Einwellenlängenreflektometrie

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Reflektivitätsmessungen können auf unterschiedliche Arten realisiert werden. 1: Über die Änderung eines Exrempunktes (Minimum/Maximum) in x-Richtung über die Zeit. Biolayer Interferometry (BLI), RIfS 2: Über die Änderung der Intensität einer einzelnen Wellenlänge in y-Richtung

Einwellenlängenreflektometrie (englisch single colour reflectometry, SCORE), synonym bildgebende reflektometrische Interferenz (iRIf) und 1-Lambda-Reflektometrie, ist eine physikalische Methode, die auf Interferenz von monochromatischem Licht an dünnen Schichten beruht. Das Hauptanwendungsgebiet von SCORE ist die (bio-)molekulare Interaktionsanalyse, z. B. Protein-Protein-Interaktionen. Dabei werden zeitaufgelöste Bindungskurven erhalten, welche sowohl über die kinetischen und thermodynamischen Eigenschaften der beobachteten Wechselwirkung(en) als auch über die Konzentration des verwendeten Analyten Aufschluss geben. Diese (bio-)physikalischen Eigenschaften sind im pharmazeutischen Screening von Pharmaka sowie im Wirkstoffdesign, in Biosensoren und anderen biomedizinischen Anwendungen, in der Diagnostik und in zellbasierten Bioassays von großer Bedeutung.

Prinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das grundlegende Messprinzip entspricht dem Fabry-Pérot-Interferometer.

1: Monochromatisches Licht wird an der Phasengrenze reflektiert, 2: bei Anbindung eines (Bio-)Moleküls ändern sich die Reflexionsbedingungen, dies führt zu 3: einer Erhöhung der Intensität durch konstruktive Interferenz.

Realisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monochromatisches Licht wird senkrecht auf die Rückseite eines transparenten Mehrschichtsystems eingestrahlt. Das einfallende Licht wird dabei an jeder Grenzfläche des Mehrschichtsystems zum Teil transmittiert und zum Teil reflektiert. Die Überlagerung der reflektierten Teilstrahlen führt zu konstruktiver und destruktiver Interferenz (abhängig von der Wellenlänge des verwendeten Lichts und von den Materialien des verwendeten Mehrschichtsystems). Mittels einer Photodiode, CCD- oder CMOS-Kamera kann dieser Interferenzeffekt als Intensitätsänderung aufgezeichnet werden.

Die sensitive Schicht auf dem Mehrschichtsystem kann (bio-)chemisch mit Rezeptormolekülen, z. B. Antikörpern, modifiziert werden. Bei der spezifischen Anbindung von Liganden an diese immobilisierten Rezeptormoleküle ändert sich der Brechungsindex n und die physikalische Schichtdicke d der sensitiven Schicht. Das Produkt aus n und d ergibt die sog. optische Schichtdicke (n·d) der sensitiven Schicht.

Exemplarische Bindungskurve in der Auftragung Intensität vs Zeit

Die Änderung der Intensität des reflektierten Lichts während der (bio-)molekularen Interaktion über die Zeit kann als sog. Bindungskurve aufgezeichnet werden. Diese enthält Informationen über:

  • die Konzentration des verwendeten Liganden/Analyten
  • die kinetischen Konstanten (Assoziations- und Dissoziationsratenkonstanten) der Rezeptor-Ligand-Bindung
  • die Bindungsstärke (Affinität) zwischen Rezeptor und Ligand
  • die Spezifität der Interaktion zwischen Rezeptor und Ligand

Verglichen mit der Bio-Layer-Interferometrie (BLI), welche die Verschiebung des Interferenzspektrums während der Anbindung für die Erzeugung der Bindungskurven verwendet, zeichnet SCORE nur die Intensitätsänderung des reflektierten Lichts mittels einer Photodiode, CCD- oder CMOS-Kamera auf. Somit ist es möglich, nicht nur eine Interaktion auf einmal zu beobachten, sondern ortsaufgelöst in hochdichten Arrays bis zu 10.000 Interaktionen pro Quadratzentimeter[1] zu analysieren. Verglichen mit der Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie (SPR-Spektroskopie), welche durch die Eindringtiefe des evaneszenten Feldes limitiert ist, ist SCORE in ihrer Eindringtiefe durch die Kohärenzwellenlänge der verwendeten Lichtquelle limitiert. Diese beträgt normalerweise einige Mikrometer. Dies ist besonders in Bioassays, in denen ganze, lebende Zellen verwendet werden, relevant. Des Weiteren ist die SCORE-Technik (wie auch die BLI) störungsunanfällig gegenüber Temperaturänderungen während der Messung. Die SPR-Spektroskopie erfordert hingegen eine aufwändige Thermostatisierung, da sie die Änderung des Brechungsindexes detektiert, welcher stark temperaturabhängig ist.

