Deutsche Mathematiker-Vereinigung

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Logo der Deutschen Mathematiker-Vereinigung

Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung e. V., kurz DMV, ist die berufsständische Vertretung der Mathematiker in Deutschland. Sie fördert die mathematische Wissenschaft und ihre Anwendungen in allen ihren Ausprägungen und vertritt die wissenschaftlichen Interessen ihrer etwa 5.000 Mitglieder. Darüber hinaus vertritt die DMV die deutschen Mathematiker in der European Mathematical Society (EMS) und der International Mathematical Union (IMU).

Sitz des eingetragenen Vereins ist Tübingen, die Geschäftsstelle befindet sich in Berlin. Präsident der DMV ist derzeit Wolfgang Lück.

Aktivitäten

Einmal im Jahr findet die DMV-Jahrestagung statt – mit Hauptvorträgen zu mathematischen Themen, Minisymposien und der Emmy-Noether-Vorlesung. Zweimal im Jahr wird auf der Gauss-Vorlesung an wechselnden Universitätsstandorten ein aktuelles Forschungsthema aus der Mathematik aufgegriffen. Alle zwei Jahre vergibt die DMV den Journalistenpreis der DMV und den Medienpreis der DMV. Seit 1990 verleiht die DMV maximal alle zwei Jahre in Erinnerung an ihren ersten Präsidenten Georg Cantor die Georg-Cantor-Medaille für bedeutende Verdienste um die Mathematik.

2008 war die DMV Mitveranstalterin des Jahres der Mathematik. Seitdem kann an jeder Schule, an der es einen Leistungskurs Mathematik gibt, mindestens eine Schülerin und/oder ein Schüler für die Bestleistung in Mathematik mit dem DMV-Abiturpreis ausgezeichnet werden. Seit 2009 richtet die DMV den „Mathemonat Mai“ aus, in dem bundesweit Projekte veranstaltet werden, die Mathematik bei Schülerinnen und Schülern oder in der breiten Öffentlichkeit populär machen. Für Schulkontakte, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterhält die DMV ein Netzwerkbüro Schule-Hochschule und ein Medienbüro Mathematik in Berlin. Personen, die sich auch außerberuflich für Mathematik einsetzen, können sich bei der DMV als Mathemacher registrieren. Außergewöhnlich engagierte Menschen zeichnet die DMV als „Mathemacher des Monats aus“. Mathemacher sind auch MINT-Botschafter der Initiative „MINT Zukunft schaffen“.

An ein größeres Publikum wendet sich die seit 2002 jährlich organisierte Gauß-Vorlesung der DMV.

Publikationen

Das Verbandsorgan heißt Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. In dieser Publikation, die alle Mitglieder vierteljährlich erhalten, erscheinen Beiträge zu aktuellen mathematischen Themen, Artikel und Interviews zu Studium und Beruf sowie Buchbesprechungen populärwissenschaftlicher Veröffentlichungen. Außerdem enthalten sind Rubriken zu neuen Mitgliedern, Todesfällen, Promotionen, Habilitationen, Berufungen, Ernennungen, Ehrungen und Preisen.

Über Fachkreise hinaus bekannt geworden sind die Mitteilungen dadurch, dass sie Jamiri, einen der bekanntesten deutschen Comiczeichner, als Hauszeichner gewinnen konnten.

Weiter gibt die DMV als wissenschaftliche Zeitschrift den Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung heraus.

Darüber hinaus betreibt die DMV die Webseite www.mathematik.de, auf der Wissenswertes über Mathematik zusammengetragen wird. Allgemeinverständlich formulierte Informationen zu den Teilgebieten der Mathematik und zur aktuellen Forschung sind ebenso Bestandteil wie Informationen für Schüler oder Rezensionen zu diversen mathematischen Publikationen.

Geschichte

Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung wurde 1890 in Bremen gegründet; ihr erster Vorsitzender war Georg Cantor. Die erste reguläre Jahrestagung der DMV fand 1891 zusammen mit der GDNÄ-Tagung in Halle statt. Hier wurden vorbereitende Statuten und die Geschäftsordnung beschlossen. Noch bis 1931 tagten GdNÄ und DMV zusammen. Schnell wurde die Berichterstattung einzelner Gebiete der Mathematik eingeführt, was die Anerkennung neuer Entwicklungen förderte. Auch internationale Mitglieder wurden von der DMV angezogen.

In der Zeit des Nationalsozialismus gingen die Studentenzahlen in der Mathematik an den Universitäten stark zurück. Die Lehrkapazität wurde an den meisten Universitäten herabgesetzt; es gab zahlreiche Entlassungen aus rassistischen oder politischen Gründen. Diese Entwicklung blieb bei der DMV weitgehend unbeachtet. Bis einschließlich April 1934 war ein nahezu normaler Geschäftsgang zu verzeichnen.

