Der Kanzler von Tirol

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Der Kanzler von Tirol ist ein historischer Roman des deutsch-österreichischen Schriftstellers Hermann von Schmid. Sein Roman ‚Der Kanzler von Tirol’ beschreibt die Geschichte Wilhelm Bieners. Erstmals ist der Roman als dreibändiges Werk im Jahre 1863 erschienen.

Titelseite des Buches in einer Ausgabe der Deutschen Buch-Gemeinschaft Berlin aus dem Jahr 1929

Historischer Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Roman ist im Zeitgeist des 19. Jahrhunderts geschrieben; er spielt in der Zeit der Gegenreformation am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Es war die Zeit der Verfolgung der „lutherischen Ketzer“ in Tirol. Im Buch werden die Gegensätze der damaligen katholischen Kirche – in erster Linie durch den Jesuitenorden repräsentiert – und der freien Tiroler Stände geschildert. Weiter wird der Gegensatz zwischen deutschen und italienischen (im Buch als „welschen“ bezeichnet) Landesherren beschrieben.

Die Landesherrin war die Erzherzogin von Österreich, Claudia von Medici, Witwe des Erzherzogs Leopold V. von Österreich-Tirol, die zwischen 1632 und 1646 als Regentin für ihren minderjährigen Sohn Ferdinand Karl das Land Tirol regierte, sie wurde von dem aus Lauchheim in Württemberg stammenden Dr. Wilhelm Biener als Kanzler tatkräftig unterstützt.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einundzwanzig umfangreichen Kapiteln seines 600 Seiten umfassenden Werkes beschreibt der Autor den letzten Abschnitt des Lebens von Wilhelm Biener als Kanzler von Tirol.

Der verwitwete Wilhelm Biener wird nach Übernahme der Regentschaft Claudia von Medicis über Tirol, als der mächtige, unerschütterliche Kanzler, treuer Berater und enger Vertraute seiner Herrin dargestellt. Er wurde durch seine außerordentliche Bildung und angeborenes Organisationstalent hoch geschätzt war jedoch auch wegen seines Hochmuts bei seinen Gegnern unbeliebt und verhasst. Durch seine zynische und spöttische Art machte er sich rasch eine Anzahl von Personen zu erbosten Feinden. Die Erbitterung seiner Gegner entsprang hauptsächlich aus seiner energischen Abneigung gegen die italienische Frivolität, die sich vor allem unter Claudias Sohn Ferdinand Karl breit machte, und aus dem Hasse der südlichen Bistümer, welche sich gerne von Tirol losgesagt hätten. Ganz besonders machte sich Biener bei seinen Erzfeinden dem Kanzler der vorderösterreichischen Lande Isaak Volmar, dem Kammerpräsidenten Schmauß und den Brixener Weihbischof Josua Perkhofer unbeliebt, die ihm letztlich nach seinem Leben trachten werden.

Biener kritisierte heftig den Ausverkauf Tiroler Herrschaftsrechte an Graubünden. Besonders lesenswert ist die Schilderung des Innsbrucker Landtages, wo zwei Welten aufeinanderprallten: auf der einen Seite der deutsche Adel gemeinsam mit den Tiroler Bauernstand und auf der anderen Seite die welschen Stände und der katholische Klerus. Als ein Prototyp eines standesbewussten aber gleichzeitig freien Tiroler Bauern ist die Figur des aus dem Passeiertal stammenden Schildhofer, der Claudia von Medici treu und hingebungsvoll ergeben ist und die er auch als einer der Wenigen duzen darf.

Biener gelang es als Kanzler von Tirol die Einheit des Landes zu wahren: „Es darf kein eigenes Wohl geben, nur das Wohl der Gesamtheit, wenn ehrliche Politik gemacht werden soll,“ lautete einer seiner Wahlsprüche. Wilhelm Biener lag einerseits das Wohl des Landes Tirol am Herzen, dem er als ‚deutschnationaler Patriot’ eine Zukunft nur im Verbunde mit dem Deutschen Reich zu sehen glaubte. Andererseits verliebte er sich unsterblich in die Herzogin Claudia von Medici. Claudia erwiderte seine Liebe, sie blieb jedoch unerfüllt, da beide darauf zugunsten des Landes Tirol verzichteten. Letztlich handelte es sich um eine rein platonische Liebe.

