Cryosophila

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Cryosophila

Cryosophila warscewiczii, Blütenstand

Systematik
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Palmenartige (Arecales)
Familie: Palmengewächse (Arecaceae)
Gattung: Cryosophila
Wissenschaftlicher Name
Cryosophila
Blume

Cryosophila ist eine von Mexiko bis Kolumbien vorkommende Palmengattung. Charakteristisches Merkmal der Gattung sind die am Stamm sitzenden verzweigten Wurzel-Dornen. Die Palmen wachsen im Unterwuchs vor allem von feuchten tropischen Wäldern der tieferen Lagen. Die Hälfte der zehn Arten gilt als gefährdet.

Stämme und Wurzeldornen

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Die Vertreter von Cryosophila sind einzelstämmige Palmen, selten mehrstämmig. Die Stämme tragen lange und verzweigte Wurzeldornen. Der Stamm ist zwischen 0,5 und 15 m hoch und hat einen Durchmesser von 4 bis 20 cm. Bei den meisten Arten ist der Stamm gerade und aufrecht. Manchmal, besonders an Hangstandorten, weist der Stamm einen Säbelwuchs auf.

Die Dornen sind modifizierte Wurzeln. Dies wurde zuerst von Wendland 1869 erkannt. Sie entspringen endogen dem Stamm und weisen die Anatomie einer typischen Monokotylen-Wurzel auf, wie etwa ein polyarches zentrales Leitbündel. Im Zuge des Dornenwachstums fällt die Wurzelkappe ab, das Grundgewebe wird sklerotisch, und das Wurzelende differenziert sich zu einer scharfen Spitze. Die Verteilung der Dornen entlang des Stammes ist sehr variabel, es gibt aber zwei Grundmuster: bei den meisten Arten stehen sie am unteren Stammende am dichtesten und dünnen nach oben hin aus; bei Cryosophila bartlettii, Cryosophila grayumii und Cryosophila kalbreyeri sind sie eher gleichmäßig verteilt.

Es gibt zwei Gruppen von Wurzel-Dornen: „Stamm“-Dornen sind eher nach unten gerichtet, eher kurz und haben einen runden Querschnitt. „Kronen“-Dornen sind eher aufsteigend, lang und zusammengedrückt. Sie finden sich zwischen den Blattbasen, stehen also an den Internodien und fallen mit den Blättern ab.

Die Dornen sind in der Regel einfach verzweigt, teils auch zwei- oder dreifach. Die Seitenäste entwickeln sich ebenfalls zu Dornen. Die Länge der Dornen reicht je nach Art von unter 3 cm bis über 15 cm.

An der Basis des Stammes entwickeln sich die Adventivwurzeln nicht zu Dornen, sondern dringen in den Boden ein. Häufig bildet sich an der Basis ein Kegel aus Wurzeln.

Dornen von Cryosophila warscewiczii

Die Krone wird meist von 15 bis 25 Blättern gebildet, wobei die Spannbreite von 5 bis 35 reicht. Die Blätter sind spiralig angeordnet und bilden eine ausladende Krone. Die Blattstiele sind zwischen 40 und 320 cm lang und an der schmalsten Stelle zwischen 0,6 und 3,3 cm breit. Die Blattstielbasis ist zur Reife bei allen Arten außer Cryosophila gespalten. Bei Jugendblättern bzw. den jüngsten Blättern ist die Basis nicht gespalten. Die Hastula, die schuppenartige Verlängerung des Blattstiels über die Ansatzstelle der Spreite hinaus, ist meist kurz und dreieckig.

Die Blattspreite ist gefaltet und hand- bzw. fächerförmig. Entlang oder nahe der Mittelrippe ist das Blatt gespalten, sodass zwei Blatthälften entstehen. Dieser zentrale Spalt reicht auf fünf oder weniger cm an die Spreitenbasis heran, außer bei Cryosophila williamsii und Cryosophila cookii. Die Spreite besteht aus 30 bis 80 Segmenten. Das zentrale Segment ist 40 bis 160 cm lang, über einen Meter aber nur bei Cryosophila cookii, Cryosophila guagara und Cryosophila macrocarpa. Die Spreite ist durch zwei Typen von Spalten weiter geteilt: tiefe primäre, adaxiale Spalten, die die Spreite in eine Anzahl von meist mehrsegmentigen Sektionen aufteilen; und weniger tief reichende sekundäre Spalten.

Die Unterseite der Blattspreite ist fein behaart, die Haare sind lang und dünnwandig. Die Blattunterseite erscheint daher weißlich bis silbrig.

Die Mittelrippen der Blattsegmente sind groß, gelb und sehr steif. Die Steifheit ist durch einen durchgehenden Faserzylinder, der den Großteil der Rippe ausmacht, bedingt. Dieser Zylinder umgibt ein farbloses Grundgewebe, in dessen Mitte ein oder mehrere große Leitbündel eingebettet sind, randlich meist mehrere kleine Bündel.

