„Wasserstoffversprödung“ – Versionsunterschied

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Damit Bauteile den Wasserstoff wieder abgeben, muss umgehend nach der Beaufschlagung mit Wasserstoff eine mehrstündige Wärmebehandlung bei ca. 200–300&nbsp;°C ([[Wasserstoffarmglühen]], auch [[Tempern]] oder [[Anlassen]] genannt) durchgeführt werden. Da Wasserstoff schon bei geringen Temperaturen eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit aufweist, ist es möglich den Wasserstoff bei Temperaturen von bis zu 200&nbsp;°C aus dem Stahl ohne metallurgische Veränderungen auszutreiben. Gängige Prüfnormen sind die DIN 50969-1 und -2<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm/din-50969-1/116069267 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 1: Vorbeugende Maßnahmen |werk= |hrsg= |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm/din-50969-2/169933837 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbruche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 2: Prüfungen |werk= |hrsg= |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref> für die Absicherung von Fertigungsprozessen gegenüber fertigungsbedingter Wasserstoffversprödung, als auch die DIN 50969-3<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm-entwurf/din-50969-3/275250446 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 3: Nachträglich betriebsbedingte Einflüsse und erweiterte Prüfungen |werk= |hrsg=Beuth Verlag |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref> für die Absicherung gegen nachträgliche, betriebsbedingte Einflussgrößen.
Damit Bauteile den Wasserstoff wieder abgeben, muss umgehend nach der Beaufschlagung mit Wasserstoff eine mehrstündige Wärmebehandlung bei ca. 200–300&nbsp;°C ([[Wasserstoffarmglühen]], auch [[Tempern]] oder [[Anlassen]] genannt) durchgeführt werden. Da Wasserstoff schon bei geringen Temperaturen eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit aufweist, ist es möglich den Wasserstoff bei Temperaturen von bis zu 200&nbsp;°C aus dem Stahl ohne metallurgische Veränderungen auszutreiben. Gängige Prüfnormen sind die DIN 50969-1 und -2<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm/din-50969-1/116069267 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 1: Vorbeugende Maßnahmen |werk= |hrsg= |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm/din-50969-2/169933837 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbruche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 2: Prüfungen |werk= |hrsg= |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref> für die Absicherung von Fertigungsprozessen gegenüber fertigungsbedingter Wasserstoffversprödung, als auch die DIN 50969-3<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.beuth.de/de/norm-entwurf/din-50969-3/275250446 |titel=Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 3: Nachträglich betriebsbedingte Einflüsse und erweiterte Prüfungen |werk= |hrsg=Beuth Verlag |datum= |zugriff=2017-12-19 |sprache=de}}</ref> für die Absicherung gegen nachträgliche, betriebsbedingte Einflussgrößen.

Da sich erst bei Temperaturen über 225 °C ausreichende Mengen an atomarem Wasserstoff im Gleichgewicht mit molekularem befinden, ist selbst bei hohen technisch relevanten Wasserstoffpartialdrücken erst dann ein für den Angriff auf Kohlenstoffstahl ausreichendes Wasserstoffangebot vorhanden. Typisch für den Wasserstoffangriff ist die Inkubationszeit, in der keine Änderungen der mechanischen Eigenschaften festzustellen sind. Nach ihrem Ablauf tritt in kurzer Zeit eine ausgeprägte Zähigkeits- und Festigkeitsabnahme ein. Mit zunehmender Temperatur wird die Inkubationszeit immer kürzer, während umgekehrt für einen vorgegebenen Wasserstoffpartialdruck eine Temperatur existiert, unterhalb der die Inkubationszeit größer ist als die technische Lebensdauer. Die Abhängigkeit der Anwendungstemperaturgrenzen vom Wasserstoffpartialdruck bei bestimmten Stahlsorten wird im sogenannten Nelson-Diagramm dargestellt. Sie beruhen auf umfangreichen Daten- und Faktensammlungen die der amerikanische Ingenieur [[Georg Nelson]] vom [[American Petroleum Institute]] (API) 1949 erstmalig veröffentlichte und die ständig auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse gehalten werden.<ref name="Elsbeth Wendler-Kalsch" /><ref name="Alec Groysman">{{Literatur| Autor=Alec Groysman | Titel=Corrosion Problems and Solutions in Oil Refining and Petrochemical Industry | Verlag=Springer | ISBN=978-3-319-45256-2 | Jahr=2016 | Online={{Google Buch | BuchID=OgBSDQAAQBAJ | Seite=72 }} | Seiten=72 }}</ref>