1933 kam es zu personellen Veränderungen. Ohne Protest wurde am Rande der DMV-Tagung ein Ausschuss-Beschluss gefasst: Die Wahlannahme für den Ausschuss war nur gewährleistet, wenn versichert werden konnte, dass der Bewerber arischer Abstammung und bereit war, im Sinne des nationalen Staates zu arbeiten. Der DMV-Vorstand bestand zu dieser Zeit aus Helmut Hasse, Otto Blumenthal und Ludwig Bieberbach. Blumenthal trat von seinem Amt zurück, Oskar Perron wurde daraufhin als Vorsitzender gewählt, Konrad Knopp als drittes Vorstandsmitglied. Im November desselben Jahres teilte Bieberbach mit, dass Schur freiwillig auf sein Amt im Ausschuss verzichte. Als Nachfolger wurde Müller bestimmt, dessen arische Abstammung versichert werden konnte.

1934 kam es zu Auseinandersetzungen innerhalb der DMV. Bieberbach brachte in einem Vortrag vor der Physikalisch-mathematischen Klasse der Berliner Akademie der Wissenschaften anschauliches Denken mit Rassen in Verbindung. Daraufhin griff Harald Bohr Bieberbach in einem öffentlichen Zeitungsartikel an. Bieberbach veröffentlichte nun – ohne Zustimmung der Mitherausgeber Knopp und Hasse – einen offenen Brief gegen Bohr in den DMV-Mitteilungen. Bei der Mitgliederversammlung 1934 wurde der Angriff Bohrs auf Bieberbach verurteilt, soweit er einen Angriff auf den neuen deutschen Staat und Nationalsozialismus darstellte. Die Mehrheit sprach sich für Bieberbachs Bemühen aus, die Belange des 3. Reiches zu wahren. Daher wurde der Artikel Bieberbachs nicht verurteilt. Diese nicht gut vorzeigbaren Beschlüsse zum Bohr-Brief mussten laut Satzung veröffentlicht werden und erschienen im Dezember 1934 im Jahresbericht. In der Folge verließen viele angesehene Mitglieder die DMV, unter ihnen Bohr, Hermann Weyl, der 1932 Präsident gewesen war, und Richard Courant.

In der Mitgliederversammlung 1934 wurde ebenfalls der Übergang zum gemäßigten Führerprinzip mit Wilhelm Blaschke an der Spitze festgelegt, nachdem der Antrag zur Einführung das Führerprinzips, der von Bieberbach initiiert wurde, abgelehnt worden war. Dieser Beschluss trat jedoch nicht in Kraft. Bei der Ausschusssitzung im Januar 1935 erklärten Blaschke und Bieberbach ihren Rücktritt; ersetzt wurden sie durch Georg Hamel und Emanuel Sperner. Die Vorstandsmitglieder Hasse und Knopp mussten bei wichtigen Entscheidungen nun zwar die Zustimmung Hamels einholen, waren aber sehr darauf bedacht, dass Hamel keine Befugnisse an sich riss, die ihnen zustanden. Auch nach 1935 kam es zu keiner formellen Verankerung des Führerprinzips.

Der Ausschluss jüdischer Mitglieder aus der DMV verlief schrittweise. 1935 wurden jene, die über zwei Jahre ihren Mitgliedsbeitrag nicht gezahlt hatten, ausgeschlossen. Ab 1938 erschienen in den DMV-Mitteilungen keine Mitteilungen mehr über den Verbleib jüdischer Mitglieder. Nach dem Pogrom im November 1938 und dem Akademieerlass musste nun auch in der DMV das Führerprinzip eingeführt werden. Auch mussten Akademiemitglieder Reichsbürger im Sinne des Reichsbürgergesetzes sein. Das führte dazu, dass zum Jahresende die Mitgliedschaft von Blumenthal, Schur, Rosenthal und weiteren erlosch. Auch in den Folgejahren kam es weiter zum Ausschluss jüdischer Mitglieder aus dem In- und Ausland.

Nach dem 2. Weltkrieg stellte sich für die DMV, wie für andere Institutionen die Frage, ob eine Weiterführung mit alten Mitgliedern in führenden Stellungen möglich sei oder ein Neuanfang ohne die alten Mitglieder in Betracht gezogen werden müsse. Letzteres setzte sich durch, und so kam es bei der nationalen Mathematikertagung im September 1946 zur Gründung einer DMV in der französisch besetzten Zone. In den Folgejahren dehnte sie sich auch auf die anderen besetzten Zonen aus. Damit kam es zu einer Nachfolge der DMV unter gleichem Namen.

1961 vollzog sich eine Abspaltung der DMV-Mitglieder aus der DDR. 1962 wurde die Mathematische Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik gegründet.

Präsidenten

Weblinks

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