Blumepeter

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Blumepeter-Denkmal auf den Kapuzinerplanken in Mannheim

Der Blumepeter (auch Blumenpeter, eigentlich Peter Schäfer; * 5. April 1875 in Plankstadt; † 15. Juni 1940 in Wiesloch) ist eine Mannheimer Lokallegende. Er war ein armer Blumenverkäufer, der durch die Mannheimer Lokale zog.

Leben

Infolge einer Unterfunktion der Schilddrüse blieb er zeit seines Lebens kleinwüchsig, verwachsen und wies eine verminderte Intelligenz auf (Kretinismus). Zudem litt er an Anomalien am Knochensystem und an schwerem Asthma. Er besuchte nie eine Schule und konnte auch später keinen Beruf erlernen. Von seiner Tante wurde er als Blumenverkäufer auf die Straße und in umliegende Lokale geschickt, damit er seinen Lebensunterhalt wenigstens zum Teil mitfinanzieren konnte. Bekannt sind die häufig wiederholten Sätze „Schääne Blume, die Herrschafte!“ („Schöne Blumen, die Herrschaften!“) und „Kaaf mer ebbes ab!“(„Kaufe mir etwas ab!“). So wurde er zu einer Art Maskottchen, Witzfigur sowie auch Opfer von Späßen.

Bei fortschreitendem geistigem Verfall zeigte er sich zunehmend verhaltensauffällig, auch aggressiv bis handgreiflich und soll als Exhibitionist aufgetreten sein. 1919 wurde er in eine Anstalt in Weinheim eingewiesen, dann 1929 in die Psychiatrische Klinik Wiesloch verlegt, wo er 1940 starb. Es ist nicht geklärt, ob er ein Opfer der sogenannten Aktion T4 der Nationalsozialisten wurde oder an natürlichen Ursachen starb. Blumepeters Grab befindet sich auf dem Anstaltsfriedhof in Wiesloch.

Legende

Der Blumepeter gehört heute zum Mannheimer Lokalkolorit. Seit den 1960er-Jahren wurde von der Zeitung Mannheimer Morgen und der Karnevalsgesellschaft „Feurio“ die Legende gefördert. Demnach werden ihm Witz und Schlagfertigkeit unterstellt und – entgegen seinem tatsächlichen Leben – behauptet, er sei stets zu Streichen aufgelegt gewesen. Bis heute werden Witze mit ihm in der Hauptrolle erzählt. Postum wurde ihm der Spitzname „Bloomaul“ zugedacht, der von dem Wort „blooe“ (vom mittelhochdeutschen Wort „bliuwen“, das „schlagen“ bedeutet) abgeleitet liebevolles Angeben bzw. augenzwinkernde Übertreibung einer Behauptung oder Erzählung bezeichnet.[1] Im Volksmund wird „Bloomaul“ gern als Beiname für den „typischen“ Mannheimer verwendet, dem man entsprechende Eigenschaften zurechnet.

Reminiszenzen

Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens im Jahr 1966 stifteten die Herausgeber des Mannheimer Morgen zu Ehren des Blumepeters einen Brunnen mit Bronzedenkmal,[2] das der Bildhauer Gerd Dehof schuf. Er wurde am 5. Juli 1967 zunächst am Kapuzinerplatz (Quadrat N 4) aufgestellt[3] und später schräg gegenüber nach O 5 auf die Kapuzinerplanken versetzt.

Nach dem Blumepeter benannt ist das jährliche Blumepeterfest, bei dem eine Tombola und Essensverkauf zu karitativen Zwecken stattfinden. In den Wochen vor dem Blumepeterfest wird durch die Lokalzeitung regelmäßig eine Spendenkampagne unter Mannheimer Firmen organisiert, da sämtliche bei dem Fest verkauften Artikel gespendet werden.

Seit 1970 wird in Mannheim jedes Jahr der Bloomaulorden verliehen. Das Symbol des Blumepeter, der nach unten gebeugt durch seine gespreizten Beine nach hinten schaut, soll „der Kurpfälzer Lebensart, der teils etwas aufmüpfigen Lebensphilosophie, der Schlagfertigkeit, dem manchmal urwüchsigderben Mutterwitz der Mannheimer an sich ein Denkmal“ setzen.[4] Er ist mittlerweile die höchste bürgerliche Auszeichnung Mannheims und wird immer an Fastnacht im Rahmen einer Aufführung im Nationaltheater verliehen.

Literatur

  • Eberhard Reuß: Erinnerungen an den „Blumepeter“. Ein Mannheimer Schicksal. Wunderhorn, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-88423-276-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Woher kommt „Bloomaul“? In: Mannheimer Morgen. 17. März 2012, abgerufen am 15. Juni 2015.
  2. Chronik der Stadt Mannheim. Stadtarchiv Mannheim, 10. Juli 1966, abgerufen am 12. August 2014.
  3. Chronik der Stadt Mannheim. Stadtarchiv Mannheim, 5. Juli 1967, abgerufen am 16. August 2014 (Suchbegriff Datum, genau 1967-07-05).
  4. Ehre mit Augenzwinkern, Mannheimer Morgen, Die große Jubiläums-Zeitung, 60 Jahre, 6. Juli 2006, Seite 22, (Online) PDF 647 KB