Ben Goldacre

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Ben Goldacre (2009)

Ben Michael Goldacre MBE (* 20. Mai 1974 in London) ist ein britischer Mediziner und Journalist. Bekannt ist er vor allem durch seine Kolumne Bad Science in der Tageszeitung The Guardian. Seit 2015 arbeitet er als Forscher am Nuffield Department of Primary Care Health Sciences der Universität Oxford[1][2]. Er ist außerdem Mitbegründer der AllTrials-Kampagne — eine Kampagne, die sich für die Auflistung klinischer Studien in einem Register und der Publizierung der Ergebnisse als Open Data einsetzt.[3] Sein erstes Buch, ebenfalls mit dem Titel Bad Science, erschien im September 2008.[2]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldacre ist der Sohn von Michael Goldacre, einem Professor für Public Health (Öffentliche Gesundheit) an der University of Oxford und Susan Traynor (Künstlername Noosha Fox), eine Popsängerin, welche mit der englischen Band Fox in den frühen 1970er Jahren ihre größten Erfolge hatte. Beide Elternteile stammen aus Australien.[4][5] Er ist der Ur-urenkel von Sir Henry Parkes, einem Politiker und Begründer der Federation of Australia.[6]

Akademische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldacre absolvierte ein Medizinstudium an der University of Oxford, welches er 1995 abschloss.[1][7] Bevor er zur klinischen Medizin am University College London wechselte, war er Gastforscher für kognitive Neurowissenschaft an der Universität Mailand, wo er im Bereich der fMRT arbeitete. Er erhielt einen Master-Abschluss in Philosophie beim King’s College London.[1] Er ist Mitglied der Royal College of Psychiatrists und Forschungsstipendiat am Institut für Psychiatrie des King’s College London. [8] Er leitet das „DataLab“ an der University of Oxford, einer Abteilung, die den großen Datenbestand der Universität passgenau filtert und in schriftlichen Forschungsunterlagen aufbereitet.[9]

Bad-Science-Kolumne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldacre schrieb eine Kolumne mit dem Titel Bad Science, die jeden Samstag in der britischen Tageszeitung The Guardian erschien. Ausführlichere Versionen der Kolumnen mit Leserkommentaren erscheinen auf seiner Website badscience.net.[10] In satirischem Ton werden wissenschaftliche Ungenauigkeiten, Gesundheits-Panikmache, Pseudowissenschaft und Quacksalberei aufs Korn gekommen. Im Zentrum stehen dabei die Massenmedien, das Marketing von Konsumprodukten, Probleme mit der Pharmaindustrie[11] und ihre Beziehungen zu medizinischen Fachzeitschriften[12] sowie Alternativ- und Komplementärmedizin in Großbritannien.[13] Zum kontroversen Thema der Trinkwasserfluoridierung hielt er fest, dass „jeder, der eine überzeugte Aussage über Fluor macht, weit über die Beweislage hinausgeht“.[14]

Im Fokus seiner Kritik stehen insbesondere die Ernährungsberaterin Gillian McKeith,[15] Impfgegner (besonders die Anhänger von Andrew Wakefield),[16] Brain Gym (eine Methode zum "Gehirntraining"),[17] Antidepressiva,[18] Publikationsbias[19] und der Hersteller des Produkts Penta Water.[20] Als er McKeiths Mitgliedschaft in der American Association of Nutritional Consultants unter die Lupe nahm, erwarb Goldacre für 60 Dollar eine Mitgliedschaft in ebendieser Organisation, lautend auf den Namen seiner verstorbenen Katze.[21] Im Februar 2007 willigte McKeith ein, den Titel „Doktor“ künftig in ihrer Werbung nicht mehr zu verwenden, nachdem sich ein Bad Science-Leser bei der Advertising Standards Authority beschwert hatte.[22]

