Burg Ryczyn

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Ryczyn (deutsch: Ritschen) ist ein Burgwall im Las Ryczyński bzw. Las Odrzański (dt.: Oderwald) östlich von Oława (Ohlau), 30 km Oder-aufwärts von Breslau (poln.: Wrocław).

Geschichte

Im Mittelalter lag die Burg nahe beim rechten Ufer der Oder, die ihren Lauf seither verändert hat. Sie war keine Fliehburg, sondern diente der Beherrschung des Landes, vorrangig der Kontrolle einer Furt durch die Oder.

Ob sie zu den 15 civitates der Slenzanen (Schlesier) gehörte, die in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts im Geographus Bavarus erwähnt wurden, lässt sich nicht überprüfen. Um das Jahr 1000 wurde die Gegend um Oława und Ryczyn von dem Benediktiner und späteren heiligen Andrzej Świerad (lat. Andreas Zoerardus [1]) missioniert.

Bei dem heidnischen Aufstand, der 1037 große Teilen Polens und auch Schlesiens erfasste, blieb die Burg christlich. Der Bischof von Breslau, der zunächst nach Smogorzów (Schmograu) geflohen war, zog nach der Besetzung Schlesiens durch den böhmischen Herzog Břetislav I. 1038 nach Ryczyn, wo er blieb, bis der polnischen Herzog Kasimir I. ihn 1051 wieder in Breslau einsetzte. Die älteste namentliche Erwähnung Ryczyns findet sich in der Chronica Boemorum des Bischofs Cosmas von Prag aus dem Jahre 1093. Im Jahre 1103 belagerten der böhmische Herzog Bořivoj II. und Svatopluk II. von Olmütz die Burg. 1109 stoppte die Burg Ryczyn einen Feldzug Kaiser Heinrichs V. nach Krakau.

Im 13. Jahrhundert hatten die Kastellane von Ryczyn eine hochgeachtete Stellung in Schlesien. Es gibt Urkunden der Herzöge von Schlesien, die von ihnen besiegelt sind. Im 14. Jahrhundert verlor die Oderfurt bei Ryczyn an Bedeutung. Daraufhin gingen 1340 auch die Verwaltungsfunktionen der Burg an Ohlau und Brieg (Brzeg) über.

Im Jahre 1390 ließ Herzog Ludwig I. von Liegnitz und Brieg eine Expedition nach den Gebeinen der sagenhaften ersten Bischöfe von Breslau suchen. Dabei wurden in Ryczyn die ersten archäologischen Grabungen in Schlesien überhaupt durchgeführt.

Bei einem Feldzug des polnischen Königs und litauischen Großfürsten Kasimir IV. Jagiełło wurden das Dorf und die Kirche bei der Burg 1474 zerstört.

Archäologie

Bei Grabungen von 1958 bis 1962 wurde der Aufbau der Wallanlagen untersucht und die Lage des Friedhofs und der umliegenden ländlichen Siedlungen festgestellt. Genaugenommen gab es eine große Burg und eine kleine Burg. Über die Rolle der Burg Ryczyn bei der Staatsbildung Polens erhielt man dagegen keine Aufschlüsse.

Seit 2004 führten Wissenschaftler mehrerer Universitäten und Fachrichtungen erneute Untersuchungen durch. Man fand Reste eines heidnischen Tempels, sowie einer hölzernen und einer steinernen Dorfkirche. Außer auf dem Friedhof fanden sich auch im Hof der großen Burg zahlreiche Gräber, letztere als heidnischer Begräbnisort ähnlich den in Russland gefundenen Kurganen. Sogar ein Bootsgrab wurde entdeckt. Das Palas des Kastellans wurde so gut erforscht, dass man jetzt erwägt, an anderer Stelle eine Rekonstruktion zu bauen.

Weblinks

  1. zeno.org: Vollständiges Heiligen-Lexikon 1858

Koordinaten: 50° 55′ 37″ N, 17° 24′ 28″ O