Jeder Spot eins Mikroarrays resultiert in einer zeitaufgelösten Bindungskurve.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

SCORE wird vor allem als Detektionsmethode in Bio- und Chemosensoren angewendet. Sie ist (wie die RIfS, BLI und SPR auch) eine markierungsfreie Technik, mit der es möglich ist, die Anbindung von Analytmolekülen an die Sensoroberfläche zeitaufgelöst zu detektieren, ohne dass hierzu Fluoreszenz- oder Radioaktivitätsmarker benötigt werden.

Die SCORE-Technik wurde durch die Biametrics GmbH, einen Gerätehersteller mit Sitz in Tübingen, Deutschland vermarktet und vertrieben. Im Januar 2020 wurde die Biametrics GmbH und ihre Technologie von der BioCopy Holding AG mit Sitz in Aadorf, Schweiz, übernommen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Melanie Ewald,Peter Fechner,Günter Gauglitz: A multi-analyte biosensor for the simultaneous label-free detection of pathogens and biomarkers in point-of-need animal testing. In: Analytical and Bioanalytical Chemistry. Band 407, Nr. 14, 2015, ISSN 1618-2642, S. 4005–4013, doi:10.1007/s00216-015-8562-0.
  • Oliver Bleher, Aline Schindler, Meng-Xin Yin, Andrew B. Holmes, Peter B. Luppa, Günter Gauglitz, Günther Proll: Development of a new parallelized, optical biosensor platform for label-free detection of autoimmunity-related antibodies. In: Analytical and Bioanalytical Chemistry. Band 406, Nr. 14, 2014, ISSN 1618-2642, S. 3305–3314, doi:10.1007/s00216-013-7504-y.
  • Aline R. Schindler, Oliver Bleher, Markus A. Thaler, Carmen J. Kocot, Udo Steigerwald, Günther Proll, Günter Gauglitz, Peter B. Luppa: Diagnostic performance study of an antigen microarray for the detection of antiphospholipid antibodies in human serum. In: Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (CCLM). Band 53, Nr. 5, 2015, ISSN 1437-4331, doi:10.1515/cclm-2014-0569.
  • Melanie Ewald, Alexander Fabian Le Blanc, Günter Gauglitz, Günther Proll: A robust sensor platform for label-free detection of anti-Salmonella antibodies using undiluted animal sera. In: Analytical and Bioanalytical Chemistry. Band 405, Nr. 20, 2013, ISSN 1618-2642, S. 6461–6469, doi:10.1007/s00216-013-7040-9.
  • Rüdiger Frank, Bernd Möhrle, Dieter Fröhlich, Günter Gauglitz: A transducer-independent optical sensor system for the detection of biochemical binding reactions. Band 5993. International Society for Optics and Photonics, 2005, S. 59930A, doi:10.1117/12.633881.
  • Juergen Burger, Christin Rath, Johannes Woehrle, Philipp A. Meyer, Nessim Ben Ammar, Normann Kilb, Thomas Brandstetter, Florian Pröll, Guenther Proll, Gerald Urban, Guenter Roth: Low-Volume Label-Free Detection of Molecule-Protein Interactions on Microarrays by Imaging Reflectometric Interferometry. In: SLAS TECHNOLOGY: Translating Life Sciences Innovation. Band 22, Nr. 4, 2016, S. 437–446, doi:10.1177/2211068216657512.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alice Mueller, Peter Fechner, Hans Michael Maric, Claus Schafer-Nielsen, Florian Pröll, Günther Proll: Simultaneous label-free analysis of 1485 antibody-antigen interactions. Poster. 17. Juni 2017 (biametrics.com [PDF; abgerufen am 16. November 2017]).