Der Stern von Wilhelm Biener begann zu sinken, als Claudia von Medici im Jahre 1646 die Herrschaft an ihren älteren Sohn Ferdinand Karl abgab und nicht mehr in der Lage war über Biener ihre schützende Hand zu halten. Ferdinand Karl entpuppte sich als schwacher, wankelmütiger und leicht beeinflussbarer Herrscher. Unter dem Einfluss seiner 'welschen' Hofschranzen wurde Biener von seinem Amt als Tiroler Kanzler abberufen; seinen Feinden gelang es Ferdinand Karl mit "erlogenen Tatsachen" derart zu beeinflussen, dass der Regent einen Prozess gegen Biener wegen Hochverrats zustimmte. Biener wurde verhaftet, sein Eigentum durchsucht und er wurde auf die Burg Rattenberg gebracht und eingekerkert. Dort wurde er in einem Schauprozess mit Wissen des Erzherzogs (den man über den genauen Tatbestand bewusst nicht unterrichtete) von Fiskal Hippoliti verhört und letztlich zum Tode durch das Schwert verurteilt.

Nachdem der Bruder des regierenden Herzogs Sigismund Franz, der Biener als seinen ehemaligen Lehrer hoch verehrte und schätzte, von den Ereignissen, die sich auf Burg Rattenberg abspielten, erfuhr, eilte er zu seinem Bruder und bewegte Ferdinand Karl das Urteil aufzuheben, womit sich dieser auch einverstanden erklärte. Der Eilbote, der die Änderung des Urteils auf die Burg Rattenberg überbringen sollte, wurde jedoch von Bieners Feinden durch Täuschung in einem Gasthaus aufgehalten und trunken gemacht. Als der Bote – ein Analphabet – dann endlich von einem Priester den wahren Inhalt seiner zu überbringenden Botschaft erfuhr, eilte er vergebens zum Tatort. Es war zu spät! Als das Änderungsdekret über die Begnadigung dort ankam, war das Urteil bereits vollstreckt, Biener war enthauptet.

Biener starb standhaft, tapfer und mit erhobenem Haupte. Bereits auf dem Schafott des Schlosshofes stehend rief er aus:

Ich beuge mich in Ehrfurcht den Willen seiner Durchlaucht - der übel berichtete und übel geleitete Fürst hat keine Schuld an meinem Blut, aber im letzten Augenblick rufe ich alle hier zu Zeugen an und klage gegen jene, die ihn verleitet haben! Ich klage, dass man wider Gesetz und Recht mich gefangen gesetzt und gehalten! Dass man mich unwürdig, wie einen gemeinen Dieb und Räuber, behandelt hat, dass man mit ausgesuchter, ungesetzlicher Grausamkeit mich vollständig von den Menschen trennte! - Ja, als Sterbender und mit meinem letzten Atemzug beteuere ich, dass ich keinen Teil habe an allem, wessen meine Feinde mich verklagen![1]

Heute befindet sich auf der Stelle, wo einst das Schafott für Wilhelm Biener stand, ein Gedenkstein.

Als Bieners zweite Ehefrau Elisabeth von der Vollstreckung des Urteils erfuhr, verfiel sie dem Wahnsinn. Sie stürzte sich von dem Felsen des Büchsenhauser Gufels in die Tiefe; davor verfluchte sie jedoch die Verursacher von ihres Mannes Tod. Ihre Prophezeiung erfüllte sich, Schmauß – der Hauptschuldige an Bieners Tod – starb noch im Herbst desselben Jahres. Das Haus, in dem Biener lebte, wurde samt Inventar von Hippoliti konfisziert, die Insassen vertrieben. Dieses Haus gibt es heute noch: es ist das 'Büchsenhaus', auf der linken Inn-Seite.

Hermann von Schmid, der Autor des Buches, berichtet in einer Schlussbemerkung über die Entstehungsgeschichte des Buches. Er berichtet, dass er zwei volle Jahre mit dem Studium von Quellenmaterial für dieses Buch zubrachte. Er forschte im Ferdinandeum zu Innsbruck, wo zahlreiche Urkunden, Kriminaluntersuchungsakten und zeitgenössische Dokumente aus der damaligen Zeit ausgewertet wurden und in das Buch eingeflossen sind. Wenn auch manche Passagen des Buches fiktiv erzählt sind, kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Teile des Buches auf den Erkenntnissen dieser Akten beruhen und den historischen Tatsachen entsprechen. Am Ende der Schlussbetrachtung ist auch ein Register einschlägiger Quellen und der Literatur angegeben, die in diesem Buch Verwertung fanden.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Kanzler von Tirol, S. 564 (siehe Literatur)
  2. Der Kanzler von Tirol, S. 601 (siehe Literatur)