Acidovorax

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Acidovorax

Acidovorax kalamii

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Proteobacteria
Klasse: Betaproteobacteria
Ordnung: Burkholderiales
Familie: Comamonadaceae
Gattung: Acidovorax
Wissenschaftlicher Name
Acidovorax
(Schatz and Bovell 1952) Willems et al. 1990 et al. 1985

Acidovorax ist eine Gattung von Bakterien. Die einzelnen Arten sind von Interesse für chemische Anwendungen. So könnte z. B. die Art Acidovorax delafieldii (früher Pseudomonas delufeldii) für den Umgang mit Atommüll genutzt werden. Andere Arten sind wichtige Pflanzenschädlinge.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zellen sind meist stäbchenförmig oder leicht gekrümmt. Sie sind polar oder peritrich (rund um die Zelle) begeißelt.[1] Der Gram-Test fällt negativ aus.

Stoffwechsel und Wachstum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die einzelnen Arten sind aerob, d. h. sie benötigen Sauerstoff. Der Stoffwechsel ist in der Regel chemoorganotroph mit Sauerstoff als terminalen Akzeptor, wie es auch bei Menschen der Fall ist. Einige Stämme sind fähig, Wasserstoff zu oxidieren; andere Stämme sind fähig, unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) Nitratatmung zu betreiben. Zu letzteren zählen z. B. Stämme von Acidovorax delafieldii und Acidovorax caeni. Zu den Wasserstoffoxidierer zählen Stämme von Acidovorax delafieldii und A. facilis. Wasserstoff (H2) wird hierbei in H+ Protonen und Elektronen gespalten. Es wird ein Elektronentransport erzeugt und eine protonenmotorische Kraft gebildet, welche letztendlich für die Bildung von ATP genutzt wird. Sie nutzen somit die Oxidation von Wasserstoff als Energiequelle (Knallgasreaktion) und sind chemolithoautotroph.[2] Bei A. facilis wurden hierzu in der Membran fixierte Hydrogenase-Enzyme nachgewiesen.[3] Die Art Acidovorax ebreus kann Eisen oxidieren und somit als Elektronendonor nutzen. Es benötigt hierbei noch Acetat als Kohlenstoffquelle, es ist somit als mixotroph anzusehen. Von Acidovorax ebreus wurde der Stamm TPSY vollständig sequenziert. Hierbei wurde auch festgestellt, dass keine bekannten Gene vorhanden sind, die ein lithoautotrophes Wachstum (also vollkommen ohne organische Stoffe auskommend) ermöglichen.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Acidovorax wurde 1990 aufgrund von genetischen Untersuchungen neu geschaffen.[4] Hierbei wurden zwei Arten der Gattung Pseudomonas in die neu gebildete Gattung übertragen: Pseudomonas delafieldii und P. facilis. Pseudomonas pseudoalcaligenes subsp. konjaci wurde 1992 als Acidovora konjaci der Gattung hinzugefügt. Im Dezember 2022 wurde aufgrund genetischer Untersuchungen vorgeschlagen, einige Acidovorax-Arten in die neu geschaffenen Gattungen Paracidovorax und Paenacidovorax aufzuteilen. Außerdem wurde vorgeschlagen, Acidovorax antarcticus als Comamonas antarctica neu zu klassifizieren.[1]

Im Oktober 2023 wurden ca. 20 Arten innerhalb der Gattung Acidovorax geführt.

Es folgt eine Liste einiger Arten:

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fuchsschwanz
Bakterielle Blattfäule der Fischschwanzpalme, verursacht durch Acidovorax avenae

Einige Arten kommen frei in Böden oder Wasser vor, andere sind Pflanzenschädlinge (phytopathogen). Zu letzteren zählen z. B.: Acidovorax anthurii, Acidovorax avenae, Acidovorax cattleyae, Acidovorax citrulli und Acidovorax konjaci.[2] A. avenae (früher A. avenae subsp. avenae) ist ein bedeutender Krankheitserreger von Süßgräsern, u. a. Reis. A. citrulli (Syn.: A. avenae subsp. citrulli) ist ein wichtiger Krankheitserreger von Kürbisgewächsen, insbesondere von Wassermelonen, und ist wohl einer der wichtigsten Schädlinge der Gattung. A. cattleyae (A. avenae subsp. citrulli) verursacht Krankheiten von Orchideen. A. konjaci verursacht eine Krankheit der Teufelszunge (Amorphophallus konjac).[5]

Mögliche Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Acidovorax-Stämme, die im Boden und im Wasser vorkommen, sind in der Lage, einige vom Menschen hergestellte Polyester biologisch abzubauen. Acidovorax facilis und Acidovorax delafieldii sind beispielsweise in der Lage PHBV, Poly(3-hydroxybutansäure-co-3-hydroxyvaleriansäure), abzubauen.[6][7]

Einige phytopathogene Acidovorax-Arten besitzen antibakterielle und antimykotische Eigenschaften, wie z. B. Acidovorax avenae und Acidovorax cattleyae, die eine biologische Schädlingsbekämpfung gegen Rhodotorula mucilaginosa ermöglichen könnten.[6] Ein verändertes Nitrilase-Enzym von A. facilis könnte für die Herstellung von Gabapentin, ein Mittel gegen Epilepsie, genutzt werden.[8][9]

