E-Mental-Health

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E-Mental-Health bezeichnet die Anwendung neuer Medien bei der Behandlung und Prävention psychischer Erkrankungen, und kann als ein Teilbereich von E-Health verstanden werden.

Angebote

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl psychosozialer Angebote, die sich der neuen Technologien bedienen, so zum Beispiel Psychoedukation durch Informationswebseiten, Onlineberatung, Onlineforen, Einzel- und Gruppenchats, Nachsorge per sms, oder psychotherapienahe Interventionen wie z. B. E-Mail-Therapie oder computergestützte kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren (computerized Cognitive Behavioral Therapy, cCBT).

Psychoedukation und Selbsthilfe

Es gibt inzwischen viele Gesundheitsportale und Internetseiten, die Informationen zu psychischen Krankheiten liefern und/oder Diskussionsforen anbieten, wie zum Beispiel die Stiftung Deutsche Depressionshilfe.[1][2]

Beratung

Psychotherapienahe Angebote

Psychotherapienahe Angebote, über die in der wissenschaftlichen Fachliteratur mindestens eine Studie publiziert wurde (Auswahl):

  • Beating the Blues[3] (englischsprachiges Programm zur Unterstützung bei depressiven Symptomen)
  • Colour Your Life[4] (englischsprachiges Programm zur Unterstützung bei depressiven Symptomen)
  • Deprexis[5][6][7] (deutschsprachiges kognitiv-verhaltenstherapeutisches Programm zur Unterstützung bei depressiven Symptomen)
  • GET.ON Gesundheitstraining.Online[8][9] (deutschsprachige Programme zur Unterstützung bei depressiven Symptomen, arbeitsbezogenem Stress, Panikstörung, Schlafstörungen, depressiven Symptomen bei Diabetes-Patienten u. a. Dieses Projekt hat insbesondere aufgrund des von der BARMER GEK geförderten Stressbewältigungstrainings Fit im Stress und des Regenerationstraining in den letzten Monaten viel mediale Aufmerksamkeit bekommen. Alle Trainings sind wissenschaftlich evaluiert,z.B.[10])
  • ICD-Forum[11][12] (deutschsprachiges Programm zur psychosozialen Unterstützung von Patienten mit implantierbaren Kardioverter Defibrillatoren, ICD)
  • Interapy[13] (holländisches, inzwischen auch für den deutschsprachigen Raum adaptiertes Programm zur Unterstützung bei Traumafolgestörungen)
  • MoodGYM[14] (englischsprachiges, kognitiv-verhaltenstherapeutisches Programm zur Unterstützung bei depressiven Symptomen)
  • Novego[15][16] (deutschsprachiges Programm zur Unterstützung bei depressiven Symptomen, mit speziellen Inhalten für kardiologische Patienten sowie Patienten mit chronischem Rückenschmerz)
  • Overcoming Depression on the Internet (ODIN)[17] (englischsprachiges Programm zur Behandlung von depressiven Symptomen)
  • Panic Online[18] (englischsprachiges Programm zur Unterstützung bei Panikstörung)
  • Online-Selbsthilfeprogramm der Universität Bern zur Sozialen Phobie[19][20][21]
  • Student Bodies[22] (achtwöchiges kognitiv-verhaltenstherapeutisches Onlineprogramm zur Prävention von Essstörungen)

Nachsorge

Ein Beispiel für ambulante Nachsorge über das Internet nach einem stationären Klinikaufenthalt ist z. B. das Projekt Internetbrücke der Forschungsstelle für Psychotherapie, in dem ehemalige Patienten einer psychosomatischen Klinik über Online-Chatgruppen nachbetreut wurden.[23][24]

Wirksamkeit

Eine Meta-Analyse zu internetbasierten psychologischen Therapien bei Depressionen ergab für diese eine durchschnittliche Effektstärke von d=0.41, wobei Interventionen mit Unterstützung durch einen Therapeuten („supported treatments“) bessere Erfolge erzielten (d=0.61) als reine Selbsthilfe-Programme ohne Unterstützung („unsupported treatments“, d=0.25).[25]