Die Blütenstände stehen zwischen den Blättern, jeder Blütenstand wächst durch die gespaltene Blattstielbasis seines Tragblattes. Lediglich bei Cryosophila nana wächst er seitlich des ungespaltenen Blattstiels hervor. Die Blütenstände können aufsteigend, bogig oder nach unten weisend sein. Die Hauptachse des Blütenstands ist zwischen 20 und 130 cm lang bei einem Durchmesser von 0,4 bis 2,1 cm am Übergang vom Blütenstandsstiel zur Blütenstandsachse, nur bei Cryosophila cookii ist er mit bis 3,0 cm dicker. Der Blütenstandsstiel ist zwischen 10 und 80 cm lang, das Vorblatt 5 bis 25 cm. Am Blütenstandsstiel gibt es zwei bis zehn Hochblätter. Diese sind zwischen 5 und 50 cm lang und sind breit bis schmal oval. Die Blütenstandsachse ist zwischen 5 und 70 cm lang und nimmt damit zwischen einem Fünftel und zwei Drittel der gesamten Blütenstandslänge ein. Mit Ausnahme von Cryosophila cookii haben die Blütenstände 10 bis 40 Seitenachsen erster Ordnung. Meist sind die untersten Seitenzweige selbst noch zweifach verzweigt, die mittleren einmal und die obersten nicht. Die längsten Seitenzweige erster Ordnung sind 1 bis 20 cm lang, wobei sie nur bei Cryosophila stauracantha und Cryosophila warscewiczii länger als 7 cm sind. Jeder Seitenzweig erster Ordnung sitzt in der Achsel eines Hochblattes. Dieses ist breit oval bis linealisch oval. Die längsten Hochblätter sind zwischen 5 und 30 cm lang.

Der Fruchtstand ist entweder offen, so dass die Seitenzweige erster Ordnung sichtbar sind (bei Cryosophila stauracantha und Cryosophila warscewiczii), oder die Früchte stehen so dicht, dass die Seitenzweige nicht sichtbar sind (bei allen anderen Arten).

Die Blüten sind 2 bis 6 mm lang und 1,5 bis 5 mm breit. Sie stehen einzeln an kurzen Blütenstielen von 0,1 bis 1,5 mm Länge. Die drei elfenbein-weißen bis cremefarbenen Kelchblätter sind bis zur Hälfte miteinander verwachsen. Die drei Kronblätter sind frei und von gleicher Farbe. Das Androeceum besteht aus sechs Staubblättern, deren flachen, dünnen Staubfäden, die meist über ein bis drei Viertel ihrer Länge miteinander verwachsen sind. Sie sind meist 2 bis 3 mm lang, die Antheren 1 bis 2,5 mm. Der Stempel besteht aus drei Fruchtblättern. Der Fruchtknoten hat einen Durchmesser von 0,2 bis 1,4 mm, Griffel und Narbe sind zusammen 0,7 bis 3,5 mm lang.

Die Blüten sind proterogyn: die Narbe sind empfangsbereit, während der Blütenstand noch im Knospenstadium ist. Die Narben vertrocknen, bevor die Hochblätter des Blütenstandsstiel sich öffnen und bevor die Antheren sich öffnen. Die Pollenkörner sind monosulcat oder trichotomosulcat (haben also eine einfache oder dreistrahlige Keimfalte). Die Form der Pollenkörner ist in Polansicht elliptisch bis dreieckig, die Oberfläche der Exine ist netzförmig, gefurcht-netzförmig oder punktiert.

Die Blüten sind innerhalb der Gattung sehr einheitlich und bieten im Gegensatz zu den meisten Palmengattungen kaum Merkmale zur Abgrenzung der einzelnen Arten. Die Blüten sind bei Cryosophila cookii und Cryosophila guagara meist größer als 4,8 mm, bei den anderen Arten kleiner.

Früchte und Samen

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Die Früchte sind fast kugelig bis etwas länglich. Ihre Länge reicht von 1,2 bis 3,6 cm, ihr Durchmesser von 1,0 bis 2,9 cm. Über 3 cm lang sind die Früchte von Cryosophila macrocarpa, zwischen 2 und 2,5 cm die von Cryosophila warscewiczii, die Früchte der anderen Arten sind kleiner als 2 cm. Unreife Früchte sind grün und wechseln zur Reife zur hell grünlich gelb bis elfenbeinfarben oder cremefarben. Das Exokarp ist glatt und dünn, das Mesokarp ist etwas fleischig, das Endokarp häutig. An den reifen Früchten sind Kelch und Krone erhalten.

Die Samen haben die gleiche Form wie die Frucht. Lediglich bei Cryosophila williamsii sind sie sehr unregelmäßig geformt. Sie sind 0,7 bis 2,7 cm lang bei einem Durchmesser von 0,7 bis 2,3 cm, die Oberfläche ist creme- bis strohfarben.

Verbreitung, Standorte und Gefährdung

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Die Gattung ist in Zentralamerika beheimatet. Das Areal reicht im Norden bis Mexiko, im Süden bis zum Nordwesten Kolumbiens. Die meisten Arten kommen disjunkt vor in einer linearen Abfolge von Nord nach Süd. Einige Arten sind extrem lokal vorkommende Endemiten.

