„Prostatektomie“ – Versionsunterschied

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Version vom 1. Januar 2012, 01:00 Uhr

Mit dem Begriff Prostatektomie (eine Komposition aus Prostata, von altgriechisch προστάτης prostátēs = ‚Vorsteher‘, ‚Vordermann‘ und Ektomie (gr. εκτομή = ‚Herausschneiden‘), auch Prostataenukleation oder Prostataentfernung genannt, bezeichnet man die chirurgische (Teil-)Entfernung der Prostata.

Arten der Prostatektomie

Je nach Umfang der Gewebentfernung unterscheidet mann zwischen einer

  • Teilentfernung der Prostata (auch partielle Prostatektomie genannt), vor allem bei einer benignen Prostatahyperplasie (gutartige Vergrößerung der Prostata) und einer
  • radikalen Prostatektomie (RP oder RPE abgekürzt), bei der die Prostata vollständig entfernt wird. Dies ist vor allem beim Prostatakarzinom der Fall. Dabei werden die Prostata, die Bläschendrüsen (Vesiculae seminalis) und die Prostatakapsel (Capsula prostatica bzw. Capsula prostatae) operativ entfernt.

Abhängig vom Zugangsweg und der Art der Operation unterscheidet man bei der vollständigen Entfernung der Prostata zwischen den beiden offen Operationen

und den beiden minimal-invasiven Verfahren

Bei der retropubischen Prostatektomie erfolgt die Operation vom Bauch aus (retropubisch bedeutet „hinter dem Schambein gelegen“), während bei der perinealen Prostatektomie der Eingriff über das Perineum – das ist der Bereich zwischen Hodensack und Anus – vorgenommen wird. Die radikale retropubische Prostatektomie ist die derzeit (Stand 2011) weltweit am häufigsten angewendete Methode zur vollständigen Entfernung der Prostata.[3]

Bei einem lokal begrenzten Prostatakarzinom ist die radikale Prostatektomie die operative Therapie der Wahl. Es ist einer der häufigsten tumorchirurgischen Eingriffe in der Urologie.[4] Vom klinischen Ergebnis und den zu erwartenden Nebenwirkungen aus betrachtet sind die genannten etablierten Verfahren zur radikalen Prostatektomie nahezu gleichwertig. Über welchen Zugang die Prostata entfernt wird, ist daher vor allem von den Wünschen des Patienten und dem Ausbildungsstand des Operateurs abhängig.[5] Das Geschick des Operateurs hat einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebniss der Operation und die möglichen postoperativen Nebenwirkungen.

Bei der Teilentfernung der Prostata werden vor allem die Verfahren

angewendet.

Nebenwirkungen der radikalen Prostatektomie

Eine radikale Prostatektomie ist, unabhängig von der Art der Durchführung, eine sehr schwierige Operation. Dies ist vor allem den anatomischen Verhältnissen geschuldet. Die Prostata liegt tief im Becken und ist von Knochen umgeben, was sie ausgesprochen schwer zugänglich macht. Zudem ist die Prostata von zwei beiden Ästen des Nervi cavernosi in nur wenigen Millimeter Abstand umgeben. Diese beiden Nervenbündel enthalten unter anderem die für die Erektion notwendigen Nervenfasern. Eine Traumatisierung beider Nervi cavernosi, beispielsweise eine versehentliche Durchtrennung oder ein zu starkes Dehnen, führt in der Regel zum Verlust der Erektionsfähigkeit, die auch medikamentös – beispielsweise mit PDE-5-Hemmern – nicht mehr behandelbar ist. Man spricht dann von einer postoperativen erektilen Dysfunktion.[8] In den meisten Fällen wird daher eine nervschonende Operation angestrebt, bei der zumindest ein Nervenbündel erhalten bleibt. Wird allerdings bei einer Prostatektomie, die durch ein Prostatakarzinom indiziert ist, festgestellt, dass der Tumor sich auch auf die Nervi cavernosi ausgedehnt hat, so werden sie üblicherweise ebenfalls entfernt.[9]

Harninkontinenz war vor allem früher eine sehr häufige Nebenwirkung einer radikalen Prostatektomie. Durch die von dem US-amerikanischen Urologen Patrick Craig Walsh entwickelte modifizierte Variante der retropubischen Prostatektomie konnte die Häufigkeit der Harninkontinenz deutlich gesenkt werden. In einer groß angelegten Studie mit 1291 Patienten klagten 8,4 % der Patienten über Harninkontinenz und 59,9 % über Impotenz.[10]

