Cherokee (Sprache)

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Cherokee (ᏣᎳᎩ „Tsalagi“)

Gesprochen in

USA
Sprecher ca. 20.000
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

chr

ISO 639-3

chr

Ursprüngliches Siedlungsgebiet der Cherokee vor den Vertreibungen des 19. Jahrhunderts. Heute lebt etwa die Hälfte der Sprecher in Oklahoma.

Cherokee (ᏣᎳᎩ „Tsalagi“) ist die Sprache des Cherokee-Volkes und wird noch von bis zu 22.000 Menschen gesprochen. Cherokee gehört zur irokesischen Sprachfamilie und bleibt die einzige Sprache der südirokesischen Gruppe, die noch gesprochen wird. Die ursprüngliche Eigenbezeichnung dieser Sprache war Aniyunwiya, der heutige Name Tsalagi wurde von dem englischen Begriff Cherokee abgeleitet, der seinerseits "Irokese, Irokesisch" bedeutete.

Phonologie

Konsonanten

Wie alle irokesischen Sprachen hatte Cherokee ursprünglich keine labialen Konsonanten (b, p, m). Durch Lautverschiebung aus w und durch Fremdwörter ist mittlerweile ein m vorhanden. p wird meist durch qu ersetzt. Daher heißt die Wikipedia auf Cherokee Wikiquediya.

Der Konsonantenbestand des Cherokee von North Carolina lässt sich so beschreiben:

Labial Alveolar Palatal Velar Glottal
Plosiv t k ʔ
Affrikat ts
Frikativ s h
Nasal m n
Approximant l j (y) ɰ (w)

Vokale

Cherokee hat sechs Vokale: a, e, i, o, u und einen nasalen Vokal, der wie französisch un klingt und in Lateinschrift meistens als v geschrieben wird. Diesen Vokal gibt es in allen irokesischen Sprachen. Alle Vokale können kurz oder lang sein:

Vorne Zentral Hinten
Geschlossen i   u  
Mittel e   ə̃   ə̃ː o  
Offen a  

An Diphthongen gibt es, außer in Fremdwörtern, nur einen: ai.

Betonung

Cherokee ist eine Tonsprache mit sechs Tönen: hoch, tief, steigend, fallend, hoch und fallend, tief und fallend. Jedoch bewirkt ein falscher Ton nur in sehr seltenen Fällen eine andere Wortbedeutung. Außerdem markiert die Schrift die Töne nicht, und auch in lateinischer Transliteration werden sie üblicherweise weggelassen. In vielen Gegenden vereinfacht sich das Tonsystem, insbesondere bei unachtsamer Aussprache, während andere Sprecher, besonders ältere, bewusst daran festhalten.

Grammatik

Wie viele Indianersprachen ist auch Cherokee polysynthetisch. Das bedeutet, dass viele Morpheme in ein einziges Wort gepackt werden können, das sehr lang sein kann. Die Verben des Cherokee können als wichtigste Wortart viel mehr Information enthalten als deutsche Wörter. Sie schließen nicht nur das Subjekt (ich, du, ...) mit ein, sondern auch das Objekt (mich, dich, ...) und zum Teil dessen Beschaffenheit (siehe unten). Ein Verb muss mindestens aus vier Teilen bestehen: der Vorsilbe für das Pronomen, dem Verbstamm, einer Nachsilbe für den Aspekt, und einer Nachsilbe für den Modus. So besteht die Verbform gega, „ich gehe (gerade)“, aus folgenden Elementen:

Verbform gega
g- e -g -a
PRONOMEN-VORSILBE „ich“ VERBSTAMM „gehen“ ASPEKT-NACHSILBE „Präsens“ MODUS-NACHSILBE „momentan“

Wie viele Sprachen (z.B. Türkisch) kennt Cherokee keine Unterscheidung zwischen „er“, „sie“ und „es“. Dafür kennt es einen Dual (Zweizahl) wie Slowenisch, und wie Tagalog und Tamil ein inklusives und ein exklusives Wir. Dies kann man an der Konjugation des Verbes -e- im Präsens sehen:

Präsens des Verbs -e- „gehen“
Singular Dual inklusiv Dual exklusiv Plural inklusiv Plural exklusiv
1. Person ᎨᎦ gega
ich gehe
ᎢᏁᎦ inega
wir beide gehen (du und ich)
ᎣᏍᏕᎦ osdega
wir beide gehen (aber du nicht)
ᎢᏕᎦ idega
wir (3 und mehr) gehen (und du auch)
ᎣᏤᎦ otsega
wir (3 und mehr) gehen (aber du nicht)
2. Person ᎮᎦ hega
du gehst
ᏍᏕᎦ sdega
ihr beide geht
ᎢᏤᎦ itsega
ihr geht
3. Person ᎡᎦ ega
er, sie, es geht
ᎠᏁᎦ anega
sie gehen

Die hier verwendete Zeit ist das progressive Präsens („ich gehe gerade“). Cherokee unterscheidet noch strenger zwischen progressivem und habituellem Präsens (Ich gehe oft / normalerweise) als das Englische. Die Formen des habituellen Präsens für ich gehe (normalerweise), du gehst (normalerweise), er, sie, es geht (normalerweise) heißen gegoi, hegoi, egoi (in der Schrift ᎨᎪᎢ, ᎮᎪᎢ, ᎡᎪᎢ).

Klassifikatoren für Beschaffenheit in einigen Verben

Etwa 20 Verben des Cherokee verlangen spezielle Silben, die das direkte Objekt nach seiner Beschaffenheit qualifizieren. Dazu gehören die Verben für „aufheben“, „ablegen“, „wegnehmen“, „waschen“, „verstecken“, „essen“, „ziehen“, „haben“, „halten“, „in Wasser legen“, „in Feuer legen“ und „sich befinden“. Die Klassifikatoren können in fünf Kategorien eingeteilt werden:

1. Lebendig
2. Biegsam (am häufigsten)
3. Lang (schmal, nicht biegsam)
4. Flüssig (oder Behälter)
5. Unbestimmt (fest, relativ schwer)

Beispiel:

Konjugation von „Gib ihm...“
Art des Klassifikators Cherokee Übersetzung
Lebendig ᎯᎧᏏ hikasi Gib ihm (etwas Lebendiges)
Biegsam ᎯᏅᏏ hinvsi Gib ihm (etwas wie Kleider oder ein Seil)
Lang und fest ᎯᏗᏏ hidisi Gib ihm (etwas wie einen Besen oder Stift)
Flüssig ᎯᏁᎥᏏ hinevsi Gib ihm (etwas wie Wasser)
Unbestimmt ᎯᎥᏏ hivsi Gib ihm (etwas wie Essen oder ein Buch)

Es gibt Berichte, dass die jüngsten Cherokeesprecher nur noch die unbestimmten Formen verwenden und das Klassifikationssystem zu verschwinden beginnt.

Wortstellung

Einfache Aussagesätze folgen einer Wortstellung von Subjekt-Objekt-Verb (SOV). Verneinte Sätze haben eine andere Stellung. Adjektive stehen vor Substantiven. Stehen sie danach, bilden sie einen Satz mit „ist“ (das Wort „ist“ ist unnötig): ᎠᎩᏙᏓ ᎤᏔᎾ agidoga utana („mein Vater ist groß“). Demonstrativpronomen stehen ganz am Anfang einer Nominalphrase: Ꮎ ᎠᏍᎦᏯ ᎠᎩᏙᏓ na asgaya agidoda („dieser Mann ist mein Vater“)

Schrift

Cherokee wird in einer eigenen Silbenschrift geschrieben, die von dem Indianer Sequoyah entwickelt wurde. Einige Silbenzeichen ähneln lateinischen, griechischen oder kyrillischen Buchstaben oder auch arabischen Ziffern, haben aber einen davon völlig verschiedenen Lautwert.

Siehe auch

Weblinks