forschungsergebnisse zur Sexualpsychologie |BandReihe=8 |Verlag=Dr. Kovac |Ort=Hamburg |Datum=1998 |ISBN=3-86064-673-7}}
* {{Literatur |Autor=Nikolaus Heim |Titel=Operation „Triebtäter“, Kastration als ultima ratio. Gespräche mit kastrierten Sexualtätern |Reihe=Forschungsergebnisse zur Sexualpsychologie |BandReihe=8 |Verlag=Dr. Kovac |Ort=Hamburg |Datum=1998 |ISBN=3-86064-673-7}}
* {{Literatur |Hrsg=[[Jens_Hoffmann_(Psychologe)|Jens Hoffmann]], Cornelia Musolff|Titel=Täterprofile bei Gewaltverbrechen. Mythos, Theorie, Praxis und forensische Anwendung des Profilings|Verlag=Springer-Verlag |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2006 |ISBN= 978-3-540-68647-7}}
* Frank J. Robertz, Alexandra Thomas (Hrsg.): ''Serienmord. Kriminologische und kulturwissenschaftliche Skizzierung eines ungeheuerlichen Phänomens''. Edition belleville, München 2004, ISBN 3-936298-09-2.
* Frank J. Robertz, Alexandra Thomas (Hrsg.): ''Serienmord. Kriminologische und kulturwissenschaftliche Skizzierung eines ungeheuerlichen Phänomens''. Edition belleville, München 2004, ISBN 3-936298-09-2.
* {{Literatur |Autor=[[Eberhard Schorsch]], Nikolaus Becker |Titel=Angst, Lust, Zerstörung: Sadismus als soziales und kriminelles Handeln |Reihe=Beiträge zur Sexualforschung |BandReihe=78 |Verlag=Psychosozial-Verlag |Ort=Gießen |Datum=2000 |ISBN=3-89806-048-9}}
* {{Literatur |Autor=[[Eberhard Schorsch]], Nikolaus Becker |Titel=Angst, Lust, Zerstörung: Sadismus als soziales und kriminelles Handeln |Reihe=Beiträge zur Sexualforschung |BandReihe=78 |Verlag=Psychosozial-Verlag |Ort=Gießen |Datum=2000 |ISBN=3-89806-048-9}}
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* Thomas Bliesner, Friedrich Lösel, [[Günter Köhnken]] (Hrsg.): ''Lehrbuch Rechtspsychologie.'' Hans-Huber, Bern 2014, ISBN 978-3-456-85411-3.
* Thomas Bliesner, Friedrich Lösel, [[Günter Köhnken]] (Hrsg.): ''Lehrbuch Rechtspsychologie.'' Hans-Huber, Bern 2014, ISBN 978-3-456-85411-3.
* Hans-Dieter Schwind: ''Kriminologie und Kriminalpolitik. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen.'' 23. Aufl. C.F. Müller, Heidelberg 2016. ISBN 978-3-7832-0047-8.
* Hans-Dieter Schwind: ''Kriminologie und Kriminalpolitik. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen.'' 23. Aufl. C.F. Müller, Heidelberg 2016. ISBN 978-3-7832-0047-8.

== Einzelnachweise ==
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Version vom 25. Juni 2021, 19:56 Uhr

Triebtäter ist der ungangssprachliche Begriff für eine Person, die entweder aufgrund einer psychischen Störung oder einer hirnorganischen Schädigung, einen Trieb (ein Verlangen/ein Verhalten) nicht normal steuern bzw. kontrollieren kann und sich und/oder seinen Mitmenschen durch das zwanghafte Ausüben einer triebbefriedigenden Handlung Schaden zufügt.

Meist wurden Personen als Triebtäter bezeichnet, die z.B. aufgrund einer Paraphilie, (zu denen z.B. Exhibitionismus zählt) ihre Sexualität nicht in dem gesellschaftlich geduldeten Rahmen ausleben und andere Personen vergewaltigen, sexuell nötigen oder im schlimmsten Fall ermorden (Lustmord). In diesem Verständnis wird davon ausgegangen, dass der unkontrollierte innere „Drang“ die Zurechnungsfähigkeit des Täters einschränke. Umgangssprachlich benutzt, schließt der Begriff ggf. auch anderes zwanghaftes Verhalten mit ein (z. B. zwanghafter Diebstahl, sprich Kleptomanie). Der Begriff geht auf psychologische Triebtheorien zurück.

Begriff

Der Begriff Triebtäter wird weder in wissenschaftlichen Fachkreisen noch entsprechenden Publikationen verwendet, da er nicht nur vermittelt, allein der sexuelle Trieb sei Ursache für Straftaten, sondern darüber hinaus nicht wertfrei ist.

