Hugo Wolf (Schriftsteller)

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Hugo Wolf (* 19. April 1888 in Wiener Neustadt[1]; † 27. Mai 1946 in Queens, New York City[2]) war ein österreichischer Rechtsanwalt und expressionistischer Schriftsteller. Wie andere Opfer nationalsozialistischer Verfolgung auch, ist er als Dichter heute nahezu vergessen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der als Sohn von Dr. Wilhelm Wolf und Rosa Wolf (geb. Kerpel, * 1860 in Mattersburg) geborene Hugo Wolf hatte fünf Geschwister, u. a. Otto Wolf und Max Wolf. Der Vater praktizierte als Arzt in Wiener Neustadt in der Neunkirchner Straße. Bruder Max (* 1. Juni 1892 in Wiener Neustadt; † 25. August 1990 in New York) arbeitete an der Wiener Poliklinik ebenfalls als Arzt.[3] Bruder Otto war ein international vernetzter Geschäftsmann.[4]

Hugo Wolf wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaften am 16. März 1912 zum Dr. jur. promoviert.[1] Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und erlitt im September 1914 einen Beinschuss. Am 22. März 1919 heiratete er in Neudörfl die Zahnärztin Margarete (Grethe) Wolf (geb. Schönberger, * 9. Juni 1894 in Neudörfl; † 13. August 1965 in New York). Das Paar hatte zwei Kinder: den Ernährungswissenschaftler Georg(e) Wolf (* 16. Juni 1922 in Wien; † 31. August 2014 in Berkeley[5]) und Maria Martina Wolf (später Maria Brody, * 3. Oktober 1925 in Wien).[4]

Ab seiner Heirat arbeitete Hugo Wolf als Rechtsanwalt in Wien. Das Büro lag in Nähe zur Universität in der Teinfaltstrasse 7. Er führte „eine ausgezeichnete Anwaltspraxis“[6] und war vielseitig, nämlich als Strafverteidiger, in Zivilprozessen, im Gewerbe- und Steuerrecht und als Vermögensverwalter tätig. Er hielt Vorträge über Rechtsthemen vor Gewerbevereinen.[7]

Hugo Wolfs Familie lebte im Wiener Villenviertel in Hietzing, und zwar in der Neue Welt Gasse 5 nahe der Synagoge (1922–1936) bzw. 200 Meter weiter in der Wenzgasse 24 (1936–1939). Am 16. März 1939 wurde Schwindgasse 17 im 4. Bezirk amtlich als Adresse registriert (anlässlich der Festlegung der Reichsfluchtsteuer).[4]

Hugo Wolf war ein passionierter Bergsteiger.[6]

Nach dem Anschluss wurde Hugo Wolf Ende 1938 aus der Wiener Rechtsanwaltskammer ausgeschlossen. Ende 1938 oder Anfang 1939 gelangten die Kinder Maria und Georg mit einem Kindertransport nach England.[5] Am 4. September 1939 flüchtete Hugo Wolf mit seiner Frau über die Grenze nach Ungarn, dann weiter über Griechenland nach Portugal. Von dort emigrierten beide Anfang 1941 nach New York. Bereits 1938 war Bruder Max nach New York emigriert (wo er später als Dermatologe praktizierte), und Bruder Otto gemeinsam mit den Eltern nach Buenos Aires (wo die Mutter am 25. Juni 1949 starb).[4]

In Abwesenheit wurde Hugo Wolf am 22. Juli 1943 der Doktorgrad aberkannt, da er im Nationalsozialismus „als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig“ galt. Diese Aberkennung wurde erst am 15. Mai 1955 für „von Anfang an nichtig“ erklärt.[1]

Auch im Exil betätigte Hugo Wolf sich in seinem Beruf. Im April 1944 veröffentlichte er als Public Accountant in einer New Yorker Exilzeitung eine Anleitung zur US-amerikanischen Declaration (Steuererklärung).[8] Hugo Wolf starb als Hugh Henry Wolf wenige Monate nach seiner Einbürgerung.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hugo Wolf, der Schriftsteller, wurde und wird noch heute oft mit Hugo Wolf, dem Komponisten, verwechselt. Auch deshalb sind seine Werke in Bibliographien schwer auffindbar. Er war Erzähler, Lyriker, Dramatiker und Essayist, mit der zeitgenössischen Wiener Literaturszene verbunden und gut bekannt mit Joseph Roth (dessen psychisch kranke Frau Friedl er betreute), Stefan Zweig, dem Verleger Ernst Peter Tal und dessen Frau Lucy Tal.

Am 10. November 1912 schrieb Stefan Zweig in sein Tagebuch: „Hugo Wolf liest nachmittags bei mir vor Felix Braun, Czokor [Franz Theodor Csokor], Victor [Victor Fleischer], Lucka [Emil Lucka] sein neues Stück Die Verführung der Lotte Seligmann das überwältigend wirkt durch sein innere Neuheit und die Dramatik des Dialogs. Seltsam wie verschlossen er ist, sein Kindergesicht, ernst mit den klaren Augen, der Ruhe eines Einfältigen deutet nichts von der inneren Erlebniskraft, die im Unmittelbaren gerade am stärksten ist. Nachher noch gutes Beisammensein.“ – Das genannte Stück wurde nie veröffentlicht.[4]

In den Jahren 1910 bis 1921 war Hugo Wolf Mitarbeiter zahlreicher literarischer Zeitschriften,[9] wie Der Sturm[10], Der Brenner[11], Die Fackel[12], Simplicissimus[13], Jugend, Die Schaubühne[14], März, Wieland, Das junge Deutschland, Das Flugblatt, Der Friede.