== Wasserstoffkrankheit (Wasserstoffversprödung) bei Kupfer ==
== Wasserstoffkrankheit (Wasserstoffversprödung) bei Kupfer ==

Version vom 21. Dezember 2021, 00:35 Uhr

Wasserstoffinduzierte Risse (englisch hydrogen-induced cracks, HIC)

Unter der Wasserstoffversprödung versteht man die Änderung der Sprödigkeit, die durch das Eindringen und die Einlagerung von Wasserstoff in ein Metallgitter verursacht wird. Diese Folge einer Korrosion ähnelt einer Materialermüdung – in der Folge kommt es zu wasserstoffbedingter Rissbildung, womit insbesondere der Einsatz anfälliger Materialien zur Wasserstoffspeicherung begrenzt wird.

Geschichte

Die schädigende Wirkung des Wasserstoffs auf metallische Werkstoffe erkannte man bereits im 19. Jahrhundert. Daß Wasserstoff unter bestimmten Bedingungen in einem metallischen Werkstoff diffundieren kann, stellten Henri Étienne Sainte-Claire Deville und Louis Joseph Troost schon 1863 fest.[1]

Effekt

Die Wechselwirkung des Wasserstoffs mit einem Werkstoff kann zur Beeinträchtigung der Werkstoffeigenschaften und damit des Werkstoffverhaltens führen. So können Bauteile aus un- und niedriglegierten Stählen bei Raumtemperatur durch wasserstoffinduzierte Korrosion Oberflächenblasen, Innenrisse und Spannungskorrosionsrisse erleiden. Die verschiedenen Bezeichnungen der Bauteilschädigung durch Wasserstoff wie z. B. Wasserstoff-induzierte Spannungsrißkorrosion, Wasserstoff-induzierte Korrosion, verzögerter Sprödbruch durch Wasserstoff im Metallgitter und die Hydridversprödung werden unter dem Begriff „Wasserstoffversprödung“ zusammengefaßt.[1]

Die Wasserstoffversprödung tritt auf, wenn auf der Metalloberfläche – entweder durch Wasserstoffkorrosion oder aber bei einer anderen chemischen Reaktion in der Metallverarbeitung, an der Wasserstoff beteiligt ist (z. B. beim Beizen) – atomarer Wasserstoff entsteht, der schneller in den Werkstoff diffundiert, als er sich an der Werkstoffoberfläche zu nicht diffusionsfähigen H2-Molekülen zusammenfügt. Ein Teil des Wasserstoffs wird dabei in das Metallgitter eingelagert, und es kann, wie im Falle von Titan, ein Metallhydrid entstehen. In anderen Fällen lagert sich der Wasserstoff bevorzugt an Fehlstellen oder Korngrenzen ab. Das Resultat ist in beiden Fällen eine Versprödung des Metalls.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines wasserstoffbedingten Schadens an einem ultrahochfesten Stahlwerkstoff mit der Werkstoffnummer 1.4614 (Custom 465), mit spröden und duktilen Bruchanteilen[2]

Bei hinreichend großen Zugeigen- und/oder -lastspannungen besteht die Gefahr eines verzögerten Sprödbruchs. Man spricht von einem verzögerten Sprödbruch, weil die Schädigung Zeit braucht und der Werkstoff aufgrund der Gleitblockierungen fast ohne Verformung bricht. Dieser Effekt ähnelt einer Spannungsrisskorrosion und beschränkt den Einsatz von Metallen zur Wasserstoffspeicherung.

