Fluorpolymere

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Fluorpolymere oder auch Fluorkunststoffe sind Polymere, bei denen meist ein großer Teil oder sogar alle sonst enthaltenen Wasserstoffe durch Fluor ersetzt sind.[1]

Fluorpolymere zeichnen sich u. a. durch hohe Chemikalien- und Temperaturbeständigkeit aus. Die mechanischen Eigenschaften hingegen sind eher mäßig. Die größte wirtschaftliche Bedeutung besitzt mit 60–70 % Marktanteil Polytetrafluorethen (PTFE), das unter den Handelsnamen Teflon vertrieben wird. Weitere wichtige Fluorpolymere sind Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Copolymer (FEP) und Polychlortrifluorethylen (PCTFE). Alle thermoplastischen Fluorpolymere zusammen machen 30 % Marktanteil der gesamten Fluorpolymere aus.[2] Generell gilt die Regel, dass die Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit umso besser ist, je höher der Fluorgehalt ist. Dabei ist das 1938 entdeckte Polytetrafluorethen noch immer unübertroffen.[3]

Polytetrafluorethylen
Polychlortrifluorethylen
Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Copolymer

Allgemeines

Eine Einteilung der Fluorpolymere ist möglich in solche, die in der Schmelze nicht verarbeitbar sind (englisch Non-Melt Processible Fluoroplastics, z. B. PTFE), solche, die in der Schmelze verarbeitbar sind (englisch Melt Processible Fluoroplastics, thermoplastische Fluorpolymere oder Fluorthermoplaste), Fluorkautschuke und Fluorelastomere.[4][5]

Fluorpolymere bestehen häufig in der Hauptkette ausschließlich aus Kohlenstoffatomen, es gibt aber auch solche mit Heteroatomen, z. B. Polyfluorsiloxane und Polyfluoralkoxyphosphazene.[6]

Eigenschaften

Polytetrafluorethen (PTFE) ist nicht nur das mengenmäßig wichtigste Fluorpolymer, an ihm können auch die Eigenschaften aller anderen Fluorpolymere erklärt werden, da PTFE als Stammkörper für die meisten anderen Fluorpolymere dient.

Chemische Eigenschaften

Den mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffes liegen die chemischen Eigenschaften zugrunde. Polytetrafluorethen ist trotz der großen Elektronegativitätsdifferenz zwischen Kohlenstoff und Fluor ein unpolares Polymer, da sich die räumlich entgegengesetzten Dipole in ihrer Wirkung aufheben.[2] Die chemischen Eigenschaften werden außerdem von der sehr starken Kohlenstoff-Fluor-Bindung bestimmt, die nur schwer gebrochen werden kann. Des Weiteren führt die unverzweigte Molekülkette mit sehr hohem Polymerisationsgrad (starke Linearität) zu hoher Kristallinität.[2][3] Der Molekülaufbau des PTFE ist völlig symmetrisch; da die Fluor-Atome (im Verhältnis zum Wasserstoff in Polyethen) außerdem relativ groß sind schirmen sie das Kohlenstoff-Gerüst ab und zwingen die Molekülkette in eine Helixstruktur.[2]

Mechanische Eigenschaften

Generell gilt, dass bei geringer Polarität Festigkeit, Steifigkeit und Härte ebenso wie Wärmeausdehnung gering sind, das Isolationsvermögen dagegen groß ist. Dies ist auch bei PTFE der Fall. Durch die hohe Kristallinität ergibt sich eine hohe Erweichungstemperatur und eine extrem hohe Viskosität der Schmelze sowie eine hohe Beständigkeit gegenüber Wärme und Chemikalien. Da gleichzeitig nur geringe zwischenmolekulare Kräfte wirken, resultiert dies in geringer Festigkeit und Steifigkeit sowie geringer Oberflächenhaftung.[2]

Eigenschaften thermoplastischer Fluorpolymere

Die Verarbeitungseigenschaften von PTFE sind schlecht: Aufgrund der hohen Viskosität der Schmelze kann PTFE nicht thermoplastisch verarbeitet werden. Da thermoplastische Verarbeitbarkeit jedoch wünschenswert ist, wird diese durch Modifikationen des Monomers Tetrafluorethen erreicht, indem Fluoratome durch Chlor, wie bei Polychlortrifluorethylen oder ein Trifluormethyl, wie bei Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Copolymer ersetzt werden, was zu Störungen im regelmäßigen Molekülaufbau führt. Diese Polymere sind zwar thermoplastische Fluorpolymere, ihre Chemikalien- und Wärmebeständigkeit ist jedoch durch diese Modifikation geringer.[2]

Verwendung und Verarbeitung

Fluorpolymere finden Verwendung in der Hochspannungstechnik
Jacke aus Gore-Tex
Teflon-Pfanne

Fluorpolymere besitzen eine hohe chemische und thermische Stabilität, gute elektrische Isoliereigenschaften, hervorragende Witterungsbeständigkeit, antiadhäsives Verhalten und sind unbrennbar. Des Weiteren zeichnen sie sich durch eine gute Kerbschlagzähigkeit sowie Beständigkeit bei hohen Temperaturen aus. Aus dem antiadhäsives Verhalten folgt eine geringe Benetzbarkeit sowie gute Gleiteigenschaften. Schließlich sind Fluorpolymere physiologisch unbedenklich.

Aufgrund dieser Eigenschaften werden Fluorpolymere zu den Hochleistungskunststoffe gezählt, auch wenn speziell die Elastizitätsmoduln und die Zugfestigkeit der thermoplastischen Fluorpolymere eher denen der Standardkunststoffe entspricht. Nachteilhaft sind bei Fluorpolymeren die hohen Kosten sowie die schwierige Verarbeitung.

PTFE

PTFE besitzt unter allen Werkstoffen die größte Chemikalienresistenz, außerdem ist es hochtemperaturbeständig, unbrennbar und ein guter elektrischer Isolator.[3] PTFE ist in einem Bereich von −270 bis +280 °C einsetzbar. Oberhalb der Einsatztemperatur schmilzt PTFE nicht, sondern erweicht lediglich, bei über 400 °C findet Zersetzung statt.[3] PTFE ist ein Thermoplast, der jedoch aufgrund der sehr hohen Schmelzviskosität nicht mit für thermoplastische Kunststoffe üblichen Verarbeitungsverfahren wie z.B. Spritzgießen verarbeitet werden kann.[7] Bauteile und Halbzeuge aus PTFE können somit nur im Press-Sinter-Verfahren hergestellt werden. Es ist weiß und biegsam (besitzt eine geringe Festigkeit und Härte) und ist äußerst gleitfähig. PTFE wird in Laborumgebung verwendet, für Hochtemperaturisolierung und in der Hochspannungstechnik. Geschäumtes PTFE besitzt eine mikroporöse Struktur und ist wasserabweisend und luftdurchlässig und findet unter dem Namen Gore-Tex Verwendung als Bekleidung.[3] PTFE neigt unter Belastung zum Kriechen; dem kann allerdings durch Füllstoffe entgegengewirkt werden.[2] Dadurch, dass PTFE sehr unpolar ist, ist es antiadhäsiv und besitzt ausgezeichnete Gleiteigenschaften. Durch die starke Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist es außerdem sehr witterungs- und UV-beständig.[2]

Da PTFE oberhalb der hohen Schmelztemperatur sehr viskos ist, kann es nicht mit üblichen Verfahren verarbeitet werden. PTFE wird daher entweder in Form von Pasten oder Pulvern durch Pressen und Sintern sowie eine Kombination aus beidem verarbeitet.[8][9][2] Zerspanung wird aufgrund der hohen Materialkosten vermieden.

Thermoplastische Fluorpolymere

Es existieren neben den beiden hier gezeigten Fluorpolymeren Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Copolymer (FEP) und Polychlortrifluorethylen (PCTFE) zahlreiche weitere thermoplastische Fluorpolymere. Diese Polymere sind jedoch nicht mehr so beständig wie PTFE; PCTFE wird von Chlorkohlenwasserstoffen und Estern angegriffen, FEP von chlorierten Kohlenwasserstoffen. Die thermoplastischen Kunststoffe können nach gängigen Verfahren wie Extrusion und Spritzguss verarbeitet werden. Darstellung und Anwendung dieser Polymere erfolgt analog zu PTFE.[2]

Wirtschaftliche Bedeutung

Der heutige Weltbedarf an Fluorpolymeren beträgt etwa 100.000 Tonnen pro Jahr (2004). Fluorpolymere sind mit 10–35 €/kg gegenüber Standardkunststoffen sehr teuer, bedingt durch das teure Herstellungsverfahren. Basis für die Fluorproduktion ist das Mineral Flussspat, welches weltweit ausreichend zur Verfügung steht. Wichtige Einsatzgebiete finden sich im Bau chemischer Anlagen und Apparate, im Maschinenbau und in der Elektrotechnik.[3]

Beispiele

Polymer Handelsname Monomer(e) Schmelzpunkt (°C)
Polyvinylfluorid (PVF) Tedlar (DuPont) VF1 200[10]
Polyvinylidenfluorid (PVDF) Kynar (Arkema) Solef (Solvay Solexis) Hylar (Solvay Solexis) VF2 175
Polytetrafluorethylen (PTFE) Teflon (DuPont), Algoflon und Polymist (Solvay Solexis), Polyflon (Daikin) TFE 327
Polychlortrifluorethylen (PCTFE) Kel-F (3M), Neoflon (Daikin) CTFE 220[10]
Perfluoralkoxy-Polymere (PFA) Neoflon (Daikin) PPVE + TFE 305
Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) Tefzel (DuPont), Fluon Asahi Glass Company, Neoflon (Daikin) TFE + E 265

Einzelnachweise

  1. Robert E. Putnam: Polymerization of Fluoro Monomers. In: Comprehensive Polymer Science and Supplements. Band 3, S. 321–326, doi:10.1016/B978-0-08-096701-1.00085-9.
  2. a b c d e f g h i j Wolfgang Kaiser: Kunststoffchemie für Ingenieure: Von der Synthese bis zur Anwendung. 2. Auflage. Carl Hanser, 2007, ISBN 978-3-446-41325-2, S. 65, 86, 386–395.
  3. a b c d e f Wilhelm Keim: Kunststoffe: Synthese, Herstellungsverfahren, Apparaturen. 1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-31582-9, S. 1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Sina Ebnesajjad: Non-Melt Processible Fluoroplastics. Elsevier, Norwich, NY 2000, ISBN 1-884207-84-7, S. 33.
  5. Sina Ebnesajjad: Melt Processible Fluoroplastics. Elsevier, Norwich, NY 2002, ISBN 1-884207-96-0, S. 23.
  6. Eintrag zu Fluorpolymere. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  7. Thermoplastische Fluorkunststoffe, Polytron Kunststofftechnik
  8. Hans-Georg Elias: Makromoleküle. 6. Auflage. Band 4: Anwendungen von Polymeren. Wiley-VCH, Weinheim 2003, ISBN 3-527-29962-9, S. 325 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3642026419 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  10. a b Christopher C. Ibeh: THERMOPLASTIC MATERIALS Properties, Manufacturing Methods, and Applications. CRC Press, 2011, ISBN 978-1-4200-9383-4, S. 491–497.