Alexander Selkirk

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Statue Alexander Selkirks im Geburtsort Lower Largo

Alexander Selkirk (eigentlich Selcraig) (* 1676 in Lower Largo, Fife, Schottland; † 13. Dezember 1721 an Bord des Schiffes Weymouth) war ein schottischer Seefahrer und Abenteurer. Er gilt als Vorbild für Daniel Defoes Figur Robinson Crusoe aus dem gleichnamigen Roman sowie für weitere Robinsonaden.

Jugend

Alexander Selkirk wuchs als jüngster und sechster Sohn eines schottischen Schuhmachers und Gerbereibesitzers auf. In seiner Jugend zeigte er eine streitsüchtige und ungehorsame Veranlagung. Am 11. April 1696 wurde er wegen ungebührlichen Verhaltens in der Kirche vor die Kirchenversammlung geladen. Sonst ist über seine Kindheit und Jugend wenig bekannt.

Seemann

Seit 1695 fuhr er zur See und hatte früh Kontakte zu Bukanieren. Da er wegen seiner Neigung zu Alkohol und Schlägereien an Land häufig mit dem Gesetz in Konflikt kam, heuerte er 1704 auf dem englischen Kaperschiff St. George unter Kapitän William Dampier als Segelmeister an, um der britischen Gerichtsbarkeit zu entgehen. Die St. George wurde von der kleineren Cinque Ports unter Kapitän Stradling begleitet. Ausgestattet mit einem Kaperbrief der britischen Krone sollte sie vor der Küste Südamerikas Jagd auf französische und spanische Schiffe machen.

Karte der Juan-Fernández-Inseln

Als der Beutezug erfolglos blieb, geriet Selkirk mit Dampier in Streit und wechselte auf die Cinque Ports. Im Oktober 1704 erreichten die Schiffe den heutigen Juan-Fernández-Archipel westlich der chilenischen Küste im Pazifik. Sie benötigten neue Vorräte und Süßwasser.

Als man auf der unbewohnten Isla Más a Tierra landete, stellte sich heraus, dass der Rumpf des Schiffes sehr stark durch Bohrmuscheln beschädigt war. Selkirk war entschlossen, auf der Insel zu bleiben und versuchte, weitere Schiffskameraden zum Bleiben zu überreden, da er befürchtete, das Schiff könnte sinken. Als er erkannte, dass er mit seiner Meinung alleine stand, soll er einer Anekdote nach ausgerufen haben: „Ich habe es mir anders überlegt“. „Ich aber nicht“, erwiderte der Kapitän kühl und ließ sich zum Schiff zurückrudern. Wie sich herausstellte, hatte Selkirk die richtige Wahl getroffen, da das Schiff wenig später sank und fast die gesamte Mannschaft ertrank.

Robinsonade

Da die Insel ausreichend Trinkwasser, Früchte, Fisch und Robben bot und Selkirk entsprechendes Geschick in der Ausnutzung dieser Ressourcen bewies, gelang es ihm, vier Jahre und vier Monate auf der Insel zu überleben. Verschiedenen Quellen zufolge soll Selkirk etwa über folgende Ausrüstungsgegenstände verfügt haben: eine Muskete mit Schießpulver und Kugeln, Tabak, Feuerstein, Zusatzkleidung, ein Beil, ein Messer, einen Kochkessel und eine Bibel.

Zunächst blieb Selkirk in Strandnähe, weil er fremdartige Geräusche auf der Insel vernahm, die er gefährlichen Tieren zuschrieb. In dieser Zeit kampierte er in einer kleinen Höhle und ernährte sich von Schalentieren. Jeden Tag suchte er das Meer nach möglicher Rettung ab und litt unter Einsamkeit und Depressionen. Möglicherweise waren sich am Strand paarende Horden von Seelöwen für ihn der Antrieb, ins Innere der Insel zu gehen.

Dort wurde sein Leben bedeutend besser. Eine Menge neuer Nahrungsquellen war zugänglich: Juan-Fernández-Ziegen lieferten Fleisch und Milch; wildwachsende Pastinaken, Rettich und Pfefferbeeren boten Abwechslung. Von Seefahrern eingeschleppte Ratten waren ein Problem. Nachts belästigten und bissen sie ihn. Als er aber verwilderte Katzen zähmte und in ihrer Nähe lebte, konnte er ruhig schlafen.

Selkirk machte außergewöhnlich guten Gebrauch von dem, was er vom Schiff mitgenommen hatte, und von dem, was ihm später die Insel lieferte. Er zimmerte zwei Hütten aus Pimentbäumen und verwendete Muskete und Messer zum Jagen und Ausweiden der Ziegen. Als ihm das Schießpulver ausging, war er gezwungen, seine Beute zu Fuß zu jagen. Dies führte zu einer schweren Verletzung, als er von einer Klippe stolperte und einen Tag bewusstlos blieb (glücklicherweise war seine Beute beim Sturz dazwischengeraten, was ihm noch schwerere Verletzungen ersparte).