Zur Wasserstoffschädigung gehören auch „Flocken“ und „Fischaugen“. Flocken sind innere Mikrorisse die beim Abkühlen größerer Schmiedestücke durch Gasblasenbildung infolge von Übersättigung der Schmelze mit Wasserstoff entstehen. Fischaugen werden hellglänzende Sprödbruchzonen genannt, die durch die versprödende Wirkung des herausdiffundierenden Wasserstoffs in Mikrohohlräumen die zum Beispiel beim Lichbogenschweißen durch thermische Wasser-Zerlegung entstehen. Ein anderes Beispiel für wasserstoffbedingte Schäden in der Praxis sind Beizsprödigkeit und Beizblasen beim Beizen von Metallen. Sie können zum Beispiel bei Überbeizung und schlechter Wartung (Erneuerung) des Beizbades an un- und niedriglegierten Stählen auftreten[1]

Vorgang

Durch bestimmte chemische Reaktionen gebildeter atomarer Wasserstoff dringt in das Gefüge metallischer Werkstoffe ein, wo er an Gitterstörstellen wieder zu molekularem Wasserstoff rekombiniert und dort verbleibt. Die damit verbundene Druckerhöhung führt zu inneren Spannungen und zu einer Versprödung des Werkstoffes, ohne dass dadurch eine Erhöhung der Festigkeit eintritt. Im Endergebnis entstehen schließlich Risse, die sich von innen nach außen ausbreiten. Bei der Spannungsrisskorrosion diffundiert der während des Korrosionsvorganges entstandene Wasserstoff zur Rissspitze und beschleunigt dort die Rissgeschwindigkeit.

Die Wasserstoffaufnahme z. B. eines Stahles kann sowohl aus der Gasphase als auch aus wäßrigen Medien erfolgen. So durch Einwirkung von heißem Druckwasserstoff (z. B. bei chemischen Prozessen) oder durch feuchtes, schwefelwasserstoffhaltiges Erdgas etc., durch reinen Druckwasserstoff bei plastischer Verformung des Werkstoffes, durch Ad- und Absorption bei Korrosionsreaktionen, galvanischen Metallabscheidungen und bei kathodischem Korrosionsschutz durch entstehenden atomaren Wasserstoff, sowie durch Einwirkung von Luftfeuchtigkeit und Kohlenwasserstoffen beim Gießen, Schmieden und Schweißen sowie bestimmten Wärmbehandlungen. Bei letzterem begünstigt die erhöhte Löslichkeit von Wasserstoff in Metallen bei hohen Temperaturen den Effekt. Für eine Wasserstoffaufnahme und nachfolgende Werkstoffschädigung müssen entsprechende Bedingungen erfüllt sein. Es müssen Phasengrenzreaktionen die atomaren Wasserstoff liefern, ein Vorgang der Aufnahme von Wasserstoff in den Werkstoff begünstigt und anfällige metallischen Werkstoff für eine wasserstoffinduzierte Korrosion, gegeben durch Werkstoffzustand und -eigenschaften sowie mechanischer Beanspruchung vorhanden sein.[1]