Eine Übersichtsarbeit zu internetbasierter kognitiver Verhaltenstherapie bei verschiedenen körperlichen Problemen ergab, dass diese bei Schmerzpatienten ähnlich wirksam ist wie herkömmliche ("face-to-face") Psychotherapie.[26]

Kritik

In Bezug auf psychotherapienahe Angebote wird unter anderem diskutiert, inwieweit z. B. die Erstellung einer Diagnose oder der Aufbau einer therapeutischen Beziehung über das Internet möglich ist. Eine Gefahr wird darin gesehen, dass bei unzureichender Diagnostik eine nicht geeignete Behandlung erfolgen könnte. Zudem ist eine schnelle therapeutische Intervention wie z. B. eine Klinikeinweisung im Bedarfsfall kaum möglich. Aufgrund des rein schriftlichen Austauschs gehen andere Aspekte der Kommunikation (z. B. Modulation der Stimme, Blickkontakt etc.) verloren. Auch sind z. B. modular aufgebaute Internettherapien meist auf nur ein isoliertes Erkrankungsbild ausgerichtet, wogegen es in der Praxis häufig so ist, dass verschiedene Erkrankungen und Probleme nebeneinander bestehen. Zudem ergibt sich bei der Kommunikation im Internet das Problem der Datensicherheit (in der Berufsordnung für Psychotherapeuten wird dagegen absoluter Vertrauensschutz verlangt).[27] Im November 2009 wurde von der Landespsychotherapeutenkammer Hessen eine kritische Stellungnahme[28] zum Online-Therapie-Programm Deprexis in Reaktion auf einen Artikel der FAZ[29] veröffentlicht. Am 17. April 2010 wurde von der Landespsychotherapeutenkammer Hessen eine Resolution mit folgendem Wortlaut einstimmig beschlossen:

„Die Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen erfordert eine persönliche Beziehung zwischen Patient/in und Arzt/Ärztin, Psychologischem Psychotherapeuten/in oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten/in. Eine Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ohne persönlichen Kontakt ist nicht mit der Berufsordnung vereinbar. Das Angebot nicht wissenschaftlich überprüfter Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten über das Internet und andere Medien wächst und es bedarf eines deutlichen Signals an die Öffentlichkeit, dass diese keine Alternative zur professionellen medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung darstellen.“[30]

Sonstiges

Im Oktober 2009 fand das erste internationale E-Mental-Health-Treffen in Amsterdam statt.[31]

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Andersson, Pim Cuijpers: Internet-Based and Other Computerized Psychological Treatments for Adult Depression: A Meta-Analysis. In: Cognitive Behaviour Therapy. 38 (4), 2009, S. 196–205. doi:10.1080/16506070903318960.
  • Azy Barak, Liat Hen, Meyran Boniel-Nissim, Na’ama Shapira: A Comprehensive Review and a Meta-Analysis of the Effectiveness of Internet-Based Psychotherapeutic Interventions. In: Journal of Technology in Human Services. 26(2/4), 2008, S. 109–160. doi:10.1080/15228830802094429.
  • Stephanie Bauer, Hans Kordy (Hrsg.): E-Mental-Health. Neue Medien in der psychosozialen Versorgung. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-75735-1 (Rezension im Psychotherapeutenjournal. 4/2009, S. 398. (PDF))
  • J. Bennett-Levy u. a. (Hrsg.): Oxford Guide to Low Intensity CBT Interventions. Oxford University Press, New York 2010, ISBN 978-0-19-959011-7. (verschiedene Kapitel zu E-Mental-Health)
  • Pim Cuijpers, Tara Donker, Robert Johansson, David C. Mohr, Annemieke van Straten, Gerhard Andersson: Self-Guided Psychological Treatment for Depressive Symptoms: A Meta-Analysis. In: PLoS ONE. 6 (6), 2011, e21274, doi:10.1371/journal.pone.0021274.
  • Christiane Eichenberg, Ralf Ott: Klinisch-psychologische Intervention im Internet. Review zu empirischen Befunden störungsspezifischer Angebote. In: Psychotherapeut. 57 (1), 2012, S. 58–69, doi:10.1007/s00278-011-0832-5.
  • Viola Spek, Pim Cuijpers, Ivan Nyklicek, Heleen Riper, Jules Keyzer, Victor Pop: Internet-Based Cognitive Behavior Therapy for Symptoms of Depression and Anxiety: A Meta-Analysis. In: Psychological Medicine. 37, 2007, S. 319–328, doi:10.1017/S0033291706008944.
  • Das Ich und das Netz. In: Die Zeit. Nr. 47/2007.
  • H. Thiart, D. Lehr, D. D. Ebert, M. Berking, H. Riper: Log in and breathe out: internet-based recovery training for sleepless employees with work-related strain – the results of a randomized controlled trial. In: Scand J Work Environ Health. doi:10.5271/sjweh.3478