2008 verklagte der umstrittene deutsche Arzt Matthias Rath Goldacre und den Guardian wegen drei Artikeln[23][24][25], in denen Goldacre Raths Einsatz für die Abgabe von Vitaminpillen zur Behandlung von AIDS kritisierte.[26] Rath ließ die Klage im September 2008 fallen und musste der Zeitung Kosten über 220.000 Pfund vergüten.[26] Die Zeitung verlangt die vollständige Erstattung der Kosten von 500.000 Pfund, und Goldacre hat Interesse daran geäußert, ein Buch über Rath und Südafrika zu schreiben, da ein Kapitel aus seinem Buch nicht publiziert werden konnte, solange die Klage anhängig war.[27] Das Kapitel wurde in einer späteren Ausgabe des Buches hinzugefügt und ist auch online abrufbar.[28]

Buchveröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldacres erstes Buch Bad Science erschien im September 2008.[2] Die deutsche Übersetzung folgte im Jahre 2010 unter dem Titel Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudo-Wissenschaftler das Leben schwer machen.[29] Es enthält erweiterte und überarbeitete Versionen vieler seiner Kolumnen aus dem Guardian. Positive Kritiken erschienen im BMJ[30] und im Daily Telegraph[31]. Bei dem Onlineversandhändler Amazon erreichte die englische Version einen Platz in der Top-10-Bestsellerliste. Eine der zentralen Thesen des Buches, so erklärte er in einem Interview, sei, dass es keine wirklichen Unterschiede zwischen der $600-Milliarden-Pharmaindustrie und der $50-Milliarden-Nahrungsergänzungsmittel-Industrie gebe.[32]

Sein zweites Buch Bad Pharma erschien im September 2012.[33] Im Jahr 2013 erschien die Übersetzung Die Pharma-Lüge: Wie Arzneimittelkonzerne Ärzte irreführen und Patienten schädigen.[34] Die englische Version erreichte bei Amazon in der Bestsellerliste Pharmacology den ersten Platz.[35] Goldacre argumentiert in diesem Buch — ähnlich wie bereits im 11. Kapitel seines ersten Buches — dass Doktoren und Patienten gute wissenschaftliche Belege brauchen, um gut informierte Entscheidungen treffen zu können. Jedoch, so führt Goldacre aus, betreiben Unternehmen ganz legal an ihren eigenen Arzneimitteln mangelhafte Studien, welche, wenn sie unvorteilhafte Ergebnisse liefern, nicht publiziert werden. So klagt er auch staatliche Regulierungen an, da diese lebenswichtige Informationen durch die Duldung dieser Praxis zurückhalten, was eine große Anzahl an Patienten gefährde.[35]

Im Oktober 2014 erschien ein weiteres Buch mit dem Titel I Think You'll Find It's a Bit More Complicated Than That.[36]