Alle Arten der Gattung wachsen im Unterwuchs von Wäldern. Die meisten wachsen in feuchten bis nassen Tiefland-Wäldern. Ausnahme ist Cryosophila nana, die in Trockenwäldern wächst. Cryosophila kalbreyeri und Cryosophila stauracantha können auch auf trockeneren Standorten gedeihen. Die höchstgelegenen Standorte befinden sich in rund 1000 m Seehöhe, Fünf Arten sind calciphil, wachsen also bevorzugt über Kalkgestein, wobei Cryosophila bartlettii und Cryosophila williamsii nur auf Kalksteinfelsen vorkommen. Die übrigen Arten – außer Cryosophila nana – sind calcifug, meiden also Kalkböden.

Evans bezeichnete 1995 fünf der zehn Arten als gefährdet (threatened or endangered): Cryosophila bartlettii, cookii, grayumii, kalbreyeri und C. williamsii. Cryosophila macrocarpa bezeichnet er als sehr selten mit unbekanntem Gefährdungsgrad. Ursache für die Gefährdung ist vor allem der Verlust der Standorte durch Zerstörung des Regenwaldes. In seiner Einstufung für die IUCN von 1998 stufte er von den sieben angeführten Arten drei als gering gefährdet ein (Cryosophila guagara[1], Cryosophila kalbreyeri[2] und Cryosophila nana[3]), Cryosophila bartlettii[4] als stark gefährdet, zwei Arten als vom Aussterben bedroht (Cryosophila cookii[5] und Cryosophila grayumii[6]). Cryosophila williamsii[7] ist in freier Wildbahn ausgestorben.

Cryosophila kalbreyeri
Früchte von Cryosophila warscewiczii

Die Gattung Cryosophila Blume wird innerhalb der Familie Arecaceae in die Unterfamilie Coryphoideae, Tribus Cryosophileae gestellt.[8]

Randall J. Evans akzeptierte 1995 in seiner Gattungs-Monographie 10 Arten. Diese wurden 2005 von Rafael Govaerts und John Dransfield in ihrer World Checklist of Palms übernommen.[9]

Die kladistische Analyse von morphologischen Merkmalen durch Evans ergab folgenden strict consensus tree:



Cryosophila warscewiczii


   




Cryosophila nana


   

Cryosophila grayumii


   

Cryosophila kalbreyeri


   

Cryosophila bartlettii


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Cryosophila williamsii



   

Cryosophila guagara


   

Cryosophila cookii


   

Cryosophila macrocarpa





   

Cryosophila stauracantha




Der Name Cryosophila bedeutet kälteliebend. Die Bedeutung ist unbekannt, zumal alle Arten kälteempfindlich sind.[10]

Forschungsgeschichte

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Cryosophila nana wurde als erste Art, die heute zur Gattung gezählt wird, beschrieben, allerdings zunächst in heute rein altweltliche Gattungen gestellt: Corypha (als Corypha nana H.B.K.) bzw. Chamaerops (als Chamaerops mocini H.B.K.). Carl Ludwig Blume stellte 1838 oder 1839 die Gattung Cryosophila auf, zu der er nur Cryosophila nana zählte. Wendland beschrieb die gleiche Art 1869 unter dem Namen Acanthorrhiza aculeata in einer neuen Gattung erneut, dies wurde von Bartlett 1935 erkannt, ebenso, dass Kunth die gleiche Art zweimal beschrieben hatte. Bartlett beschrieb 1935 drei neue Arten, Allen 1953 zwei weitere. Die Bestimmungsschlüssel der beiden letzten Autoren erlaubten allerdings keine eindeutige Bestimmung der Arten. Eine umfassende Beschreibung der Gattungsmerkmale publizierte Moore 1972, die im Wesentlichen von Uhl und Dransfield 1987 übernommen wurde. Die erste Monographie über die Gattung mit einer Revision der Arten veröffentlichte R. J. Evans 1995.

  • Randall J. Evans: Systematics of Cryosophila (Palmae). Systematic Botany Monographs, Band 46, 1995, S. 1–70. (JSTOR)

Einzelnachweise

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  1. Cryosophila guagara in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  2. Cryosophila kalbreyeri in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  3. Cryosophila nana in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  4. Cryosophila bartlettii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  5. Cryosophila cookii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  6. Cryosophila grayumii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  7. Cryosophila williamsii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 12. September 2009.
  8. John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: A New Phylogenetic Classification of the Palm Family, Arecaceae. Kew Bulletin, Band 60, 2005, S. 559–569. (JSTOR)
  9. Cryosophila. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 27. August 2009.
  10. Robert Lee Riffle, Paul Craft: An Encyclopedia of Cultivated Palms, 4. Auflage, Timber Press, Portland 2007, ISBN 978-0-88192-558-6, S. 316.
  • Cryosophila auf der Homepage des Fairchild Tropical Botanic Garden