Reaktionen können allgemein durch Inhibitoren und Promotoren beeinflußt werden. Durch Promotoren wird die Wasserstoffaufnahme infolge Hemmung der Rekombination gefördert, Inhibitoren bewirken das Gegenteil. Promotoren sind Verbindungen der Elemente Phosphor, Arsen, Antimon, Selen und Schwefel. Außerdem wirken Cyanide, Kohlenmonoxid und Rhodanide als Promotoren. Erst in Gegenwart solcher Stoffe ist mit einer kritischen Erhöhung der Wasserstoffad- und -absorption zu rechnen. Der in der Praxis häufig als Verunreinigung auftretende Schwefelwasserstoff ist ein besonders wirksamer Promotor und für viele Schadensfälle an Stählen verantwortlich, die sich in der Chemietechnik, Mineralölindustrie und Energieversorgung ereigneten. Eine weitere für das Eintreten wasserstoffbedingter Schäden wichtige Wasserstoffquelle stellen die abgeschotteten Räume örtlicher Korrosionsstellen (Lochkorrosion, Spaltkorrosion, Spannungsrißkorrosion) dar. Dort können sich diffusionsfähige Wasserstoffatome z. B. an einer Rißspitze bilden, die einen Versprödungsefekt hervorrufen und den Schadensvorgang beeinflussen. Der vom Werkstoff aufgenommene Wasserstoff diffundiert entlang der Korngrenzen oder durch das Metallgitter ins Innere. Die Aufnahme des Wasserstoffatoms führt zur Dehnung des Wirtsgitters, bedingt durch die abstoßenden Kräfte zwischen eingelagerten Protonen und den ebenfalls positiv geladenen Atomrümpfen des Metalls. Durch die Wechselwirkung mit den Spannungsfeldern im Werkstoff diffundieren die Wasserstoffatome bevorzugt in Gitterbereiche mit Zugspannungen (Gorsky-Effekt) und lagern sich dort aus energetischen Gründen an. Durch die herstellungsbedingte Gefügeausbildung technischer Werkstoffe ergeben sich weitere Aufenthaltsplätze für Wasserstoffatome und auch für rekombinierten Wasserstoff (Wasserstoffmoleküle) in Mikroporen und Mikrohohlräumen.[1]

Wasserstoffversprödung bei Stahl

Stahl und auch Titan sind oft von Versprödung betroffen, wenn sie über längere Zeit mit Wasserstoff in Kontakt waren. Bei den Stählen bilden jedoch die austenitischen Stähle (z. B. CrNi-Stähle) eine Ausnahme. Diese sind weitgehend unempfindlich gegen Wasserstoffversprödung und gehören zu den Standardwerkstoffen der Wasserstofftechnik. Höherfeste Stähle mit einem hohen Martensitgehalt und einer Streckgrenze größer ca. 800 MPa (auch z. B. Schrauben ab der Festigkeitsklasse 10.9 und höher) sind besonders gefährdet gegenüber wasserstoffbedingten Schädigungen.

Mögliche Ursachen für wasserstoffbedingte Schäden können sowohl

  • fertigungsbedingt, d. h. beispielsweise durch die Wasserstoffentstehung bei der galvanischen Abscheidung (z. B. Verzinken oder in Beizprozessen), als auch beim Schweißen,
  • oder betriebsbedingt, d. h. beispielsweise durch die Wasserstoffkorrosion,

sein. Bei der galvanischen Abscheidung wird an dem kathodisch geschalteten Stahl Wasserstoff gebildet und diffundiert in den Stahl. Bei Korrosionsvorgängen kann durch die Metallauflösung, insbesondere bei Sauerstoffmangel, elementarer Wasserstoff gebildet werden.

Damit Bauteile den Wasserstoff wieder abgeben, muss umgehend nach der Beaufschlagung mit Wasserstoff eine mehrstündige Wärmebehandlung bei ca. 200–300 °C (Wasserstoffarmglühen, auch Tempern oder Anlassen genannt) durchgeführt werden. Da Wasserstoff schon bei geringen Temperaturen eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit aufweist, ist es möglich den Wasserstoff bei Temperaturen von bis zu 200 °C aus dem Stahl ohne metallurgische Veränderungen auszutreiben. Gängige Prüfnormen sind die DIN 50969-1 und -2[3][4] für die Absicherung von Fertigungsprozessen gegenüber fertigungsbedingter Wasserstoffversprödung, als auch die DIN 50969-3[5] für die Absicherung gegen nachträgliche, betriebsbedingte Einflussgrößen.