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Anne Blume, Ulrich Hegerl: Internetbasierte Kommunikation im Kompetenznetz „Depression, Suizidalität“: Erfahrungen und Chancen. In: Stephanie Bauer, Hans Kordy: E-Mental-Health. Neue Medien in der psychosozialen Versorgung. 2008.
  2. Stiftung Deutsche Depressionshilfe
  3. K. Cavanagh, D. A. Shapiro, S. Van Den Berg, S. Swain, M. Barkham, J. Proudfoot: The effectiveness of computerized cognitive behavioural therapy in routine care. In: British Journal of Clinical Psychology. 45, 2006, S. 499–514, doi:10.1348/014466505X84782.
  4. L. E. de Graaf, S. A. H. Gerhards, A. Arntz, H. Riper, J. F. M. Metsemakers, S. M. A. A. Evers, J. L. Severens, G. Widdershoven, M. J. H. Huibers: Clinical effectiveness of online computerised cognitive–behavioural therapy without support for depression in primary care: randomised trial. In: British Journal of Psychiatry. 195, 2009, S. 73–80, doi:10.1192/bjp.bp.108.054429.
  5. Björn Meyer, Thomas Berger, Franz Caspar, Christopher G Beevers, Gerhard Andersson, Mario Weiss: Effectiveness of a Novel Integrative Online Treatment for Depression (Deprexis): Randomized Controlled Trial. In: Journal of Medical Internet Research. 11 (2), 2009, S. e15 doi:10.2196/jmir.1151.
  6. Thomas Berger, Katja Hämmerli, Nina Gubser, Gerhard Andersson, Franz Caspar: Internet-based treatment of depression: A randomized controlled trial comparing guided with unguided self-help. In: Cognitive Behaviour Therapy. 40(4), 2011, S. 251–266.
  7. Steffen Moritz, Lisa Schilling, Marit Hauschildt, Johanna Schröder, András Treszl: A randomized controlled trial of internet-based therapy in depression. In: Behaviour Research and Therapy. 50 (7-8), 2012, S. 513–521, doi:10.1016/j.brat.2012.04.006.
  8. http://www.leuphana.de/inkubator/gesundheit/geton.html Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Berking
  9. geton-institut.de
  10. H. Thiart, D. Lehr, D. D. Ebert, M. Berking, H. Riper: Log in and breathe out: internet-based recovery training for sleepless employees with work-related strain – results of a randomized controlled trial. In: Scand J Work Environ Health. auf: sjweh.fi
  11. ICD-Forum.de, vom BMBF gefördertes Forschungsprojekt (randomisierte kontrollierte Studie, siehe clinicaltrials.gov unter Leitung von Stefan M. Schulz, Pauli Pauli und Oliver Ritter am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz
  12. S. M. Schulz, P. Pauli: Internettherapie für ICD-Patienten. In: Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie, 22(3), 2011, S. 166–173. doi:10.1007/s00399-011-0145-y
  13. Alfred Lange, Deirdre Rietdijk, Milena Hudcovicova, Jean-Pierre van de Ven, Bart Schrieken, Paul M. G. Emmelkamp: Interapy: A Controlled Randomized Trial of the Standardized Treatment of Posttraumatic Stress Through the Internet. In: Journal of Consulting and Clinical Psychology. 71 (5), 2003, S. 901–909, doi:10.1037/0022-006X.71.5.901.
