Günter Litfin
Günter Litfin (* 19. Januar 1937 in Berlin; † 24. August 1961 ebenda) war das erste Todesopfer an der Berliner Mauer und zudem der erste DDR-Bürger, der bei einem Fluchtversuch durch Schüsse getötet wurde.
Leben
Der Schneider aus dem Ortsteil Weißensee war – wie sein Vater, der Fleischermeister Albert Litfin, – Mitglied des im Ostteil illegalen Kreisverbandes der West-CDU. Litfin wohnte im Osten, arbeitete aber im Westen, in der Nähe des Zoologischen Gartens, und hatte schon eine Wohnung im Westteil der Stadt gefunden. Noch am 12. August fuhr er zusammen mit seinem Bruder Jürgen nach Charlottenburg, um die neue Wohnung einzurichten. Durch die Errichtung der Berliner Mauer wurde jedoch sein Ausreisevorhaben am nächsten Morgen abrupt beendet. Daraufhin unternahm Litfin am 24. August gegen 16 Uhr den für ihn tödlichen Fluchtversuch.
Günter Litfin versuchte, über die zum Lehrter Stadtbahnhof führenden Bahnanlagen zu fliehen (52° 32′ 24,8″ N, 13° 24′ 10,56″ O ). Gegen 16:15 Uhr entdeckten ihn Transportpolizisten, die ihn nach Anruf mit Warnschüssen aufzuhalten versuchten. Er sprang daraufhin an der Humboldthafenbrücke in den Ost- und West-Berlin trennenden Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal. Kurz vor Erreichen des jenseitigen Ufers wurde er von einem der Polizisten durch einen Kopfschuss tödlich verletzt.[1]
Westdeutsche Medien prangerten die Erschießung scharf an. In DDR-Medien erfolgt zunächst keine Reaktion, später diffamierten sie den Getöteten mit Falschmeldungen: Litfin sei als Prostituierter im homosexuellen Milieu tätig und vorbestraft gewesen. Es gab keine Kritik von DDR-Medien an der Erschießung.[2]
Am Tag nach der Erschießung wurde Litfins Bruder Jürgen festgenommen. MfS-Mitarbeiter durchsuchten dessen Wohnung und die der Eltern und suchten – vergeblich – nach Hinweisen auf Mitwisserschaft oder Mittäterschaft. Jürgen Litfin brachte zur Beerdigung seines Bruders eine Eisenstange mit. Damit öffnete er gewaltsam den Sarg, sah das beinahe unversehrte Gesicht seines Bruders und kam zu der Überzeugung, dass dieser mit einem gezielten Genickschuss getötet wurde.[3]
In Erinnerung an Günter Litfin und die anderen Mauertoten wurde 1992 auf Initiative von Jürgen Litfin eine Gedenkstätte eingerichtet. Sie befindet sich im Wachturm der ehemaligen Führungsstelle „Kieler Eck“ am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.[3] Eine Gedenktafel auf dem nahe gelegenen Invalidenfriedhof erinnert an die Umstände von Litfins Tod. Außerdem wurde am 24. August 2000 in seinem Heimat-Ortsteil Weißensee die damalige Straße 209 nach ihm benannt.[4] Ein Kreuz der Gedenkstätte Weiße Kreuze am Reichstagufer erinnert an Günter Litfin.
Literatur
- Jürgen Litfin: Tod durch fremde Hand. Das erste Maueropfer in Berlin und die Geschichte einer Familie. Verlag der Nation, Husum 2006, ISBN 978-3-373-00524-7.
- Mathias Mesenhöller: Die grausame Mauer. In: Geo, 08/2011, S. 73
- Kurzbiografie zu: Litfin, Günter. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Christine Brecht: Günter Litfin, in: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989, Berlin 2009, S. 37–39.
Weblinks
- gedenkstaetteguenterlitfin.de – Gedenkstätte Günter Litfin
- Wie die Staatssicherheit das erste Maueropfer Günter Litfin verunglimpft. BStU
- Tod durch fremde Hand
Einzelnachweise
- ↑ Chronik der Mauer
- ↑ Vor 40 Jahren (1961) DRadio
- ↑ a b Zorniges Gedenken an den ersten Mauertoten. In: Rheinische Post, 10. August 2011, S. A6
- ↑ Günter-Litfin-Straße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
Personendaten | |
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NAME | Litfin, Günter |
KURZBESCHREIBUNG | erster Tote an der Berliner Mauer |
GEBURTSDATUM | 19. Januar 1937 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 24. August 1961 |
STERBEORT | Berlin |