Bei der radikalen Prostatektomie kommt es in vielen Fällen zu einer Verkürzung des Penis, da zusammen mit der Prostata ein Stück der Harnröhre entfernt wird, das etwa der Länge der Prostata entspricht und bis zu 40 mm groß sein kann. Die beiden Enden der abgetrennten Harnröhre werden wieder miteinander verbunden. Um das fehlende Stück Harnröhre zu kompensieren wird der Penis etwas in den Körper hineingezogen, weshalb der äußere Teil des Penis entsprechend verkürzt wird. Durch den verkürzten Penis ist die unveränderte Vorhaut nun etwas zu lang. Dies kann zu chronischen Entzündungen an der Eichel führen.[9] Eine andere Ursache für die Penisverkürzung kann eine der Durchtrennung der Nervi cavernosi sein, die eine Penisatrophie auslösen kann.[11][12][13][14] Der Penisverkürzung kann einer Studie zufolge mit Hilfe einer Penispumpe offensichtlich entgegengewirkt werden.[15]

Bei der radikalen retropubischen Prostatektomie ist ein Leistenbruch mit einer Inzidenz von 15 bis 20 % eine häufige Nebenwirkung.[16]

Weiterführende Literatur

  • C. H. Bangma: Active surveillance and radical prostatectomy. In: European journal of cancer. Band 47 Suppl 3, September 2011, S. S355–S356, ISSN 1879-0852. doi:10.1016/S0959-8049(11)70201-5. PMID 21944013. (Review).
  • V. R. Patel, H. M. Abdul-Muhsin u. a.: Critical review of 'pentafecta' outcomes after robot-assisted laparoscopic prostatectomy in high-volume centres. In: BJU international. Band 108, Nummer 6, September 2011, S. 1007–1017, ISSN 1464-410X. doi:10.1111/j.1464-410X.2011.10521.x. PMID 21917104. (Review).
  • J. E. Jamal, J. D. Engel: Management of post-prostatectomy erectile dysfunction. In: The Canadian journal of urology. Band 18, Nummer 3, Juni 2011, S. 5726–5730, ISSN 1195-9479. PMID 21703049. (Review).
  • J. L. Silberstein, N. E. Power, K. A. Touijer: Laparoendoscopic single site (LESS) radical prostatectomy: a review of the initial experience. In: Minerva urologica e nefrologica = The Italian journal of urology and nephrology. Band 63, Nummer 2, Juni 2011, S. 123–129, ISSN 0393-2249. PMID 21623330. PMC 3155890 (freier Volltext). (Review).
  • P. Dahm, D. Kang u.a.: Recovery of erectile function after robotic prostatectomy: evidence-based outcomes. In: The Urologic clinics of North America. Band 38, Nummer 2, Mai 2011, S. 95–103, ISSN 1558-318X. doi:10.1016/j.ucl.2011.02.001. PMID 21621076. (Review).
  • S. Glina: Erectile dysfunction after radical prostatectomy: treatment options. In: Drugs & aging. Band 28, Nummer 4, April 2011, S. 257–266, ISSN 1170-229X. doi:10.2165/11588290-000000000-00000. PMID 21428461. (Review).
  • T. Wilson, R. Torrey: Open versus robotic-assisted radical prostatectomy: which is better? In: Current opinion in urology. Band 21, Nummer 3, Mai 2011, S. 200–205, ISSN 1473-6586. doi:10.1097/MOU.0b013e32834493b3. PMID 21427586. (Review).
  • J. Hegarty, P. V. Beirne u.a.: Radical prostatectomy versus watchful waiting for prostate cancer. In: Cochrane database of systematic reviews (Online). Nummer 11, 2010, S. CD006590, ISSN 1469-493X. doi:10.1002/14651858.CD006590.pub2. PMID 21069689. (Review).
  • A. Srivastava, G. Tan u.a.: Nerve-sparing radical prostatectomy: current concepts in a robotic era. In: Panminerva medica. Band 52, Nummer 3, September 2010, S. 223–230, ISSN 1827-1898. PMID 21045779. (Review).
  • U. Capitanio, A. Briganti u.a.: Predictive models before and after radical prostatectomy. In: The Prostate. Band 70, Nummer 12, September 2010, S. 1371–1378, ISSN 1097-0045. doi:10.1002/pros.21159. PMID 20623635. (Review).
  • J. I. Epstein: Radical prostatectomy: processing, staging, and prognosis. Parts I and II. In: International journal of surgical pathology. Band 18, Nummer 3 Suppl, Juni 2010, S. 118S–123S, ISSN 1940-2465. doi:10.1177/1066896910370473. PMID 20484275. (Review).

