Aprilscherz

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Als Aprilscherz bezeichnet man den Brauch, am 1. April die Mitmenschen durch erfundene oder verfälschte, meist spektakuläre Geschichten, Erzählungen oder Informationen einen Irrtum zu erregen („hereinlegen“) und so „zum Narren zu halten“. Als Auflösung des Schwindels dient zumeist der Ruf April, April. Die Tradition des Aprilscherzes gibt es in den meisten europäischen Ländern sowie in Nordamerika.

Auch bei Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsendern und bisweilen auf Webseiten ist es üblich, die Leser bzw. Hörer durch glaubhaft klingende, erfundene Beiträge „in den April zu schicken“; oft liefern übertrieben dargestellte Details der Meldungen Hinweise auf den fehlenden Wahrheitsgehalt.

Ursprünge

Erstmals überliefert ist die Redensart „in den April schicken“ in Deutschland 1618 in Bayern. Mit den europäischen Auswanderern gelangte diese Tradition auch nach Nordamerika. Der Begriff Aprilscherz bürgerte sich jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. In Grimms Deutschem Wörterbuch von 1854 ist zwar der Aprillsnarr verzeichnet, aber noch nicht der Aprilscherz.[1]

Wie es dazu kam, dass der 1. April zum Tag für besondere Scherze wurde, ist bislang unbekannt. Gesichert ist dem Theologen Manfred Becker-Huberti zufolge einzig, dass es schon im Volksglauben der Antike eine Vielzahl von angeblichen Unglückstagen gab (vgl. Freitag, der 13.), zu denen regelmäßig auch der 1. April zählte.[2]

Häufig werden auch diese (ungesicherten) Erklärungen angeführt:

  • Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 sollte unter anderem das Münzwesen geregelt werden. Aus Zeitgründen kam es jedoch nicht dazu, so dass für den 1. April ein besonderer „Münztag“ ausgeschrieben wurde. Als der 1. April kam, fand dieser Münztag dann doch nicht statt. Zahlreiche Spekulanten, die auf diesen Münztag gesetzt hatten, verloren ihr Geld und wurden auch noch ausgelacht.
  • Angeblich bat an einem 1. April ein sechzehnjähriges Mädchen, dessen Name unbekannt ist, den jungen Damen zugeneigten französischen König Heinrich IV. schriftlich um ein heimliches Rendezvous in einem diskreten Lustschloss. Als Heinrich zu dem Tête-à-tête erschienen sei, habe ihn überraschend der versammelte Hofstaat begrüßt, vorgestanden von seiner Gemahlin Maria von Medici, welche ihm untertänigst dafür gedankt haben soll, dass er ihrer Einladung zum „Narrenball“ gefolgt sei.
  • Ein weiterer möglicher Ursprung des Brauchs ist auf ein Ereignis während des Achtzigjährigen Krieges in den Niederlanden zurückzuführen. Am 1. April 1572 wurde Brielle als erste holländische Stadt von den Wassergeusen erobert. Dem verhassten spanischen Statthalter Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, „drehte man daraufhin eine Nase“, was sich bis heute in den holländischen Geschichtsbüchern manifestiert: „Op 1 april verloor Alva zijn bril“ (Am 1. April verlor Alba seine Brille!).
  • Der 1. April gilt in manchen Überlieferungen als Geburts- oder Todestag des Judas Iskariot, der Jesus von Nazaret verriet. Zudem sei der 1. April angeblich der Tag des Einzugs Luzifers in die Hölle und daher ein Unglückstag, an dem man sich besonders vorsehen müsse.
  • Der französische König Karl IX. führte 1564 durch das Edikt von Roussillon eine umfangreiche Kalenderreform durch und verlegte den offiziellen Jahresanfang auf den 1. Januar. In einigen Regionen Frankreichs feierten die Menschen aber – zum Teil aus Unwissenheit – weiter Ende März. Sie sollen als „Aprilnarren“ verspottet worden sein.
  • Auch das bekannte Aprilwetter („April, April, der tut nur was er will …“) wird als Erklärung herangezogen.
  • Eine vor allem in der islamischen Welt bekannte, wenn auch rein spekulative Theorie zum Ursprung des Aprilscherzes führt die Herkunft des Brauches auf die Eroberung des letzten maurischen Bollwerks in Granada durch spanische Katholiken zurück, die angeblich am 1. April stattgefunden habe. Diese sei ein „Streich“, weil die katholischen Angreifer die Pietät und damit die Moral und Kampfkraft der Verteidiger im Laufe der Jahre unterminiert hätten, die dann in den „Streich“ am 1. April gemündet sei.

