Bataville

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Bataville
Bataville (Frankreich)
Bataville (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département Moselle
Arrondissement Sarrebourg-Château-Salins
Gemeinde Moussey
Koordinaten 48° 41′ N, 6° 48′ OKoordinaten: 48° 41′ N, 6° 48′ O
Postleitzahl 57810

Hauptstraße mit Werksgebäuden

Vorlage:Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Frankreich/Wartung/abweichendes Wappen in Wikidata

Bataville ist eine französische Planstadt im Département Moselle, die zusammen mit einer Niederlassung der Schuhfabrik Bata entstand. Sie ist ein Ortsteil von Moussey.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bataville liegt im Nordosten Frankreichs, Region Grand Est, früher Lothringen, im Département Moselle (57) im Naturpark Pays des Étangs.

Im Süden grenzt die Stadt an den 1853 gebauten Marne-Rhein-Kanal und die inzwischen stillgelegte Eisenbahnstrecke DieuzeAvricourt aus dem Jahr 1864. An der zentralen Straße (Avenue Thomas Bata) liegen im Süden beidseitig Fabrikgebäude, während sich nördlich die Wohngebiete der Arbeitnehmer befinden. Der größere Teil dieser Siedlung liegt an einem Erholungsmöglichkeiten bietenden Teich aus dem 13. Jahrhundert und einem bewaldeten Gebiet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1931 suchte Tomáš Baťa, Eigentümer der gleichnamigen Schuhfabrik in der Tschechoslowakei, in Frankreich nach einem geeigneten Standort für eine neue Fabrik. Er beschloss, die Domaine d’Hellocourt in Lothringen zwischen den Gemeinden Moussey und Réchicourt-le-Château zu kaufen, und baute dort seine Fabrik. Ausschlaggebend war die gute Verkehrsanbindung der Bahnstrecke Paris–Strasbourg, ebenso wie die des Marne-Rhein-Kanals.

Zusammen mit der Fabrik ließ Baťa eine ganze Stadt, Häuser für die Mitarbeiter, Kindergarten, Schule, Kirche, Geschäfte für den täglichen Bedarf und Freizeitanlagen, wie Sportplatz und einen Teich zum Baden und Angeln, bauen. Vorbild war Zlin, die Musterstadt der Firma Bata in der Tschechoslowakei.[1]

Im Zweiten Weltkrieg besetzten deutsche Truppen nach der französischen Kapitulation im Juni 1940 auch Bataville. Die Luftwaffe konfiszierte die Fabrik und richtete hier ein Feldbekleidungsamt ein, in dem ca. 300 russische Zwangsarbeiterinnen und 100 Frauen aus Sarrebourg zwangsverpflichtet arbeiten mussten. Anfang September 1944 räumte die deutsche Wehrmacht Bataville; im November marschierten die US-Truppen ein.[2]

Die Gemeinde prosperierte mit dem Wachstum der Schuhfabrik bis in die 1970er Jahre und beschäftigte bis zu 2.700 Arbeiter. Danach nahm der Druck aus Billiglohn-Ländern zu und 2001 musste Bata Insolvenz anmelden. Mit der Schließung der Fabrik zogen viele Bewohner weg. Sowohl die Fabrikgebäude als auch viele Wohngebäude standen leer. Seither bemühen sich die Gemeinde und der französische Staat, wieder Gewerbe anzusiedeln und Bewohner für die Häuser zu finden.[3]

Jahr 1930 1932 1982 1999 2017
Einwohner 262 1139 802 644 561
Jahr 1939 1950 1990
Belegschaft der Schuhfabrik 2700 2000 1500

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bataville besteht aus drei Teilen: (1) dem historische Wohnbereich, (2) der Fabrik, (3) dem neuen Wohnbereich.

Bataville (Lothringen)

Die Stadtplanung folgt der Charta von Athen: Trennung von Wohnen, Arbeiten und Erholung. Große Grünflächen trennen die Bereiche und lockern den Wohnbereich auf. Der Wohnbereich ist vom Fabrikbereich ca. 2 km entfernt. Alle Wege können zu Fuß zurückgelegt werden. Die Architektur der Gebäude folgt dem Bauhaus: kubische Formen mit Flachdächern, moderne Materialien wie Beton und Stahl, große Fenster.

Fabrik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die großen Fabrikgebäude sind in Skelettbauweise errichtet mit großen Fenstern und flexiblen Innenräumen. Sie sind 4/5-stöckig und bis zu 100 m lang. Am unteren Ende des Fabrikareals befinden sich der Hafen und der Güterbahnhof. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden noch neue Gebäude errichtet, z. B. das große Speditionslager als ebenerdige Halle.

Wohnbereich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der ursprüngliche Wohnbereich auf dem Hügel ist als Gartenstadt angelegt: viel Grün, kleine Straßen und Wege. Mehrfamilienhäuser für die Arbeiter, Einfamilienhäuser für die leitenden Angestellten und eine recht bescheidene Direktoren-Villa. Kleine Gärten an den Häusern dienten der Selbstversorgung. Das ganze Ensemble (1)+(2) steht unter Denkmalschutz Patrimoine du XXe siècle (Erbe des 20. Jahrhunderts).

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bataville liegt an der Landstraße D408 von Moussey nach Rechicourt-Le-Chateau. Die Straße trennt den ursprünglichen nordöstlichen Wohnbezirk vom neuen südwestlichen Wohnbezirk und verbindet die Wohnbezirke mit dem südöstlichen Fabrikareal. Der Bahnanschluss und der Hafen sind stillgelegt.

Die wirtschaftliche Lage von Bataville war eng mit der Lage der Schuhfabrik Bata verknüpft. Daher war der Niedergang und das endgültige Aus von Bata im Jahr 2001 ein schwerer Schlag für die Gemeinde: Arbeiter wurden arbeitslos und zogen weg, die Einkünfte der Gemeinde brachen weg.[4]

Die Gemeinde und der französische Staat versuchen seitdem, neues Gewerbe in den Fabrikanlagen anzusiedeln: Spedition, Handwerksbetriebe und künstlerische Aktivitäten. 2022 waren fast alle alten Fabrikgebäude wieder genutzt, meist von Handwerkern und Kleinindustrie. Außerdem wird versucht, den Tourismus zu fördern.[5]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bataville – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anna Kubišta: En Moselle, le site de Bataville renaît peu à peu de ses cendres. In: Radio Prague International. 28. März 2016, abgerufen am 26. März 2021 (französisch).
  2. BATA VILLE AU BAPTÊME DE LA GUERRE - L'USINE BATA DE MOUSSEY 1930- 1945 in Les Cahiers lorrains. 1983, issue 4, p. 213-225.
  3. Kerstin Gallmeyer: Das Erbe eines Schuhkönigs. In: SR 3 Saarlandwelle. 6. August 2014, abgerufen am 26. März 2021.
  4. Il est toujours 13 h 43 à Bataville – Es ist immer 13:43 in Bataville
  5. Le site de Bataville en Moselle se rêve en musée à habiter – Bataville träumt davon, ein bewohnbares Museum zu werden