Graue Wand (Urner Alpen)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Graue Wand

Blick auf die Graue Wand

Höhe 3172 m ü. M.
Lage Kanton Uri, Schweiz
Gebirge Urner Alpen
Dominanz 0,4 km → Gletschhorn
Koordinaten 677086 / 163719Koordinaten: 46° 37′ 13″ N, 8° 26′ 42″ O; CH1903: 677086 / 163719
Graue Wand (Urner Alpen) (Urner Alpen)
Graue Wand (Urner Alpen) (Urner Alpen)
Typ Bergrücken
Gestein Granit
Erstbesteigung 13. und 14. September 1964 durch Max Niedermann, Werner Sieber und Heinz Staehli
pd2

Die Graue Wand ist eine 3172 m ü. M. hohe markante Felswand in den Urner Alpen an dem von Ost nach West verlaufenden Verbindungsgrat zwischen Winterstock (3203 m ü. M.) und Gletschhorn (3305 m ü. M.). Sie ist südseitig ausgerichtete, steil und fast 500 m hoch. Ohne eigentlichen Gipfel ist die Graue Wand ein reiner Kletterberg ohne weiteres touristisches Interesse. Hier haben so bekannte Kletterer wie Max Niedermann (1964), Martin Scheel (1982) sowie die Rémy-Brüder (1989) ihre Spuren hinterlassen.[1]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gletschhorn mit dem Verbindungsgrat zum Winterstock (linker Grat). Die kompakte Graue Wand ist im Gratverlauf gut sichtbar.

Die Graue Wand ist eine bekannte Felswand in den Urner Alpen an dem von Ost nach West verlaufenden, 900 m langen Verbindungsgrat zwischen Winterstock (3203 m ü. M.) und Gletschhorn (3305 m ü. M.), der sich dann in nordwestlicher Richtung bis zum Tiefenstock (3545 m ü. M.) fortsetzt.[2] Dieser trifft dort auf den dominanten, Nord-Süd verlaufenden Hauptkamm, der vom Galenstock über den Tiefenstock zum Dammastock verläuft. Talorte sind Realp bzw. Tiefenbach. Die Graue Wand liegt oberhalb der Furkapasstrasse nordwestlich der Albert-Heim-Hütte. Da das nach Westen nur langsam ansteigende Höhenprofil des Verbindungsgrats sehr homogen ist, besitzt die Graue Wand keinen eigentlichen Gipfel.

Der westlich etwas vorgelagerte Teil der Wand wurde ursprüngliche mit „Rote Platten“ bezeichnet, und nur der rechte Teil wurde „Graue Wand“ genannt.[2] Heute bezeichnet man aber die ganze Struktur als „Graue Wand“.[3]

Erstbesteigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie der benachbarte Gipfel des Gletschhorns könnte der Verbindungsgrat über der Grauen Wand auch erstmals von Strahlern bestiegen worden sein.[1] Genaue Angaben fehlen. Ebenso fehlen Angaben über eine frühe „touristische“ Begehung des Verbindungsgrats zum Gletschhorn. Der erste Durchstieg der Grauen Wand erfolgte am 13. und 14. September 1964 durch Max Niedermann, Werner Sieber und Heinz Staehli auf der nach Max Niedermann benannten Route.[2]

Bekannte Kletterrouten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kletterrouten an der Grauen Wand sind sehr abwechslungsreich und für ihre Schönheit bekannt. Reibungskletterei in glatten Platten wechselt mit Risssystemen ab, wobei die Risse häufig nach innen enger werden und sich schließen, so dass eine gutes Placement mobiler Sicherungsmittel nicht immer möglich ist.[4] Die meist sanfte Nachsicherung mit Bohrhaken hat aber inzwischen das Risiko der Begehungen der früher sehr kühnen Routen stark vermindert. Dennoch gibt es an der Grauen Wand kein Plaisirrouten.[5] Bei Nässe wird der oft mit Flechten bewachsene Fele extrem rutschig.[2]

Niedermann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

11 Seillängen, 450 m lang, VI zwingend zu klettern

Obwohl erst 1964 erstbegangen, ist die „Niedermann“ einer der bekanntesten Granit-Klassiker der Schweiz.[6] Die Tour folgt dem logischen Weg durch das zentrale Riss- und Verschneidungssystem. Schleichen, Klemmen, Spreizen und Piazen – das gesamte Spektrum der Klettertechnik wird eingesetzt.[7] Obwohl sehr häufig begangen, fordert die Route Engagement vom Vorsteiger.[4]

Eisbrecher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

12 Seillängen, 450 m lang VII- zwingend zu klettern[8]

Nach der in Vergessenheit geratenen „Via Nicotina“ aus dem Jahre 1978 war der Eisbrecher die erst dritte Route am der Grauen Wand. Der Eisbrecher wurde 1982 von Martin Scheel, Thomas Müller und Roli Heer erstbegangen. Im Originalzustand war der Eisbrecher eine typische tolle Linie von Martin Scheel und eine wegweisende Route der freien Kletterei in der Schweiz.[9] Im Plaisir Ost wird sie als „zu gefährlich für Plaisirkletterer, zu langweilig für Extremkletterer“ empfunden.[6] Trotzdem gilt der Eisbrecher heute als Weltklasse-Granittour mit steiler Kletterei an griffigen Rissen und schön strukturierten Platten sowie stimmiger Absicherung.[8] Die Eisbrecher erfordert zuweilen einen beherzten Vorstieg bei dem die Schwierigkeiten zwingend zu klettern sind. Die Piazrisse im oberen Wandteil fast komplett selbst abzusichern.[10]

Conquest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Piazen in der „Super Fissure“ der Conquest

9 Seillängen, 350 m lang, VII zwingend zu klettern[11]

Zusammen mit der „Niedermann“ ist die Conquest der Remy Brüder aus dem Jahre 1988 die bekannteste Tour an der Grauen Wand. Mit ihrem Bild beim Piazen in der „Super Fissure“, dem bekanntesten Urner Riss (oder Riss der Alpen, wie manche meinen), sind die Remys einem breiteren Publikum bekannt geworden.[12] Der 50 m lange, teilweise leicht überhängende Riss ist wie mit einem Lineal gezogen. 2015 waren die Remys hier zuletzt unterwegs und haben zur besseren Absicherung noch einige zusätzliche Bohrhaken gesetzt.[13]

Zustieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto bis Tiefenbach an der Furkapassstrasse. Auf dem Wanderweg in Richtung Albert-Heim-Hütte und weiter in nordwestlicher Richtung, Anfangs auf Wegen, später unwegsam in Richtung Graue Wand. Der Zustieg führt schließlich über ein steiles Schneefeld, an dessen Ende dann links den Vorbau hoch. Da das Schneefeld morgens häufig gefroren ist, empfiehlt sich gutes Schuhwerk zu tragen und ein Eisgerät mitzunehmen.[14] Die Überwindung der Randkluft kann sich schwierig gestalten. Gegen Ende des Sommers kann das Eisfeld Steinschlag ausgesetzt sein.

Abstieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Abseilpisten sind eingerichtet. Eine auf 45 m eingerichtete Piste startet direkt vom höchsten Punkt der Niedermann zum höchsten Punkt des Vorbaus. Von dort aus geht es über den Zustieg zurück (am Schneefeld steckt noch ein Bohrhaken).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gletschhorn. Abgerufen am 3. März 2024.
  2. a b c d Walter Pause und Jürgen Winkler: Im extremen Fels. 2. Auflage. BLV Verlag, München, Bern, Wien 1977, S. 50.
  3. Die "Conquest", hier eine Routenskizze, die beim Finden… In: hikr.org. Abgerufen am 6. März 2024.
  4. a b Stephan Rankl: www.sirdar.de. Abgerufen am 6. März 2024.
  5. Graue Wand (Furka). In: www.sac-cas.ch. Abgerufen am 6. März 2024.
  6. a b Jürg von Känel: Plaisir Ost. Filidor, 2007, ISBN 3-906087-28-X, S. 88.
  7. Graue Wand, Niedermann. Abgerufen am 3. März 2024.
  8. a b Marcel: Kletterblog: Graue Wand - Eisbrecher (6b+). In: Kletterblog. 23. August 2015, abgerufen am 6. März 2024.
  9. Originaltopo. Abgerufen am 6. März 2024.
  10. Graue Wand (3.172 m) S-Wand. In: Topoguide. Abgerufen am 6. März 2024.
  11. Topo der "Conquest" (7a, 6b obl, 9 SL) an der Grauen... In: hikr.org. Abgerufen am 6. März 2024.
  12. Jürg von Känel: Schweiz extrem. Filidor, 1989, S. 151.
  13. “Conquest” an der Grauen Wand. In: allgaeu-plaisir.de. 28. Oktober 2017, abgerufen am 6. März 2024.
  14. Klettergebiet Graue Wand – Furka. In: Filidor. Abgerufen am 6. März 2024.