Beispiele

Zu den gebräuchlichen Aprilscherzen gehören u. a. unsinnige Besorgungsaufträge, wie zur Beschaffung von Haumiblau („Hau mich blau“), Ibidum („Ich bin dumm“) oder Oxdradium („Ochs, dreh dich um“), die zudem auch oft als Ausbildungs-Initiationsriten Verwendung finden.

Eine Auswahl bekannter Beispiele für medial inszenierte Aprilscherze sind:

  • Zahlreiche internationale Nachrichtenagenturen warnten des Öfteren zum 1. April vor dem Umweltgift Dihydrogenmonoxid (H2O), einem Hauptbestandteil des sauren Regens, welches in Tumoren und Kernkraftwerken zu finden sei und beim Einatmen tödlich wirke. Es handelt sich hierbei schlicht um Wasser. Im Gegensatz zu einem normalen Aprilscherz wurde hier nichts Falsches gesagt. Nur durch die Unkenntnis der Betroffenen kann er wirken.
  • Häufig kursiert zum 1. April auch die Nachricht, dass in Großbritannien oder Nordirland der Rechtsverkehr eingeführt werde. Eine Variation brachte in den 1980er Jahren eine (West-) Berliner Tageszeitung, die mit einer Fotomontage einer komplizierten Autobahnauffahrt an der Sektorengrenze unterstrich, dass im britischen Sektor der Stadt tatsächlich der Linksverkehr eingeführt werden solle.
  • Die britische Rundfunkanstalt BBC zeigte am 1. April 1957 einen scherzhaften Dokumentarfilm, der den erfundenen Spaghetti-Baum zum Thema hatte. Die Sendung wurde von etwa acht Millionen Zuschauern gesehen, von denen Hunderte anschließend bei der BBC anriefen, um sich zu vergewissern, ob Spaghetti wirklich auf Bäumen wüchsen, und andere sogar erfahren wollten, wie sie diese selbst anbauen könnten.[3]
  • In den technischen und organisatorischen Dokumenten zum Internet finden sich regelmäßig zum 1. April Parodien derartiger Dokumente.
  • Besonders beliebt ist die bereits unzählige Male erneute Ankündigung so genannter Vaporware am 1. April. So fand sich beispielsweise immer wieder zu diesem Tag in zahlreichen Foren plötzlich ein konkretes Datum, an dem das bekannteste Vaporware-Spiel Duke Nukem Forever erscheinen sollte. Ebenso werden andere Produkte außerhalb von Technik und Programmen, die auf sich warten lassen, gerne als Aprilscherz neu angekündigt.
  • Ein Heißköpfiger Nackteisbohrer, eine in der Antarktis verbreitete fleischfressende maulwurfähnliche Tierart, wurde am 1. April 1995 im Discovermagazin vorgestellt. Die vorgebliche zoologische Sensation fand ein nie dagewesenes Publikumsinteresse.
  • In der 3D-Software Blender werden regelmäßig zum 1. April neue Funktionen entdeckt, welche allerdings nicht existieren.[4][5]

Vergleichbare Anlässe

In Spanien und Lateinamerika wird dies am 28. Dezember praktiziert, dem Dia de los Santos Inocentes (Tag der unschuldigen Kinder).

Literatur

  • Anke Fischer: Aprilscherz: In den April schicken. In: Anke Fischer (Hrsg.): Feste und Bräuche in Deutschland. 1. Auflage. Edition XXL, Fränkisch-Crumbach 2004, ISBN 3-89736-323-2, S. 26–27.
  • c't-Redaktion: c't Dossier: Unsere liebsten Aprilscherze: Unglaubliche Entdeckungen der c't. Heise Zeitschriften Verlag, Hannover 2013, ISBN 978-3-944099-55-2, urn:nbn:de:101:1-201312129212.
  • Stefan Hess: April, April! In: Basler Zeitung. Basel 2014 (bazonline.ch)..

Weblinks

Wiktionary: Aprilscherz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Der 1. April – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Scherz-Sammlungen

Einzelnachweise

  1. Wörterbuchnetz – Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. In: woerterbuchnetz.de. Abgerufen am 1. April 2016.
  2. Brauchtum im Sommer – Aprilscherz. In: religioeses-brauchtum.de. www.religioeses-brauchtum.de, abgerufen am 1. April 2016.
  3. 1957: BBC fools the nation. In: BBC. 1. April 1957 (co.uk).
  4. Blender Nerd, 3D Tutorials. In: blendernerd.com. Abgerufen am 1. April 2016.
  5. Blender 2.70 Hidden Function: Simulate Bear. In: blendernation.com. BlenderNation, abgerufen am 1. April 2016.