In der Anthologie »Beständig ist das leicht Verletzliche« ist er mit seinem Gedicht Muskulatur (1913)[15] vertreten.

Hugo Wolf nahm am 20. Mai 1936 an der Gründungsversammlung der Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs teil, gemeinsam mit Viktor Matejka, Robert Musil, Carl Zuckmayer, Ernst Angel, Ernst Krenek, und anderen weniger Prominenten.[16] Diese Vereinigung feierte 1996 ihr 60-jähriges Bestehen.[17]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vier Zeilen von Hugo Wolf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus: Muskulatur

Ein halber, schüchterner Gedanke spannte
die dünnen Fasern, da die Pulse flogen
und unsre Lippen lauernd näherzogen
und näher, bis sich eins ins andre brannte.

Erzählungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Simplicissimus, Erzählungen zwischen 1911 und 1920 (Online)
  • Sommeraufenthalt. Eine Erzählung. Hyperion, Berlin 1914
  • Geschäft und Liebe. Roman.[6]

Lyrik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedichte von ihm sind nur in Anthologien und Zeitschriften erhalten geblieben:

  • Die Fackel, 10 Gedichte im 12. Jg., Nr. 311/312, 23. November 1910, S. 23 ff. (Online)
  • Simplicissimus, Gedichte zwischen 1911 und 1920 (Online)
  • Die Pforte. Eine Anthologie Wiener Lyrik Heidelberg 1913.
  • Wulf Kirsten (Hrsg.): »Beständig ist das leicht Verletzliche« Gedichte in deutscher Sprache von Nietzsche bis Celan Ammann Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-250-10535-0. Seite 365 f. und 1068.

Dramen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Verführung der Lotte Seligmann
  • Der Architekt im Apfelgarten[18]
  • Die Insel. Ein Schauspiel in vier Akten. Deutsch-Österreichischer Verlag, Wien/Leipzig 1913. Die Aufführung war für die Volksbühne geplant.[6]
  • Abenteuer der Gerechtigkeit (1933), Premiere am 17. September 1935 im Theater in der Josefstadt unter der Regie von Hans Thimig[6][19] als erstes Stück der Direktion Ernst Lothar.[18]
  • Wir spielen Bridge[19]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Hugo Wolf im Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938.
  2. New York City Death Certificates, Queens 4627/1946.
  3. TOWN Zeitgeschichte Wiener Neustadt
  4. a b c d e Stichwort Hugo Wolf in Biographie zu den Namen in Stefan Zweigs letztem Adressbuch (1940/42), bereitgestellt von Elke Rehder.
  5. a b Barry Shane: In Memoriam George Wolf. In: University of California. Abgerufen am 30. Oktober 2023.
  6. a b c d e Hugo Wolf, Anwalt und Poet dazu, in: Die Stunde vom 31. August 1935, Seite 4. Online bei ANNO Österreichische Nationalbibliothek
  7. Nachweise bei ANNO Suche "Dr. Hugo Wolf" für 1919-1939
  8. Austro American Tribune. Anti-Nazi Monthly, New York. Vol. 2, Nr. 9, April 1944. Seite 11: Dr. Hugo Wolf, Public Accountant: Steuerfragen
  9. Wulf Kirsten (Hrsg.): »Beständig ist das leicht Verletzliche« Gedichte in deutscher Sprache von Nietzsche bis Celan Ammann Verlag, Zürich 2010. Seite 1068
  10. Der Sturm, Jg. 1, Nr. 54, 11. März 1911, S. 430 (Online) und Jg. 2, Nr. 84, 4. November 1911, S. 669/670 (Online)
  11. Der Brenner, IV. Jahr, 1. Halbband: Heft 1, 1. Oktober 1913, S. 30; Heft 4, 15. November 1913, S. 185 (Online Suche)
  12. Die Fackel, 10 Gedichte im 12. Jg., Nr. 311/312, 23. November 1910, S. 23 ff., (Online), wovon zwei von Karl Kraus am 17. Mai 1911 öffentlich vorgelesen wurden. (Nachweis)
  13. Simplicissimus, 13 Gedichte zwischen 1911 und 1920 (Online)
  14. z. B. die Erzählung Die Ehebrecherin in: Die Schaubühne, 1912, Band 1, Seite 46ff (Online)
  15. Die Pforte. Eine Anthologie Wiener Lyrik Heidelberg 1913
  16. Die Stunde, 21. Mai 1936, Seite 3; Online bei ANNO, Der Tag, 20. Mai 1936, Seite 8–9; Mein Film, Heft 544, 1936, Seite 16.
  17. Gerald Trimmel: Die Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs: aus der Pionierzeit der Filmerziehung und Filmpädagogik in Österreich. Edition Unicum, Wien, 1996, ISBN 978-3-901529-01-6.
  18. a b Josefstadt eröffnet mit: ‚Abenteuer der Gerechtigkeit‘, in: Die Stunde, 22. August 1935, Seite 4 Online bei ANNO
  19. a b Thomas Sessler, Bühnen- und Musikverlag GmbH: Stücke von Wolf, Hugo