Enterprise Wiki

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Ein Enterprise Wiki (auch Corporate Wiki, Firmenwiki, Unternehmenswiki oder Organisationswiki) ist ein Wiki, welches typische Funktionalitäten bietet, die für Unternehmensanwendungen notwendig sind. Enterprise Wikis sind ein wesentlicher Baustein im Gesamtkontext von Enterprise 2.0.

Entwicklung

Erste Enterprise Wikis wurden bereits Mitte der 1990er Jahre zur Produktverwaltung in IT-Projekten eingesetzt.[1].

Wikis bieten den Unternehmen die Möglichkeit, dass:

  • Mitarbeiter ihr Wissen teilen und gemeinsam arbeiten können.
  • Das implizite Wissen des einzelnen Mitarbeiters zu explizitem Gruppen- oder Unternehmenswissen wird.

In den letzten Jahren setzen sich vermehrt Semantische Wikis im Unternehmenseinsatz durch. Diese erlauben Daten zu einer Wikiseite abzulegen und abzufragen und kombinieren so die bekannten Vorteile eines Wikis mit den Möglichkeiten einer Datenbank. Eines der etabliertesten Semantischen Wikis ist Semantic MediaWiki. Organisationen, die Semantic MediaWiki intern benutzen, umfassen unter anderem Pfizer,[2] das Metropolitan Museum of Art,[3] das US-Verteidigungsministerium[4] oder auch die NASA.[5]

Auch für die Smart Factory ist der Einsatz von semantischen Enterprise Wikis gleich in zweierlei Hinsicht interessant: zum einen durch die einfache Datenintegration mit bestehenden Systemen, zum anderen durch die Verbindung menschlicher und maschineller Intelligenz.[6]

In vielen Unternehmen ist die Organisationsstruktur sehr starr. Durch den Einsatz von Enterprise Wikis können informelle, soziale Netzwerke gefördert und der Informationsfluss im Unternehmen verbessert werden.

Merkmale von Enterprise Wikis

Enterprise Wikis besitzen eine größere Funktionalität als herkömmliche Wikis. Die Eigenschaften von Wikisystemen im Allgemeinen treffen auch auf Enterprise Wikis zu. Folgende Eigenschaften und Merkmale erweitern Wikis zu Enterprise Wikis:[7]

Einfache Erstellung und Bearbeitung von Inhalten
Die Erstellung und Manipulation in Enterprise Wikis soll so einfach wie möglich erfolgen, deshalb sind WYSIWYG-Editoren meist ein Standard in diesen Wikisystemen.
Strukturierung und Navigation
Eine erweiterte Strukturierungsfunktionalität muss für Enterprise Wikis vorhanden sein, um die Unternehmensorganisation (oder Teilorganisationen eines Unternehmens) abbilden zu können.
Schnittstellen
Informationen sind für Unternehmen von großer Bedeutung. Deshalb sollte es möglich sein, Enterprise Wikis in andere (bereits vorhandene) Systeme des Unternehmens zu integrieren bzw. zu verknüpfen (z. B. LDAP-Anbindung, Export in bestimmte Formate, etc.).
Skalierbarkeit
Ein wesentlicher Aspekt für Unternehmen ist es, dass Systeme skalierbar sind.
Versionierung und Nachvollziehbarkeit
Die Änderungskontrolle in Enterprise Wikis besteht einerseits aus der Versionierung, die schon aus Wikis bekannt ist und zusätzlich aus der Darstellung der letzten Änderungen im Wikisystem. Diese hat aber primär die Aufgabe, dass man die neusten Informationen erhält und erkennen kann, ob die Information oder Änderung für einen selber relevant ist.
Der Spamschutz spielt in der betrieblichen Praxis keine Rolle, da Mitarbeiter einer Firma für gewöhnlich keine Inhalte böswillig löschen oder verändern. Einige Firmen erlauben sogar anonyme Änderungen der Inhalte. Das Zulassen von anonymen Änderungen hat den Vorteil, dass Tabuthemen im Unternehmen angesprochen und thematisiert werden können, ist also eine Entscheidung die im Wesentlichen von einer gelebten Vertrauenskultur abhängt.
Benutzerzugriffskontrolle
Enterprise Wikis unterstützen eine weitaus umfassendere Benutzerzugriffskontrolle als offene Wikis. Zu der üblichen Zugriffskontrolle nach Bearbeitungsaktionen (z. B. bearbeiten, lesen, löschen, etc.) ist es bei Unternehmens-Wikis notwendig Projekte, Abteilungen – also inhaltliche Gebiete – voneinander zu trennen. Dies begründet sich zum einen auf Sicherheitsvorgaben, gesetzlichen Datenschutzgründen (zum Beispiel personenbezogene Daten), aber auch auf Rücksicht auf die vorhandene Unternehmens- und Kommunikationskultur.

Zusätzlich sind viele Enterprise Wikis durch eine besondere Nutzerfreundlichkeit und einer erweiterten Suchfunktionalität, die auch Inhalte von Anhängen durchsuchen kann (z. B. Lucene), geprägt. Diese Merkmale und Funktionen werden durch den Einsatz neuer Softwaretechnologien wie beispielsweise Ajax unterstützt.

Unterschiede zwischen Enterprise Wikis und öffentlichen Wikis

Enterprise-Wikis weisen gegenüber öffentlichen Wikis (wie z. B. Wikipedia) Besonderheiten auf. Der Einsatz von Wikis innerhalb von Unternehmen kann deshalb spezifische Herausforderungen mit sich bringen:

Motivation zur Beteiligung
Beiträge zu öffentlichen Wikis werden ohne äußere Verpflichtung geleistet. Diese Freiwilligkeit ist in Unternehmen nur bedingt gegeben.[8] Die Motivation zur Teilnahme an der unternehmensinternen Wissenskommunikation geben nach einer Studie von Bartel[9] 50 % der Befragten als größtes Problem beim Einsatz von Enterprise-Wikis an.
Qualitätsmanagement und Strukturierung
Die große Nutzerschaft öffentlicher Wikis ermöglicht eine selbstorganisierte Strukturierung und Qualitätssicherung des Wiki. Aufgrund zumeist kleinerer Nutzerzahlen in Enterprise-Wikis werden die Admin- und Redakteursrollen hier häufig gezielt konkreten Personen zugewiesen.[8]
Zugänglichkeit des Wikis
Unternehmensinterne Wikis weisen zumeist einen höheren Grad sozialer Schließung als öffentliche Wikis auf, das heißt, sie sind nicht jedem Mitglied des Unternehmens in gleicher Weise zugänglich. Einschränkungen von Zugriffsrechten in Enterprise-Wikis können zum Beispiel aus juristischen Gründen notwendig sein.[8][10]
Nutzbarmachung von Wissen
Unternehmensinterne Wikis dienen häufig der Bearbeitung einer bestimmten Aufgabe bzw. eines bestimmten Projekts und die innerhalb des Wikis generierten Inhalte werden direkt in organisationsrelevante Entscheidungen umgesetzt. Diese Ziel- und Anwendungsorientierung unternehmensinterner Wikis geht mit einer stärkeren zeitlichen Beschränkung und thematischen Schließung gegenüber öffentlichen Wikis einher.[8][10]
Anonymität
Öffentliche Wikis ermöglichen eine anonyme Nutzung. Die Nutzer unternehmensinterner Wikis sind sich dahingegen häufig bekannt. So kommt es im Rahmen unternehmensinterner Wikis beispielsweise zu einer „räumlichen Rückkoppelung“ an reale Orte, wenn sich die Nutzer eines Enterprise-Wikis anlässlich eines Meetings begegnen.[10]
Kontrast zu bestehenden Hierarchien
Die Nutzer öffentlicher Wikis stehen in heterarchischer Beziehung zueinander. Durch Wiki-interne Kommunikationsprozesse können sich temporäre Rollen herausbilden und einzelne Nutzer können durch die Qualität und die Anzahl ihrer Beiträge einen Status innerhalb der Wiki-Gemeinschaft erlangen. Enterprise-Wikis werden im Rahmen einer bereits bestehenden organisationalen Struktur mit zumeist hierarchischen Beziehungssystemen implementiert. Diese bestehenden Hierarchien können Wiki-interne Kommunikationsprozesse beeinflussen.

Diese Besonderheiten von Enterprise-Wikis gegenüber öffentlichen Wikis können einen Einfluss auf die Zusammenarbeit innerhalb des Wikis haben. Als Formen der Zusammenarbeit können Kooperation und Kollaboration voneinander abgegrenzt werden:[10]

Bei kooperativer Zusammenarbeit wird die gemeinsam zu bearbeitende Aufgabe in Teilaufgaben gegliedert. Einzelnen Personen oder Personengruppen werden bestimmte Teilaufgaben zugeordnet. Diese Zuordnung kann hierarchisch durch Zuweisung oder heterarchisch durch Verhandlung vorgenommen werden. Die feste Koppelung von Person und Teilaufgabe findet vor Beginn der Aufgabenbearbeitung statt.

Bei kollaborativer Zusammenarbeit beteiligt sich jeder entsprechend seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten an allen Schritten der Aufgabenbearbeitung. Es findet keine Zuordnung von Personen oder Personengruppe zu Teilaufgaben statt, eine temporäre und dynamische Koppelung ist jedoch möglich. Kollaborativer Zusammenarbeit liegen heterarchische Beziehungen zu Grunde.

Entsprechend den beschriebenen Besonderheiten unternehmensinterner Wikis begünstigen diese eine kooperative Zusammenarbeit. Kollaborative Wissensproduktion ist dahingegen in öffentlichen Wikis wahrscheinlicher.[10]

Anwendungsbeispiele

  • Adressbuch
  • Andon-Board[11]
  • Anforderungsmanagement
  • CEO-Blog
  • Diskussionen und deren Ergebnisse dokumentieren
  • FAQ-Liste
  • Geschäftsprozesse dokumentieren
  • Ideen skizzieren, sammeln und austauschen
  • Interne Neuigkeiten
  • Intranet
  • Knowledge Base für die IT-Abteilung
  • Konkurrenzbeobachtung und Wettbewerbsanalyse
  • Persönliche Blogs führen
  • Projektmanagement und -dokumentation
  • Qualitätsmanagement-Handbuch
  • Richtlinien publizieren
  • Unternehmensglossar
  • Zentraler Kalender

Enterprise Wiki-Applikationen

Es gibt viele Anbieter von Enterprise Wikis (vergleiche Liste von Wiki-Software). Die wichtigsten, welche die benötigten Eigenschaften besitzen, sind beispielsweise MediaWiki, insbesondere mit der Erweiterung Semantic Mediawiki und dessen Enterprise-Fork BlueSpice for MediaWiki, das einfach zu administrierende, da datenbanklose DokuWiki, das propertiäre und auf Firmen optimierte Confluence, Foswiki, PmWiki, TWiki.[12]

Bisher hat sich kein System durchgesetzt, da sich je nach Anwendungsfall z. B. im Kontext des Wissensmanagements die Stärken und Schwächen verschiedener Wiki-Systeme unterschiedlich auswirken.[13]

Literatur

  • S. Blaschke: Wikis in Organisationen: Von der Kommunikation zu Kollaboration. In: P. Alpar, S. Blaschke: Web 2.0: Eine empirische Bestandsaufnahme. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2008, S. 183–203.
  • A. Ebersbach u. a.: Kooperationen im Web. 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2008.
  • R. Edmonds: Up to the grassroots. In: e.learning age. 10/2006, S. 14–16.
  • B. Krabina: Wissensmanagement mit Wikis. In: B. Lutz, (Hrsg.): Wissen im Dialog. Beiträge zu den Kremser Wissensmanagement-Tagen 2012 Edition Donau-Universität Krems, 2013. (online als PDF)
  • C. Lange: Wikis und Blogs – Planen einrichten und verwalten. C&L Computer und Literaturverlag, Böblingen 2007.
  • F. Mayer, D. Schoeneborn: WikiWebs in der Organisationskommunikation. In: Ch. Stegbauer, M. H. Jäckel: Social Software. Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 137–153.
  • C. Müller, P. Dibbern: Selbstorganisiertes Wissensmanagement in Unternehmen auf Basis der Wiki-Technologie – ein Anwendungsfall. In: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik. Heft 252/2006, S. 45–54.
  • J. S. Schmalz: Zwischen Kooperation und Kollaboration, zwischen Hierarchie und Heterarchie. Organisationsprinzipien und -strukturen von Wikis. In: kommunikation@gesellschaft. 8/5, 2007. (online als PDF)
  • M. Seibert, S. Preuss, M. Rauer: Enterprise Wikis – Die erfolgreiche Einführung und Nutzung von Wikis in Unternehmen. Gabler Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8349-2827-6.

Weblinks

Wikibooks: Wikis in Organisationen – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Ward Cunningham: What is a Wiki. WikiWikiWeb, 27. Juni 2002, abgerufen am 15. Juni 2008.
  2. Bio-IT World 2009, Track 3
  3. Bringing the Semantic Web to Museums, Paul Miller, 27. Januar 2009.
  4. Flexible, purposive SMW use, SMWCon Spring 2010, Clarence Dillon
  5. History of the EVA Wiki, SMWCon Fall 2014, Daren Welsh, James Montalvo
  6. Alexander Gesinn, Michael Scherm: Social Collaboration „produziert“ Mensch-Maschine Kommunikation. DOK.Magazin, abgerufen am 11. Mai 2015.
  7. What makes an enterprise wiki?. (Memento vom 2. August 2010 im Internet Archive) auf: cmswatch.com, 4/2006.
  8. a b c d F. Mayer, D. Schoeneborn: WikiWebs in der Organisationskommunikation. In: Ch. Stegbauer, M. H. Jäckel: Social Software. Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 137–153.
  9. T. Bartel: Nutzung von Wikis als Wissensmanagement unterstützende Systeme in Unternehmen. Vortrag am 25. Oktober 2006 bei KnowTech 2006, München.
  10. a b c d e J. S. Schmalz: Zwischen Kooperation und Kollaboration, zwischen Hierarchie und Heterarchie. Organisationsprinzipien und -strukturen von Wikis. In: kommunikation@gesellschaft. 8/5, 2007. (abgerufen am 12. August 2011)
  11. Alexander Gesinn: Semantische Wikis in der Industrie - 5 Anwendungsfälle. gesinn.it GmbH & Co. KG, 4. März 2015, abgerufen am 15. April 2015.
  12. WikiMatrix statistics about compares and views of Wiki software
  13. K. Grzeganek, I. Frost, D. Gross: Die Qual der Wiki-Wahl. Wikis für Wissensmanagement in Organisationen, 2011.