Da sich erst bei Temperaturen über 225 °C ausreichende Mengen an atomarem Wasserstoff im Gleichgewicht mit molekularem befinden, ist selbst bei hohen technisch relevanten Wasserstoffpartialdrücken erst dann ein für den Angriff auf Kohlenstoffstahl ausreichendes Wasserstoffangebot vorhanden. Typisch für den Wasserstoffangriff ist die Inkubationszeit, in der keine Änderungen der mechanischen Eigenschaften festzustellen sind. Nach ihrem Ablauf tritt in kurzer Zeit eine ausgeprägte Zähigkeits- und Festigkeitsabnahme ein. Mit zunehmender Temperatur wird die Inkubationszeit immer kürzer, während umgekehrt für einen vorgegebenen Wasserstoffpartialdruck eine Temperatur existiert, unterhalb der die Inkubationszeit größer ist als die technische Lebensdauer. Die Abhängigkeit der Anwendungstemperaturgrenzen vom Wasserstoffpartialdruck bei bestimmten Stahlsorten wird im sogenannten Nelson-Diagramm dargestellt. Sie beruhen auf umfangreichen Daten- und Faktensammlungen die der amerikanische Ingenieur Georg Nelson vom American Petroleum Institute (API) 1949 erstmalig veröffentlichte und die ständig auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse gehalten werden.[1][6]

Wasserstoffkrankheit (Wasserstoffversprödung) bei Kupfer

Unter der Wasserstoffkrankheit versteht man die chemische Reaktion von in sauerstoffhaltigen Kupfersorten, wie CuETP, als Kupfer(I)-oxid gebundenem Sauerstoff zu Kupfer und Wasser. Die Wasserstoffkrankheit wird oft fälschlicherweise als Wasserstoffversprödung bezeichnet. Dabei unterscheiden sich die beiden Mechanismen voneinander. Im Fall von Kupfer muss Sauerstoff im Werkstoff in Form von Kupfer(I)-oxid vorhanden sein, um mit atomarem Wasserstoff, der etwa ab 500 Grad Celsius merklich in den Kupferwerkstoff diffundiert, zu reagieren. Ist kein Sauerstoff vorhanden, wie dies bei den sauerstofffreien Sorten CuOF, CuOFE und weiteren der Fall ist, oder ist dieser durch die Zugabe von Phosphor gebunden, wie das z. B. bei CuPHC der Fall ist, kann es nicht zur Wasserstoffkrankheit kommen. Als weitere Voraussetzung muss der Wasserstoff in atomarer Form und nicht als Gas vorliegen, er muss also reduziert werden. Bei den sauerstoffhaltigen Kupfersorten wie CuETP mit bis zu 400 ppm Sauerstoff kann die Wasserstoffkrankheit zu Rissen und Hohlräumen führen. Diese Kupfersorten werden aufgrund ihrer hohen elektrischen Leitfähigkeit hauptsächlich in der Elektrotechnik eingesetzt. Ihre Herstellung erfolgt nicht unter Sauerstoff-Ausschluss. In der Metallschmelze können sich bis zu 0,09 % (m/m) Sauerstoff lösen[7] und es kommt dabei zur Bildung geringer Mengen an Kupfer(I)-oxid (Cu2O).

Beim Erhitzen über 500 °C, zum Beispiel beim autogenen Schweißen[8] oder Löten mit reduzierender Flamme, diffundiert der zu atomaren Wasserstoff reduzierte Wasserstoff des Brennergases in die Metalloberfläche und reduziert das Kupfer(I)-oxid gemäß folgender Reaktion:

Der Wasserdampf sprengt das Gefüge, weil das Kupfer(I)-oxid bei Gusswerkstoffen als dünnes Netzwerk von Cu-Cu2O-Eutektikum auf den Korngrenzen liegt. Dieses Phänomen wird Wasserstoffkrankheit genannt.

