Fiat Lux (neureligiöse Bewegung)

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Fiat Lux (lat. „es werde Licht“) ist eine neue religiöse Bewegung, die von deren Anhängern als Neuoffenbarungsbewegung eingestuft wird. Gegründet wurde sie von Erika Bertschinger-Eicke, genannt „Uriella“.

Der Orden Fiat Lux ist der Kern der Bewegung. Daneben gibt es ein Hilfswerk „Adsum – ich bin bereit“, den „Internationalen gemeinnützigen Verein zur Erforschung und Förderung einer naturgemäßen Lebens-, Ernährungs- sowie Behandlungsweise“ und die „Internationale Forschungsgruppe für Bioenergetik e. V.“, die alle Fiat Lux angeschlossen sind.

Geschichte

Fiat Lux wurde 1980 von Erika Bertschinger-Eicke, genannt Uriella, gegründet. Sie hatte früher Kontakte zu „neuoffenbarerisch-mediumistischen Kreisen“ in England und den USA. Seit 1971 behauptet sie, mehrere Offenbarungen und Visionen gehabt zu haben. Sie meint nach einem schweren Reitunfall 1973 „hellsichtig“ zu sein. Am Weihnachtstag 1975 soll sie im „Lichtzentrum Bethanien“ in der Schweiz in tiefer Trance eine erste Offenbarung empfangen haben, und versteht sich seitdem als „Sprachrohr Gottes“. Die ersten Gottesdienste, bei denen sie die „Offenbarungen Jesu Christi“ weitergab, fanden nach dem unnatürlichen Tod ihres ersten Mannes in Egg ZH, (Schweiz) bei Zürich statt, wo sie auch das erste Mal als „Uriella“ in Gottesdiensten auftrat: der Erzengel Uriel betreue neben Jesus Christus auch sie selber. Das dort am 12. Januar 1980 gegründete „Heiligtum“, der Ausgangs- und Zentralpunkt der Bewegung, ist nach Ibach/Lindau im Schwarzwald verlegt worden. Von 1984 an unterstützte ihr späterer Ehemann Kurt Warter, ein ehemaliger katholischer Priester, der sich Uriello nannte, ihre Aktivitäten und vereinheitlichte die Offenbarung. Er starb 1988 bei einem Autounfall.[1]

Seit dem Jahr 1992 kam es zu vielfacher öffentlicher und medialer Kritik und zu mehreren Verurteilungen von Erika Bertschinger-Eicke. Nach einer Phase der Verunsicherung hat sich die Gemeinschaft jedoch wieder stabilisiert und ist auch missionarisch tätig.

Mittlerweile wurde Fiat Lux faktisch von Uriellas viertem Ehemann Eberhard Bertschinger-Eicke, genannt "Icordo", übernommen. Uriella hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.[2] Mit Stand 2011 sind auch sämtliche anderen öffentlichen Aktivitäten der Gruppe eingestellt und deren Beeinflussung der Dorfgemeinde in der Ortschaft zum Erliegen gekommen. [3]

Verbreitung

Das Zentrum befindet sich in Ibach im Ortsteil Lindau, weitere Gruppen gibt es in Schwellbrunn (Appenzell Ausserrhoden, Schweiz), Egg, ZH Schweiz und Strittmatt (Deutschland).

Uriellas Ehemann „Icordo“ hat im Oktober 1997 eine Mitgliederzahl von 723 Personen angegeben, von denen in Ibach und Strittmatt rund 70–100 leben dürften. Die Mitgliederzahl dürfte seither durch verschiedene Kontroversen abgenommen haben und wurde Anfang 2007 auf etwa 300 geschätzt.[4] Wegen Uriellas schwerer Krankheit und der Befürchtung, dass sie bald sterben würde, soll die Gruppe nun noch etwa 100 Mitglieder zählen.[5]

1999 kandidierte Icordo erfolgreich an der Spitze einer Wahl-Liste von Fiat-Lux-Mitgliedern um einen Sitz im Gemeinderat. 2004 wurde keine Liste eingereicht, Icordo begründete den Verzicht mit „weltweiten Veränderungen“, und dass er danach der weltliche Sprecher einer „gereinigten“ Menschheit sein werde.[6][7]

Lehre

Die Gründerin Uriella erklärt sich zum Sprachrohr Jesu Christi, dessen Botschaften sie in Trance empfange. Die Lehren werden in Ich-Form von Jesus oder Maria verkündet.