Acidovorax facilis könnte für die Reinigung von mit Uran angereicherten Böden dienen. Ein Stamm wurde aus Wasser in der Nähe eines Gebietes, das früher zum Uranabbau genutzt wurde isoliert. Untersuchungen ergaben, das Uran auf der äußeren Zellmembran und im Cytoplasma gebunden wurde. Dies könnte man zur Entfernung des Urans aus Abwasser nutzen.[10] Auch Acidovorax delafieldii wäre hierfür anwendbar.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Juan Du, Yang Liu und Honghui Zhu: Genome-based analyses of the genus Acidovorax: proposal of the two novel genera Paracidovorax gen. nov., Paenacidovorax gen. nov. and the reclassification of Acidovorax antarcticus as Comamonas antarctica comb. nov. and emended description of the genus Acidovorax In: Archives of Microbiology Band 205, S. 42 (2023). doi:10.1007/s00203-022-03379-7
  2. a b Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt und Fabiano Thompson: The Prokaryotes. Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria. Springer, Heidelberg [u. a.] 2014, ISBN 978-3-642-30197-1
  3. Michael T. Madigan, John M. Martinko: Brock Mikrobiologie. Pearson Studium, 11. Auflage, 2006, ISBN 3-8274-0566-1.
  4. A. Willems, E. Falsen, B. Pot, E. Jantzen, B. Hoste, P. Vandamme, M. Gillis, K. Kersters, J. De Ley: Acidovorax, a New Genus for Pseudomonas facilis, Pseudomonas delafieldii, E. Falsen (EF) Group 13, EF Group 16, and Several Clinical Isolates, with the Species Acidovorax facilis comb. nov., Acidovorax delafieldii comb. nov., and Acidovorax temperans sp. nov. In: International Journal of Systematic Bacteriology. Band 40, Nr. 4, 1. Oktober 1990, ISSN 0020-7713, S. 384–398, doi:10.1099/00207713-40-4-384 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 1. Oktober 2023]).
  5. Samuel S. Gnanamanickam: Plant-Associated Bacteria Springer Science+Business Media B.V. 2006 doi:10.1007/978-1-4020-4538-7
  6. a b Dan Li, Michael Rothballer, Marion Engel, Jonathan Hoser, Thorsten Schmidt, Christina Kuttler, Michael Schmid, Michael Schloter und Anton Hartmann: Phenotypic variation in Acidovorax radicis N35 influences plant growth promotion In: FEMS Microbiology Ecology Volume 79, Issue 3, März 2012, S. 751–762 doi:10.1111/j.1574-6941.2011.01259.x
  7. J Mergaert, J Swings: Biodiversity of microorganisms that degrade bacterial and synthetic polyesters. In: Journal of Industrial Microbiology & Biotechnology. Band 17, Nr. 5-6, November 1996, ISSN 0169-4146, S. 463–469, doi:10.1007/BF01574777 (oup.com [abgerufen am 26. September 2023]).
  8. Ya-Ping Xue, Ying-Peng Wang, Zhe Xu, Zhi-Qiang Liu, Xin-Rui Shu, Dong-Xu Jia, Yu-Guo Zheng, Yin-Chu Shen: Chemoenzymatic synthesis of gabapentin by combining nitrilase-mediated hydrolysis with hydrogenation over Raney-nickel. In: Catalysis Communications. Band 66, Juni 2015, S. 121–125, doi:10.1016/j.catcom.2015.03.035 (elsevier.com [abgerufen am 25. September 2023]).
  9. Shuke Wu, Radka Snajdrova, Jeffrey C. Moore, Kai Baldenius, Uwe T. Bornscheuer: Biocatalysis: Enzymatic Synthesis for Industrial Applications. In: Angewandte Chemie International Edition. Band 60, Nr. 1, 4. Januar 2021, ISSN 1433-7851, S. 88–119, doi:10.1002/anie.202006648 (wiley.com [abgerufen am 26. September 2023]).
  10. Thuro Arnold, Astrid Barkleit, Ulrike Gerber, Evelyn Krawczyk-Bärsch und Claudia Wilke: Untersuchungen zu den Wechselwirkungen zwischen unter Tage lebenden Mikroorganismen mit Uran und deren Einfluss auf das Migrationsverhalten von Uran in gefluteten Urangruben und Spektroskopische Bestimmung der Bindungsform (Speziation) trivalenter Actinide/Lanthanide in Biofluiden des menschlichen Gastrointestinaltraltes und im Blut Open Access
  11. Chiachi Hwang, Weimin Wu, Terry J Gentry, Jack Carley, Gail A Corbin, Sue L Carroll, David B Watson, Phil M Jardine, Jizhong Zhou, Craig S Criddle und Matthew W Fields: Bacterial community succession during in situ uranium bioremediation: spatial similarities along controlled flow paths In: The ISME Journal Band 3, S. 47–64 (2009)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikispecies: Acidovorax – Artenverzeichnis