Er las häufig in der Bibel, was vorteilhaft für seinen Gemütszustand war und ihn weiter menschliche Sprache verwenden ließ. Als seine Kleider zerschlissen waren, fertigte er neues Gewand aus Ziegenleder an, indem er einen Nagel zum Nähen verwendete. Als er seine Schuhe nicht länger nutzen konnte, waren seine Füße abgehärtet und gefühllos geworden, so dass er neue Schuhe als unnötig empfand. Er schmiedete auch ein neues Messer aus eisernen Fassringen, die am Strand zurückgeblieben waren.

Rettung und späteres Leben

1707 sichtete er erstmals ein Schiff vor der Küste. Es handelte sich um feindliche Spanier. Sie entdeckten Selkirk und verfolgten ihn bis in den Insel-Urwald, wo sie seine Spur verloren. Als Brite und Kaperfahrer sah er sich einem Schicksal schlimmer als dem Tod gegenüber, falls er gefangen würde.

Die lang erwartete Rettung geschah am 2. Februar 1709. Das britische Schiff Duke, ein Kaperschiff unter Kapitän Woodes Rogers und William Dampier, der diesmal nur als Navigator mitfuhr, ging vor der Insel vor Anker, nahm Selkirk auf und brachte ihn in die Zivilisation zurück. Rogers machte ihn möglicherweise zu seinem Gehilfen und übertrug ihm das Kommando über eine seiner Prisen.

1712 wurde das Buch Cruising Voyage von Woodes Rogers veröffentlicht, das einen Bericht über Selkirks Abenteuer enthielt. Wieder in der Heimat setzte Selkirk seinen ursprünglichen Lebenswandel fort, fuhr auch wieder zur See. 1717 war er nach Lower Largo zurückgekehrt, blieb aber nur einige Monate. Er traf dabei im Alter von 41 Jahren das 16-jährige schüchterne Milchmädchen Sophia Bruce und entlief mit seiner Geliebten nach London. Doch binnen eines Jahres war er wieder auf See. Bei einem Besuch in Plymouth heiratete er eine verwitwete Gastwirtin. Daraufhin wurde er des Heiratsschwindels bezichtigt, wobei er sich einem möglichen Prozess vermutlich durch neuerliches Anheuern entzog.

Selkirk starb am 13. Dezember 1721 als Leutnant an Bord des königlichen Schiffes Weymouth angeblich an Gelbfieber. Er erhielt ein Seemannsgrab vor der afrikanischen Westküste.

Archäologie

Im Jahr 2005 fanden der Archäologe David Caldwell und der Enthusiast Daisuke Takahashi auf einer gemeinsamen Grabungsexpedition Selkirks Lagerplatz in 300 Meter Höhe am Berghang. Unter den Grabungsfunden befand sich ein Teil eines Stechzirkels, der sich Selkirk zuordnen ließ.[1] Demgegenüber gehen die Kieler Geoarchäologen Andreas Mieth und Hans-Rudolf Bork davon aus, dass die Selkirk zugeschriebene Behausung Überreste eines spanischen Stützpunktes sind. Ihre Forschungen im Jahr 2011 legen außerdem nahe, dass eine dem einsamen Inselbewohner zu angeblichen Aufenthalten dienende Strandhöhle höchstwahrscheinlich von englischen Seefahrern in den Fels gesprengt worden sei.[2]

Insel-Ehren

Gedenktafel für Alexander Selkirk an Selkirks Aussicht auf der Robinson-Crusoe-Insel

1966 wurde die Insel, auf der Selkirk mehrere Jahre gelebt hatte, in Robinsón Crusoe umbenannt. Ein Gedenkstein erinnert heute an Selkirks Schicksal. Die unbewohnte Isla Más Afuera, die westlichste der Juan-Fernández-Inseln, ist inzwischen zu Ehren des schottischen Seefahrers in Alejandro Selkirk umbenannt worden.

Literatur

  • William Funnell: A Voyage Round the World. W. Botham for J. Knapton, London 1707.
  • Edward Cooke: A Voyage to the South Sea, and Round the World. B. Lintot and R. Gosling, London 1712.
  • Woodes Rogers: Cruising Voyage round the World: First to the South Seas, thence to the East-Indies, and homewards by the Cape of Good Hope. Andrew Bell, London 1718.
  • Richard Steele: The Englishman, Heft 26, London 1713 (Diese Ausgabe der Zeitschrift enthält Steeles Artikel über Selkirk, der Defoe den Hauptanstoß gegeben haben dürfte).
  • Nikolaus Stingl (Hg.): Der wahre Robinson oder das Walten der Vorsehung. Leben und Abenteuer des Alexander Selkirk zusammengetragen und herausgegeben von Nikolaus Stingl. Robinson, Frankfurt/Main 1980. (= Bibliothek des Abenteuers.) ISBN 3-88592-002-6.

Weblinks

Commons: Alexander Selkirk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gestrandet im Paradies in: Der Spiegel
  2. Süddeutsche.de vom 13. August 2011: Wissenschaft im Paradies: Robinson-Crusoe-Insel, Pazifik, abgefragt am 14. August 2011