Einzelnachweise

  1. J. U. Stolzenburg, I. Tuerk, E. N. Liatsikos (Hrsg.): Laparoskopische und roboterassistierte Chirurgie in der Urologie. Kapitel 3.11: Transperitoneale radikale Prostatektomie Springer, 2011, ISBN 3-642-10378-2, S. 292f eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. In: J. U. Stolzenburg, I. Tuerk, E. N. Liatsikos (Hrsg.): Laparoskopische und roboterassistierte Chirurgie in der Urologie. Kapitel 3.12: Endoskopische extraperitoneale radikale Prostatektomie (EERPE) Springer, 2011, ISBN 3-642-10378-2, S. 292f eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  3. J. Hugosson, J. Stranne, S. V. Carlsson: Radical retropubic prostatectomy: a review of outcomes and side-effects. In: Acta oncologica. Band 50, Juni 2011, S. 92–97, ISSN 1651-226X. doi:10.3109/0284186X.2010.535848. PMID 21604947. (Review).
  4. Endoskopische extraperitoneale radikale Prostatektomie (EERPE). Urologische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, abgerufen am 31. Dezember 2011
  5. T. C. Gasser, T. Sulser u. a. : Radikale Prostatektomie: Welcher Zugang für welchen Patienten? In: Dtsch Arztebl. Band 101, Nummer 28-29, 2004, S. A-2055.
  6. U. Zwergel, J. Sökeland: Benigne Prostatahyperplasie: Grundlagen und Therapie. Springer, 1999, ISBN 3-540-65269-8, S. 167. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. U. Zwergel, J. Sökeland: Benigne Prostatahyperplasie: Grundlagen und Therapie. Springer, 1999, ISBN 3-540-65269-8, S. 137. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  8. J. Steffens, E. Stark: TUR-Prostata. In: J. Steffens, D. Echtle, T. Kalem (Hrsg.): Endourologie. Verlag Springer, 2003, ISBN 3-798-51432-1, S. 22. {{Google Buch|BuchID=aHj4gZZEhM0C|Seite=22
  9. a b Die Radikale Prostatektomie (RP) Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe, abgerufen am 31. Dezember 2011
  10. J. Wolff, J. E. Altwein: Prostatakarzinom - Grundlagen und Therapie. Springer, 2004, ISBN 3-540-20393-1, S. 12. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  11. A. McCullough: Penile change following radical prostatectomy: size, smooth muscle atrophy, and curve. In: Current urology reports. Band 9, Nummer 6, November 2008, S. 492–499, ISSN 1534-6285. PMID 18947515. (Review).
  12. L. T. Klein, M. I. Miller u.a.: Apoptosis in the rat penis after penile denervation. In: The Journal of urology. Band 158, Nummer 2, August 1997, S. 626–630, ISSN 0022-5347. PMID 9224381.
  13. M. Savoie, S. S. Kim, M. S. Soloway: A prospective study measuring penile length in men treated with radical prostatectomy for prostate cancer. In: The Journal of urology. Band 169, Nummer 4, April 2003, S. 1462–1464, ISSN 0022-5347. doi:10.1097/01.ju.0000053720.93303.33. PMID 12629384.
  14. P. Gontero, M. Galzerano u.a.: New insights into the pathogenesis of penile shortening after radical prostatectomy and the role of postoperative sexual function. In: The Journal of urology. Band 178, Nummer 2, August 2007, S. 602–607, ISSN 0022-5347. doi:10.1016/j.juro.2007.03.119. PMID 17570431.
  15. T. S. Köhler, R. Pedro u.a.: A pilot study on the early use of the vacuum erection device after radical retropubic prostatectomy. In: BJU international. Band 100, Nummer 4, Oktober 2007, S. 858–862, ISSN 1464-4096. doi:10.1111/j.1464-410X.2007.07161.x. PMID 17822466.
  16. J. Stranne, P. Lodding: Inguinal hernia after radical retropubic prostatectomy: risk factors and prevention. In: Nature reviews. Urology. Band 8, Nummer 5, Mai 2011, S. 267–273, ISSN 1759-4820. doi:10.1038/nrurol.2011.40. PMID 21467967. (Review).

Weblinks