Die Lehre verwendet teilweise christliche Ausdrücke, enthält aber nur wenige christliche Elemente in einer synkretistischen Mischung von jüdisch-apokalyptischen, gnostischen, östlich-religiösen, esoterischen, astrologisch-kabbalistischen, spiritistischen, archaisch-mystischen und ufologischen Elementen.

Eine große Rolle spielen positive und negative „Strahlen“.

Fiat Lux lehrt Reinkarnation, so sei zum Beispiel Uriella früher Maria Magdalena gewesen und Icordo habe schon als Isaak, Josef von Ägypten, Ulrich Zwingli und Johann Strauss gelebt.

Laut Uriella sind die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul I. vergiftet worden, Paul VI. sei durch einen Doppelgänger ersetzt worden und der ganze Vatikan werde von Freimaurern kontrolliert. Ähnliche Positionen vertreten auch die True Catholic Church und die Palmarianisch-Katholische Kirche.

Eine wesentliche Rolle spielen Weltuntergangsprophezeiungen. 1991 verkündete Uriella, das Ende der Welt sei nahe, aber die Anhänger von Fiat Lux würden von Außerirdischen in Raumschiffen gerettet werden, um einige Wochen später auf einer „gereinigten“ Erde mit dem Namen „Amora“ abgesetzt zu werden.[8] Im Jahre 1997 wurde erklärt:

Im August 1998 werden

  • der Mord an einem wichtigen Regierungsoberhaupt,
  • der Weltbörsencrash mit dem anschliessenden Weltwirtschaftszusammenbruch, zufolge Computerviren, sowie
  • der Einmarsch der Russen in Deutschland erfolgen.

Nach drei Monaten wird ein Meteorit in die Nordsee fallen. Die davon betroffenen Küstenländer werden für immer im Meer verschwinden. Die menschliche Strategie wird nicht aufgehen, den Meteoriten mit Atomwaffen von seiner Bahn abzulenken, denn Engel werden dies mit magnetischen Kraftstrahlen verhindern. Eine mehrere hundert Meter hohe Flutwelle wird sich mit Jet-Geschwindigkeit ausbreiten.

Kalifornien und Los Angeles und Hollywood werden im Atlantischen Ozean verschwinden. [9]

Uriella ist auch als Geistheilerin tätig. Zu Heilungen dient auch das „Athrum-Wasser“, zu dessen Herstellung Uriella in Trance mit einem Silberlöffel mit Linksdrehungen in einer wassergefüllten Badewanne rührt. Bei diesem Verfahren werde das Wasser „umgepolt“ und „mit dem himmlischen Athrum-Strahl aufgeladen“. Danach wird es in Kanister gefüllt und an Kranke abgegeben. Die Gesundheitsdirektion Zürich stellte 1989 fest, dass das Wasser mit Bakterien und Schimmelpilzen kontaminiert sei und deshalb keine Trinkwasserqualität habe. Eine spätere Untersuchung vom WDR für eine Reportage von Felix Kuballa kam zu ähnlichen Ergebnissen.[10]

Dieses Wasser wird an Mitglieder verteilt, allerdings nicht für Geld. Umsatz macht Fiat Lux hauptsächlich mit dem Verkauf von so genannten „Heilmitteln“, die meist als Nahrungsergänzungsmittel deklariert werden.

Uriella betreibt auch sogenannte Heilungen von aus medizinischer Sicht schweren bis unheilbaren Erkrankungen wie Krebs. Während einer Heilung sitzen die zu Heilenden im Kreis auf Stühlen, während hinter ihnen die Heiler/-innen stehen. Zu Zwecken der sogenannten Fernheilung befinden sich in der Mitte des Kreises Abbildungen von abwesenden Personen oder Haustieren, die ebenfalls unter einer schweren Erkrankung leiden.

Außerdem kann Uriella nach eigenen Aussagen Patienten „durchleuchten“ und so Erkrankungen erkennen. Häufig diagnostiziert Uriella Krebs. Alle Erkrankungen werden anschließend "geheilt", ohne dass die Krebserkrankung von Ärzten bestätigt werden konnte (s. o.).

Fiat-Lux-Träger kleiden sich in weiß, da diese Farbe den Strahl Luzifers ("Schamanah") abwehre.[10]

Gottesdienst und Praxis

In der Symbolik orientiert sich Fiat Lux teilweise an einer katholischen Tradition. In den Zentren gibt es Herz-Jesu-Statuen, aber auch Fatima-Statuen. Die Mitglieder sind weiß gekleidet. Weitere Vorschriften zu Ernährung, Meditation, sowie Fernseh-, Radio- und Computerverbot unterwerfen den Lebensalltag der Mitglieder den Offenbarungen.

Ökumene

Fiat Lux wird von kirchenunabhängigen, wie auch von katholischen und evangelischen Stellen als „Sekte“ bezeichnet.[11]

Kontroversen

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat aufgrund der Gefährdung von Patienten die Rücknahme der Erlaubnis zur Ausübung des Heilpraktikerberufs bestätigt (Az: 9 S 326/93).

1996 wurde Uriella vorgeworfen, eine ärztliche Betreuung von drei schwer erkrankten Frauen verhindert zu haben. Zwei der Frauen waren kurze Zeit später gestorben. Mangels Beweisen wurde sie jedoch vom Landgericht Waldshut-Tiengen (Baden-Württemberg) freigesprochen.

Das Landgericht Mannheim hat Uriella im Dezember 1998 wegen Zoll- und Steuerhinterziehung (Einfuhr von verschiedenen „Heilmitteln“ aus der Schweiz) zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten auf Bewährung verurteilt. Sie musste außerdem 100.000 DM an fünf gemeinnützige Einrichtungen zahlen.

Galerie

Weblinks

Quellen

  1. Christian Ruch: Uriella - Orden Fiat Lux. Manuskript eines Vortrags von Christian Ruch auf relinfo.ch, gehalten auf einer Veranstaltung der "Badischen Heimat" am 22. November 2000 in Waldshut
  2. Spekulationen um "Uriellas" Gesundheitszustand, Materialdienst der EZW, 9/2006, von Christian Ruch
  3. In Ibach ist Ruhe eingekehrt, "Badische Zeitung", 19. Februar 2011, von Verena Pichler
  4. Uriella scheut das LichtTagesanzeiger, Mai 2007
  5. Lilian Spörri: Uriella ist in den letzten Zügen. In: Blick, 24. April 2009.
  6. Icordo wird Oberbefehlshaber, Basler Zeitung, 13. Mai 2004
  7. FIAT LUX, Südkurier, 10. Mai 2004
  8. Uriellas Ufo-Glaube, Relinfo.ch
  9. Uriella Prophezeiungen 1998, Relinfo.ch
  10. a b Athrumwasser - das kostbare Nass, Relinfo.ch
  11. Katholische Kirche im Kanton Zürich
  12. Whois bei DENIC

Literatur

  • Klaus-Martin Bender, Guido Grandt, Michael Grandt: Fiat Lux. Uriellas Orden. Evangelischer Presseverband für Bayern, München 1992, ISBN 3-583-50655-3.
  • Joachim Müller, Hans Gasper, Friederike Valentin: Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen. Fakten, Hintergründe, Klärungen. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 2001, ISBN 3-451-05528-7 (Herder-Spektrum 5528).

Belletristik