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Ben Goldacre. PFD Group, archiviert vom Original am 8. Februar 2007; abgerufen am 16. Dezember 2010.
  2. a b c Ben Goldacre: Bad Science. Fourth Estate, London 2008, ISBN 978-0-00-724019-7.
  3. https://www.alltrials.net/supporters/people/ , Abgerufen am 23. Mai 2021
  4. Ian Fairlie: Book Reviews: Bad Science, by Ben Goldacre. In: Medicine, Conflict and Survival. 25. Jahrgang, Nr. 3, 2009, S. 255–257, doi:10.1080/13623690902943552.
  5. Was 1976 pop's worst year? … in The Guardian vom 29. Mai 2011
  6. The Science Show. ABC Radio National, 28. Oktober 2008, abgerufen am 23. Mai 2021.
  7. Ben Goldacre: About Dr Ben Goldacre. Abgerufen am 14. August 2008.
  8. Staff list. Institute of Psychiatry, abgerufen am 14. August 2008.
  9. About us Information der University of Oxford
  10. Ben Goldacre: badscience.net. Abgerufen am 23. Mai 2021.
  11. Goldacre B. (2008). A quick fix would stop drug firms bending the truth. The Guardian.
  12. Goldacre B. (2008). The danger of drugs … and data. The Guardian.
  13. a b Ben Goldacre: Don't dumb me down. The Guardian, 8. September 2005, abgerufen am 23. Mai 2021.
  14. Goldacre B. (2008). Fluoride, teeth, and an argument that's full of holes. The Guardian.
  15. Ben Goldacre: Brought to book: the poo lady's PhD. The Guardian, 7. Februar 2007, abgerufen am 14. August 2008.
  16. Goldacre, Ben: Bad Science Bingo, with Jeni Barnett. Bad Science, 3. Februar 2009, abgerufen am 16. Dezember 2010.
  17. Ben Goldacre: Exercise the brain without this transparent nonsense. The Guardian, 25. März 2006, abgerufen am 14. August 2008.
  18. Goldacre B. (2008). Depression - the facts and the fables. The Guardian.
  19. Goldacre B. (2008). Missing in action: the trials that did not make the news. The Guardian.
  20. Ben Goldacre: Troubled water. The Guardian, 10. Februar 2005, abgerufen am 23. Mai 2021.
  21. Ben Goldacre: Dr Gillian McKeith (PhD) continued. The Guardian, 30. September 2004, abgerufen am 14. August 2008.
  22. Owen Gibson: TV dietician to stop using title Dr in adverts. The Guardian, 12. Februar 2007, abgerufen am 11. August 2020.
  23. No way to treat an Aids hero Erschienen am 20. Januar 2007. Abgerufen am 3. September 2008
  24. 'Gambia's president may be weird, but Aids superstitions strike closer to home’ The Guardian. Erschienen am 27. Januar 2007. Abgerufen am 3. September 2008.
  25. 'How money is not the only barrier to Aids patients getting hold of drugs’ The Guardian. Erschienen am 17. Februar 2007. Abgerufen am 23. Mai 2021.
  26. a b Sarah Boseley: Fall of the doctor who said his vitamins would cure Aids, The Guardian, 13. September 2008. Abgerufen am 23. Mai 2021 
  27. Ben Goldacre: Matthias Rath drops his million pound legal case against me and the Guardian. badscience.net, 12. September 2008, abgerufen am 23. Mai 2021.
  28. Ben Goldacre, badscience.net, 9. April 2009, Matthias Rath - steal this chapter
  29. Ben Goldacre: Die Wissenschaftslüge. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M. 2010, ISBN 978-3-596-18510-8.
  30. Richard Smith: Becoming Ben. In: BMJ. 337. Jahrgang, Nr. 337. British Medical Association, 1. Oktober 2008, ISSN 0959-8138, S. a1856 (bmj.com [abgerufen am 23. Mai 2021]).
  31. Ed Lake: Review: Bad Science by Ben Goldacre. Daily Telegraph, 26. September 2008, abgerufen am 23. Mai 2021.
  32. Ben Goldacre interviewed on the Australian Broadcasting Company's The Science Show, Part 2.
  33. Ben Goldacre: Bad Pharma. Fourth Estate, London 2012, ISBN 978-0-00-735074-2.
  34. Ben Goldacre: Die Pharma-Lüge. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013, ISBN 978-3-462-04577-2.
  35. a b Informationen auf amazon.com
  36. Ben Goldacre: I Think You'll Find It's a Bit More Complicated Than That. Fourth Estate, London 2014, ISBN 978-0-00-746248-3 (englisch).
  37. Science Writers Awards - Winners 2003. Syngenta ABSW Science Writers' Awards, archiviert vom Original am 29. August 2008; abgerufen am 14. August 2008.
  38. Ben Goldacre: Never mind the facts. The Guardian, 11. Dezember 2003, abgerufen am 14. August 2008.
  39. ABSW Science Writers' Awards - Winners 2005. Syngenta ABSW Science Writers' Awards, archiviert vom Original am 29. August 2008; abgerufen am 14. August 2008.
  40. 2007 Award for statistical excellence in journalism. Royal Statistical Society, archiviert vom Original am 1. Dezember 2007; abgerufen am 14. August 2008.
  41. Ben Goldacre: When the facts get in the way of a story. The Guardian, 1. April 2006, abgerufen am 14. August 2008.
  42. Highlights from Newsletter no 62, July 2006. HealthWatch, Juli 2006, archiviert vom Original am 28. September 2007; abgerufen am 14. August 2008.
  43. New Year 2018 - Queens List - Final. In: gov.uk. UK Government, abgerufen am 23. Mai 2017.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ben Goldacre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien