Benutzer:Pingsjong/Urheberrechtsfragen

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BGH-Urteil zur Angewandten Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hi, das Urteil BGH I ZR 143/12 vom 13. November 2013 ist jetzt im Volltext zugänglich: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&client=12&nr=66284&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf - ich bin noch am Lesen, wollte euch aber schnellstmöglich Bescheid geben. Grüße --h-stt !? 12:53, 20. Dez. 2013 (CET) PS: Die künftig gültige Aussage ist Rn 26, die harte Begründung beginnt mit Rn 33, Kern ist Rn 41.

Wenns net so traurig wär, könnt man lachen. Löschen wir also weiter in Commons. --Ordercrazy (Diskussion) 13:59, 20. Dez. 2013 (CET) PS: Ich habe übrigens noch eine Kindergartenzeichnung vom kleinen Ordercrazy, auf dem ein blauer Himmel, die Sonne und ein Apfelbaum zu sehen sind. Ich ruf dann schon mal meinen Anwalt an...
Deine Zeichnung ist keine Angewandte Kunst, hat mit dem Urteil also nichts zu tun. -- Chaddy · DDÜP 18:38, 20. Dez. 2013 (CET)
Habe mich heute mit dem Urteil beschäftigt. Kernaussagen der Urteilsbegründung dürften sein:
  1. Die bisherige ständige Rechtsprechung, dass an Werke der angewandten Kunst im Gegensatz zu Werken der zweckfreien Kunst deutlich höhere Anforderungen zum Erreichen der für einen urheberrechtlichen Schutz nötigen Schöpfungshöhe gestellt werden müssen, wird hinsichtlich der Reform des Geschmackmusterrechts aufgegeben (siehe z.B. Rn 18). Wörtlich: „Der Senat hält nicht daran fest, dass der Urheberrechtsschutz für Werke der angewandten Kunst, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung voraussetzt. An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens.“ (Rn 26)
  2. Der BGH hält es weiterhin für „geboten, für den urheberrechtlichen Schutz eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern“ (Rn 40), hält es aber für „nicht gerechtfertigt, an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien Kunst“ (ebd.).
  3. Ein Urheberrechtsschutz bei Werken der angewandten Kunst kann nur begründet werden, wenn die „ästhetische Wirkung der Gestaltung [...] nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht“ (Rn 41). Weiter führt der BGH aus: „Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers setzt voraus, dass ein Gestaltungsspielraum besteht und vom Urheber dafür genutzt wird, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen. [...] Bei Gebrauchsgegenständen, die durch den Gebrauchszweck bedingte Gestaltungsmerkmale aufweisen müssen, ist der Spielraum für eine künstlerische Gestaltung regelmäßig eingeschränkt.“ (ebd.).
Daraus ergeben sich für uns erhebliche Änderungen. Schlussfolgerungen:
  1. Die bisher vertretene Ansicht, dass 95 oder 97,5 % der Grafiken der angewandten Kunst keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, ist obsolet. Firmenlogos oder andere Grafiken, deren Gestaltung durch den Gebrauchszweck nicht eingeschränkt ist, dürften im Allgemeinen damit als urheberrechtlich geschützt angesehen werden.
  2. Man kann daher davon ausgehen, dass die Kleine Münze auch für die Werke der angewandten Kunst die untere Grenze zum Erreichen urheberrechtlichen Schutzes angesehen werden muss. Wo genau zukünftig die Grenze verläuft, können wir derzeit nicht sagen und wird sich erst durch die zukünftige ständige Rechtsprechung zeigen.
  3. Der Großteil der vielen zehntausend Grafiken, die wir derzeit mangels Schöpfungshöhe lokal hosten und in Artikel einbinden, kann man nach Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung und auf Grundlage der Urteilsbegründung mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass ihnen ein urheberrechtlicher Schutz zukommt. Das gilt ausdrücklich für alle solche Grafiken, bei denen eine ästhetische Gestaltung zu erkennen ist. Gestaltungsspielraum, wie er in Rn 41 der Urteilsbegründung gefordert ist, dürfte bei Grafiken naturgemäß immer anzunehmen sein.
  4. Hinzu kommen einige Grafiken, bei denen wir zur Schutzfähigkeit derzeit keine Aussage machen können.
  5. Es bleibt wohl bei den mit {{Bild-LogoSH}} gekennzeichneten Logos nur ein sehr geringer Anteil, bei dem wir das Vorliegen eines urheberrechtlichen Schutzes mit ausreichender Sicherheit verneinen können. Die meisten Logos sind mit hinreichender Sicherheit geschützt, bei einigen weiteren ist dies zumindest denkbar.
Für uns bedeutet das für den Umgang mit Logos und anderen Werken, bei denen wir auf die mangelnde Schöpfungshöhe abstellen, meiner Auffassung nach Folgendes:
  • Ausnahmslos alle mit {{Bild-LogoSH}} und {{Bild-PD-Schöpfungshöhe}} markierten Grafiken müssen einem individuellen Review unterzogen werden. Wie mit den Grafiken, die sicherlich oder vermutlich geschützt sind, umgegangen wird, muss vorher entschieden werden. Mir fallen folgende Möglichkeiten ein:
    1. Die Bilder werden ausnahmslos gelöscht.
    2. Wir erlauben die Nutzung von Bildzitaten. Die Auslegung ist allerdings eng; die meisten Nutzungen von den genannten Grafiken entsprechenden nicht den Anforderungen für Großzitate.
    3. Wir bedienen uns dem US-amerikanischen Fair Use mit der Argumentation, dass die WMF als Betreiberin US-amerikanischem Recht unterliegt. Diese Ansicht widerspricht allerdings unserem Prinzip, strengstes DACH-Recht anzuwenden, und wohl auch der Rechtslage bzgl. einschlägigem Recht bei Internetangeboten.
    4. Wir bitten die Rechtsinhaber der Logos um eine freie Lizenzierung der Logos. Falls sie diese nicht erteilen wollen, bitten wir alternativ um eine Nutzungsgenehmigung für Wikipedia-Artikel. Dieses Vorgehen ist aber wohl nicht mit dem Grundprinzip der freien Inhalte vereinbar und fällt heraus.
    5. Wir ignorieren die Wendung der Rechtsprechung zunächst und warten ab, was passiert. Auch hier gilt allerdings der Widerspruch mit unseren Grundprinzipien.
Ich freue mich auf Meinungen, Kommentare, Fehlerkorrekturen. Ein frohes Weihnachtsfest wünscht Yellowcard (D.) 00:29, 26. Dez. 2013 (CET)
Moin moin,
die Zusammenfassung kann ich so unterschreiben. Ich denke, wir haben es im Groben mit drei Arten von Logos zu tun: erstens solche, die auf Commons als Textlogos angesehen werden, zweitens relativ simple Logos, die aber über die reinen Textlogos hinausgehen und drittens komplexe Logos.
Die erste Kategorie können wir meines Erachtens bedenkenlos nach Commons übertragen und weiternutzen. Wenn wir das Urteil ernst nehmen, müssen wir Logos der dritten Kategorie löschen. Bei den Logos der zweiten Kategorie haben wir die größten Abgrenzungsprobleme.
Wie vorgehen?
Die Nutzung des Zitatrechts halte ich hier schon allein deswegen nicht für zielführend, da in den allermeisten Fällen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür nicht gegeben sind. Die Nutzung einer Fair-Use-Regelung halte ich aus mehreren Gründen nicht für sinnvoll: Zum einen zerstören wir damit unsere ganze bisherige Argumentation zum anwendbaren Recht, was uns wie beschrieben in zahlreiche andere Problemfelder bringt. Zum anderen können wir dann nur noch schwer begründen, weshalb wir bei Logos Fair Use erlauben, bei anderen Werkarten nicht. Ganz abgesehen davon, dass Fair Use den Prinzipien einer freien Enzyklopädie widerspricht. Das selbe Problem haben wir bei einer Erlaubnis nur für Wikipedia.
Bleibt also: Ignorieren oder Kategorie 1 nach Commons, Kategorie 3 löschen, Kategorie 2 nach zu definierenden Regeln löschen oder behalten. Keine dieser Varianten ist mir sympathisch. Für das Ignorieren spräche, dass es bisher außer dem recht allgemeinen BGH-Urteil noch keine neue Rechtsprechung und Literatur zu dem Thema gibt, an der wir unser Vorgehen ausrichten könnte. Andererseits zeigt das BGH-Urteil schon deutlich, in welche Richtung es gehen wird, und gibt uns wenig Möglichkeiten, ein Logo der Kategorie 3 als nicht urheberrechtlich geschützt anzusehen.
--ireas :disk: 14:22, 26. Dez. 2013 (CET)
Wie siehts mit Designklassiker aus?
Wie weiter unten schon geschrieben halte ich die Komplexität nicht für ein wirklich verlässliches Kriterium zur Bewertung der Schöpfungshöhe. Insbesondere in Österreich muss man wohl damit rechnen, dass bei Logos die Ansprüche an die Schöpfungshöhe nicht allzu hoch sind. Es stehen also fast alle Logos auf dem Prüfstand und nicht nur ein paar wenige. Was im Falle einer Klage oder Abmahnung vor allem die Mitarbeiter der WP:Grafikwerkstatt treffen dürfte, die hier fast täglich irgendwelche SVG-Versionen ersten und hochladen.
Ich würde daher dringend empfehlen, nochmal die Juristen der Vereine auf die Sache anzusetzen und in der Community jetzt schon Ausweichstrategien zu diskutieren. Die Änderungen in der Bewertung des Urheberrechtsstatus Angewandter Kunst betrifft schließlich nicht nur Logos, sondern z.B. auch gestaltete dreidimensionale Produkte (wie z.B. Fußbälle). --Martin K. (Diskussion) 01:19, 5. Jan. 2014 (CET)