Celesta

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Celesta
engl.: celesta, ital.: celesta
Klassifikation
Idiophon, Tasteninstrument
Verwandte Instrumente
Vibraphon, Glockenspiel, Klavier

Die Celesta (pl. Celesten) ist ein Idiophon in der Form eines Harmoniums, bei dem Stahlstäbe mit filzbezogenen Hämmerchen mit Hilfe einer Klaviatur angeschlagen werden. Der Klang einer Celesta ähnelt dem eines Glockenspieles, jedoch mit einem viel weicheren Timbre. Der Name kommt vom französischen céleste, was so viel wie „die Himmlische“ bedeutet. Dies ist eine Anspielung auf den Klang des Instrumentes.

Geschichte

Vorformen der Celesta

1788 erfand der Ire Charles Glaggett ein Instrument namens Aiuton, dessen Klang an „Süße“ und Weichheit angeblich weder von einer Glasharmonika noch von einem Streichinstrument übertroffen wurde. Um diesen Klang zu erreichen, brachte Glaggett an einem hohlen Kasten eine Reihe von Stimmgabeln bzw. Metallzinken an, die von Hämmerchen angeschlagen wurden, welche ihrerseits von Tasten bewegt wurden. Dieses Instrument mit einem Umfang von drei bis sechs Oktaven ist nie über das Experimentierstadium hinausgekommen.

80 Jahre später, um 1860, erfand Victor Mustel, der Vater des späteren Erfinders der Celesta, das Typophon oder Dulcitone. Hierbei handelte es sich wieder um ein Instrument mit Klaviatur, mit einer Reihe von Stimmgabeln als Klangerreger. Sein Klang soll dem der Celesta sehr ähnlich gewesen sein, das Klangvolumen war aber deutlich schwächer. Deswegen konnte sich das Typophon nicht durchsetzen. Es wurde selten eingesetzt.

Die moderne Celesta

Die alte Idee aus dem 18. Jahrhundert, einerseits einen möglichst weichen Ton, einen dolce-Klang zu erzeugen, der andererseits ein gewisses Klangvolumen erreicht, führte 100 Jahre später schließlich zur Erfindung der Celesta. Die Idee, ein Metallophon mit einer Klaviatur auszustatten, war bereits vom Klaviaturglockenspiel her bekannt. Der Harmoniumbauer Auguste Mustel entwickelte 1886 in Paris ein Instrument namens „Celesta“, das alle Anforderungen erfüllte und sich sehr schnell im Orchester durchsetzte. Im Jahr 1890 produzierte J & P Schiedmayer, später Schiedmayer Pianofortefabrik nach dem Patent von Mustel die erste Celesta in Deutschland.[1] Mustels Celesta entsprach bautechnisch bereits der modernen Celesta mit Tastatur, Stahlplatten, Resonatoren, Pedal und hatte den gewünschten „süßen“ Klang. Der Umfang reichte über fünf Oktaven, von c bis c5 (klingend). Da die tiefste Oktave unbefriedigend klang, wurden in der zweiten Generation von Celesten Instrumente mit vier Oktaven Tonumfang gebaut, beginnend beim klingenden c1. Erst in neuester Zeit werden wieder Instrumente mit tiefer reichendem Tonumfang gebaut. Die Produktion Mustels wurde Mitte der 1970er Jahre eingestellt. Die Firma Schiedmayer Celesta fertigt bis heute Instrumente mit von oben angeschlagenen Klangplatten nach dem Patent Mustels. Die beiden einzigen anderen Hersteller von Celesten, Yamaha und Kolberg, verwenden dagegen angepasste Flügelmechaniken.

Bauweise

Das Innere einer Celesta.

Die Celesta sieht aus wie ein Harmonium, besteht also aus einem Gehäuse mit Tastatur und Pedal. Im Inneren befinden sich die Stahlplatten, die Resonatoren und die komplizierte Anschlagsmechanik. Primäre Tonerzeuger sind Klangplatten aus Stahl, die auf Filzleisten über hohlen Resonatoren aus Holz liegen. Die Stahlplatten werden mit filzbezogenen Hämmerchen von oben angeschlagen. Die Hämmerchen sind über eine komplizierte Mechanik mit einer Klaviatur verbunden. Gespielt wird auf der Klaviatur – wie beim Klavier. Wie auch beim Klavier sind bei der Celesta nicht alle Hämmerchen von gleicher Größe und gleicher Gewichtung: Bei den tiefen Tönen erzeugen größere Hämmerchen, die mit einer dickeren Filzschicht bezogen sind, einen besonders weichen Klang. Dieser weiche Klang in der tiefen Lage gehört zu den Vorzügen der Celesta.

Unter jeder Stahlplatte ist ein hohler Kasten aus Holz als Resonator angebracht und präzise auf die jeweilige Grundtonhöhe abgestimmt. Seine Aufgabe ist es, den Grundton und den Nachklang der jeweiligen Stahlplatte zu verstärken. Dies ist aus akustischen Gründen besonders wichtig, da die Stahlplatten einen hohen Anteil an unharmonischen Teiltönen aufweisen. Der Resonator fördert den Grundton und unterdrückt die unharmonischen Teiltöne. Damit ist ein klarer Tonhöheneindruck gesichert. Da die Resonatoren – besonders die der tieferen Töne – viel Platz beanspruchen, sind sie mit den dazugehörigen Stahlplatten in zwei Ebenen übereinander angeordnet. Um einen einheitlichen Klangeindruck zu gewährleisten, sind die Tonhöhen über den gesamten Tonumfang in die obere und untere Ebene verteilt, einer oben, der nächsthöhere unten und so weiter, nicht die tiefe Lage unten und die hohe Lage oben.

Das Pedal funktioniert wie beim Klavier: Ein Pedaldruck hebt die Dämpfung auf, die Töne klingen nach.

Unterschied zum Klaviaturglockenspiel

Der wesentlichste Unterschied zum Klaviaturglockenspiel besteht darin, dass der Tonumfang der Celesta in der Tiefe größer ist und die tiefen Töne mehr Klangvolumen haben. Die Erweiterung des Tonumfanges in der tiefen Lage wird erst durch die Resonanzkörper ermöglicht. Daraus folgt weiter, dass das Klangvolumen erhöht wird, weshalb man sich beim Anschlagmechanismus auf weiche Filzhämmerchen beschränken konnte. Dadurch wird der klangliche Effekt weicher und grundtöniger als beim Glockenspiel mit harten Schlägeln.

Notation

Die Notation der Celesta erfolgt in zwei Systemen jeweils im Violinschlüssel. Manche Komponisten notieren aber auch wie beim Klavier in Violin- und Bassschlüssel. Gerade bei Werken mit großem Tonumfang für die Celesta ist dies sinnvoll.

Die Celesta ist transponierend. Die Notation ist eine Oktave tiefer als der Klang.

Tonumfang

Es gibt verschieden große Instrumente mit einem Umfang von 3 bis 5 ½ Oktaven.

  • Celesta mit 3 Oktaven Umfang (transportables Instrument): c2–c5 (klingend)
  • Celesta mit 4 Oktaven Umfang: c1–c5 (klingend)
  • Celesta mit 5 Oktaven Umfang: c–c5 (klingend)
  • Celesta mit 5 1/2 Oktaven Umfang: c–f5 (klingend)

Verwendung

Die Celesta hat ihren Platz hauptsächlich im Orchester. Interessant ist ihre Doppelnatur: Aufgrund der Tonerzeugung gehört die Celesta zu den Schlaginstrumenten, aufgrund ihrer Spielweise jedoch zu den Tasteninstrumenten. Sie wird meist von einem Pianisten gespielt. Die für Celesta geschriebenen Parts sind meist sehr bewegt und erfordern oft ein hohes Maß an Virtuosität.

Ernest Chausson verwendete sie 1888 in kammermusikalischer Besetzung neben Flöte, Violine und Harfe in seiner Bühnenmusik La Tempête zu Shakespeares Theaterstück The Tempest.

Pjotr Tschaikowski war einer der ersten Komponisten, der dieses Instrument im Orchester einsetzte - und zwar 1891 in seiner symphonischen Ballade "Der Wojewode". In seiner 1892 komponierten Ballettmusik "Der Nussknacker" ist die Celesta besonders schön zu hören, durch deren Klang der „Tanz der Zuckerfee“ eine märchenhafte Ausstrahlung erhält. Sie wird auch in der Oper "Der Rosenkavalier", II. Aufzug: Überreichung der silbernen Rose, von Richard Strauss genutzt.

In Konzertsälen häufig zu hören ist auch die 1936 entstandene Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta des ungarischen Komponisten Béla Bartók.

Die Celesta ist in vielen Stücken des amerikanischen Komponisten Morton Feldman (1926–1987) anzutreffen – wie etwa auch in dem Stück für gemischten Chor, Soli und Ensemble Rothko Chapel von 1971. Oft wird es bei ihm vom Pianisten als Zweitinstrument eingesetzt (in den Partituren dann mit „Klavier (auch Celesta)“ bezeichnet).

Filmmusik-Liebhabern ist das Instrument vor allem durch das Hauptthema „Hedwig’s Theme“ aus John Williams„Harry Potter“-Soundtracks ein Begriff. Besonders eindrücklich ist das Spiel auf der Celesta auch durch John Cale im Stück Northern Sky von Nick Drake auf dessen Album Bryter Layter von 1970.

Heute werden auf der Celesta auch schwierige Glockenspielparts ausgeführt, die ursprünglich für ein Klaviaturglockenspiel geschrieben wurden (z. B. W. A. Mozarts „Die Zauberflöte“).

Einzelnachweise

  1. Patent auf der homepage der Schiedmayer Celesta GmbH

Literatur

  • Curt Sachs: Celesta. In: Real-Lexicon der Musikinstrumente. Berlin 1913, S. 73.
  • Curt Sachs: Handbuch der Instrumentenkunde. Leipzig 1920, S. 22f.
  • James Blades: Percussion Instruments an their History. Faber & Faber, London/Boston 1984.
  • John Henry van der Meer: Celesta. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Sachteil 2. Kassel/Stuttgart 1995, Sp. 479f.
  • Hubert Henkel, Sven Dierke: Schiedmayer. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Personenteil 14. Kassel/Stuttgart 2005, Sp. 1329-1331.

Weblinks

Commons: Celesta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien