Chicago Plan

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Der Chicago Plan war ein Bündel von Vorschlägen von Wirtschaftswissenschaftlern der University of Chicago hinsichtlich einer Währungsreform inmitten der Weltwirtschaftskrise, der Great Depression.

Vorgeschichte

Nachdem Herbert Hoover den Glass-Steagall Act im April 1932 durchbrachte, gab es zwei weitere Vorschläge, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wright Patman wollte 2,4 Milliarden $ an Veteranen leiten. Und der Goldsborough Bill sah vor, mit Hilfe des Fed das Preisniveau anzuheben. Mitte April antworteten darauf zwölf Wirtschaftswissenschaftler der Universität von Chicago, föderale Ausgaben mittels Defizitfinanzierung zu finanzieren, bis der Goldstandard aufgegeben und die Währung direkt ausgegeben werden könnte. In dem Dokument wurden auch Bedenken über die Rolle von Kredit und Preis Inflexibilität innerhalb der Wirtschaft geäußert.[1]

Eine Gruppe von elf Chicago-Ökonomen unterzeichneten ein Memorandum im Januar 1933, Defizitfinanzierung anzuwenden, um aus der Depression zu entkommen.[1]

Aufbau

Der sechs-seitige Vorschlag vom 16. März 1933 sah vor, das Mindestreserve-System abzuschaffen und ein Vollreserve-System einzuführen.
Es sollten bei allen Sichteinlagen eine Vollreserve, also eine Mindestreserve von 100%, hinterlegt werden müssen.[1]

Zu den unterzeichnenden 40 Personen zählten u.a. Frank Knight, Henry Schultz, Henry Calvert Simons und Paul Howard Douglas. Sie betonten die Notwendigkeit drastischer Maßnahmen in der Banken-, Währungs- und Steuerpolitik.[1] Daher schlugen sie
(a) eine föderale Garantie der Bankguthaben vor,
(b) die Garantie nur als Teil einer drastischen Bankenreform, eine solche Krise auszuschließen und
(c) eine moderate Erhöhung des Preisniveaus, nicht über 15 % anzustreben und zu halten.[1]

Zudem sollen die Federal Reserve Banken komplett in das Eigentum übergehen, um die Garantie der Guthaben aller Mitgliedsbanken auszusprechen. Hierbei sollen Federal Reserve Notes als Zahlungsmittel deklariert werden und in jeglichem Umfang bereitgestellt werden.[1]

Die Federal Reserve Banken sollen die übrigen Vermögen der Mitgliedsbanken liquidieren, Schulden zurückzahlen und alle existierenden Banken auflösen, um neue zu gründen, die Bankguthaben nur annehmen, wenn es an eine 100%ige Mindestreserve in gesetzlichem Zahlungsmittel gebunden ist oder Guthaben der Federal Reserve Banken.[1]

Bankguthaben für Investitionen zu sparen würde über Investment trusts ablaufen. Bestehende Bankinstitute würden weiterhin Darlehens- und Guthabenfunktionen unter Bankenaufsicht der Federal Reserve übernehmen, bis die neuen Institute ihren Platz einnahmen. Ab dann soll die Regierung Schritte unternehmen, das Preisniveau um 15% zu erhöhen, aber nicht darüber.[1]

Zum Schluss sollte die freie Prägung von Gold aufgehoben, ein Embargo auf den Gold-Import verhängt, eine Prohibition von privatem Export von Gold eingeführt, alle Goldmünzen im Tausch für Federal Reserve Banknoten eingezogen, eine Aufhebung von Goldklauseln in allen Schuldverträgen durchgeführt und einen substanziellen Goldverkauf und Export seitens der Regierung eingeleitet werden.[1]

Einfluss

Der Einfluss des Chicago Plans auf den New Deal soll von der weitreichenden Geschichtsschreibung nicht beachtet worden sein. Henry A. Wallace reichte den Brief in weniger als einer Woche nach Erscheinen an Franklin D. Roosevelt weiter, mit der Hoffnung wirklich darüber nachzudenken. Der Vorschlag war Roosevelt also im Vorfeld des Banking Acts von 1933 bekannt gewesen. Roosevelts Meinung über den Plan blieb unbekannt, jedoch soll es in seine Bedenken eingeflossen sein - vor den unglücklichen Versuchen Irving Fishers, Roosevelts Unterstützung für seinen 100% reserve plan zu erhalten.[1]

Ebenfalls eingeflossen ist der Plan in die Legislatur von Senator Bronson Cutting und anderer Progressives.[1]

Als Ende der 1930er Jahre erneut eine Rezession in den USA ausbrach, wurden Inhalte des Chicago Plans in A Program for Monetary Reform erneut aufgegriffen, schafften es aber nicht in die Legislatur.

2012 veröffentlichte der Internationale Währungsfonds eine Studie, die den Chicago Plan aufgreift. Die Studie, The Chicago Plan Revisited, gibt explizit nicht die Position des IWFs wieder sondern stellt einen Diskussionsbeitrag einzelner Mitarbeiter des IWF dar.[2] Arbeitspapiere unterliegen aber einer strengen internen Qualitätskontrolle, bevor sie veröffentlicht werden.[3]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Ronnie J. Phillips: The 'Chicago Plan' and New Deal Banking Reform, Working Paper No. 76 (PDF; 283 kB), Levy Economics Institute vom Juni 1992
  2. Jaromir Benes, Michael Kumhof: The Chicago Plan Revisited (PDF; 1,1 MB), Internationaler Währungsfonds vom August 2012
  3. IWF-Forscher spielen radikale Bankreform durch, Handelsblatt Online vom 16. August 2012