In überregionalen und regionalen Zeitungen von der Bild[1] bis hin zum Soester Anzeiger[2] sorgt die Verwendung dieser Bezeichnung jedoch ebenso für Aufmerksamkeit, wie bei Fernsehsendern auf Bundes- und Landesebene, wie z.B. bei diversen Aufhängern für Beiträge des ZDF[3] oder des Bayerischen Rundfunks.[4]

Die Schilderung der Taten verhindert oft eine differenzierten Auseinandersetzung mit Triebtätern, sowie ihren Motiven und Begweggründen. Je nach Anzahl, Grausamkeit und Kaltblütigkeit beim Ausführen des Verbrechens kann es - mitunter öffentlich - zur Forderung nach der Wiedereinführung der Todesstrafe, chemischer Kastration oder möglichst langer Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung kommen. Dabei kann es passieren, dass das ursprüngliche Strafvollzugsziel der Resozialisierung insgesamt in Frage gestellt.[5]

Täterforschung und Fallanalyse

Sogenannte "Profiler" rücken immer dann ins Blickfeld der Öffentlichkeit wenn Aufsehen erregende Serienmorde oder Gewaltverbrechen aufgeklärt werden sollen. Anhand der Tatmerkmalen sollen Fallanalytiker ein psychologisches Täterprofil entwerfen. Dabei unterscheidet sich die moderne Fallanalyse sowohl in der Praxis als auch in der Methodik sehr von Medienadaptionen wie Kino- und Fernsehfilmen. Forensische Gutachter und Psychiater verfügen - u.a. bei seriellem Sexualmord und Vergewaltigung - über zahlreiche echte Täterprofile und Deliktsberichte, mit deren Hilfe die Analyse Verdächtiger deutlich vereinfacht wurde. Auch die verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen forensischen Arbeitsbereichen sowie Kooperationen auf internationaler Ebene (z.B. mit der amerikanischen Bundesbehörde FBI)haben dazu beigetragen, dass mittlerweile sehr viel mehr Wissen abrufbar ist und angewendet werden kann, als vor der flächendeckenden Verbreitung des Internet.[6]

In den USA hatte man bereits in den 70er und 80er Jahren damit begonnen, die Polizeipsychologen und Profiler John E. Douglas und Robert Ressler dyamit zu beauftragen, gefangene Serienmörder wie z.B. David Berkowitz, Jeffrey Dahmer, Ted Bundy, John Wayne Gacy und Edmund Kemper zu Befragen, um Erkenntnisse zu deren Vorgehensweise, Denkmustern und Motiven zu erhalten. In der ersten Ausgabe des Crime Classification Manual (1992) wurden Begriffe wie Serienmörder, Massenmörder und Rauschmörder ebenso definiert wie die einzelnen Phasen, die Mörder durchlaufen, mögliche Vorzeichen und psychologische Prozesse wie Aggressionsverschiebung, die zu Morden führen können, bei denen das Opfer stellvertretend für eine andere Person umgebracht wird.[7]

In Deutschland wird die sogenannte Operative Fallanalyse ("OFA") zur kriminologischen Aufklärung von Gewaltdelikten verwendet. Allen Verfahren, die der Fallanalyse dienen, sind auf der Annahme begründet, dass sich sowohl im Verhalten als auch im psychosozialen Kontext Gemeinsamkeiten bei unterschiedlichen Tätern feststellen lassen, aus denen sich Muster ableiten lassen. Aus diesem Grund sollte bereits bei der Analyse des Tatorts auf jedes Detail geachtet werden, da hier wichtige Informationen, die bei der Erstellung eines Tathergangs- und eines Täterprofils hilfreich sind, gefunden werden können.[8]

In der Täterforschung hat sich herausgestellt, dass (z. B. medikamentöse) Triebdämpfung allein nicht zu positiven, dauerhaften Ergebnissen in der Therapie führt. Zusätzlich ist der Begriff Täterforschung durch die implizierte gesellschaftliche Ächtung geeignet, potentielle Täter zu hindern, sich Hilfe zu holen.

In der Forschung konnten außerdem sogenannte Ersatztäter identifiziert werden, die zwar sexualisierte Gewalt einsetzen, deren zentrales Motiv aber das Ausüben von Macht, Dominanz und Kontrolle ist, oftmals in Tateinheit mit Sadismus. Bei der Risikoprognose oder Behandlung von Tätern sollte immer eine individuelle, deliktspezifische Diagnostik und Therapie erfolgen.

Schuldfähigkeit

Im Rahmen eines Strafverfahrens ist (ggf. rechtspsychologisch) zu prüfen, inwieweit der/die Beschuldigte schuldfähig ist. Liegt eine krankhafte seelische Störung vor, kann die Schuldfähigkeit ausgeschlossen oder vermindert sein. Beim Vorliegen von Impulskontrollstörungen (z. B. Kleptomanie) wäre im Rahmen eines Gutachtens zu prüfen, ob eine Affekttat vorliegt.

In der Forensischen Psychologie, Kriminalistik, Kriminologie usw. wird der Begriff Sexualstraftäter benutzt. Unterschieden wird zwischen (sexuellen) Gewalttätern, (sexuellen) Missbrauchstätern und Tätern mit exhibitionistischen Handlungen.

Präventionsangebot für potenzielle Sexualstraftäter

Es gibt die Veranlagung zu abweichende sexuelle Vorlieben, auch Paraphilien genannt, unter denen zumindest ein Teil der Betroffenen leidet. Bei Menschen, die sich durch das Ausleben ihrer sexuellen Vorlieben strafbar machen würden, wie z.B. im Fall von Pädophilie, ist die Verhaltenskontrolle über den Sexualtrieb ein wichtiger Beitrag zur Prävention. Mittlerweile gibt es z.B. das therapeutische Angebote "Kein Täter werden" vom Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Charité, Berlin,. Das Ziel des Angebotes besteht darin, sexuellen Missbrauchshandlungen an Kindern in einem Stadium vorzubeugen, in dem noch nichts vorgefallen ist.[9]

Die Nachfrage übersteigt das Angebot jedoch um ein Vielfaches. Die Finanzierung derartiger Präventionsangeboten war schon immer problematisch.[10] Zum Glück wurden die Haushaltsmittel für präventiven Kinderschutz kontinuierlich erhöht, so dass mittlerweile nicht mehr die Gefahr besteht, dass die Präventionsarbeit eingestellt werden könnte.[11]

Immerhin besteht auch bei bereits straffällig gewordenen Tätern die Möglichkeit, ihnen therapeutisch zu helfen, wenn sie den aufrichtigen Wunsch haben, ihr Verhalten zu ändern. Psychiater sind zwar der Ansicht, dass Menschen von Paraphilien wie Pädophilie zwar nicht "geheilt" werden könnten, aber sehr wohl in der Lage seien zu lernen, wie sie ihre heimlichen Begierden kontrollieren und straffrei leben können.[5]

Literatur

  • Nikolaus Heim: Operation „Triebtäter“, Kastration als ultima ratio. Gespräche mit kastrierten Sexualtätern (= Forschungsergebnisse zur Sexualpsychologie. Band 8). Dr. Kovac, Hamburg 1998, ISBN 3-86064-673-7.
  • Jens Hoffmann, Cornelia Musolff (Hrsg.): Täterprofile bei Gewaltverbrechen. Mythos, Theorie, Praxis und forensische Anwendung des Profilings. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-68647-7.
  • Frank J. Robertz, Alexandra Thomas (Hrsg.): Serienmord. Kriminologische und kulturwissenschaftliche Skizzierung eines ungeheuerlichen Phänomens. Edition belleville, München 2004, ISBN 3-936298-09-2.
  • Eberhard Schorsch, Nikolaus Becker: Angst, Lust, Zerstörung: Sadismus als soziales und kriminelles Handeln (= Beiträge zur Sexualforschung. Band 78). Psychosozial-Verlag, Gießen 2000, ISBN 3-89806-048-9.
  • Eberhard Schorsch: Perversion als Straftat. Dynamik und Psychotherapie. 2. Aufl. Enke, Stuttgart 1996, ISBN 3-432-27212-X.
  • Jerome Endrass, Astrid Rossegger, Frank Urbaniok, Bernd Borchard (Hrsg.): Intervention bei Gewalt- und Sexualstraftätern. Risk-Management, Methoden und Konzepte der forensischen Therapie. MWV, Berlin 2012, ISBN 978-3-941468-70-2.
  • Klaus M. Beier (Hrsg.): Pädophilie, Hebephilie und sexueller Kindesmissbrauch. Die Berliner Dissexualitätstherapie. Springer, Berlin 2018, ISBN 978-3-662-56593-3.
  • Thomas Gruber: Sexuell deviantes Verhalten von Jugendlichen. Carl-Auer, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8497-0218-2.
  • Thomas Bliesner, Friedrich Lösel, Günter Köhnken (Hrsg.): Lehrbuch Rechtspsychologie. Hans-Huber, Bern 2014, ISBN 978-3-456-85411-3.
  • Hans-Dieter Schwind: Kriminologie und Kriminalpolitik. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen. 23. Aufl. C.F. Müller, Heidelberg 2016. ISBN 978-3-7832-0047-8.

Einzelnachweise