  14. Helen Christensen, Kathleen M Griffiths, Anthony F Jorm: Delivering interventions for depression by using the internet: randomised controlled trial. In: British Medical Journal. 328, S. 265–269, doi:10.1136/bmj.37945.566632.EE.
  15. Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wulf Rössler
  16. Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und Depressionen
  17. G. Clarke, D. Eubanks, E. Reid, C. Kelleher, E. O’Connor, L. L. DeBar, F. Lynch, S. Nunley, C. Gullion: Overcoming Depression on the Internet (ODIN) (2): a randomized trial of a self-help depression skills program with reminders. In: Journal of Medical Internet Research. 7(2), 2005, S. e16, doi:10.2196/jmir.7.2.e16.
  18. Britt Klein, Kerrie Shandley, David Austin, Sara Nordin: A Pilot Trial of ‘Panic Online’ as a Self-Guided Treatment for Panic Disorder. In: E-Journal of Applied Psychology. 4(2), 2008, S. 25–30.
  19. T. Berger, E. Hohl, F. Caspar: Internet-based treatment for social phobia: a randomized controlled trial. In: Journal of Clinical Psychology. 65 (10), 2009, S. 1021–1035. PMID 19437505.
  20. T. Berger, F. Caspar, R. Richardson, B. Kneubühler, D. Sutter, G. Andersson: Internet-based treatment of social phobia: a randomized controlled trial comparing unguided with two types of guided self-help. In: Behaviour Research and Therapy. 49 (3), 2011, S. 158–169. PMID 21255767.
  21. kurze Projektbeschreibung
  22. Andrew J. Winzelberg, Don Eppstein, Kathleen L. Eldredge, Denise Wilfley, Radhika Dasmahapatra, Parvati Dev, C. Ban Taylor: Effectiveness of an Internet-Based Program for Reducing Risk Factors for Eating Disorders. In: Journal of Consulting and Clinical Psychology. 68 (2), 2000, S. 346–350, doi:10.1037/0022-006X.68.2.346
  23. H. Kordy, V. Golkaramnay, M. Wolf, S. Haug, S. Bauer: Internetchatgruppen in Psychotherapie und Psychosomatik. Akzeptanz und Wirksamkeit einer Internet-Brücke zwischen Fachklinik und Alltag. In: Psychotherapeut. 51 (2), 2006, S. 144–153, doi:10.1007/s00278-005-0458-6.
  24. Stephanie Bauer, Markus Wolf, Severin Haug, Hans Kordy: The effectiveness of internet chat groups in relapse prevention after inpatient psychotherapy. In: Psychotherapy Research. 21 (2), 2011, S. 219–226, doi:10.1080/10503307.2010.547530.
  25. Andersson & Cuijpers, 2009, PMID 20183695.
  26. Pim Cuijpers, Annemieke van Straten, Gerhard Andersson: Internet-administered cognitive behavior therapy for health problems: a systematic review. In: Journal of Behavioral Medicine. 2008, 31 (2), S. 169–177, doi:10.1007/s10865-007-9144-1.
  27. Jürgen Hardt, Matthias Ochs: „Internettherapie“ – Chancen und Gefahren – eine erste Annäherung. In: Psychotherapeutenjournal. 1/2011, S. 28–32. (PDF).
  28. Stellungnahme der Landespsychotherapeutenkammer Hessen zu Deprexis vom 25. November 2009 (abgerufen am 4. Januar 2012)
  29. Online-Therapie gegen Depressionen. In: FAZ. 8. September 2009 (abgerufen am 4. Januar 2012).
  30. Resolution der Landespsychotherapeutenkammer Hessen vom 17. April 2010 (abgerufen am 4. Januar 2012.
  31. ementalhealthsummit.com