Beispiele für Versagensfälle durch Wasserstoffversprödung

  • Im Jahr 2013, sechs Monate vor der Eröffnung, versagten ein Teil der Bolzen des östlichen Teils der Oakland Bay Bridge in San Francisco bei Tests, die auf Wasserstoffversprödung zurückgeführt wurden.[9]
  • In der Londoner City litt das Gebäude 122 Leadenhall Street, das allgemein als "Cheesegrater" bekannt ist, unter Wasserstoffversprödung in Stahlbolzen, wobei drei Bolzen 2014 und 2015 versagten. Die meisten der 3.000 Bolzen wurden für 6 Mio. £ ersetzt.[10][11]
  • Im Januar 2018 kam es bei einer 22-Zoll-Erdgastransportleitung zu einem Bruch im Betrieb. Die folgende Untersuchung des Unfalles führte den Riss hauptsächlich auf wasserstoffinduzierte Rissbildung zurück, wobei der Wasserstoff durch den kathodischen Schutz der Rohrleitung erzeugt wurde.[12] In der Literatur werden mehrere weitere Unfälle an Pipelines seit dem Jahr 2000 auf Wasserstoffversprödung (SOHIC - Stress-Oriented Hydrogen Induced Cracking) zurückgeführt.[13]
  • Im Jahr 1991 kam es in Hanau ohne ersichtlichen Grund zu einem Bersten eines 100 m3 Wasserstofftanks. Als Ursache wurde ein Produktionsfehler des Tanks und ein beschleunigtes Risswachstum infolge der Wasserstoffversprödung identifiziert.[14]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Elsbeth Wendler-Kalsch, Hubert Gräfen: Korrosionsschadenkunde. 1998, S. 476, doi:10.1007/978-3-642-30431-6 (springer.com).
  2. Die Werkstoffexperten in Friedrichshafen. In: Werkstoffprüfungen, Beratung und Dienstleistungen. STZ Werkstoffe Korrosion und Korrosionsschutz, abgerufen am 19. Dezember 2017.
  3. Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 1: Vorbeugende Maßnahmen. Abgerufen am 19. Dezember 2017.
  4. Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbruche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 2: Prüfungen. Abgerufen am 19. Dezember 2017.
  5. Vermeidung fertigungsbedingter wasserstoffinduzierter Sprödbrüche bei hochfesten Bauteilen aus Stahl - Teil 3: Nachträglich betriebsbedingte Einflüsse und erweiterte Prüfungen. Beuth Verlag, abgerufen am 19. Dezember 2017.
  6. Alec Groysman: Corrosion Problems and Solutions in Oil Refining and Petrochemical Industry. Springer, 2016, ISBN 978-3-319-45256-2, S. 72 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Sauerstofflöslichkeit in Kupferschmelzen
  8. Die Verwendung von Acetylen/Sauerstoff-Brennern verbietet sich wegen der Bildung von explosiblen Kupfer(I)-acetyliden.
  9. corrosionpedia: A Failure Analysis of Hydrogen Embrittlement in Bridge Fasteners, abgerufen am 19. Dezember 2021
  10. Construction Manager: Cheesegrater bolts and 'hydrogen embrittlement' - what you need to know - Construction Manager, abgerufen am 19. Dezember 2021
  11. Cheesegrater bolts to cost Severfield £6m after Leadenhall building loses five: Cheesegrater bolts to cost Severfield £6m after Leadenhall building loses five, abgerufen am 19. Dezember 2021
  12. Pablo Cazenave, Katina Jimenez, Ming Gao, Andrea Moneta, Pedro Hryciuk: Hydrogen assisted cracking driven by cathodic protection operated at near −1200 mV CSE – an onshore natural gas pipeline failure. In: Journal of Pipeline Science and Engineering. Band 1, Nr. 1, 2021, ISSN 2667-1433, S. 100–121, doi:10.1016/j.jpse.2021.02.002 (sciencedirect.com).
  13. A. M. El-Sherik: Trends in Oil and Gas Corrosion Research and Technologies: Production and Transmission. Woodhead Publishing, 2017, ISBN 978-0-08-101219-2, S. 290 (books.google.com).
  14. springerprofessional.de: Korrosion | Sackgassen im Stahlgefüge verhindern Wasserstoffversprödung | springerprofessional.de, abgerufen am 19. Dezember 2021